Ist klassische Musik elitär?

  • Ersteller Effjott
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Erklär mal näher was Du damit meinst, "klassischer Pfad", den man wohl ohne Kritik nicht aufgeben darf...

Der link vom TE ist zwar nicht mehr gültig, aber ich zitiere mal das Wesentliche auf was ich mich bezogen habe.
Im Anhang habe ich nochmal den gültigen link vom TE angehängt.

Christa Ludwig schrieb:
Schauen Sie, ich bin eine andere Generation. Natürlich halte ich dieses ganze Marketinggetue für übertrieben und geschmacklos.
Im Vergleich dazu haben wir damals ja noch richtig Kunst gemacht! Vielleicht ist das alles in Ordnung so, wir leben im 21. Jahrhundert - ich weiß es nicht.
Für mich waren schon die "Drei Tenöre" eine Schande! Ich finde es scheußlich, wenn drei erwachsene Männer zusammen eine Arie brüllen, und sobald der
eine das hohe C nicht kriegt, macht der andere weiter. Mit Oper hat das nichts zu tun. Das ist reines Entertainment und eine absolute Nivellierung des Kunstanspruchs.

Auf die Frage "Aber sind mit Pavarotti, Domingo und Carreras in den 90ern die Schwellen in Sachen Oper nicht auch gesunken, im positiven Sinne?"
antwortete sie folgendes

Christa Ludwig schrieb:
Daran glaube ich keine Sekunde. Für ein Publikum, das nichts versteht, muss ich mich als Künstlerin, als Sängerin doch nicht derart anstrengen.
Wissen Sie, was dieser Beruf bedeutet? Ich darf mich nicht erkälten, ich muss meine Stimme schonen, ich muss überhaupt immer hervorragend bei Stimme sein,
darf mir keinen Kiekser erlauben, ich darf keinen Schleim haben, kurz: Es wird das absolute Topniveau von mir erwartet.
Und diese ganze Lebensanstrengung werfe ich ein paar Dummköpfen vor die Füße, die ein Wolf-Lied nicht von einer Mozart-Arie unterscheiden können und nur auf den nächsten hohen Ton warten? Nein danke.

Hier hat sie eigentlich nur den Fehler gemacht, dass Publikum zu beleidigen.
Ansonsten würde man sie als Künstlerin respektieren, die unabhängig ihres Genres einen extrem hohen Qualitätsanspruch hat.

Auch der Kontext indem sie sagt, dass klassische Musik elitär sei steht in einem ganz anderen Zusammenhang.

Christa Ludwig schrieb:
Es ist unredlich, sich billig zu verkaufen. Und klassische Musik ist nun einmal elitär,
machen wir uns doch nichts vor. Warum wollen wir dann um jeden Preis mit dem Populären konkurrieren, mit Mitteln, die nicht die unseren sind?

Das was sie hier sagt würde ich eher als Stolz bezeichnen, wenn sie elitär sagt kann sie das natürlich, aber in dem Kontext werden viele Musiker sogar gut nachvollziehen können, was sie damit sagen will.

Quelle:
http://www.tagesspiegel.de/zeitung/interview-klassische-musik-ist-nun-einmal-elitaer/1188726.html

Auch wenn Oper nicht meine Welt ist, hat sie eine interessante Einstellung zu ihrer Musik.

- - - Aktualisiert - - -

Vivaldi würde ich gern die Genialität absprechen. Der war nichts weiter als ein Quintfallroboter.

:rofl:
 
Der Link funktioniert leider auch nicht. Was ich den Zitaten entnehmen kann ist allerdings elitäres Gerede. Das darf sie und sich damit blamieren auch.
 
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Das gleiche gilt aber auch für die Heavy-Metal-Fans, die sich z.B. alljährlich beim Wacken Open Air versammeln: eine aufgedonnerte Minderheit begreift sich als exklusiv. Und zwar mit einer ganz klaren Gegenüberstellung Wir-Ihr, wobei "wir" die Avantgarde darstellen und "ihr" nicht. Zu sehen z.B. am Text von Doro Pesch "We are the Metalheads", wo Überlegenheit ausformuliert wird: "We are, we are the metalheads, Don't wanna sound like you 'cuz our life is true".

