Ist klassische Musik elitär?

  • Ersteller Effjott
  • Erstellt am
Es gibt eine so unglaublich reiche Musik und in weitesten Sinne Popkultur dass ein Menschenleben gar nicht reicht um es zu erfassen.
Und trotzdem tun gerade viele Klassiker so als gäbe es nur ihre ernste Musik, vielleicht noch ein paar moderne Klangforscher wie Stockhausen (die wenn man ehrlich ist zwar wichtiges geleistet haben, aber doch viel zu verkopft komponiert haben um zu berühren) und sonst nur seichte Nebenbeimusik.


Dieser elitäre Anspruch der teilweise auch bei Jazzern zu finden ist sicher tief in der Klassik verwurzelt. Aber ich sag mal: Jeder so wie er will.
Nur finde ich es immer ein wenig komisch wenn dann solche Leute über den beschränkten musikalischen Horizont anderer Leute erheben und selber vernagelt sind bis zum geht nicht mehr.


Diese reichhaltige, vielfältige Musik gibt es ja nun nicht nur in der Popmusik oder im Jazz, sondern ganz bestimmt auch in der sogenannten Klassik, wenn man den Begriff nicht nur auf die Zeit von Haydn, Mozart und Beethoven begrenzt, sondern 6 Jahrhunderte früher mit einbezieht und eben auch die Zeit nach der Wiener Klassik dazu zählt.

Und nach meiner Erfahrung sind es keineswegs nur bestimmte "Klassikhörer", die keine andere Musikrichtung gelten lassen, das kommt bei Pop/Rockmusik-Hörern genauso oft vor. Gerade bei Jugendlichen erlebe ich das im Beruf fast jeden Tag. Nicht nur, dass man klassische Musik ablehnt , sondern Hip Hop-Hörer verunglimpfen die Metal-Hörer, diese wiederum lassen keinen Techno an sich ran etc.
Es ist wohl keine Altersfrage, das scheint mir durch alle Generationen zu gehen.
Insofern meine ich, dass Klassikhörer/Musiker nicht "elitärer" sind als andere.
 
Ich frage mich grad, wie vergleichbar das ist FJ..Guter Einwand, aber wie stimmig?

Klar, so wie du das beschrieben hast, haben alle dieselben Symptome. Aber sind es die selben Ursachen?
Punks könnten ja auch einfach politischerweise nichts mit Trance zu tun haben wollen? Metalheads finden HipHop zu langsam und HipHopper sagen, Punk ist nur Lärm, etcetc, motive müssen nicht dieselben sein, offenbar.

1) Ich wage da mal eine These zur Gemeinsamkeit, die doch alle haben:
Überschneidet sich Gesellschaftliches Verhalten mit dem Musikstil, ist die Musik inhaltlich eigentlich zweitrangig.
Könnte davon jegliche elitäre Haltung kommen?

Aber was, wenn bei den Klassikern einfach noch hinzukommt, dass dort oft argumentiert wird, dass die Musik einfach mehr hergibt? (das ist abgesehen davon auch ein Argument vieler "verhockter" Jazzer, die Matthias schon erwähnt hat)..das würde sie irgendwie ja schon "elitärer" machen, als nur den Gesellschaftlichen Anstubs.

2) Zum Topic könnte man dann folgern, dass ev. die Frage geändert werden muss: "Ist klassische Musik elitärer als andere Stilrichtungen?"
Insofern meine ich, dass Klassikhörer/Musiker nicht "elitärer" sind als andere.
Und was sagst du, wenn jemand mal so behaupten würde (ohne jegliche evidenz :rolleyes: ), dass es einfach mehr Leute gibt, die klassik hören, die sich dann auch elitärer verhalten, als dies prozentual bei anderen Stilrichtungen der Fall ist?

mfGLue
 
1) Ich wage da mal eine These zur Gemeinsamkeit, die doch alle haben:
Überschneidet sich Gesellschaftliches Verhalten mit dem Musikstil, ist die Musik inhaltlich eigentlich zweitrangig.
Könnte davon jegliche elitäre Haltung kommen?

