Gestern hab ich mal einen kleinen Rundgang über die Superbooth gemacht.
Der erste Eindruck, als ich da reinkam, war: Lärm. Typisch für Modular-Veranstaltungen: Da laufen eigentlich ständig irgendwelche Modular-Sequenzen über irgendwelche Lautsprecher vor sich hin.
Entsprechend der zweite Gedanke: Gibt's hier noch was anderes außer Eurorack und anderen Modulars? Das lag daran, daß in der Eingangshalle, eine Etage höher und in der anderen Halle hinten die ganzen kleinen Stände waren, wo sich besonders die Modular-Hersteller tummelten.
Aber schon Korg hatte sich eine Nische im vorderen Bereich gesichert, zumal die von den Japanern den nerdigsten Stand hatten. Der Odyssey und die zwei Minilogues waren eigentlich ständig umlagert, einen wie auch immer gearteten MS-20 hatten sie auch da, außerdem u.a. eine Kronos und tatsächlich einen MicroKorg, für den sich keine Sau interessierte, weil den wohl jeder schon mal hatte oder noch hat, der an solchen Geräten Interesse hat. Gleich gegenüber waren dann auch schon zwei Stände, die nicht nur modular waren, Manikin (mit einem Memotron) und MFB (mit drei Klopfgeistern und einem Dominion-1.
Studios und andere Säle waren zum Teil komplett von ganzen Herstellern gebucht. Roland und Yamaha hatten ziemlich große Räume für sich, jeweils mit eigener Bühne und annähernd dem jeweiligen Gesamtsortiment, derweil Korg gemäß der Zielgruppe der Superbooth auf "Unnerdiges" wie SV-1 und King Korg verzichtet hatte. Die Redundanz war teilweise erheblich: Yamaha hat altogether drei oder vier Reface-Stapel plus die Refaces auf der Bühne aufgefahren, ich meine, woanders lagen auch noch vereinzelte Refaces rum. Außerdem war Montage da. Auf reine Stagepianos hat man dann doch verzichtet. Roland fuhr dagegen Material auf, als wäre das ein Musikmessestand. RD-800, V-Drums, nur das V-Accordion war nicht da. Die Hybriden waren jeweils paarweise auf Doppelständern vorhanden.
Auch Moog hatte einen eigenen Raum, den sie zur "Insel" erklärt haben. Schummerlicht, Sitzkissen, die Synths quasi auf dem Boden drapiert. Da gab's einiges. Vorne an ein Moog 35, außerdem Obligatorisches der Sub-37 und der Voyager XL, und vom Mother-32 war gefühlt eine Zillion da – vereinzelte Mothers flogen auf der Messe sogar außerhalb von Moog-Ständen rum. Das wäre kein Problem gewesen, einen Mother oder zwei anzutesten, aber mich spricht das Ding keinen Meter an.
Über zwei weitere Räume verteilten sich dann die anderen Primär- bzw. Ausschließlich-Nichtmodular-Hersteller. Clavia/Nord hatte irgendwie Synths an zwei Stellen geparkt, warum auch immer. Angespielt? Nö. Kann ich auch beim Freundlichen, Nords, die nicht modular sind, interessieren mich nicht, und modular hab ich selber. Der Access-Stand war eigentlich nur zwei 37-Tasten-TI2-Viren (Pølar und Darkstar), eine Handvoll Anstecker und Unmengen an kleinen quadratischen Access-Music- und Virus-Stickern. In die Viren hab ich nicht reingehört, ich weiß ja, wie ein Virus klingt, aber ich hab mich spaßeshalber mal am Darkstar durch die Menüs gedreht, um zu gucken, was der Virus jetzt so kann. Sechs Dreier-Modulationsslots = endlich kein Rumkopieren mehr, wenn man was in Slot 1 hat, da aber ein zweites Ziel dranhängen will, das war schon mal gut. Außerdem hab ich da endlich mal Bernie in echt getroffen.