Elitäres Denken passt eben auch gut zu anderen Musikformen. Zur Klassischen Musik genauso wie zum Heavy Metal. Es hängt letztlich von den Hörern ab, wie sie ihre Musik verwenden - kein Ton alleine ist von sich aus elitär, aber jeder Ton kann dazu genutzt werden.

Harald

Soweit richtig. ;)

Nur, der Unterschied das eine wird alimentiert, subventioniert, finanziert, das andere nicht. :nix:
Da werden Steuergelder reingebuttert das es nicht mehr schön ist.
Das nenn ich "elitär".
 
Soweit richtig. ;)

Nur, der Unterschied das eine wird alimentiert, subventioniert, finanziert, das andere nicht. :nix:
Da werden Steuergelder reingebuttert das es nicht mehr schön ist.
Das nenn ich "elitär".

Sorry, aber da kann ich dir nicht folgen. An der massiven Verwendung von Steuergeldern kannst du doch nicht ernsthaft ein elitäres Bewusstsein festmachen.

Wo kämen wir da hin? Werden Hartz4-Empfänger zur Elite, weil ihre Leistungen durch Steuergelder bezahlt werden? Sind Rockbands in Jugendzentren eine Elite der Musikkultur, weil das Jugendzentrum "alimentiert, subventioniert [und] finanziert" wird? Führt die Subventionierung von Musik und Kultur generell dahin, dass eine Elitenbildung gefördert wird? Sicher nicht. Die Verwendung von Steuergeldern fördert nicht so zwangsläufig die Elitenbildung, wie es deinen Aussagen zu entnehmen ist.

Vielmehr ist es wie beim Beton-Werbeslogan: es kommt drauf an, was man draus macht. Überall, wo Kultur und Musik entstehen (ganz unabhängig davon, ob sie öffentlich oder privat finanziert werden), kann es dazu kommen, dass soziale Gruppen sich selbst inszenieren und durch Kultur und Musik in ihrer Identität bestätigen.

Musik kann in sozialen Milieus die Entwicklung Identitätsfindung - Exklusivitätsvergewisserung - elitäres Bewusstsein in Gang setzen. Und das geht mit jeder Musik. Es ist vom Sozialgefüge der Hörer abhängig, wie weit die Entwicklung geht, aber nicht vom Einsatz von Steuergeldern.

Harald
 
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(...) An der massiven Verwendung von Steuergeldern kannst du doch nicht ernsthaft ein elitäres Bewusstsein festmachen.
Naja, nicht prinzipiell, aber an der Größenordnung. Wenn ich mir hier in Ö. ( Wien, Salzburg, Graz ...) ansehe welch enormen öffentlichen Gelder in die so genannte "Hochkultur" die in weiten Teilen mit klassischer Musik ident oder zumindenstens stark verwoben ist fließen und wie andere Künste daneben dahinvegetieren ist mir der Fall schon klar. Die eine "Elite" die sich dafür hält (Politik) stopft der anderen selbsternannten Elite die Kohle hintenrein, obwohl diejenigen es am allerwenigsten nötig hätten subventioniert zu werden. Dass man unter diesen Umständen besser unter sich bleibt ergibt sich. Die klassische Musik eignet sich dazu hervorragend als Grenzzaun zum proletarischen -staunenden und zahlenden- Gesocks.
Wenn ich mir ansehe was an Geldelite, Politikelite und Kunstelite bei den Salzburger Festspielen herumwuselt, die zwar den Normalbürger noch nicht einmal anspucken würden, aber gerne dessen Steuergeld in großen Mengen in Empfang nehmen, kommt mir jedesmal das Kotzen.
 
Wenn diese Steuergelder, die man in der klassischen Musik vergibt, Verschwendung wären, warum müssen dann Orchester fusionieren, weil sie keine Kohle mehr haben, wie jüngst beim SWR. Oder warum muss die Bremer Kammerphilharmonie sich selbst bezahlen und in der Aula eines Gymnasiums proben? In letzter Zeit werden immer mehr Ensembles und Orchester pleite, weil sie eben weniger Gelder erhalten. Hätten sie das Geld nicht nötig, dann müssten sie nicht um ihre Existenz fürchten, aber das müssen sie anscheinend doch. In anderen Ländern ist das noch viel schlimmer. Und warum ein "Star" in der Klassikbranche weitaus weniger verdient, als zum Beispiel ein Star in der Metalbranche zeigt für mich auch keinen Elitarismus auf.
Aber wer informiert sich da schon darüber? Als in den Nachrichten davon berichtet wurde, beispielsweise wegen der Orchesterfusionierung, hat das niemanden interessiert.
 