mfGLue

Mist, mein ganzer Post weg :mad: Aber ich unterstütze diese These zur Gemeinsamkeit. Hab´s oben auch schon mal in anderer Form angedeutet. Ob daraus allerdings jegliche eltäre Haltung resultiert wage ich zu bezweifeln. Ich denke, dass die eltitäre Haltung der "Klassiker", wenn es sie in dieser Form überhaupt noch gibt, eher historische Ursachen hat.
 
Purismus und Anspruchsdenken gibt es in allen Musikrichtungen, so wie ein Wagnerianer über Strauss-Waltzer die Nase rümpfen mag, lästert ein trver Metaller über Popmusik, auch die Jazz-Polizei hält stets ein wachsames Auge auf Abweichler von der reinen Lehre. Wer den Massengeschmack bedient, wird von vielen nicht mehr als ernsthafter Künstler akzeptiert, ob das gehobener Anspruch oder elitäres Denken ist, kann ich nicht pauschal beantworten.

Eine Besonderheit der klassischen Musik ist wohl, daß sie heute den Status eines Kulturdenkmals hat, im Schulunterricht vorrangig behandelt wird, durch Subventionen und öffentlich-rechtliche Sender gefördert wird, bei gesellschaftlichen Anlässen den festlichen Rahmen bietet. Da schlüpft mancher gern in die geachtete Rolle des Denkmalpflegers.
 
Purismus und Anspruchsdenken gibt es in allen Musikrichtungen, so wie ein Wagnerianer über Strauss-Waltzer die Nase rümpfen mag, lästert ein trver Metaller über Popmusik, auch die Jazz-Polizei hält stets ein wachsames Auge auf Abweichler von der reinen Lehre. Wer den Massengeschmack bedient, wird von vielen nicht mehr als ernsthafter Künstler akzeptiert, ob das gehobener Anspruch oder elitäres Denken ist, kann ich nicht pauschal beantworten.

Eine Besonderheit der klassischen Musik ist wohl, daß sie heute den Status eines Kulturdenkmals hat, im Schulunterricht vorrangig behandelt wird, durch Subventionen und öffentlich-rechtliche Sender gefördert wird, bei gesellschaftlichen Anlässen den festlichen Rahmen bietet. Da schlüpft mancher gern in die geachtete Rolle des Denkmalpflegers.

Uneingeschränkte Zustimmung was den 2. Absatz betrifft. Ich denke da haben wir ein paar von den Ursachen.

Was den 1. Absatz angeht....hm, also für den Punk ist es wurscht ob Strauss oder Wagner. Das ist für ihn beides Klassik ;) Auch ist es so, dass nicht alle Heavys jegliche Form von Metal gut finden. Da wird vielerorts die Nase gerümpft. Genauso ist es bei den Verfechtern der 60iger Jahre (siehe Beatles vs. Stones Thread). Und erst die Jazzer!!!! Herrjeh :rolleyes: Nicht zu vergessen (und da kann ich ein ganz großes Lied von singen) die Countryleute... Ich denke diese Abneigungen anderen Genres gegenüber resultieren eher aus einer Form von Intoleranz, die eher gesellschaftlich begründet ist.
 
Und was sagst du, wenn jemand mal so behaupten würde (ohne jegliche evidenz :rolleyes: ), dass es einfach mehr Leute gibt, die klassik hören, die sich dann auch elitärer verhalten, als dies prozentual bei anderen Stilrichtungen der Fall ist?
mfGLue

Dann sage ich, das ist reine Spekulation ;).

Aber mal ernsthaft: Ich denke auch eher, dass elitäres Gehabe bei Klassik-Musikern/Hörern historische Ursachen hat(s. Mod-Paul) und Klassik häufig noch viel zu sehr museal behandelt wird(s. Benno) .
Ich sehe das als völligen Blödsinn an, weil klassische Musik lebt und die meisten Komponisten haben ihre Werke bestimmt nicht für ein begrenztes Publikum geschrieben.

