LoneLobo
Mod Emeritus
Man kann sich einfach mal ansehen, was eigentlich alles passiert, bis man den Ton hört.
Ich wollte eigentlich ins Bett, aber DEN Post mach ich jetzt noch
GANZ grob läuft der Vorgang ja so ab, dass eine Saite zum Schwingen gebracht wird, diese Schwingung von einer Mechanischen in eine elektromagnetische umgewandelt wird, und diese über Lautsprecher wiederrum hörbar gemacht wird.
---------------------------
Achtung: Die folgenden paar Zeilen werden teilweise sicher sehr physikalisch. Aber nur so lassen sich einige Details (alle hab ich sicher nicht drin) in erster Näherung erklären.
Ich werde versuchen, mich mit allzu krassen Fachausdrücken zurückzuhalten
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Die Saite.
Sie ist im Endeffekt ein dünnes Drähtchen, umsponnen oder nicht.
Je nachdem wie groß ihr Durchmesser und Länge sind, ändert sich ihr Schwingungsverhalten. In erster Näherung zunächst nur bezüglich der Frequenz: Dick, lang -> tief; dünn, kurz -> hoch.
Hinzu kommen Materialspezifische Eigenschaften. Jedes Metall hat unterschiedliche Magnetisierbarkeit, Elastizität/Steifigkeit, Oberflächenstruktur o.ä.
Die Steifigkeit sorgt z.B. dafür dass die Saite nicht direkt am Auflagepunkt (Sattel, Steg) schwingen kann, sondern dies erst kurz dahinter tut. Auch Umwicklung und Saitendicke wirken sich auf die Steifigkeit aus. Von der Oberflächenstruktur hängt z.B. ab, wie fest die Umspannung auf dem Kern sitzen kann. Die Eigenresonanz der Saite sorgt für weitere Unterschiede.
Die Saite muss schwingen. Hierfür ist eine Anregung notwendig, in unserem Beispiel der Anschlag. Bereits der Anschlag definiert, wie die Saite schwingt. Die Anschlagsstärke sorgt für eine gewisse Amplitude der Saite, die Anschlagsrichtung bestimmt, ob die Saite nur in eine Richtung schwingt oder sich mehrere Bewegungen überlagern. Überlagernde Bewegungen sorgen auch für eine Änderung der Schwingung. Der Anschlagsort bestimmt die Obertöne ("harmonische") die sich ausbilden können. Eine Saite schwingt nie in reiner Sinusforum, es bilden sich weitere Töne aus, die z.B. gebrochene Vielfache der Saitenfrequenz sind.
Wir haben es mit stehenden Wellen zu tun, mit Knoten und Bäuchen die sich ausbilden. Angenommen, an der Stelle an der wir anschlagen, befindet sich bei Oberschwingung x ein Wellenknoten. Diese Oberschwingung wird dann NICHT angeregt und ist demnach nicht zu hören. Schlagen wir an anderer Stelle an, kanns sein, dass Frequenz x einen Bauch hat (= zu hören ist), dafür Frequenz y einen Knoten und damit aus dem hörbaren Spektrum herausfällt. Die Grundschwingung (der angeschlagene Ton) ist immer zu hören, da sie über die gesamte Saitenlänge keinen einzigen Knoten hat.
Schlagen wir an und legen direkt danach einen Finger leicht an die Saite, werden alle Schwingungen gestoppt, die zu diesem Zeitpunkt dort einen Ausschlag haben. Einfaches Beispiel: Saite anschlagen, am 12. Bund hinlangen -> Die Grundschwingung hat dort ihren Bauch, die erste Oberschwingung einen Knoten. Wir hören NUR die nicht gestoppte "erste Harmonisch", und das ist genau die Oktave. Sowas nennt sich dann "Harmonic" oder "Flageolett" und geht an vielen Positionen auf dem Griffbrett.
Kurzüberblick: Anschlagsort, Stärke und Richtung verändern die Schwingung der Saite.
Je nachdem wie hart, biegsam, o.ä. das Material ist mit dem wir Anschlagen, "rutscht" die Saite etwas (wird also quasi gestrichen). Ein Finger gibt nach und bietet eine weit größere Auflagefläche für die Saite. Hierdurch werden (nach obiger Erklärung) auch Frequenzen gestoppt. Wird die Saite gestrichen, bilden sich durch Unebenheiten auf dem Material (ein weiteres Unterscheidungskriterium!) und eventuelle Resonanzfrequenzen des Anschlagsmaterials wiederrum unterschiedliche Frequenzen auf der Saite aus.