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Man darf bei dieser Diskussion nicht vergessen, dass es sich um große Zeiträume handelt, in denen es Veränderungen gab. Hier in Hamburg wird eine Elbphilharmonie gebaut, die von den Kosten im Hinblick auf den Zweck durchaus als anachronistisch bezeichnet werden kann. Da wird noch Kultur mit elitärem Denken verwechselt, was ja in einer recht aufgeklärten Zeit wie heute nicht mehr als gängiges Muster angesehen werden kann.
Wir leben da mit Relikten aus Zeiten, die längst vorbei sind. Nur ist eben die herrschende Klasse weitgehend auch aus alten Zeiten... sie wissen nur noch nicht, dass sie längst überholt wurden.

Heute gibt es Ersatzmechanismen wie den ungeheuren und schnellen Reichtum einzelner Glücksritter, die durch Marketing in eine (ebenfalls elitäre) Sonderrolle geraten und mit denen man den Mythos des Künstlertums aufrechterhalten kann. Das schmarotzerhafte, das ihnen anhängt gerät dabei aus dem Blickfeld. Im besten Fall sagt man noch, sie hätten einfach Glück gehabt und erfreut sich daran, wie hübsch natürlich sie sich doch bei Markus Lanz gegeben hätten. Mit ein wenig Feingefühl (oder besser ohne allzu große Plattheit) lässt sich auch dort elitäres Verhalten leicht erkennen.

Am tollsten finde ich immer, wenn diese "Künstler" (die Klammern, weil ich in den meisten nichts besonderes erkennen kann) davon erzählen, wie "hart sie für ihren Erfolg arbeiten"... mehr Abstand von der Realität des gewöhnlichen Arbeitnehmers kann man eigentlich kaum unter Beweis stellen.

Es gibt viele (wir sprechen ja am ehesten von Musikern), die ihre Sache wirklich gut machen. Aber das würde mir dann auch schon reichen. Auf den Thron muss heute eigentlich keiner mehr... wären da nicht die Menschen mit ihrem Bedürfnis nach Idolen.
 
Die pyramiden wurden gebaut, um jeweils eine person ins jenseits zu befördern, ergebnis langer, mühsamer arbeit von vielen. Heute stehen wir davor oder gehen wie ich darum herum und staunen. Kultur ist nicht mit geld aufzuwiegen, einmal zerstört, ist sie unwiederbringlich dahin, aber wir können bewahren, was noch da ist, und was da wird..
Musik in vielen formen ist ein teil unserer kultuir, und um eine davon zu betreiben, kostet es langes studium und hingabe, und dass ein opern-apparat mit einem 120-köpfigen orchester einen anderen état hat als eine 5-mann rock-band, dürfte jedem klar sein. Dass es auswüchse gibt, sowohl was gagen anbelangt oder élitäres gehabe von sich "auserwählt" wähnenden, ist unbestritten. Wo öffentliche mittel fließen, muss auch jedermann zutritt haben, der unbemittelte für ein scherflein. Wie oft saß ich als schüler im "topp" für 0,80.- M, lasst die logen dafür bezahlen, wo die ungünstigste akustik ist, und man die mühen künstlerischer arbeit und alles optisch nicht vollkommene sieht.
Dass wertvorstellungen sich verschieben, ist klar, das muss jede generation mit sich abmachen. In manchen ländern werden kulturdenkmäler mutwillig zerstört, manches ist nur mit list oder raub in den museen der metropolen erhalten geblieben, anderes wie malerei in den strudel von spekulationen geraten, alles fließt, und allen ist es nicht recht zu machen.
 
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Der Link funktioniert leider auch nicht. Was ich den Zitaten entnehmen kann ist allerdings elitäres Gerede. Das darf sie und sich damit blamieren auch.

Was konkret ist denn daran elitäres Gerede?

Weil sie Künstler kritisiert, die heute mehr Show machen und sich mehr als Entertainer verkaufen und sich vom Beruf eines klassischen Sängers immer mehr entfernen?

Der pure Unterhaltungsfaktor ist wichtiger als anspruchsvolle Musik geworden, dass ist nicht elitär sondern die Art wie viele heute mit Musik umgehen und wie das TV samt Bohlen es täglich vormachen. Erinnert eher an Vorstände irgendwelcher Konzerne , die ähnlich wie Sänger ihren Job nicht mehr ganz ernst nehmen. Für Geld tun sie eben alles.
 