Man sollte sich nicht über die Leute aufregen, die im Frack und im Abendkleid ins Konzert gehen, nur um gesehen zu werden. Solche wird es immer geben.

Es gibt viele Bemühungen von Städten, die gezielte Gesprächskonzerte für Kinder und Jugendliche durchführen, bei denen man mit den Interpreten anschließend diskutieren kann. Das ist mMn eine gute Möglichkeit, die Klassik vom hohen Sockel herunterzuholen, auf den sie sich nicht selbst gestellt hat, sondern immer nur von einigen unverbesserlichen „Herrschaften“ gehievt wurde.

Dass Klassik im Musikunterricht der Schule behandelt wird, halte ich für unverzichtbar und notwendig. Dass Orchester und Opernhäuser staatlich subventioniert werden, halte ich ebenso für unerlässlich, wobei mir klar ist, dass man darüber streiten kann.
 
Dass Klassik im Musikunterricht der Schule behandelt wird, halte ich für unverzichtbar und notwendig. Dass Orchester und Opernhäuser staatlich subventioniert werden, halte ich ebenso für unerlässlich, wobei mir klar ist, dass man darüber streiten kann.

Ich vertrete durchaus die Ansicht dass wenn man etwa 5% von dem Geld das man in Opernhäuser und fest angestellte Orchestermusiker bezahlt in Subvention von Proberäumen bzw. allgemein kleinere Bands unterstützen würde dann wäre das eine deutlich effektivere Kulturförderung.


Ich sag nicht dass man Orchester einfach so einem realem Markt überlassen überlassen sollte, aber ich finde es schon manchmal befremdlich warum Fans dieser überproportionalen Coverbands das Recht haben kaum mehr als eine Schutzgebühr zu zahlen während jeder andere voll und ganz für die Musik zahlt die er anschauen will.

Da steckt schon eine ganz schön krasse Wertung drin.
 
Man sollte sich nicht über die Leute aufregen, die im Frack und im Abendkleid ins Konzert gehen, nur um gesehen zu werden. Solche wird es immer geben.

Es gibt viele Bemühungen von Städten, die gezielte Gesprächskonzerte für Kinder und Jugendliche durchführen, bei denen man mit den Interpreten anschließend diskutieren kann. Das ist mMn eine gute Möglichkeit, die Klassik vom hohen Sockel herunterzuholen, auf den sie sich nicht selbst gestellt hat, sondern immer nur von einigen unverbesserlichen "Herrschaften" gehievt wurde.

Dass Klassik im Musikunterricht der Schule behandelt wird, halte ich für unverzichtbar und notwendig. Dass Orchester und Opernhäuser staatlich subventioniert werden, halte ich ebenso für unerlässlich, wobei mir klar ist, dass man darüber streiten kann.

Zum 1. Absatz: Ja, die wird es tatsächlich immer geben, vorallendingen was das Premierenpublikum angeht. (gibt es da schon einen Thread von?) Allerdings habe ich überhaupt nichts dagegen, wenn man sich schick anzieht, um ins Theater zu gehen, obwohl ich früher selbst wie der letzte Schlunz in die Oper gestiefelt bin :rolleyes:

Zum 2. Absatz: Ja, aber das muss noch intensiviert werden, genau aus dem Grund, dass die Vorurteile der klassischen Musik gegenüber abgebaut werden können, die z.B. zuhauf hier im Forum unterwegs sind. Wenn dann irgendwann jemand sagt, mir gefällt das nicht, dann wäre das völlig okay.