Die Briten von Modal haben mich zwischenzeitlich mal eingeladen, den 001 zu testen. Den hatten sie da und den 008 als Rack, 3HE hat der oder so, also nix mit Pultgerät mit Ohren. Die Modals werden ja gern mit Lob übergossen. Die sind nun wirklich nicht von schlechten Eltern, man merkt schon, einen Analogen unter den Händen zu haben, und die höhere Parameterrasterung macht sich auch positiv bemerkbar. Ist jetzt aber keine GAS-Granate gewesen. Die Bedienung ist durchdacht, aber die Regler (Endlosencoder ohne Rasten) sind so feinfühlig, ich glaub, die verstellen sich, wenn man auf den Synth niest. Das Filter ist ein bißchen komisch von der Idee her, muß ich sagen, und ohne grafische Darstellung kaum zu durchschauen, aber vom Klang ordentlich. Aftertouch hat er auch, nicht so leicht und langhubig wie ein D-50, aber auch nicht so hart wie die anderen Roländer, inklusive eigener Bediensektion.
Bei denen im Rücken gab's zwei Modor NF-1. Der NF-1 hat mich jetzt nie "Teste mich an!" angeschrieen, weil das so'n "Wir schneiden alte Zöpfe ab"-Synth sein soll, aber jetzt, wo ich den Prospekt hab, glaub ich, ich hätte mal einen spielen sollen.
Stichwort "Wir schneiden alte Zöpfe ab": Nonlinear Labs C15. Lebt denn der neue Holzsynthi schon? Äh, ja, gewissermaßen, aber die beiden C15, die da standen, waren gewissermaßen Public Alphas in einem derart frühen Zeitpunkt, daß sie noch alle anderthalb Stunden abstürzten, was sich vorab durch böse klangliche Artefakte beim Soundwechsel bemerkbar machte. Für Moog-Jünger und Mucker ist der C15 nichts, zum einen, weil der wirklich unter der Haube komplett neu ist und so ziemlich nichts wie ein anderer Synth macht (Modulationsmatrix? Ach, bitte. Modulationsquellen sind schon uncool), zum anderen, weil's keine Wheels gibt, dafür aber zwei lange Ribbons. Man könnte sagen, es ist ein Modeling-Synth, aber nicht Physical, sondern Digital. Und wohl besser zu durchschauen als der Hartmann Neuron. Übrigens sitzt die Klangerzeugung komplett im Keyboard, das Bedienteil, das aussieht wie aus einer Mitte-80er-Jahre-Heimorgel entnommen, ist genau das und nicht mehr. Außerdem kann der C15 am Rechner und Tablet editiert werden – der Editor ist aber eingebaut in Form eines Webservers mit Webinterface und WLAN, du kannst ihn also mit so ziemlich allem editieren, was einen Browser hat. Über den Klang kann ich nicht viel sagen, weil's noch kaum Presets gab und die Vorhandenen eigentlich nur zusammengeschustert worden waren, um überhaupt was zu haben. Aber gerade saiteninstrumentähnliche Sachen kann er geil, erst recht, wenn die "Beschaffenheit" über die Ribbons gemorpht werden kann.
Wovon auch noch zwei da waren, war der Schmidt. DER SCHMIDT! Da standen zwei Schmidts! Dekadenz, Baby! Da hat man mich auch an einen davon rangepflanzt. Ich glaub, am Schmidt hab ich noch die meiste Zeit verbracht, weil dich das Ding echt erschlägt. Und mit seinen vielen Init-Patches (jeder freie Speicherplatz ist wohl automatisch Init) ist er ein Schraub-mich-Synth. Ich meine, er ist am Ende schon übersichtlich, weil alles auf der Oberfläche liegt ("Menu" hat irgendwie 4 Seiten oder so), und das mit den Groups machen Ion, Micron und Miniak nicht viel anders (nur weniger davon). Aber heilige Scheiße, irgendwie hat jede Sektion viel mehr Parameter, als woran wir gewöhnt sind. In dem Wust sind die Modulationsquellen nicht leicht zu finden. Eine Hüllkurvensektion gibt's nicht, die Hüllkurven sind ziemlich verteilt. Erst recht die LFOs, weil man nicht einfach ein, zwei, drei LFOs auf irgendwas routen kann, sondern der Schmidt hat in gefühlt jeder zweiten Sektion einen dedizierten LFO genau dafür, aber da muß man auch erstmal drauf kommen. Klanglich kann ich echt nicht klagen, aber für wirklich epische Sounds brauchst du Zeit. Ich hab ihnen aus Scheiß diesen Rechteckbleep aus "Messages" von OMD hinterlassen. Absoluter Monstersynth, und ich mach sowas damit, weil es trotz allem geht. Interessantes Gimmick übrigens: Alle LEDs sind RGB, und die Farbe ist regelbar. Und Moog hat damals noch acht verschiedene Beleuchtungsfarben verkauft... Einziger Kritikpunkt: Du kannst die vier Hauptfilter nicht verketten. Menno, und ich wollte CS80 spielen.
