Ist klassische Musik elitär?

  • Ersteller Effjott
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Wo bist Du denn jetzt zwischengelandet? Ich habe nichts dagegen, denen, die ich als Künstler anerkenne, auch finanziell zu unterstützen. Ich würde den Teufel tun irgendetwas zu tun, was ihren Narzissmus verstärken könnte, dazu gibt es auch absolut keinen Grund.
Auf der anderen Seite würde ich niemanden unterstützen wollen, nur damit der sich auf Kosten anderer ein schönes Leben macht. Er ist doch sicher seinen eigenen Interessen gefolgt, wenn er Musiker wurde, nicht wahr? Und er darf wie jeder andere Mensch nur unter bestimmten Voraussetzungen mit einer Anerkennung rechnen, nämlich dann, wenn er anderen "etwas bringt".
Ansonsten muss er tatsächlich - wie andere oft auch - einen Broterwerb nachgehen, der weniger den eigenen Interessen entspricht.

Ich beschreibe eigentlich nur die Situation wie sie sich mir darstellt und meine Haltung zu dem einen oder anderen Punkt darin.
Ausgangspunkt war die Fragestellung ob klassische Musik elitär sei. Sie ist es nicht, wie ich bereits früher sagte. Und da wo sie so scheint, sind es Menschen, die kein gutes Benehmen haben, nicht die Musik. Wenn die dann nicht unterstützt werden, dann ist das was aus dem Wald schallt...
 
mipooh schrieb:
Das mag möglich sein, aber hat das dann auch was mit Kunst zu tun? Oder geht es dann um Technik?

Man muss nur etwas ausdrücken können, was bei mir ein Erkennen dessen bewirkt, was derjenige ausdrücken wollte.
In der Regel handelt es sich dabei um Gefühle. Sicher lernt man auch das Fühlen bzw den Umgang damit, aber in einer Hochschule?

Das einzige was man ausdrücken muß sind die Pickel am Ohr, die man von manchen Künstlern bekommt.

Im Ernst, es geht bei der objektiven Beurteilung von Leistung nur um fachliches Können und musikalische Präzision und nicht um subjektive Wahrnehmung wie Gefühle beim Zuhörer. Hier war die Ausgangssituation und Beispiel doch die Oper und die 3 Tenöre. Wenn jemand behauptet er singt Oper, wird er technisch und musikalisch auch daran gemessen. Um Gefühle zu transportieren ist das Genre vollkommen egal, wenn aber 3 Profis das hohe C ins Mikro brüllen und einer nicht mehr kann macht halt der andere weiter, dann ist das eine sehr bedenkliche Einstellung und wird auch in Zukunft zu Recht kritisiert.

Sympathie oder emotionale Transportfähigkeit eines Künstlers spielen für fachliches Können und Präzision nur eine Nebenrolle.
Wenn ein professioneller Musiker macht was er will, kann er das ja gerne Freestyle nennen aber mit Oper hat es nunmal nichts mehr zutun. (Stichwort Ausbildung, die nicht leicht ist und wie von der Dame beschrieben ziemlich viel Disziplin erfordert.)

Dieser Freestyle bedeutet nichts anderes als Entertainment. Heute ist das normal , nur wird dadurch der Qualitätsanspruch an Musik kleiner, weil man hauptsächlich unterhalten will. Der musikalische Vortrag muß also nicht mehr perfekt sein. Der Musiker muß somit auch nicht mehr alles geben, weil es für den kommerziellen Erfolg auch mit einem niedrigen Anspruch geht. Wer das kritisiert ist nicht elitär sondern hat einen gesunden Verstand für Musik.

Es ist eine Tatsache, dass Entertainment immer wichtiger wird und teilweise vor der musikalischen Qualität kommt. Das kann man machen um sein Geld zu verdienen, aber als Profi wird man sich dann Kritik gefallen lassen müssen, weil die Leistung leider nur noch befriedigend ist, aber nicht mehr überragend und die eigene Performance stark vom jeweiligen Genre abweicht.

Ich glaube Dir ist auch noch nicht ganz klar was hinter einer musikalischen Ausbildung steckt, und wieviele Musiker sich täglich ihren Hintern für Perfektion aufreissen. Nicht weil sie unbedingt müssen , sondern weil sie das wollen und die Musik ernst nehmen.

