relact
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Mag sein, dass da andere Gitarristen geduldiger und erfolgreicher beim Soundeinstellen mit Modeling-Amps über eine PA sind, für mich ist es keine Lösung, da ich Zuhause keine PA habe und dann passen die Sounds Zuhause und im Proberaum nicht zusammen.
Das Argument lese ich häufig. Genauso wie: ich krieg keinen brauchbaren Sound mit einem Modeler hin. Oder: Modeler klingt nicht nach Röhre. Oder: POD klingt nicht dynamisch.
Ich hab mit dem allen keine Probleme. Überhaupt nicht. Meine Sounds, die ich mir zu Hause einstelle, klingen auch über die PA richtig gut. Wenn nicht sogar noch besser, weil die PA soundtechnisch mehr kann als mein Kopfhörer am PC zu Hause.
Mein Zugang ist so, dass ich einen Sound prinzipiell leise einstelle. Wenn ein Sound leise schon überzeugt, dann klingt er laut in der Regel noch besser.
Bei uns im Proberaum stehen im Moment (hochdynamische Augenblicksaufnahme) vier Röhrenamps. Ich kann nicht bestätigen, dass die dynamischer oder mehr nach Röhre klingen. Dabei habe ich eine sehr gute Wahrnehmug, wie ich bei zwei Blindtests (Vergleich von Fender Stratocaster und HK Billig-Strat, Vibrato-Block aus Zink versus Stahl im Blindtest, Voodoo?) erst unlängst wieder festgestellt habe.
Wie auch immer: ich will niemadnem abraten und es soll jeder genau das spielen, was ihm Spass macht. Es ist völlig ok für mich, wenn andere mit Modelern nicht zu Wege kommen. Diese Pauschalierungen stimmen aber nicht. Zumindest nicht für mich und meine Ansprüche.
Jain … Gehen wir mal davon aus Line 6 baut eine Gitarre in Form einer E-Gitarre und versieht sie mit POD Simulationen verschiedener Gitarren. Sie hat einen Ausgang, der wohl bei einer E-Gitarre zu 99 % eine Verbindung zu einem E-Gitarren Verstärker herstellt. Mit anderen Worte, sie wissen ziemlich genau, was in der Kette als nächstes kommt. Sofern man einem E-Gitarren Verstärker überhaupt einen "akustischen Gitarren Sound" entlocken kann, dann doch wohl am ehesten, wenn das Eingangssignal so "moduliert" ist, dass ein cleaner E-Verstärker da so etwas wie einen akustischen Sound draus macht.
Jain ... ist technisch gesehen eine komplexe Lösung, wenn sie praktisch realisiert werden soll. Aber spinnen wir dieses Gedankenexperiment weiter ...
A) Mein Zugang ist der, immer den einfachsten Weg in der Signalkette zu gehen. Ich überlege mir vorher was ich möchte und wie das am günstigsten und einfachsten umzusetzen ist. Das machen die meisten Gitarristen auch, wenn sie einen Röhrenamp vor sich haben. Sh. Zitat Peter: »Ja, ich gebe zu, dass ich auch bei mir zu Hause recht selten an den Ampeinstellungen schraube ... egal, welche Gitarre dranhängt.« Seltsamer Weise beginnen viele plötzlich kreativ zu werden was die Signalkette anbelangt, wenn sie ein digitales Teil vor sich haben. Meine Beobachtung ist, da meinen viele plötzlich es sei eine kreative Idee, die Logik des Signalflusses sehr kompliziert werden zu lassen, um über diese Umständlichkeit zu einem eigenen und nie dagewesenen Sound zu gelangen. Sehr abenteuerlich, was man da zu lesen bekommt. Moment ich brauch Popcorn.
Wenn ich jetzt vom geforderten Prinzip her ein Glied in die Kette einbaue, das dem gewünschten Sound brachial gegen das Bein schlägt: nämlich einen E-Gitarrenverstärker für einen Akustikgitarrensound, dann muß ich zusätzlich ein Glied in die Kette einbauen, dass diesen Beinschlag wieder korrigiert. Ich muss also zwei unnütze Dinge tun und das Signal zwei mal unnötig verbiegen. Einmal einen Beinbruch in Kauf nehmen und dann den kaputten Knochen wieder zusammenschrauben und schienen. Mit der Illusion, dass das geheilte Bein dann gleich gut oder sogar besser funktioniert wie ohne Beinbruch.