Angenommen der erste Schritt ist getan und die Saite schwingt.
Die Saite hat genau 2 Auflagepunkte: Steg und Sattel/Bundstäbchen.
Gehen wir mal davon aus dass die Saite hinter diesen Punkten nicht mehr schwingt (was sie eigentlich tut und deshalb auch Soundbeeinflussend ist). Die beiden Auflagepunkte müssen die Energie der Saite aufnehmen, beginnen dadurch selbst zu schwingen.
Der Sattel besteht aus einem best. Material. Knochen, Plastik, Tusk, whatever. Durch die Form und das Material hat auch er eine bestimmte Resonanzfrequenz. Er schwingt also je nach Frequenz mehr oder weniger stark mit. Diese (veränderte!) Schwingung wird teilweise wieder an die Saite zurückgegeben und verändert sie damit! Der Sattel will quasi dass die Saite genauso schwingt wie er selbst. Da der Sattel aber nicht lose sondern irgendwo montiert ist, muss eben das Ding auch mitschwingen (Griffbrett, Hals). Hier beginnt alles wieder von vorne, Resonanzfrequenz, Schwingungsveränderung, teilweise zurückgeben usw.
Dass die Kette nun ewig lang wird, kann sich jeder vorstellen. Bereits der Hals vom oberen Ende bis zum Sattel besteht aus geschätzten 50 Teilen. Is' wie in der Politik, die wollen alle was zu sagen ham und beteiligen sich an der Sache.
Dass sich das Material (Holzart, Richtung der Fasern, Stärke der Fasern, im Holz enthaltenes Wasser, usw) direkt auf die Resonanzfrequenz und damit den Endsound auswirkt, ist hierbei natürlich noch wichtig.
Es scheint offensichtlich zu sein, dass besonders große Teile (Hals, Korpus, Griffbrett), Teile die sehr nah an der Saite dran sind (Sattel, Brücke) sich besonders stark auf die Schwingung auswirken. Inwiefern das stimmt, könnte man erst durch so was wie die "Finite Element-Methode" erfahren. Wird ein Teil nämlich zu groß, kann es sein dass es durch die Trägheit wieder weniger schwingt und damit weniger zum Sound beiträgt. Wo da der Übergang ist, kann (behaupte ich mal) keiner ohne ellenlange Rechnung so wirklich sagen.
Angenommen die Saite schwingt nun und der Rest der Gitarre hat ihr ihre eigenen Frequenzen aufgedrückt.
Die Saite durchläuft nun ein (Dauer)magnetfeld in dem sie schwingt und es dadurch verändert (Das tun elektrische Leiter IMMER sobald sie sich in einem Feld bewegen).
Der Tonabnehmer schwingt selbst auch (s.o.), was aus Sicht des Tonabnehmers einer Bewegung der Saite gleichkommt (Ob sich das Feld selbst oder die Saite darin bewegt ist wurscht!). Der PU schwingt wieder gemäß seiner Konstruktion (=verwendete Materialien, Verbindungen, Zusammenbau usw). Es erfolgt also auch durch die Schwingung des Tonabnehmers selbst eine Feldänderung.
Durch die Feldänderung wird die Saite u.A. abgebremst, da irgendwo die Energie für die Feldänderung abgezapft werden muss. Je nach Stärke und Ausrichtung des Magnetfeldes geschieht diese Abbremsung unterschiedlich (Änderung der Schwingung!).
Durch die Änderung des Feldes wird in den Spulen des Tonabnehmers eine Spannung induziert (keine Details an dieser Stelle, Wikipedia ist dein Freund ). Diese Spannung hängt wieder von der Konstruktion des Tonabnehmers ab und ist damit Soundbestimmend.
Wir haben nun eine Wechselspannungsquelle. Diese Wechselspannung entspricht der Saitenspannung + aller aufgeprägten Schwingungen.
Schließt man hieran einen einfachen Stromkreis, der NUR aus einer Buchse besteht, ergeben sich durch den entstehenden Stromfluss weitere Soundbestimmende Faktoren:
Der Leiter wird nicht alle Frequenzen gleich gut leiten, der kapazitive Widerstand des Kabels sorgt i.A. dafür, dass z.B. Höhen stärker bedämpft werden als Bässe.