Für Musikvereine und Orchester ist kein Geld da, während kommerzielle, prominente Luftpumpen ein Vermögen mit einer eher schwachen Leistung verdienen. Also komm mir bitte nicht mit Gefühlen und Leidenschaft für Musik. Diese Träumerei ist was für pubertierende Fanatiker, die sich mit einer Persönlichkeit identifizieren und zu ihr auf schauen wollen, egal wie musikalisch und fachlich korrekt der Vortrag war.

Die Klassik ist nicht elitär, aber arm wie nie zuvor. Da kann es mal passieren, dass eine Madame vom Fach mal Klartext spricht und sich über die Einstellung und Zustände aufregt, weil heute scheinbar jedes Mittel recht ist um populär zu sein und dabei vergessen wird, das Musiker sein eine sehr anspruchsvolle Arbeit ist.
 
Wir haben offensichtlich ein unterschiedliches Verständnis des Begriffs "Künstler". Hinter dem was Du argumentierst würde ich nicht einmal einen Künstler vermuten (dafür kenne ich zu viele nichtssagende Techniker), für Dich scheint das aber Voraussetzung.
Kein Problem.
 
Mach es nicht komplizierter als es ist, es geht hier immer noch um Musiker.

Mit Meinungen hat das wenig zutun, eher mit fachlichen Tatsachen, die Dir nun wirklich ausführlich von mehreren Leuten erklärt wurden.
 
... Der Künstler macht das aber oft auch für andere. Würde er sich nicht mitteilen wollen, dann würde er auch nicht künstlerisch tätig sein.

Ohne mich in die weiteren Tiefen dieses Threads, den ich aufmerksam aber passiv verfolge, verstricken zu wollen ... aber DIESE Aussage verneine ich mit jeder Faser meines Körpers ...

LG, Thomas
 
Da kann ich aus eigener Erfahrung dagegen halten. Ich habe jedenfalls keine Lust nur für die Schublade zu komponieren und das geht vielen meiner Kollegen genauso. Auch ein Mozart war sein Genie im stillen Kämmerlein nicht genug. Und was die Musik ab dem 21. Jahrhundert betrifft: Ich sage nur, "Ein Überlebender aus Warschau", oder "Requiem für einen jungen Dichter".
 
Naja , es kommt drauf an was jeder einzelne unter Kunst versteht und wie man sie letztlich wertet.
Musikalisch produktiv zu sein kann man durchaus eine künstlerische Tätigkeit nennen.

Aber auch hier darf man Ansprüche haben, denn über den schaffenden Prozess und die Qualität des Kunstprodukts kann man durchaus diskutieren.
 
Ohne mich in die weiteren Tiefen dieses Threads, den ich aufmerksam aber passiv verfolge, verstricken zu wollen ... aber DIESE Aussage verneine ich mit jeder Faser meines Körpers ...
Naja, er hat "oft" geschrieben. Das lässt sich eh nicht prozentual aufschlüsseln.
Ich habe gerade heute noch jemanden kennengelernt, der sein ganzes Leben nur für sich komponiert, gemalt und geschrieben hat. Er hat sogar für eines seiner Manuskripte ein Angebot eines Verlags gehabt, was er dankend abgelehnt hat. Ihm ist es nie darum gegangen damit Geld zu verdienen oder seine Werke zu verbreiten. Er hat einfach Spaß an dem, was er da kreiert :)
Ich selbst sehe es nicht ganz so extrem. In erster Linie spiele und schreibe ich für mich selbst. Da bin ich ganz egoistisch, da kann ich nämlich spielen und machen was ich will :) Aber es gibt auch den anderen Paul, der für andere und mit anderen spielt. Auch das mache ich gerne und bekomme auch noch Geld dafür. Das ist auch ´ne prima Sache :) Ich kann mir allerdings letzteres ohne das andere schwer vorstellen. Andersrum schon ;)

Was das Threadthema angeht, so ist ja eigentlich alles schon gesagt worden und die Ausgangsfrage kann mit einem `Nein´ beantwortet werden. Oder ist tatsächlich noch jemand anderer Meinung ;)
 
Allem Anschein nach gibt es noch die mit anderer Meinung. Das liegt aber oft an vielen Vorurteilen, oder weil manche eben nicht den Einblick in den "Betrieb" haben. Diese Vorurteile habe ich sicher auf anderen Gebieten auch, die nicht zu Musik zählen, aber ich lerne immer gerne dazu.