Was konkret ist denn daran elitäres Gerede?
Ich gehe einfach mal davon aus, dass Du diese angesprochenen Ausschnitte gelesen hast. Wenn Du da das elitäre Gerede nicht erkennst, wird es kaum nützen, wenn ich Dir diese Ausschnitte aus den Ausschnitten hierher kopiere. Aber wenigstens ein Beispiel ziehe ich Dir da raus:
...haben wir damals ja noch richtig Kunst gemacht!
Ich hab übrigens inzwischen den gesamten Artikel gelesen, habe auch ein wenig Verständnis für die alte Frau, so wie ich verstehen würde, wenn ein Dinosaurier heute etwas verloren wirken würde. Aber überheblich und elitär ist sie tatsächlich... sie sagt es ja eigentlich auch selbst...
 
Das was sie elitär bezeichnet ist Stolz und Überzeugung, zumindest lässt ihre Erklärung darauf schliessen.
Sie mag überheblich sein, aber sie spricht auch offen aus was sie von dem ganzen Geheuchel hält.

Machen wir uns doch nichts vor, einige prominente Musiker wissen nicht wann Schluss ist, sie haben einfach nur Angst nicht mehr im Rampenlicht zu stehen oder von heute auf morgen uninteressant zu sein. Ähnlich wie ein Rentner, der irgendwann seine Arbeit vermisst, oder nicht mehr gebraucht wird. Also muß man improvisieren um wieder interessant zu sein.

Die 3 Tenöre haben es geschafft Massentauglich zu werden, sie können machen was sie wollen, aber ob dies noch Klassik ist oder pures Entertainment, kann man in Frage stellen. Mit elitär hat das überhaupt nichts zutun, eher mit Treue zu dem was man tut ...

Die wissen doch alle garnicht mehr warum sie überhaupt angefangen haben Musik zu machen vor lauter Gier und Profilneurosen.

In der Musik geht es heutzutage fast nur noch um Unterhaltung und weniger um musikalischen Anspruch.
Egal ob Klassik oder nicht, man macht nunmal immer weniger mit Musik Profit sondern dem Geschiss drum herum.

Mit Leistung hat das musikalisch leider nichts mehr zutun, für die Masse reicht es sowieso nur ein durchschnittlicher Musiker zu sein. Das aber der eigene Anspruch an die Qualität der Musik egal welchen Genres auch unter Künstlern immer kleiner wird, sollte einem zu denken geben.

Am tollsten finde ich immer, wenn diese "Künstler" (die Klammern, weil ich in den meisten nichts besonderes erkennen kann) davon erzählen, wie "hart sie für ihren Erfolg arbeiten"... mehr Abstand von der Realität des gewöhnlichen Arbeitnehmers kann man eigentlich kaum unter Beweis stellen.

Es gibt viele (wir sprechen ja am ehesten von Musikern), die ihre Sache wirklich gut machen. Aber das würde mir dann auch schon reichen. Auf den Thron muss heute eigentlich keiner mehr... wären da nicht die Menschen mit ihrem Bedürfnis nach Idolen.

Genau darum geht es doch.

Was einige vergessen, dass Musik auch was mit Disziplin und Präzision zutun hat.

Wenn ein Profi meint er müsste nur noch durchschnittlich Musik machen, soll er auch nur wie der Durchschnitt verdienen.
Schon mal darüber nachgedacht, dass viele Hörer die musikalische Leistung eines Künstlers garnicht beurteilen können?
In diesem Beruf wird nicht nach Leistung bezahlt, weil es in der Musik nur um Anerkennung von Künstlern geht.

Den Job machen meistens auch noch andere ...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich halte es nicht für möglich, die "Leistung" eines Künstlers zu messen und somit vergleichbar zu machen. Dabei ist es ziemlich egal, ob der ein paar Trommeltöne spielt oder eine Harfe. Das technische Können allein kann es nicht sein auch wenn es völlig ohne nicht geht.
Ich kann auch nicht die musikalische Leistung eines Künstlers beurteilen. Ich kann nur sagen, ob sie mein Interesse wecken können, ob sie meine Emotionen berühren und ob sie mich bezaubern. Kann aber sein, dass sie das alles können und meinen Sitznachbarn lässt das völlig kalt.
Selbst massenbegeisternde Künstler sind von der subjektiven Wahrnehmung jedes einzelnen Zuhörers nicht verschont...