Der einfachste Weg in der Band ist: Gitarre (in diesem Fall die Variax) -> Modeler (Line6, Roland, Kemper, Axe oder was auch immer) -> PA
B) Verfolgen wir den Gedanken weiter und versuchen wir uns mit der linken Zehe am rechten Ohr zu kratzen: Ein E-Gitarrenverstärker hat immer eine Eigenfärbung, jeder Verstärker eine andere. Um diese Idee zu verwirklichen, müßte man auch berücksichtigen, welcher Amp dahinter kommt, um das Signal auf diesen Amp hin zu verbiegen. Da bräuchte es also eine weitere Einstellung an der Variax, an der man definiert, ob danach ein Marshall, ein Bogner, ein Engl, ein Fender, ein Mesa Boogie, ein VOX, ein Peavey, ein Hiwatt, ein Bugera, ein Behringer, ein Harley Benton, ein Laney, ein Orange, ein Roland, ein Blackstar, ein was zum Kuckuck kommt. Auch der Kuckuck will seine Eier ins Nest legen. Allein bei der weiteren Aufdröselung beispielsweiese der am Markt vorhandenen Marshall Modelle wird mir dann das erste mal schwummrig, wenn ich an ein weiteres Rädchen an der Variax denke, an dem ich die 1.000 & 1 Modelle einstellen soll. Da hör ich schon den ersten Kritiker über die Usability dieses Wunderrädchens klagen.
Wäre die Reduktion auf die beispisweise 20 gängisten Amp Modelle eine brauchbare und praktikable Umsetzungsvariante?
Jedoch spiele ich gerne Röhre, weil ich mit wenigen Knöpfen schneller zu meinen 3-5 Wohlfühl-Sounds komme.
Da geht es mir genauso. Und ich spiele auch deswegen gerne Modeler, weil ich nach dem Einschalten nur jeweils einen einzigen Fußtritt benötige, um zwischen meinen favorisierten Sounds zu wechseln. Und auch wenn jemand anderer an meinen Knöpfen fummelt, ein Fußtritt genügt, um meine Einstellung wieder aufzurufen. Das geht am Amp nicht, der ist in meinen Augen also komplizierter zu bedienen. Alles eine Frage der Sichtweise. Da ich auch meine, dass ein Modeler wesentlich mehr Soundvielfalt bietet als ein Amp.
Was hilft ist, den Modeler so zu verstehen, wie er konzipiert ist: eine Möglichkeit, um zwischen mehreren Amps zu wechseln und dann bei Bedarf Effekte dazuzuschalten. Mit einem einzigen Anschluss zur simplen Integration an das Bandsoundsystem, vulgo PA.
Wer ohne GAS im Kopf bescheiden (provokatives Unwort) mit einer Amp-Simulation beginnt, findet im Modeler die gleichen Voraussetzungen wie an einem Amp. Wer nutzt schon konsequent alle Möglichkeiten aller verfügbaren Technik aus? Über den SAT-Reciever bekomme ich tausende Programme. Ich lern deswegen auch nicht dutzende Sprachen, um alle zu nutzen.
Wie auch immer, die 2te: ich finde das gut, dass es auch Musiker gibt, die das Überleben der Amp-Hersteller sichern. Die sind in meinen Augen nämlich überflüssig geworden.
So wie Fuji Film und Kodak beim Battle am Markt lange übersehen haben, dass der eigentliche Konkurrent die Digitalkamera war, können sich die Amp-Hersteller nur freuen, wenn es noch Menschen gibt, die aufgrund von jahrzehnte lang gelerntem coolem Image zu einer »verzerrten« Qualitätswahrnehmung kommen, wie solche Beispiele mMn und von meinem Standpunkt aus gesehen sehr anschaulich belegen:
Liebe Leute von Line6,
Gitarristen sind Traditionsmenschen. Wir spielen 50 Jahre alte Gitarren, Verstärkertechnologien die seit Jahrzehnten als überholt gelten.
Wenn ihr uns mit etwas bahnbrechendem überzeugen wollt dann sollte die Qualität ebenso überzeugend sein.