Ich glaube, einer der wichtigsten Punkte für eine Art Aufklärung ist, mit der romantischen Vorstellung, der Künstler wäre das fertige Genie, das schon alles weiß und das alle Begabung in die Wiege gelegt bekommen hat, Schluss zu machen. Auch der Punkt, dass Kunst eines großen Künstlers so vor Erhabenheit strotzt, dass sie anscheinend nicht bewertet, beurteilt, oder analysiert werden kann. Das geht manchmal schon fast in Richtung Götzenanbetung, da musste ich früher im Metalbereich (und mir ist klar, dass ist in jeder anderen Sparte auf seine Art auch vorhanden) einiges erleben. Auch die Großen haben nicht immer nur Glanzleistungen abgeliefert. Manche waren schlau und haben ihre fragwürdigen Machwerke vernichtet (siehe Brahms), andere ließen sie bestehen und dürfen durchaus kritisiert werden, übrigens von jedem. Hier könnte ich Beethovens Oper in den Raum werfen, Wagners erste und einzige vollständige Sinfonie, oder Griegs Klavierkonzert. Das ist auch im Metal nicht anders (ich greife deswegen in die Richtung, weil ich mich damit aus eigener Erfahrung neben Klassik am besten auskenne). Blind Guardians "Nightfall in Middle-earth" ist für sich gesehen ein ziemlich bombastisches Konzeptalbum, aber gegen Ende wird es nur noch profan und einfallslos.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Allem Anschein nach gibt es noch die mit anderer Meinung. Das liegt aber oft an vielen Vorurteilen, oder weil manche eben nicht den Einblick in den "Betrieb" haben. Diese Vorurteile habe ich sicher auf anderen Gebieten auch, die nicht zu Musik zählen, aber ich lerne immer gerne dazu.
Da sprichst Du einen der wichtigsten Punkte an. Entweder man hat die Bereitschaft dazu zu lernen, oder man hat sie nicht. Und wenn man sie nicht hat, ist man entweder tolerant anderen Dingen gegenüber, oder halt nicht. Die Kombi Vorurteile plus Intoleranz führt genau zu solchen Diskussionen wie hier. Ich war früher - hab ich hier schon ein paar mal erzählt - voll von Vorurteilen gegenüber anderen Genres, vorallendingen klassischer Musik und dazu intolerant. Ich weiß also, wovon ich rede ;) Ich konnte mir damals partout nicht vorstellen, dass es etwas besseres als die Beatles geben könnte. Dann gesellten sich mehr oder minder zufällig noch The Clash und The Who dazu. Und genau zu diesem Zeitpunkt schickten meine Eltern mich mit einem Abo bewaffnet ins Theater. Alles an und in mir war auf Rebellion gepolt. Eigentlich ein Wunder, dass die Musik trotzdem zu mir durchdrang und ich total begeistert davon war. Ich konnte nicht genug davon bekommen. Etwas später entedeckte ich Costello (und damit Country, Soul, etc) und Zappa. Und mit Zappa eröffneten sich ganz viele verschiedene musikalische Welten. Varése, Strawinski, Doowop, Jazz usw. Von Zappa war es sowieso auch nicht mehr weit zur neuen Musik (auch über Boulez :))
Da ich beruflich sehr viel mit Musik zu tun habe, gibt es immer wieder Sachen, die ich nicht kenne und auf die ich mich dann versuche einzulassen. Es ist wahrlich nicht so, dass mir alles gefällt, aber dadurch habe ich sehr viele neue und manchmal sogar ganz alte spannende Dinge gehört. Inzwischen ist es so, dass ich die Befürchtung habe ganz viel tolle Musik zu verpassen :eek:
Ich glaube, einer der wichtigsten Punkte für eine Art Aufklärung ist, mit der romantischen Vorstellung, der Künstler wäre das fertige Genie, das schon alles weiß und das alle Begabung in die Wiege gelegt bekommen hat, Schluss zu machen. Auch der Punkt, dass Kunst eines großen Künstlers so vor Erhabenheit strotzt, dass sie anscheinend nicht bewertet, beurteilt, oder analysiert werden kann. Das geht manchmal schon fast in Richtung Götzenanbetung, da musste ich früher im Metalbereich (und mir ist klar, dass ist in jeder anderen Sparte auf seine Art auch vorhanden) einiges erleben. Auch die Großen haben nicht immer nur Glanzleistungen abgeliefert. Manche waren schlau und haben ihre fragwürdigen Machwerke vernichtet (siehe Brahms), andere ließen sie bestehen und dürfen durchaus kritisiert werden, übrigens von jedem.
Da bleibt mir nur noch ein ganz dickes Ausrufezeichen hinter zu setzen. Das sehe ich in allen Punkten genauso.
 