Es geht um gemeisterte Lebenssituationen (ein Vortrag mit seiner Wirkung auf Zuhörer). Sobald sie vorbei sind haben sie zwar angeregt, sind aber Erinnerung und verblassen. Kein Grund vorhanden sich an Vergangenem hochzuziehen, denn noch leben wir ja und können weitere solcher Lebenssituationen mit evtl völlig anderen Menschen erleben. Ab einer bestimmten Erlebensqualität gibt es keine Maßstäbe mehr, mehr als glücklich kann kein Mensch sein. (Und das dürfte für Musikerleben schon reichlich hoch gegriffen sein als Ergebnis eines Konzerts.) Menschen, die bezaubernde musikalische Vorträge erleben, sind nicht zwangsläufig flexibel genug, sich dann auch von anderen Künstlern bezaubern zu lassen, sondern können dazu neigen, diese Erfahrung ausschliesslich dem Künstler zuzuschreiben (also ihren Höreranteil ohne den das alles gar nicht möglich ist unterzubewerten). Die haben dann ein Idol und von da zu einer Arroganz des Künstlers bzw zu einem elitären Gefühl ist es dann nicht mehr allzu weit.

Schade für alle Beteiligten, denn sie verpassen wohl viele Gelegenheiten.

Nun gibt es noch eine andere Ebene, nämlich die, auf der technisches Können bewertet wird. Auf jeden Fall hat der eine oder andere Musiker ein sehr hohes Maß an technischem Können. Zum Künstler wird er dadurch allerdings nicht zwangsläufig, denn ohne die Kommunikation einschliesslich des Verzauberns eines Publikums ist das alles nichts wert. Andere haben vielleicht ein erheblich geringeres technisches Können, schaffen es aber trotzdem immer wieder andere Menschen zu bezaubern.

Alles völlig subjektiv und völlig von den Kommunikationspartnern abhängig. Wo sollte da ein nachvollziehbarer Ansatz für elitäres Denken sein? Ich kann sowas nur als Entgleisung empfinden und bei mir würde ein solches Verhalten eines Künstlers alles zunichte machen, was er vielleicht vorher bei mir erreicht hatte.

Ein Mensch, der mich nicht auf der Ebene erreicht wo ich bin, hat mir nichts zu bieten... und genau das schliesst elitäres Denken aus. Der elitäre Mensch wähnt sich auf einer "höheren" Ebene. Das ist Wahn, sonst nichts...

Da schliesst sich für mich der Kreis zu dem Gequatsche der Opernoma... was immer sie war, sie war es nie für mich und mir bietet sie nichts, was mich angenehm berühren könnte. Im Gegenteil erscheint sie mir unnötig hochnäsig. (Unter anderem, es gab ja auch bescheidene Äußerungen, die mir nicht entgangen sind.)
 
Ein Mensch, der mich nicht auf der Ebene erreicht wo ich bin, hat mir nichts zu bieten...

Wenn du das wirklich so durchziehst und ernst nimmst, bist du deine eigene Messlatte für alle Kunst. Damit wirst du selbst zur Elite, weil außerhalb deiner Ebene nichts als betrachtenswert gilt.

und genau das schliesst elitäres Denken aus.

Ohne dich persönlich angreifen zu wollen (!)...würde ich sagen: genau im Gegenteil - du formulierst hier mit deiner Wortwahl und Argumentation elitäres Denken in Reinkultur. Neben deiner kulturellen Prägung gibt es demnach nichts relevantes.

Vielmehr kann uns Kunst neue Sichtweisen bieten und unsere bisherige kulturelle Prägung in Frage stellen und Konventionen hinterfragen. Sie kann es, wenn wir sie lassen. Kunst kann nur als Kunst wirksam werden, wenn wir uns ergebnisoffen mit ihr beschäftigen. Und das geht nur, wenn wir eben nicht vom Künstler erwarten, er solle uns auf unserer Ebene erreichen.

Der elitäre Mensch wähnt sich auf einer "höheren" Ebene. Das ist Wahn, sonst nichts...