Zum 3. Absatz: Sehe ich genauso. Für mich ist das Kulturgut und hat denselben Stellenwert wie die anderen Fächer auch. Aus diesem Grunde bin ich auch für die Subventionen für die Theater. Ich weiß, um auf MatthiasT zu kommen, dass hier etliche Veranstaltungsorte und andere Kulturprojekte auch subventioniert werden. Ich arbeite selbst an einem solchen Projekt jedes Jahr mit. Und das hat nichts damit zu tun, dass wir jetzt bald (2010) Kulturhauptstadt sind. Das wird auch noch lustig ;)
 
Diese reichhaltige, vielfältige Musik gibt es ja nun nicht nur in der Popmusik oder im Jazz, sondern ganz bestimmt auch in der sogenannten Klassik

Gerade in der Klassik, schließlich ist zwischen Monteverdi und Lachenmann stilistisch viel passiert. Nicht zu vergessen Parameter wie Ensemblegröße, verwendete Instrumente, Struktur und Dauer der Kompositionen etc. Vielfalt in der Popmusik darf hingegen bezweifelt werden.

die wenn man ehrlich ist zwar wichtiges geleistet haben, aber doch viel zu verkopft komponiert haben um zu berühren

Das verkopfte Musik (d.h. eine stark vom Intellekt beeinflusste Musik) nicht berühren kann, ist eine haltlose Behauptung. Gegenbeispiele gibt es genügend.

die meisten Komponisten haben ihre Werke bestimmt nicht für ein begrenztes Publikum geschrieben.

Kann ich mir nicht vorstellen.
 
Gerade in der Klassik, schließlich ist zwischen Monteverdi und Lachenmann stilistisch viel passiert. Nicht zu vergessen Parameter wie Ensemblegröße, verwendete Instrumente, Struktur und Dauer der Kompositionen etc. Vielfalt in der Popmusik darf hingegen bezweifelt werden.

Hier lese ich etwas zwischen den Zeilen, was mir nicht gefällt. Man sollte nicht den Fehler machen und einem anderen Genre unterstellen nicht dem Anspruch an "Vielfalt" gerecht werden zu können. So sehr ich die Klassche Musik auch schätze und liebe, so sehr weiß ich auch um die sehr große Vielfalt in der Pop/Rock/Jazz/Country/etc-Musik und erspare uns allen seitenlange Beispiele.
Was bei dir jetzt anklingt, sind genau die Ursachen für elitäres Denken.
 
Das gehört nur am Rande hierher:
Die Berliner Philharmoniker übertragen in dieser Spielzeit ca. 30 Konzerte live im Internet. Man kann gegen eine "Eintrittskarte" für 9,90 Euro den digitalen Konzertsaal betreten und das Konzert mitverfolgen.
Die erste Übertragung lief am Dienstag, 6.1.09. Etwa 2500 Hörer sollen Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht haben.
Wenn sich diese Aktion so entwickelt, dass auch mehr junge Hörer via Internet Klassik hören, ist das eine wunderbare Sache.

@Flamand:
Glaubst Du denn, dass selbst bei Auftragswerken von Komponisten diese ganz spezifisch musikalisch für den Auftraggeber komponiert haben?
 
Das gehört nur am Rande hierher:
Die Berliner Philharmoniker übertragen in dieser Spielzeit ca. 30 Konzerte live im Internet. Man kann gegen eine "Eintrittskarte" für 9,90 Euro den digitalen Konzertsaal betreten und das Konzert mitverfolgen.
Die erste Übertragung lief am Dienstag, 6.1.09. Etwa 2500 Hörer sollen Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht haben.
Wenn sich diese Aktion so entwickelt, dass auch mehr junge Hörer via Internet Klassik hören, ist das eine wunderbare Sache.

@Flamand:
Glaubst Du denn, dass selbst bei Auftragswerken von Komponisten diese ganz spezifisch musikalisch für den Auftraggeber komponiert haben?

1. danke für den Tipp :) und zweitens gut, dass du mich daran erinnerst. Ich glaube nämlich auch nicht, dass die Komponisten damals nur für ihre Auftraggeber komponiert haben. Es gab da sicherlich auch Ausnahmen. Aber auch seinerzeit war die "Verbreitung" der Werke genauso eine Einnahmequelle wie heute.