..... Auch die Großen haben nicht immer nur Glanzleistungen abgeliefert. Manche waren schlau und haben ihre fragwürdigen Machwerke vernichtet (siehe Brahms), andere ließen sie bestehen und dürfen durchaus kritisiert werden, übrigens von jedem. Hier könnte ich Beethovens Oper in den Raum werfen, Wagners erste und einzige vollständige Sinfonie, oder Griegs Klavierkonzert.........
Das kann ich nicht unwidersprochen stehen lassen.
Von Brahms weiß man, dass er "überkritisch" mit seinen eigenen Werken war. Daher ist es für uns "Normalsterbliche" noch nicht klar, ob diese vernichteten Werke unter Dein vernichtendes Urteil fallen würden. Viel entscheidender ist aber, dass er seinen Verleger und guten Freund Simrock das Versprechen abnahm, sämtliche noch nicht veröffentlichte Manuskripte nach seinem Tod zu vernichten, was dieser auch tat. Brahms selbst hat zwar auch einige Skizzen, meistens Vorentwürfe etc. vernichtet, das war´s dann schon. Die große Vernichtung fand eben erst durch Simrock statt und sie beraubte uns Musikern und auch den Musikwissenschaftlern diverse unvollendete Werke, Skizzen und Vorentwürfe, die zum Studium der sich später daraus entwickelten Stücke hätten sehr wertvoll sein können. - "Machwerk" dürfte man in diesem Kontext als Beleidigung eines sehr, sehr großen Komponisten ansehen, zumal völlig an der wahren Geschichte vorbei.
Weiter zu "Fidelio". Es war Beethovens einzige Oper und natürlich hatte er Probleme damit. Aber die Zweifel an diesem Werk beziehen sich mehr auf das Libretto und dessen Dramaturgie, was mich - nebenbei vermerkt - immer etwas erstaunt, da es unzählige Opern mit deutlich schwächeren Libretti gibt, z.B. Mozarts "Cosi" oder viele aus dem italienischen Verismo-Bereich.
Fakt ist aber, dass "Fidelio" einen Inhalt besitzt, der ganz und gar Beethovens Ideal zur Freiheit des Menschen von Tyrannei etc. wiederspiegelte und dass er zum Teil unglaublich ausdrucksstarke Musik dafür komponierte. Nicht umsonst wurde direkt nach dem 2. Weltkrieg dieses Stück zur Wiedereröffnung der Berliner Oper gespielt, wobei das atemberaubende Quartett "Mir ist so wunderbar" mehrfach gegeben werden musste, weil es die Zuhörer als perfekte Wiederspiegelung ihrer momentanen Situation ansahen und in Jubelstürme ausbrachen. - Die Tragödie um diese Oper ist eigentlich die, dass sie von Regisseuren als missraten erklärt wurde und dass sich dieses Gerücht bis heute hält und von Leuten wie Dir weitergetragen werden.
Nimm mir diese drastischen Worte nicht übel, aber man ist es als Musiker gewohnt, behutsam und mit genauer Kenntnis der Sachlage an solche Komponisten heranzugehen. Das habe ich bei obigen Bemerkungen vermisst.
 
Zum Thema des Threads: Ist klassische Musik elitär? Ja!
Wenn man elitär dahingehend definiert, dass sie von Eliten geschrieben wurden, d.h. von Kompnisten, die in dem Sieb von 600 Jahrhunderten Kulturgeschichte hängengeblieben sind. Das ist der große Unterschied zur zeitgenössischen Musik, ob Popular und Klassik. Der "Test of Time" steht bei denen noch aus, bzw. ist meistens noch nicht mal erforderlich.

Es wurde kurz zuvor mit sehr viel Respektlosigkeit und Unkenntnis in der Sache davor gewarnt, die großen Komponisten nicht auf einen zu hohen Sockel zu heben. Von Götzenverehrung war sogar die Rede. Für Berufsmusiker wäre so etwas per se indiskutabel. Von daher mag sich die Frage höchstens für Zuhörer oder Hobbymusiker und deren Sicht stellen.
Aber jeder, der z.B. eine Brahms-Sonate oder Bach-Fuge analysiert hat und zwar richtig und harmonisch und formal bis in´s letzte Detail, der kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es wird ihm unter der Oberfläche der Melodie eine innere Struktur offenbar, in der fast alles miteinander zu tun hat. In der die Stimmen permanent Bezug aufeinander nehmen, sich imitieren, sich spiegeln oder was es sonst noch an kontrapunktischen Mitteln gibt. Der Hobbymusiker und der Zuhörer wird das nicht analysieren können, aber er wird es spüren können, da solche Strukturen den inneren Zusammenhalt und die innere Spannung aufbauen. Gut, ich könnte jetzt noch diverse weitere Arbeitsmethoden anführen, aber das wäre müßig.