Der Leiterquerschnitt gibt an, wie viel vom Signal überhaupt durchkommt (Widerstand ~ 1/Durchmesser). Auch die Länge des Leiters wirkt sich hier natürlich aus, da die Kapazitäten und Widerstände immer spezifisch sind, also "pro Längeneinheit".
Die Erde ist durchzogen von elektromagnetischen Feldern. Erdmagnetfeld, Telefonnetze usw sorgen für Bewegung von Ladungen. Auch die Ladungen in unserem Leiter in der Gitarre werden von diesen Feldern beeinflusst und sorgen für Soundveränderungen, Störgeräusche etc. Auch hier gilt, Wikipedia ist dein Freund (Influenz, Induktion, ...).
Kommt der Strom an der Buchse an, muss er irgendwie ins Kabel.
Dies funktioniert über einen Kontakt, der nicht an allen Stellen gleich gut ist, also unterschiedlichen Widerstand bietet. Hinzu kommen Sachen wie Korrosion, die den Kontakt noch mal zusätzlich verschlechtern können.
Geht man nicht davon aus, dass NUR eine Buchse verbaut wird, kommen noch viele elektrotechnische Sachen hinzu. Dämpfung des Schwingkreises, Resonanzfrequenz des Schwingkreises usw usw. Irgendwann werden die Details unmenschlich, deshalb saust unsere Beispielschwingung direkt vom Tonabnehmer zur Buchse (was ja elektrisch gesehn auch ne Blödsinnsaussage is ;o).
Wir sind nun mit dem Signal im Kabel angekommen… von hier aus geht's zum Verstärker, durch zig Röhren/Transistoren, Widerstände, Kondensatoren und andere Bauteile. Irgendwann kommt der Strom am Lautsprecher an und versetzt ihn in Schwingungen. Hier geht das Ganze von vorne los, das Gehäuse ändert die Schwingung des Speakers usw usw usw.
Würde man das jetzt ähnlich aufdröseln wie ichs hier getan hab, käme man wohl laaaaaaaange Zeit nicht mehr nach draussen, deshalb lass ich das auch
Aber schlussendlich gelangen dann die akustischen Wellen endlich an unser Ohr und wir hören einen Ton...
Einen Ton der durch eine derart lange Kette gegangen ist, und demnach quasi nichts mehr mit der "ursprünglichen" Schwingung zu tun haben dürfte.
Und tatsächlich: Eine Saite die auf einen Stahlträger geschweisst ist, klingt extrem anders als eine Gitarre. Hier ist auch die Einflusskette wesentlich kürzer. Wir nähern uns also der reinen Saitenschwingung. Erreichen wird man sie nie, dafür bräuchte man z.B. ein unendlich steifes Material was keine Resonanzfrequenz hat
Bei dieser langen Kette lässt sich also unmöglich sagen, was denn jetzt Soundbestimmend ist und was nicht. Es dürfte vermutlich relativ egal sein, ob die Schnecke in der vierten Mechanik aus Eisen oder Stahl ist. Aber wenn wir uns der Saite nähern und in anderen Maßstäben denken, wird diese Abwägung schwerer.
Was wirkt sich eher auf die Schwingung des Halses aus? Seine Länge oder seine Dicke? Die Form? Kann ein besonders steifes und hartes Griffbrett ein weiches Metall in der Brücke "ausgleichen"? Wird der Korpus wichtiger oder unwichtiger wenn man ihn größer oder kleiner macht? Wieviel macht hier dann der Unterschied zwischen relativer (zur Restgitarre) und absoluter Größenänderung aus?
Da kann man ewig drüber diskutieren oder einfach hinnehmen, dass es ne Sisyphusarbeit ist. Man wird zu keiner allgemeingültigen Aussage kommen, es geht einfach nicht.
Man muss da selbst wissen, wie weit man sich von derlei Sachen reinreden lässt.
Wenn alle Theorie sagt, dass schwere Gitarren druckvoller (was heißt das eigentlich? Nächstes Thema…) klingen und man hält dann ne 2kg-Parker "The Fly" in der Hand die besser bolzt als die 4,5kg LP-Kopie daheim, was macht man dann?