Mir fällt gerade noch ein, dass man einige der Inszenierungen vom Royal Opera House live hier in einigen Kinos sehen kann. Eine Freundin von mir arbeitet dort, und hat mir das vor ein paar Tagen so beiläufig erwähnt. Das war mal wieder typisch! :rolleyes: Egal, das ist (auch) ein wunderschönes Theater!
 
Deutliche Worte zu unserem Thema hat der bekannte französische Komponist Pierre Boulez in einem Interview mit der WamS gefunden.

Zitat:

"Sie ( die klassische Musik) ist also immer elitär?
Boulez: Natürlich! Jeder ißt seine Hamburger bei McDonald's, aber es würde keiner behaupten, daß Fast food mit der Küche eines Sternekochs vergleichbar wäre. Die Popmusik ist per definitionem eine Fast-Listening-Music, die ihre Effekte auf den Moment ausrichtet. Nehmen Sie den Rhythmus eines Rap-Songs und vergleichen ihn mit der anarchischen Vielfalt von Strawinskys "Le sacre du Printemps", dann werden Sie sehen, daß Pop meilenweit hinter den Erkenntnissen der Neuen Musik hinterherhinkt."

Das ganze Interview für Interessenten hier:

http://www.welt.de/print-wams/article124298/Klassik_ist_eine_elitaere_Musik.html
 
Glaubst Du denn, dass selbst bei Auftragswerken von Komponisten diese ganz spezifisch musikalisch für den Auftraggeber komponiert haben?

Glaube ich nicht, auch wenn es solche Fälle sicherlich gibt. Auf der anderen Seite kann ich mir aber bei vielen Werken auch nicht vorstellen, dass diese für ein breites Publikum komponiert wurden.
 
Günter Sch.;3490453 schrieb:
Heute steht jedem die große kunst aller zeiten zur verfügung, jeder kann sich informieren, aber wer tut es? Die klassenschranken sind weitgehend abgebaut, in den köpfen bestehen sie noch.

Eben. Das Ganze ist eine Kopffrage. In Zeiten, wo sich man sich komplette Werksammlungen für wenige Euro auf CD kaufen kann und für den Preis von 2 McDonalds-"Menüs" Restkarten fürs Konzert im staatliche subventionierten Opernhaus bekommt, gibt es keine elitären Schranken. Höchstens elitäre Gestrige, die der Ansicht sind, dass man in Jeans nicht in den Konzertsaal darf. Die kann man getrost ignorieren.

(Klassische) Musik und andere Kunst ist noch nie so wenig elitär gewesen wie heute. Deshalb gibts ja heute auch Museen etc., wo man für ein paar Euro sehen kann, was früher nur in Palästen unereichbar für Normalsterbliche rumstand.

Elitär sind heute eher Konzerte bestimmter Popstars, für deren Eintrittspreis man locker 3 Mal in die Oper gehen kann, 20 Austellungen besuchen oder sich sämtliche Symphonien von Brahms, Beethoven, Tschaikowski und Mahler auf einen Schlag zulegen kann.

Nicht die Kunst ist heute elitär, sondern die Angst davor, sich von ihr überfordert zu fühlen, weil sie in so reichem Maße an jeder Ecke zur Verfügung steht.
 
Nicht die Kunst ist heute elitär, sondern die Angst davor, sich von ihr überfordert zu fühlen, weil sie in so reichem Maße an jeder Ecke zur Verfügung steht.

Ist wirklich das Überangebot schuld an der Angst, überfordert zu sein? Kommt denn der "Anspruch" nicht auch von der Art der Kunst selbst?
Beispielsweise braucht Klassische Musik (aber auch Jazz und sicher auch gewisse moderne Stücke egal ob E oder U) mehr Geduld, als das, was ich so durchschnittlich heute im Radio hören kann. Wie schon gesagt von weiss-nicht-mehr-weg, Popmusik ist "Fastfood" und auch als solche gedacht, wenigstens von den Produzenten. Und diese reagieren auch nur auf die Nachfrage..!