Nur ein kleines Beispiel: Ich arbeitete vor langer Zeit etwas intensiver an einem Brahms-Klavierintermezzo, d.h. pro Tag etwa 3 bis 4 Stunden. Nach fünf oder sechs Wochen, einer Zeit also, in der man ein nicht so langes Stück normalerweise schon ganz gut kennengelernt hat, fielen mir immer noch neue Stimm-Verwandtschaften und innere Bezüge auf. Fazit: Diese unfassbare Souveränität im Tonsatz und dieser Ideenreichtum müssen einen als Interpreten staunen lassen - und ziemlich klein vorkommen, wenn ich ehrlich bin.

Man bekommt nach vielen Jahren also einen immer größeren Respekt vor solchen Komponisten und dementsprechend studiert man ihre Werke. Im übrigen wären die langen, langen Übungszeiten, in denen man ein ein Stück vielleicht zweitausend Mal oder noch häufiger wiederholt, nicht möglich, denn wer könnte das schon, wenn das Stück schlecht oder mittelmäßig wäre?
Wie gesagt, man bekommt Respekt, aber man bleibt nicht unkritisch oder überhöht die Person des Komponisten auf eine Gott-gleiche Stufe - schon die Idee dazu zeugt von einer Klischee-artigen Betrachtung der gesamten Klassik.

Nur ein Punkt nebenbei: Es gibt keinen Musiker oder Musikwissenschaftler, der meint, solche Genies seinen gleich im quasi fertigen Zustand geboren worden. Die Behauptung ist reiner Unfug, da jeder, der sich ein wenig mit ihnen beschäftigt, weiß, dass sie zum Teil heftigsten Unterricht genießen mussten. Mozart wurde sogar schon als Kleinkind von seinem Vater regelrecht gedrillt.

Der Ausdruck "Elitär" hat einen schlechten Beigeschmack, weil man ihn mit hochnäsig, einer besser verdienenden Einkommensschicht zugehörig etc. assoziiert. Was in Bezug auf die sogenannte Klassik vollkommen abwegig ist (man sollte nur den Teilaspekt des Verdienstes eines studierten Berufsmusikers recherchieren, welcher ein Witz in Bezug zum Ausbildungsaufwand darstellt; ohne großen Idealismus kann man kein klassischer Musiker werden und man vergleiche diesen Umstand bitte mit der häufig auf Charterfolge und schnelles Geld fixierten Grundeinstellung der Pop-Rocker). Wenn jetzt einige User darauf verweisen, welche Leute denn in Operpremieren gehen, kann ich nur sagen, dass diese Leute auch das Zigfache für eine Karte zahlen und dass ein Opernhaus Probleme im Überleben hätte, wenn es nicht diese teuren Premierenkarten verkaufen könnte. Im übrigen ist dieses Publikum nicht elitär im Sinn von intellektueller und künstlerischer Auffassungsgabe. Das dafür prädestinierte Publikum kommt erst ab der 2. Vorstellung, wenn die Karten viel günstiger sind. Und dieses Publikum ist dann in der Tat elitär, weil es zu einem größeren Teil den intellektuellen und künstlerischen Rezeptionsanforderungen, den Klassik nun mal stellt, gerecht wird.
 
Na ja, evt hat ja der Terminus "elitär" im Bezug auf den Klassikbetrieb auch etwas mit der über Jahrhunderte zelebrierten Volksferne jenes Betriebes zu tun: Der Mann von der Strasse jedenfalls geht in der Regel einfach nicht in die Oper oder in ein klassisches Konzert...

Und dann gibts da ja auch noch diese unselige Aufteilung seitens des Klassikbetriebes in "U- Musik" und "E- Musik". Also ich glaube schon, dass diese "Klasse" eigentlich ursprünglich lieber unter sich geblieben wäre. Angesichts leerer Kassen allerdings wurde ja dann systematisch versucht, die Klassik populär zu machen- was für ein Spagat:

Peter Hofmann singt Rock, gestandene Tenöre treten in Rudeln auf, ein britischer Geiger spielt für den Pop- Zirkus und Freddie Mercury singt mit Montserat Caballe um die Wette:D... wirklich auf Dauer erfolgreich ist dieses "Klassik goes Pop" ( oder vice versa) jedoch nicht, weil es eben künstlich forciert ist.