Man kann ja eh nix dran ändern. Wie unterschiedlich 2 Gitarren klingen, kann auch gern mal von Tagesform (siehe ganz oben, Anschlag), Luftfeuchtigkeit, Höhe über dem Meeresspiegel, Entfernung bis zum nächsten Fernsehturm oder sonst so nem Schrott abhängen.
FALLS jemand bis hierhin gelesen hat:
Alter, du hast meinen vollsten Respekt!
Ich danke für die Aufmerksamkeit und hoffe ich konnte einigen helfen/die Augen öffnen/das Mysterium "Gitarre" etwas näherbringen.
Aber das ganze theoretische Zeug bringt nix, wenn man deswegen den Blick fürs Wesentliche vernebelt.
Zum Abschied zitier ich einfach mal Offspring:
Come out and Play!
Ich wollte eigentlich ins Bett, aber DEN Post mach ich jetzt noch
GANZ grob läuft der Vorgang ja so ab, dass eine Saite zum Schwingen gebracht wird, diese Schwingung von einer Mechanischen in eine elektromagnetische umgewandelt wird, und diese über Lautsprecher wiederrum hörbar gemacht wird.
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Achtung: Die folgenden paar Zeilen werden teilweise sicher sehr physikalisch. Aber nur so lassen sich einige Details (alle hab ich sicher nicht drin) in erster Näherung erklären.
Ich werde versuchen, mich mit allzu krassen Fachausdrücken zurückzuhalten
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Die Saite.
Sie ist im Endeffekt ein dünnes Drähtchen, umsponnen oder nicht.
Je nachdem wie groß ihr Durchmesser und Länge sind, ändert sich ihr Schwingungsverhalten. In erster Näherung zunächst nur bezüglich der Frequenz: Dick, lang -> tief; dünn, kurz -> hoch.
Hinzu kommen Materialspezifische Eigenschaften. Jedes Metall hat unterschiedliche Magnetisierbarkeit, Elastizität/Steifigkeit, Oberflächenstruktur o.ä.
Die Steifigkeit sorgt z.B. dafür dass die Saite nicht direkt am Auflagepunkt (Sattel, Steg) schwingen kann, sondern dies erst kurz dahinter tut. Auch Umwicklung und Saitendicke wirken sich auf die Steifigkeit aus. Von der Oberflächenstruktur hängt z.B. ab, wie fest die Umspannung auf dem Kern sitzen kann. Die Eigenresonanz der Saite sorgt für weitere Unterschiede.
Die Saite muss schwingen. Hierfür ist eine Anregung notwendig, in unserem Beispiel der Anschlag. Bereits der Anschlag definiert, wie die Saite schwingt. Die Anschlagsstärke sorgt für eine gewisse Amplitude der Saite, die Anschlagsrichtung bestimmt, ob die Saite nur in eine Richtung schwingt oder sich mehrere Bewegungen überlagern. Überlagernde Bewegungen sorgen auch für eine Änderung der Schwingung. Der Anschlagsort bestimmt die Obertöne ("harmonische") die sich ausbilden können. Eine Saite schwingt nie in reiner Sinusforum, es bilden sich weitere Töne aus, die z.B. gebrochene Vielfache der Saitenfrequenz sind.
Wir haben es mit stehenden Wellen zu tun, mit Knoten und Bäuchen die sich ausbilden. Angenommen, an der Stelle an der wir anschlagen, befindet sich bei Oberschwingung x ein Wellenknoten. Diese Oberschwingung wird dann NICHT angeregt und ist demnach nicht zu hören. Schlagen wir an anderer Stelle an, kanns sein, dass Frequenz x einen Bauch hat (= zu hören ist), dafür Frequenz y einen Knoten und damit aus dem hörbaren Spektrum herausfällt. Die Grundschwingung (der angeschlagene Ton) ist immer zu hören, da sie über die gesamte Saitenlänge keinen einzigen Knoten hat.
Schlagen wir an und legen direkt danach einen Finger leicht an die Saite, werden alle Schwingungen gestoppt, die zu diesem Zeitpunkt dort einen Ausschlag haben. Einfaches Beispiel: Saite anschlagen, am 12. Bund hinlangen -> Die Grundschwingung hat dort ihren Bauch, die erste Oberschwingung einen Knoten. Wir hören NUR die nicht gestoppte "erste Harmonisch", und das ist genau die Oktave. Sowas nennt sich dann "Harmonic" oder "Flageolett" und geht an vielen Positionen auf dem Griffbrett.