Nun ja, es gibt ja viele dezente und moderate Formen elitären Bewusstseins, die durchaus sozialkomptaibel sind. Nicht jedes elitäre Bewusstsein würde ich gleich als Wahn bezeichnen. Viele fähige Musiker sind sich dessen bewusst, dass sie Dinge beherrschen, die nur wenge andere beherrschen. Trotzdem gehen sie unaufdringlich damit um und können ganz normal kommunizieren, selbst wenn sie ganz bewusst einer Elite angehören. Ich halte den Begriff einer Elite für nichts Schlechtes, weil es IMHO erlaubt sein sollte, ihn sachlich und neutral (also nicht autoamtisch abwertend) zu verwenden. Es gibt Eliten in unserer Gesellschaft, und sie bringen die Gesellschaft voran.

Viel problematischer (aber, wenn wir ehrlich sind: unterhaltsamer und lustiger) sind vermeintliche Eliten, die ihre Selbstdefinition aus Nachgemachtem und nicht aus Originärem beziehen. Beispielsweise eben Operngäste, die in der Pause oberflächlich über Musik reden, um gesellschaftlich zu brillieren. Oder eben Heavy-Metal-Fans, die nach dem Festival die Klamotten in den Schrank packen und die Bio/Henna/Aufklebe-Tattoos entfernen, weil die im Job als Bankangestellte nicht gestattet sind.

Elitäres Bewusstsein wird doch erst zum Problem, wenn man einer anderen Elite als der eigenen vorwirft, ungerechtfertigt Ressourcen zu verbrauchen. Steuergelder, Aufmerksamkeit in den Medien oder intakte Umwelt sind Ressourcen, für die viele sich verantwortlich fühlen. Und die man anderen Gruppen als der eigenen nur ungern gönnt. Wenn diese andere Gruppe neben dem Ressourcenverbrauch auch noch die (Musik-)Kultur in Frage stellt, ist das Verständnis ganz schnell bei 0,0.

Wäre es nicht viel besser, anderen Gruppen ebenso einen gewissen Ressourcenverbrauch und das Infragestellen von kultureller Identität zuzugestehen? Ich sehe an mir selbst, dass ich zwar rational "ja" antworte, aber in den konkreten Einzelfällen wie...
  • Richard Wagners Werke in Bayreuth
  • Neue Musik
  • Free Jazz
  • Heavy Metal
  • Techno-Partys
  • Golfplätze :D
    .......

oft lieber intuitiv "nein" antworten würde. Trotzdem bin ich froh, dass unsere Gesellschaft so vielfältig ist, weil ich selbst an anderer - möglicherweise ungeahnter - Stelle von dieser Vielfalt und Freiheit profitiere.

Harald
 
Vielleicht setzt Du mal anstelle von "mich" oder "ich" den Zuhörer. Dann ist meine Aussage frei von etwas, das ich jemandem zumuten könnte. Für den Musiker als Kommunikant ist nunmal der Zuhörer die einzige Möglichkeit Kommunikation zu realisieren. Er wird nicht erwarten können, dass man ihn anhimmelt bevor er jemanden bezaubert hat. (Und wenn er klug ist auch danach nicht, denn dann ist es bereits vorbei...)

Ich habe auch nichts dagegen wenn jemand auf einem Gebiet sehr viel kann. Ob ich dazu Elite sagen würde... vielleicht. Aber dann ganz sicher ohne dieses spezielle Können auf die gesamte Person auszudehnen.

Vielfalt hat halt keine natürliche Verbindung zu Privilegien. Erst wenn die zusätzlich eingefordert werden (egal ob materiell oder ideell) entsteht das elitäre Empfinden, was nichts anderes ist als ungerechtfertigt.
 
Ich halte es nicht für möglich, die "Leistung" eines Künstlers zu messen und somit vergleichbar zu machen. Dabei ist es ziemlich egal, ob der ein paar Trommeltöne spielt oder eine Harfe. Das technische Können allein kann es nicht sein auch wenn es völlig ohne nicht geht.
Ich kann auch nicht die musikalische Leistung eines Künstlers beurteilen. Ich kann nur sagen, ob sie mein Interesse wecken können, ob sie meine Emotionen berühren und ob sie mich bezaubern. Kann aber sein, dass sie das alles können und meinen Sitznachbarn lässt das völlig kalt.
Selbst massenbegeisternde Künstler sind von der subjektiven Wahrnehmung jedes einzelnen Zuhörers nicht verschont...