Auch, wenn ich die feine Gesellschaft auf den Wagner- Festspielen in Bayreuth oder ähnliche Veranstaltungen so betrachte:

Ich habe nicht den Eindruck, dass man sich dort mit dem Mann von der Strasse abgeben würde... da hat man schon durch die Ticket- Preise einen klaren Riegel vorgeschoben:D... aber da würd mich sowieso im Leben nix hinziehen, sollen die mal schön unter sich bleiben:ugly:
 
Es wurde nun schon oft und in vielen Varianten gesagt, aber: das hängt einfach davon ab, wie man elitär definiert. Ohne jegliche Haarspalterei oder semantische Verdrehungen ist hier ganz einfach nach dem Sprachgebrauch zu urteilen, denke ich.

Es sind ja 2 verschiedene Fragen, die man da stellt.

1. ob die Hörerschaft elitär sei
2. ob die klassische Musik an sich elitär sei

Frage 2 lässt sich vermutlich einfach damit beantworten, dass man, um sie gut zu verstehen, sich intensiv damit auseinandersetzen kann und muss. Das führt dazu, dass weniger Leute klassische Musik hören als sogenannte U-Musik, die den Anspruch der meisten Leute auch ohne Musikstudium erfüllt. Anonymusus hat das ja recht breit erklärt gerade, denke ich.

Frage 1 zu beantworten finde ich sehr mühsam und sinnlos. Vermutlich grenzen sich Gruppen immer auf irgendeine Art voneinander ab. Und vermutlich liegt ein bestimmter Reiz der "klassischen Musik" eben auch darin, dass sie nicht allen zugänglich ist.

Wie man als Musikfreund damit umgeht, ist ja jedem selbst überlassen.
 
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Na ja, "elitär" hat wohl im allgemeinen Sprachgebrauch einen leicht negativen Beigeschmack. Es gibt da wohl grundsätzlich eine Spaltung in der Gesellschaft:

" Die da oben, die Klassik hören" ( "E- Musik") und "die da unten, die Schlager hören" ("U-Musik"). Das klingt blöd, aber so ist es.

Roarl schrieb:
2. ob die klassische Musik an sich elitär sei

Frage 2 lässt sich vermutlich einfach damit beantworten, dass man, um sie gut zu verstehen, sich intensiv damit auseinandersetzen kann und muss, was dazu führt, dass zweifellos weniger Leute sie hören als "simplere Stücke", die den Anspruch der meisten Leute dennoch erfüllt.

Also, wenn manche Leute das erste Mal zB. indische Ragas hören, dann erleben die auch erstmal nur Krach und schräge Töne ohne Zusammenhang, sie können diese Musik nicht verstehen. Ich steh auf indische Ragas und auf Bach- ist diese Musik also in sich selbst elitär? Ich glaube nicht. Als die Weissen das erste mal schwarzen Blues gehört haben, da war das in deren Ohren ein schrecklicher Lärm, sie konnten diese Musik nicht verstehen- ist der Blues deswegen keine "simple" Musik? Der Blues ist sehr simpel, denke ich.

Arnold Schönberg zB finde ich allerdings schon "elitär". Der Begriff "elitär" hat im allgemeinen Sprachgebrauch etwas leicht Abgehobenes, Aufgesetztes ohne Bodenhaftung, ohne echte roots. Man hält sich für "etwas Besseres", um es platt auszudrücken- so ist jedenfalls ziemlich genau die Auslegung des Begriffes "elitär" da, wo ich herkomme:D
 
Ich habe zwischen 2 Fragen unterschieden, weil es für mich 2 verschiedene Definitionen von elitär betrifft.

Die Frage, ob die Musik elitär sei, ist für mich mit "Ja" zu beantworten, weil sie nur dem zur Gänze zugänglich ist, der sie studiert. Dahingegen ist etwas nicht elitär, das den meisten aufwandlos zugänglich ist. (Mir ist bewusst, dass der Thread-Ersteller diese Frage sicher nicht so gemeint hat, aber man weiß ja nie:).)

Die andere Frage... "Sind Menschen, die klassische Musik hören, elitär?" ist für mich äquivalent zu der Frage "Fühlen sich Menschen, die klassische Musik hören, elitär?". Die Antwort auf diese Frage hat für mich ihren Ursprung nicht in der Musik sondern im Verhalten der Menschen.. und das ist hinreichend komplex, um es als aussichtslos zu bezeichnen, eine gute Antwort zu geben, denke ich;).