Keine Angst, ich weiss was du meinst und stimme zu, aber ich denke, das ist einfach noch nicht alles. :)

mfGLue
 
(Klassische) Musik und andere Kunst ist noch nie so wenig elitär gewesen wie heute. Deshalb gibts ja heute auch Museen etc., wo man für ein paar Euro sehen kann, was früher nur in Palästen unereichbar für Normalsterbliche rumstand.

Elitär sind heute eher Konzerte bestimmter Popstars, für deren Eintrittspreis man locker 3 Mal in die Oper gehen kann.

Du musst aber zugeben dass du hier einen ungerechten Vergleich triffst. Veranstaltet man ein Konzert mit einem Popstar, einer Band oder sonstwas (und das kann ja durchaus etwas anspruchsvolles sein oder den Zuschauern etwas geben) dann muss man mit realen Preisen rechnen.
Ich will mal ein klassisches Konzert sehen wo alles - von dem Gehalt der Musiker bis hin zum mieten oder dem Bauen dem Konzertsaales wie es jetzt auch praktiziert wird real über die Eintrittsgehälter finanziert wird. Wenn es dann immer noch günstiger ist, dann darf man so argumentieren.


Aber du hast in dem Sinne recht dass es keine finanziellen Hürden gibt sich mit klassischer Musik auseinanderzusetzen oder die Werke als Aufahme zu kaufen (davon abgesehen leben wir sowieso in Zeiten in dem jemand auch ohne Geld mit einer laschen Einstellung gegenüber dem Urheberrecht hast sich sowieso kulturell bilden und bereichern kann bis es ihm zu dem Ohren wieder rauskommt)
Und deswegen ist so etwas wie elitäres Gehabe heutzutage so oder so etwas das in den Köpfen stattfindet. Das ändert aber nichts an der elitären Einstellung. Gräben die in Köpfen errichtet werden sind meist tiefer als Reale.
 
Ist wirklich das Überangebot schuld an der Angst, überfordert zu sein? Kommt denn der "Anspruch" nicht auch von der Art der Kunst selbst?
Beispielsweise braucht Klassische Musik (aber auch Jazz und sicher auch gewisse moderne Stücke egal ob E oder U) mehr Geduld, als das, was ich so durchschnittlich heute im Radio hören kann.
mfGLue

Völlig richtig, nur würde ich den Anspruch, den die Musik stellt, nicht mit "elitär" bezeichnen. Ich denke, das hängt ganz eng zusammen mit dem riesigen Angebot, das wir im Musikbereich haben. Vielen reicht es aus, eine bestimmte "Radio-Musik" zu hören, wenn sie sich nicht weiter mit Musik auseinandersetzen wollen. Warum sich mit etwas Kompliziertem befassen, wenn es auch einfacher geht?! Ich glaube, diese Haltung hat auch mit Bequemlichkeit zu tun und damit, dass man sich vielleicht nicht mit etwas Neuem befassen möchte, vielleicht auch einfach eine Zeitfrage für viele. Um klassische Musik einigermaßen "adäquat"(blödes Wort, mir fiel gerade nichts Treffenderes ein) zu hören, muss sich der Konsument wohl etwas ausführlicher damit beschäftigen als jemand, der im Radio lediglich den Einheitsbrei hört. Einen Anspruch an den Hörer hat Klassik also durchaus. Aber das ist mMn mehr als berechtigt, wenn man beispielsweise Beethovens Musik ernst nimmt und überhaupt nicht elitär.
Das ist doch nicht nur bei der Musik so, sondern bei allen Dingen des Lebens.
Niemals würde man einem Fußballfan, der sich mit den Regeln der Sportart auskennt und darüber hinaus noch vieles andere weiß, vorwerfen, er sei elitär.
 