Das gute alte "Kunst ist Magie und als Künstler kann man es eben, oder nicht." Das ist irgendwie auch elitäres Gerde und auch noch großflächig naiv. Natürlich kann man die Leistung eines Interpreten in klassischer Musik einschätzen und manche verdienen dabei das Geld, das sie verdienen, manche nicht. Und viele bekommen nicht annähernd genug für ihre Leistung.
Mein Lieber, es scheint, als hättest du noch nie eine Musikhochschule von innen gesehen, geschweige denn mal Orchester und Opernproben gesehen. Dann wüsstest du wenigstens, dass es vielerorts verdammt viel Leistung braucht, um was auf die Beine zu stellen. Nicht umsonst üben die Organisten bei uns um vier Uhr morgens. Und Abends nach einem Tag voller Vorlesungen, Seminare, Hauptfach etc. muss man dann noch mehrere Stunden üben und damit scheint man irgendwie nie fertig zu werden.

***********

Bitte nicht persönlich werden!
Gruß, tonstudio2
 
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Ich habe noch keine Musikhochschule von innen gesehen, ich denke auch nicht, dass man das muss. Aber ich kenne Menschen, die eine besucht haben und trotzdem keine Künstler geworden sind.
Orchester kenne ich ein wenig. Habe selbst mal ein paar Jahre in einem Cello gespielt. War zwar nur ein Schulorchester und sicher weit von Künstlertum entfernt...

Das gute alte "Kunst ist Magie und als Künstler kann man es eben, oder nicht." Das ist irgendwie auch elitäres Gerde und auch noch großflächig naiv.
Gut, dass ich das nicht gesagt habe. Denn elitäres Gerede läge mir fern. Naiv im Zusammenhang mit Kunst finde ich hingegen als Begriff recht interessant, denn ohne eine gewisse Naivität wird man sich kaum emotional einlassen können.

Natürlich kann man die Leistung eines Interpreten in klassischer Musik einschätzen
Das mag möglich sein, aber hat das dann auch was mit Kunst zu tun? Oder geht es dann um Technik?

Ich will all die klugen Menschen mit all ihren Konzepten nicht unterbewerten, aber um in meinen Augen Künstler zu sein muss man nicht unbedingt Noten lesen können oder irgendwelche Konzepte verstehen. Man muss nur etwas ausdrücken können, was bei mir ein Erkennen dessen bewirkt, was derjenige ausdrücken wollte. In der Regel handelt es sich dabei um Gefühle. Sicher lernt man auch das Fühlen bzw den Umgang damit, aber in einer Hochschule?

Vielleicht haben wir auch nur unterschiedliche Ideen davon was Kunst ist... und vielleicht sind diese Ideen auch unvereinbar... ich weiss nur was ich fühle. Kann mich jemand nicht erreichen, kann ich einen Künstler in ihm nicht sehen, so gern er das auch hätte.
Wenn aber Uwamba seine Trommel schlägt kann es passieren, dass ich nicht nur die Töne höre sondern auch Uwamba fühle, und dann sehe ich in ihm einen Künstler. Ohne jede Magie, aber sicherlich naiv. Wir beide. Uwamba und ich.
 
Ich will all die klugen Menschen mit all ihren Konzepten nicht unterbewerten, aber um in meinen Augen Künstler zu sein muss man nicht unbedingt Noten lesen können oder irgendwelche Konzepte verstehen. Man muss nur etwas ausdrücken können, was bei mir ein Erkennen dessen bewirkt, was derjenige ausdrücken wollte. In der Regel handelt es sich dabei um Gefühle. Sicher lernt man auch das Fühlen bzw den Umgang damit, aber in einer Hochschule?
Das ist die Essenz von "Man kann es, oder man kann es eben nicht". Man kann Ästhetiken bewerten, oder Technik, oder wie gut er eine Absicht herüber gebracht hat, selbst das geht. Vor allem, wenn er selbst beschreibt, was er wollte, dieser gewollte Eindruck aber nicht entsteht. Man kann vieles bewerten und über Geschmack streiten. Das ist nämlich was tolles, weil man so zu vielen Erkenntnissen gelangt, oftmals Dinge, die man nicht bedacht hat.