Edit: Sorry für die Haarspalterei, aber dass einige Leute sich, grob gesagt, einfach besser/abgehoben fühlen, wenn sie etwas wissen, das andere nicht wissen, ist ja klar:(.
 
Roarl schrieb:
Die Frage, ob die Musik elitär sei, ist für mich mit "Ja" zu beantworten, weil sie nur dem zur Gänze zugänglich ist, der sie studiert.

Meinst Du damit, dass mir Klassik nicht in Gänze zugänglich ist, weil ich sie nicht studiert habe? Oder dass manchen der Blues oder der Punk nicht in Gänze zugänglich ist, weil sie ihn nicht studiert haben?:D... nicht wirklich, oder?

Du möchtest nicht sagen, dass es Musik gibt, die man an einer Universität studiert haben muss, um sie zur Gänze zu verstehen, oder? Das wäre für mich die exakte Kontradiktion von M u s i k.

Mag sein, dass man als Musiker manches Genre studiert haben muss, um es in Gänze zu verstehen, aber doch sicher nicht als Zuhörer?! Was wäre eine Musik auf dieser alten Erde wert, die nur von eingeweihten, studierten Diplom- Absolventen verstanden wird? Edit: Wozu dann die Versuche seitens der Klassikfraktion, die Klassik zu verpoppen... wenn die tumbe Masse sie eh nicht kapiert, weil sie nicht studiert hat?:evil:

Fakt ist vor allem eine Tatsache:

Alle Schöpfer grosser, klassischer Werke sind lange tot, diese Musik hat keine Wurzeln in der Gegenwart, sondern ganz und gar in der Vergangenheit. Das kann man von der populären Musik nicht behaupten: Hier sind die Schöpfer quicklebendig^^

Musik ist vom Ursprung her keine Kopfgeburt.

... oder liegt hier ein Missverständnis vor?
 
Zuletzt bearbeitet:
Klar liegt ein Missverständnis vor.

Mit "Studium" meine ich ganz allgemein die tiefergehende Beschäftigung mit Musik. Ich habe mir auch keinerlei Werturteil erlaubt, etwa darüber, dass nur die Musik etwas taugte, die schwer zu verstehen wäre. Was ich meinte war, dass schwierigere Musik elitärer ist, weil sie dadurch weniger Leuten zugänglich ist. Atonale Musik z.B. gefällt einfach nur einem relativ kleinen Kreis der gesamten Hörerschaft, insoweit finde ich sie relativ elitär.

Wenn's um leblose Objekte geht, interpretiere ich das Wort "elitär" ganz einfach als "einem kleinen Kreis zugängig/zugehörig*".
Wenn's um das Verhalten von Menschen geht (also z.B. die Hörerschaft klassischer Musik) finde ich es sinnlos sich darüber zu unterhalten, wer sich "elitär" fühlt oder nicht. Wohin soll das führen?

Wann zählt sich ein Mensch zu einer Elite? Und wenn er das macht, was heißt das für ihn dann?
In erster Linie heißt das, dass ihm bewusst ist, dass er zu einem relativ kleinen Kreis von Personen zählt, dem z.B. klassische Musik gefällt.
Jetzt kann er sich deswegen entweder gut fühlen, oder es ist ihm egal. Ob er stolz ist, dass ihm klassische Musik gefällt, oder nicht, hat für mich nichts mehr mit der Musik zu tun.. das ist eine reine Verhaltensfrage.

*: Mit Zugängigkeit meine ich, grob gesagt, dass ein Mensch mit musikalischer Bildung zweifellos mehr Klassisches hört und mehr Klassisches zu schätzen weiß. Das ist einfach ein acquired taste. Dieser Zusammenhang lässt sich einfach nicht leugnen.

Oder sehe ich da etwas falsch?
 
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Ok, wenn du nicht unbedingt das Studium an einer Uni zum Verständnis mancher Mussikrichtungen voraussetzt, sondern eher ganz allgemein eine tiefergehende Beschäftigung mit eben jenen Musikrichtungen meintest, dann kann ich dir folgen.

Indische Ragas zB sind manchen Leuten nicht zugänglich, wei sie sich damit nicht befassen und auch nicht befassen wollen, sie stecken fest in ihren beschränkten Hörgewohnheiten. Dasselbe scheint mir zB für Klassik oder auch Jazz zu gelten. Oder auch für Punk^^... Aber ich persönlich würde es nicht als "elitär" bezeichnen, wenn manche Leute sich eben intensiv mit Musik beschäftigen und Zugang zu weniger populärer Musik haben. Dann wäre ja auch die Punkgemeinde elitär, weil der Punk eben nur einer relativen Minderheit zugänglich ist.