Völlig richtig, nur würde ich den Anspruch, den die Musik stellt, nicht mit "elitär" bezeichnen. [...] Einen Anspruch an den Hörer hat Klassik also durchaus.
aber es macht die Hörerschaft zu einer "Elite". (jedenfalls nach einer mMn nicht allzuweit hergeholten Interpretation der Definiton (siehe S.1), denn wer nicht die Geduld hat, hat keinen "Zugang" zur Musik, wenn auch aus freien Stücken..)

Das ist doch nicht nur bei der Musik so, sondern bei allen Dingen des Lebens.
Jau, das ist so ungefähr meine momentane Lebensphilosophie in sehr (sehr) wenigen Worten.. :great:

mfGLue
 
Niemals würde ich einem Hörer klassischer Musik vorwerfen, klassische Musik zu hören.
Niemals würde ich einem Musiker vorwerfen, klassische Musik zu spielen.

Niemals würde ich denken, ein Hof- (oder sollte ich sagen klassisch gesponsorter) Musiker hätte seine Musik nur für seinen Herren geschrieben. Niemals würde ich behaupten, ein Fürst würde verstehen, was sein Hofkomponist komponiert hätte.

Niemals würde ich auf den Gedanken kommen, klassische Musik würde Bedürfnisse erfüllen.

Niemals würde die Idee in meinem Kopf Platz finden, dass Erhebung, Vergnügen, Tanz, Kult, Besinnung, Freude oder Wohlgefallen, gar Zorn, Aufwallung und Euphorie Elemente der klassischen Musik seien.

Dass der Bäcker Arien singt sei unvorstellbar? Dass der Smetena und andere klassische Musiker sich der Volksmelodeien erbarmt habe, sei neu?

Der Inhalt des Elitären sei es Unterschiede zu machen, die zu Aufwertung (der eigenen) und Abwertung (der anderen) führe und dass es darum ginge, das eigene aufzuwerten um sich zu unterscheiden sei eine Erfindung der neueren Zeit?

Dass die Museen dazu da sind, das Tote der Vergangenheit zur Schau zu bringen um mit der Erhabenheit der Vergangenheit dem Gegenwärtigem zu huldigen, soll mich verwundern?

Dass die meisten Museumsbesucher mehr gesehen werden wollen als selbst zu schauen soll neu sein?

Dass es den Kompomisten und Machern jeglicher Musik um Sendung, Ego, Macht und einem gefüllten Kämmerlein des eigenen Lebens ginge, sollte ich abstreiten?

Dass sich die Bedingungen des Musikmachens seit jeher geändert haben und weiter ändern werden, soll ich in Zweifel stellen? Insoweit dass das eine untergehen werde und nie mehr wiederkomme? Welche Lobby steht hinter den gregorianischen Gesängen und welcher Verschwörung habe ich es zu verdanken, dass der mongolische Obertongesang Urfeste feiert? Ich soll den Gedanken hegen, dass alles gute Erbe hinweggeht durch Radio, Fernseh, DVD und ähnliche Dinge des digitalen Gebrauchs? Dass der reale Bürger nicht mehr bereit ist, sein lokales Orchester zu unterhalten, soll mir Schauer über den Rücken jagen? Und es würde kein Nachwuchs herankommen, obwohl es doch genug Eltern gibt?

Und ich sage Euch: Solange es noch dreiundzwanzig mediale Vermittler, vierzig kommunale Hofschranzen, vierundsiebzig eunuchenhafte Huldiger, sechsunfünzig nachschnöselige Regisseurdarsteller und achthundert kommerzielle Verwurstungsexeten gibt wird es der klassischen Musik nicht an Basis mangeln, so sehr sie diese auch verfluchen mag genauso wie die Hofkomponisten ihre Gönner gerne in den Hungerturm gezwungen hätten.

Ich bin sehr unentschieden: welche Musik soll ich hören?
 
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