Dann braucht man jedenfalls auch keine Rechtschreibung, um guter Autor zu werden und wir wissen auch: Eine gerade Linie muss der Maler auch nicht mehr ziehen können. Aber ein guter Künstler hat eine Technik. Ob die jetzt streng akademisch ist, oder nach eigenen Regeln spielt, egal. Bewerten kann man so was aber.
Trotz allem steckt hinter jeder guten künstlerischen Leistung eine MENGE Arbeit und das kann man von allem anderen getrennt durchaus honorieren (eben mit Geld als Bezahlung für diese Leistung). Kein erfolgreicher Künstler, Komponist, Autor etc. hat sich das mal eben so aus der Hand geschüttelt. Ich kanns aber auch tausendmal sagen, es wird entweder ignoriert oder vergessen werden, ein Beispiel:
Das "große Genie" Mozart hatte auch jahrelang Unterricht und sich selbst unterrichtet hat er auch ununterbrochen. Geradezu fanatisch hat er Bach studiert, als er seine Musik gegen Ende seines Lebens kennengelernt hatte. Und wenn wir zu Bach selbst zurückgehen: Was hat der an tausend Bearbeitungen gemacht und alte Meister studiert.
Und was ist beispielsweise mit dem Autor: Thomas Bernhard hat die Schule, wie wir wissen gehasst (war übrigens auch studierter Musiker), aber als er sich schriftstellerisch zu betätigen begann, hat er einiges an Anstrengungen und Arbeit vollbracht, vor allem eben das Nachholen der ganzen verpassten Literatur und Dinge, die man eben in der Schule so lernt.
Wenn man jeden erfolgreichen und guten Künstler unter die Lupe nimmt, wird man feststellen, dass keine seiner Leistungen aus dem Nichts kamen, sondern immer mit harter Arbeit verbunden waren.
Alexander Skrjabin, der ja von sich selbst sagte, er würde rein intuitiv komponieren konnte seine Ausbildung an der Musikhochschule nicht in seinen Werken verstecken.

Das alles ist im wahrsten Sinne des Wortes Arbeit, die man durchaus objektiv entlohnen kann und die sich in den meisten Fällen im Werk selbst widerspiegelt. Es wird zum Beispiel oftmals unterschätzt, wie umfassend die Recherchearbeiten eines Autors sind und wie langwierig die Konzeptionen sind, genauso wie die eines Komponisten.

EDIT: Auch wenn ich das jetzt viel auf die "Schaffenden" bezogen habe: Beim Interpreten gilt das genauso, denn wenn er vor der Aufführung eines Werkes nicht harte Arbeit durch üben, studieren der Ästhetik des Werks und des Ausdrucks, etc. leistet, wird man das am Ergebnis hören. Auch hier gibt es viele objektive Kriterien, die man würdigen und entlohnen kann.
 
Das hat mich nun an Situationen erinnert, in denen mich Menschen bewundert haben für Dinge, die für mich einfach nur mein Leben waren. Ja, auch ich habe als Baby irgendwann versucht auf den Füßen zu stehen und bin dann immer wieder aufgestanden wenn ich auf dem Bommes gelandet bin. Und dann konnte ich eines Tages gehen, erst noch gar nicht so gleichmäßig, später dann recht akzeptabel. Sprechen habe ich gelernt und singen, rechnen und schreiben. Und noch vieles mehr...
Gut, wenn das nun alles Arbeit war für die ich noch Geld zu kriegen hätte... dann warte ich auf diejenigen, die mir das alles vergüten wollen... :) vielleicht möchte jemand meine Kontonummer...
Wenn aber niemand etwas zahlen möchte, bin ich´s auch zufrieden, denn ich habe ja nicht wegen des Geldes gelebt... nicht einmal wegen Anerkennungen...
 
Klar hast du das für dich gemacht. Der Künstler macht das aber oft auch für andere. Würde er sich nicht mitteilen wollen, dann würde er auch nicht künstlerisch tätig sein. Du verwechselst hier zwei grundlegende Dinge. Ansonsten: Wieso nicht? Zahlen wir den Künstlern eben nichts mehr, und bringen ihnen die Anerkennung entgegen, indem wir ihnen andauernd sagen, wie gut sie doch seien. Das wird nicht nur ihren Narzissmus befördern und ihr Gefühl nichts für ihre Arbeit getan zu haben, sondern sie auch irgendwann aus dem künstlerischen Tätigkeitsbereich drängen, weil sie damit noch nicht mal überleben können
 

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