Was gewisse Werturteile im Zusammenhang mit der sog. "Elite" betrifft, so hab ich grade mal das etymologische Wörterbuch zum Terminus "Elite" bzw "elitär" befragt, da steht Folgendes:

" 'Auslese der Besten': Das Substantiv wurde im 13. Jh. aus gleichbedeutend frz. élite entlehnt, das zu frz.élire (= vlat. exlegere) 'auslesen' gehört..."


Das ist eine ziemlich eindeutige Ansage, das ist die offizielle Duden- Definition des Wortes "elitär".

Die Auslese der Besten mag für zB Debütantinnen- Bälle und die Wagner- Festspiele durchaus zutreffen^^... aber mit der Fähigkeit oder Unfähigkeit, gewisse Musikrichtungen angemessen zu rezipieren, hat das sehr wenig zu tun- sind wir uns da einig?

Ich jedenfalls für meinen Teil lege keinen Wert darauf, zu jener "Auswahl der Besten" zu gehören, nur weil ich aufgrund eines "acquired taste" gerne Klassik, Jazz oder indische Ragas höre:D... du siehst dich hoffentlich auch nicht in jener Gemüse- Auswahl der Besten, nur weil du offenbar Klassik hörst ( und auch verstehst), oder?

Die elitäre "Auswahl der Besten" gab es schon im alten Rom, im römischen "Circus". Es ist die Kultur des elitären "schneller, höher, weiter"- eine abgehobene, weltferne Kultur, die zum Untergang verdammt ist. Heutigentags pflegt man zB im Internet die Kultur des "Daumen hoch, Daumen runter"- ein Brauch, den schon die römischen Kaiser im "Circus" der Gladiatoren pflegten:D
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist halt immer das Problem:).. schlauer sind wir nun nach wie vor nicht, was "elitär" nun eigentlich sein soll.
Klar hat man das etymologische Wörterbuch. Nach diesem würden wir allerdings eine Großzahl der von uns heute gebrauchten Wörter falsch verwenden.

Historisch ist der Begriff auch nicht so ganz eindeutig belegt, wie du sehen wirst, wenn du dir den Wikipedia-Artikel ein wenig durchblätterst. Ich vermeide es weitgehend, Wikipedia-Artikel zu verlinken, aber solange sie Beispiele bieten, der der Diskussion sachdienlich sind, sollte man sie ruhig auch verwenden.
Daher:

Das Wort "Elite" [...] hochwertigen und teuren Waren, vor allem von Stoffen ("Elitegarn") verwendet. [...] Erst allmählich begann man, den Begriff auch auf soziale Zusammenhänge anzuwenden. Zur Zeit der Französischen Revolution wurden mit élite Personen bezeichnet, die sich (im Gegensatz zu Adel und Klerus) ihre gesellschaftliche Position selber verdient hatten. Im Zuge der Industrialisierung wurde der Begriff dann im Bürgertum zur Abgrenzung von der Masse der Ungebildeten und Unselbständigen (den Arbeitern und Angestellten) verwendet.
Es wird weiter erläutert, dass der Begriff sowohl wertfrei als auch gesellschaftskritisch verwendet wird - und das hängt eben, wie erwähnt, immer vom Kontext ab.

Was uns dieser "Kampf" um die Definition letztlich lehrt ist, dass wir uns vielleicht erstmal einigen sollten, was wir/der Threadersteller mit elitär meint. Das Sprahgefühl sagt mir, dass er fragen möchte, ob entweder klassische Musik "etwas Besseres sei" als andere Musik, oder ob Hörer klassischer Musik etwas besseres seien als andere.

Und genau hier hake ich ein und sage, dass diese Frage nichts mehr mit der Musik zu tun hat, sondern damit, wie Menschen sich verhalten. Dinge, die schwer zugänglich sind bieten viel Möglichkeit, sich damit zu befassen und letztlich schlauer darüber zu sein als andere. Wie bei allen komplexen Feldern ist Strukturkenntnis sehr befriedigend. Es ist wahrscheinlicher, dass man mehr Freude hat, wenn man sich besser auskennt.

Es folgt, dass sich Gruppen bilden, die sich damit besser auskennen als andere. Und wenn das passiert, ist für mich ganz klar, dass es Streit und Diskussion darüber geben wird.

Übrigens will ich nicht, dass hier ein falscher Eindruck entsteht - ich höre gerne klassische Musik, und kenne mich höchstens ein wenig damit aus.
 

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