Vielen Dank für deinen Tread, der mir sehr gut gefallen hat. Ich höre halt hier immer öfters raus, dass ich mit meinen anfänglich in der engeren Auswahl befindlichen Mikrofone "AKG C414 XLS" sowie das "Lewit LCT 640 TS" doch nicht so schlecht liege.
Testbericht von Delamar zum AKG C414 XLS
Als bekennender C414-Fan und Besitzer von zwei AKG C414 B-ULS aus den späten 80er/frühen 90ern muss ich mal ein paar Worte zu diesem Mikro verlieren. Zunächst aber möchte ich drauf hinweisen, dass der Delamar-Test wirklich nicht das Maß der Dinge ist. Ich will den Schreibern dort jetzt nicht Unkenntnis der Materie vorwerfen, aber es wird dort unter anderem auf den glatten Frequenzgang hingewiesen und dass das besonders gut wäre, weil dann keine Sibilianten überbetont werden. Jeder, der schonmal Vocals aufgenommen hat, weiß, dass ein solches Signal dann im EQ bearbeitet wird (bzw. werden muss), um die Höhen/Präsenz im Bereich um 5kHz anzuheben. Damit sind die Sibilianten dann wieder da und dafür gibt es einen Deesser. Es ist jedenfalls aus meiner Sicht nicht ganz richtig, ein Mikrofon mit linealglattem Frequenzgang als besonders geeignet für Gesang darzustellen. Viele der geliebten Vocalmikrofone (U67, U87, wie sie alle heißen) haben eine spezifische Betonung von bestimmten Frequenzen, die sie eben so geeignet für Gesang und Stimme machen. Soviel zu dem Delamar-Test...
Wer sich für C414 interessiert, muss ein bisschen zurück in die Geschichte der Tonstudiotechnik gehen, um die heute verfügbaren Modelle einordnen zu können. Ich will hier nicht die gesamt Geschichte dieses Mics aufrollen, aber soviel sei gesagt: in frühen Modellen dieses Typs war die legendäre CK12-Kapsel verbaut, die an ihrem auffälligen äußeren Ring aus Bronze/Messing zu erkennen ist. Diese Kapsel hatte überragende Werte und war durch ihre Betonung bestimmter Frequenzen hervorragend für Gesang und Sprache geeignet. Wer ein solches frühes C414 mit CK12-Kapsel in technisch einwandfreiem Zustand hat, kann sich glücklich schätzen und verfügt über eine Wertanlage in der Größenordnung von 20k +/-. Irgendwann ging die Evolution des Modells C414 weiter und AKG entwickelte die moderne CK-12 Kapsel mit Teflon-Ring außen um die Membranen herum. Auch diese Kapsel hat tolle Werte, aber sie ist zumindest im wohl verbreitetsten C414 Modell - dem B-ULS - recht linear und damit für alles einsetzbar (vor allem Flügel, Drums Overheads, große Streichinstrumente, Bläser, ...) - auch für Gesang, aber dort liegt sicher nicht ihr Schwerpunkt. Die Fans der alten Brass-Kapsel waren enttäuscht und AKG brachte irgendwann die Modelle C414 TL und später TL II raus, die erstens keinen Übertrager mehr hatten in Schaltung, zum anderen aber auch die Höhenbetonung der alten CK12-Kapsel wiederbrachten. Sie konnten aber dem Mythos der alten Kapsel das Wasser nicht reichen... Kurzum - das AKG C414 B-ULS ist ein Klassiker, der wahrscheinlich in jedem ernstzunehmenden Studio weltweit im Mikroregal liegt und auf unzähigen Produktionen zum Einsatz kam - aber eher selten für Gesang.
Edit: hier ein Artikel im Netz, der die Entwicklung des C414 über die Jahre in Kurzform beschreibt:
https://sonicscoop.com/curing-condenser-confusion-an-audio-history-of-the-akg-c-414-2/
Anfang der 90er ging AKG in die Knie und die Firma wurde an Harman Kardon verkauft, und die folgenden Modell-Evolutionen des C414 bis zu den heute erhältlichen Varianten leiden wie alte Fender Gitarren und dem Namen des Käufers (bei Fender CBS, hier eben Harman Kardon). Das soll nicht heißen, dass die heutigen C414 schlecht sind, aber sie zehren eben vom Mythos der alten Tage.
Für Gesang würde ich immer eine Variante mit einer Betonung der Hochmitten (5-10 kHz) vorziehen - das wäre bei den aktuellen Modellen dann das C414 XL II. Ob Dir das dann gefällt, musst Du in einem Test an Deiner Stimme herausfinden. Das M930 solltest Du nicht wegschieben - der Vertrieb von Microtech Gefell stellt (oder tat das zumindest früher) Testmodelle zur Verfügung. Nimm noch einen Neumann-Vertreter und einen der "neuen Österreicher" dazu - dann hast Du ein amtliches Testfeld. Am Ende entscheidet Dein Geschmack. Für Live kaufst Du Dir dann ein tolles Live-Mikrofon, das würde ich vom Studio-Mic trennen.