Falls noch nicht gepostet,ich habe jetzt nicht alle Seiten des Threads gelesen,
Hier ein sehr schöner Artikel über den Kemper, was er kann und was nicht:
http://www.xound.com/specials/peter-weihe-zur-praxis-mit-dem-kemper-profiling-amp.html
Ich habe neulich in einem Interview von Ali Neander von 2011 etwas mitnehmen können. Die Einstellung, die er an den Tag legt finde ich, solange es noch Latenz bei den analog-digital-Wandlern gibt, ganz vortrefflich:
"Virtuelle Verstärker sind so ein bischen wie Computer animierte Filme. In der Saison, wo sie rauskommen, sagt man wooow und so nach 2-3 Jahren sieht man so das Rendering." Ich glaube allerdings, dass man heute nicht mehr das Rendering sieht sondern das man es eben noch in den Fingern spürt.
Den Kollegen, die hier die 3ms Latenz nicht als störend empfinden, denen mag ich eine kürzlich gemachte Erfahrung nachbilden: Ich war bei einem Workshop von Nils Finkeisen bei Justmusic München sozusagen Versuchskaninchen. Der Workshop Röhre vs Digital fand am 27.10.2017 statt. Ich durfte Nils als freiwilliger Gitarrist assistieren, während er den Workshop moderierte. Da hatte ich also diese fette (Hals zum totschlagen) Fender Customshop Telecaster in der Hand, einen Helix, einen Kemper und einen Diezel V4 im direkten Vergleich. Zu dieser Zeit kannte ich bereits "Can Kemper save Chappers". Ich kann für mich nur sagen, dass der Diezel von der Ansprache der eindeutige Gewinner war, obwohl wir echt nicht laut aufdrehen konnten/wollen/sollten. Vielleicht liegt meine Präferenz darin begründet, dass ich zuletzt live sehr trocken und ehrlich über eine 50 Watt JCM 800 Combo das Gefühl hatte, die Gitarre sei mit meinem vegetativen Nervenzentrum direkt verbunden. Später kaufte ich mir vor 2 Jahren ein gebrauchtes ENGL Ritchie Blackmore 100 Watt Topteil samt Engl PRO 4x12 mit V30 Speakern, weil ich nach dem direkten, ultimativen Metal Brett gesucht habe.
Kann also sein, dass der Diezel mich genau recht erwischt hat, aber ich empfand so einen gravierenden Unterschied zu den Modelling-Amps, dass ich an der Glaubwürdigkeit des Andertons Videos zweifelte. Rückwirkend will ich das aber relativieren, da vielleicht auch die Erwartungshaltung an den Test bei Andertons eine ganz andere war und der Kemper in der Lage war, für diese große Überraschung zu sorgen. Ich denke schon dass da ein neues Zeitalter angebrochen ist und was mit Modelling vor ca. 30 Jahren angestoßen wurde, ist jetzt aus dem Studio-Alltag nicht mehr wegzudenken. Wie geil ist das denn, seinen Traumamp für 3000 € als PlugIn einzuspielen und man kann beispielsweise auf seinem Debüt-Album die Traum-Amp-Collection wie damals nur Profis nutzen. Wenn dann der angebetete Gitarren-Hero sogar ein Profil seines Lieblingsamps anbietet, das ist schon wirklich als Fankultur zu begreifen.
Das ich noch keinen Kemper-Amp besitze liegt daran, dass ich eine Alternative habe, die ohne Latenz agiert, live wie auch im Studio. Ich weiß, dass Trivium und viele andere Bands mittlerweile nicht mehr auf Kemper live verzichten möchten wegen der Transportkosten, jedoch finde ich da die Grundidee der Reisetauglichkeit nicht zu Ende gedacht. Es kommt meiner Meinung nach grade eine wirklich neue Technologie auf dem Markt an, die die Modelling-Welle etwas relativieren wird. Ich persönlich finde Ansätze, die Röhrenschaltung so zu modifizieren, dass man keine Heizspannung mehr braucht, den noch interessanteren Ansatz. Ich bin selbst gespannt, ob ich falsch liege oder ob sich der Markt in 5 Jahren mit einer neuen Produkt-Kategorie wieder neu erfindet. Die Zeit ist reif, weil alle 30 Jahre eine Revolution kam: Die Röhre kam grob gesehen im Jahre 1928, ca. 1958 kam der Transistor, etwa. 1988 kam der erste Modelling-Amp auf den Markt. Meine Prognose ist, dass sich in den kommenden Jahren Technologien wie die Nanotube und die Nutube durchsetzen werden. Ich denke, die Heizspannung der Glaskolben wird überflüssig und dann wird eine Generation von latenzfreien Verstärkern den Markt neu mischen.
Was denkt Ihr?
Grüße euer Behrater