Also so ein Jazzakkord ist wie ein Weihnachtsbaum, haben wir gelernt. Ein Weihnachtsbaum besteht aus einem Baum (die Grundlage von allem), dem was jeder Weihnachtsbaum braucht (Lichterkette) und Firlefanz, der sein kann aber nicht sein muss (Lametta, Baumspitze). Beim Jazzakkord sind das Grundton / Basiston (root), der Pflichtbestandteil Shell aus Terz und Sext/Sept sowie Firlefanz-Color tones. Ok, aber wie ordnet man sie jetzt eigentlich an?
ich dachte immer wichtig ist nur das man die Terzen sauber schichtet und dabei große und kleine kräftig mischt.
Tja, wo er Recht hat, hat er Recht. So kann man das machen. Als ich noch ein paar Dutzend Jahre weniger zählte, kam gelegentlich der Film "The Glenn Miller Story" aus den 50er Jahren im Fernsehen. Eins der bekanntesten Stücke dieses Big Band Leaders war die "Moonlight Serenade". Die melodietragenden Klarinetten zeigen, dass das mit der Terzschichtung geht, wenn man gelegentlich noch ein paar Sekunden ergänzt:
Der Anfang von "Hänschen klein" sähe dann - eine Oktave erhöht - in etwa so aus:
"Ich hab da eine Idee", sagte Frank. Frank spielte gelegentlich die Melodie eines Stückes ergänzt um ein paar Töne aus dem gewünschten Jazz-Akkord in der rechten Hand (wie oben notiert). Und gleichzeitig ergänzte er die Jazz-Grundakkorde in der linken Hand, wie wir das ja schon geübt haben. Damit entstehen Akkordgebilde, die die Klänge der linken und der rechten Hand zu einem neuen Klang kombinieren. Man kann dabei mit den Lagen und den Registern am Akkordeon experimentieren. Die Noten oben ergänzen sich gut mit den Jazz-Akkorden im Bass, wenn man das 16'-Register einlegt. Man kann es natürlich auch eine Oktave tiefer spielen und dann es mit dem 8'-Register oder aber dem 8'+8'C kombinieren, wenn man will. Probiert es doch mal aus. Anbei findet sich wieder ein Notenblatt als Vorschlag für Jazzharmonik auf der rechten Seite- leider nicht ganz vollständig und vielleicht noch optimierbar, so dass ihr euch ins Zeug legen müsst:
"Es gibt aber harmonisch noch andere Möglichkeiten", wirft Frank ein. Der Drummer murmelt: "This is not Jazz!" Der Bassist nickt und kritisiert: "Typisch Europäer! Außerdem fehlen noch wichtige Dinge." "Wie wahr", entgegnet der Pianist und denkt: "Wenn ich doch auch mal zu Wort käme..." Tja, aber das kommt später. Wichtig ist jetzt erst einmal, dass wir versuchen, "Hänschen klein" links und rechts zusammen flott zu kriegen.
Das Kleingedruckte zur Ergänzung / Ergötzung:
Ich habe profitiert von folgenden Akkordeonnoten:
- Frank Marocco, Jazz Accordion. Mailand: Carisch, 2009. Dort kann man den Umgang mit Jazz-Akkordeon von Frank Marocco an verschiedenen Standards ausprobieren und auch studieren, so dass man das Gelernte auch an anderen Real-Book-Standards umsetzen kann. Konkrete Beispiele aus Band 1, die unserer Übung entsprechen: Blue Moon, Mistry.
- Frank Marocco, It don't mean a thing (If it ain't got that Swing). Transkription von der Frank Marocco MC "Blue Notes von Ralf Schwarzien. Hrsg. von Wolfgang Russ. Schönaich: Gabriele Russ Musikverlag, 2007. Das ist natürlich ein Knaller für die Leute, denen es akkordeontechnisch vor nichts graust. Einspielung hier:
Auch nett ist
@Klangbutter 's Version:
Die Aufnahme dieses Stücks von Ella Fitzgerald mit der Combo von Herbolzheimer im ZDF-Studio Köln aus dem Jahre 1974 ist natürlich auch nicht schlecht, um die Entwicklung des Jazz zu studieren und schon mal zu gucken, was in diesem Thread noch so kommen könnte:
Interessant ist auch ein dreiteiliger Video-Unterrichtsmitschnitt von Frank Marocco, in dem er seinem Schüler zeigt, wie er Jazz übt. Auch dort u.a. "It don't mean a thing" - diesmal vom Meister persönlich. Die Playlist ist hier:
https://www.youtube.com/channel/UChYqjmxlACZxIClkqa0wuTA
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