Schmidt saß in einer Ecke mit Mellotron, die gleich eine ganze Anzahl an Exponaten hatten bis hin zu einem 1973er "richtigen" Mellotron mit "Los, rein mit den Klischees"-Bandrahmenwahl, wohl auch, um Vergleiche mit Digitaltrons zu zeigen – und daß die Tron-Tastatur damals eher na ja war (löst nur ziemlich weit unten aus, kennt man heute nicht mehr).
DSI hatte auch ein paar Sachen da, einen Pro-2 (irgendwo stand noch einer), einen Prophet-6, einen OB-6 und eine Tempest, denen hab ich mich aber nicht gewidmet. Solange ich nicht weiß, daß bei der Tempest die MIDI-Synchronizität in Ordnung gebracht worden ist, interessiert mich das Teil eh nicht.
Bei E-RP war schade, daß die keinen Verkauf hatten. Die kleine MIDI-Clock hätte ich ihnen an Ort und Stelle abgekauft.
Sogar Waldorf hatte nur einen Kleinstand und den auch nur zu Eurorack-Zwecken.
Was hab ich sonst noch so gesehen? Tubbutec. Die hatten je einen Kiwi-artig gemoddeten Polysix ("Polysex") und Juno-60 ("Juno-66") am Start. Zumindest der Juno-66 führte sich aber selber vor. Interessant war der dedizierte Stereoping-Controller für die Zusatzfeatures. Ist ja irgendwie eleganter als Mehrfachbelegungen und Tastenshortcuts, die man auswendig lernen muß, weil sie auf der Oberfläche des Geräts nicht dokumentiert sind.
Eine erneute Begegnung mit Jörg Schaaf am Radikal-Stand hatte ich nicht. Ich weiß noch 2009 auf der Synthesizer-Ausstellung bei Just Music in Hamburg, wo er nichts unversucht gelassen hat, mir einen Spectralis 2 anzudrehen. (Hätte ich die zwei Kilomille gehabt, hätte ich heute womöglich einen. "Was soll's, gib her das Ding.") Ich hätte vielleicht mal in den Accelerator reinhören können.
Um mal zu Japaners zurückzukommen, da hab ich auch noch was angetestet. Bei Roland hatte ich die beiden Hybriden unter den Händen. Gut war, daß die Oberflächen wohl irgendwie high-tech-beschichtet sind, die verfetten nicht so leicht, wie man glaubt. Dafür hat's mir dann das unschöne Zweipolfilter verdorben, das und die unkalibrierten Oszillatoren; ich hab schon mal einen besser gestimmten CS80 gespielt, und das will was heißen.
Bei Yamaha hab ich dann aus Jux einen der Montages angetestet – und aus Neugier, inspiriert davon, daß in einem Studio hinter Glas zwei TX802 zu sehen waren. Erstmal ist die Bedienung der Kiste zweifelhaft. Gibt's keinen Singlemode, oder hab ich den einfach nur nicht gefunden? Dann hab ich natürlich nur FM-Sounds genauer angehört. Klar fliegen in dem Ding so einige DX7-Klassiker rum. Hab ein Weilchen mit dieser Gino-Vannelli-FM-Gitarre (bis hin zum okinal "Wild Horses"-Delay) rumgespielt, die überhaupt nicht nach Gitarre klingt. Nicht ungut, aber für meinen Gusto zu High End und hochaufgelöst. Da fehlt der 80er-Jahre-Grit, den selbst der DX7II bzw. TX802 noch hat.
Und dann waren da die Refaces. Mein Antrieb war eigentlich, daß ja angeblich das CP70 beim Reface CP ganz anständig sein soll. Hatte ich nichts groß auszusetzen, aber wo ich schon mal da war (standen ja alle vier übereinander), hab ich auch noch in die anderen reingehört. Der DX klingt einigermaßen amtlich, aber ich hab schon den 802, ich bin bedient, außerdem hat der echte 6OP und der Reface DX nur derer 4. Beim CS ist das Fehlen von Speicher – und einer zweiten Hüllkurve – wirklich schade, denn der klingt schon ziemlich edel, hat ein bißchen was vom Glitzern der alten CS.
Auch noch schade: kein Solaris, (noch) kein P.A.R.V.A.
Martman