Kurzüberblick: Anschlagsort, Stärke und Richtung verändern die Schwingung der Saite.
Je nachdem wie hart, biegsam, o.ä. das Material ist mit dem wir Anschlagen, "rutscht" die Saite etwas (wird also quasi gestrichen). Ein Finger gibt nach und bietet eine weit größere Auflagefläche für die Saite. Hierdurch werden (nach obiger Erklärung) auch Frequenzen gestoppt. Wird die Saite gestrichen, bilden sich durch Unebenheiten auf dem Material (ein weiteres Unterscheidungskriterium!) und eventuelle Resonanzfrequenzen des Anschlagsmaterials wiederrum unterschiedliche Frequenzen auf der Saite aus.
Angenommen der erste Schritt ist getan und die Saite schwingt.
Die Saite hat genau 2 Auflagepunkte: Steg und Sattel/Bundstäbchen.
Gehen wir mal davon aus dass die Saite hinter diesen Punkten nicht mehr schwingt (was sie eigentlich tut und deshalb auch Soundbeeinflussend ist). Die beiden Auflagepunkte müssen die Energie der Saite aufnehmen, beginnen dadurch selbst zu schwingen.
Der Sattel besteht aus einem best. Material. Knochen, Plastik, Tusk, whatever. Durch die Form und das Material hat auch er eine bestimmte Resonanzfrequenz. Er schwingt also je nach Frequenz mehr oder weniger stark mit. Diese (veränderte!) Schwingung wird teilweise wieder an die Saite zurückgegeben und verändert sie damit! Der Sattel will quasi dass die Saite genauso schwingt wie er selbst. Da der Sattel aber nicht lose sondern irgendwo montiert ist, muss eben das Ding auch mitschwingen (Griffbrett, Hals). Hier beginnt alles wieder von vorne, Resonanzfrequenz, Schwingungsveränderung, teilweise zurückgeben usw.
Dass die Kette nun ewig lang wird, kann sich jeder vorstellen. Bereits der Hals vom oberen Ende bis zum Sattel besteht aus geschätzten 50 Teilen. Is' wie in der Politik, die wollen alle was zu sagen ham und beteiligen sich an der Sache.
Dass sich das Material (Holzart, Richtung der Fasern, Stärke der Fasern, im Holz enthaltenes Wasser, usw) direkt auf die Resonanzfrequenz und damit den Endsound auswirkt, ist hierbei natürlich noch wichtig.
Es scheint offensichtlich zu sein, dass besonders große Teile (Hals, Korpus, Griffbrett), Teile die sehr nah an der Saite dran sind (Sattel, Brücke) sich besonders stark auf die Schwingung auswirken. Inwiefern das stimmt, könnte man erst durch so was wie die "Finite Element-Methode" erfahren. Wird ein Teil nämlich zu groß, kann es sein dass es durch die Trägheit wieder weniger schwingt und damit weniger zum Sound beiträgt. Wo da der Übergang ist, kann (behaupte ich mal) keiner ohne ellenlange Rechnung so wirklich sagen.
Angenommen die Saite schwingt nun und der Rest der Gitarre hat ihr ihre eigenen Frequenzen aufgedrückt.
Die Saite durchläuft nun ein (Dauer)magnetfeld in dem sie schwingt und es dadurch verändert (Das tun elektrische Leiter IMMER sobald sie sich in einem Feld bewegen).
Der Tonabnehmer schwingt selbst auch (s.o.), was aus Sicht des Tonabnehmers einer Bewegung der Saite gleichkommt (Ob sich das Feld selbst oder die Saite darin bewegt ist wurscht!). Der PU schwingt wieder gemäß seiner Konstruktion (=verwendete Materialien, Verbindungen, Zusammenbau usw). Es erfolgt also auch durch die Schwingung des Tonabnehmers selbst eine Feldänderung.
Durch die Feldänderung wird die Saite u.A. abgebremst, da irgendwo die Energie für die Feldänderung abgezapft werden muss. Je nach Stärke und Ausrichtung des Magnetfeldes geschieht diese Abbremsung unterschiedlich (Änderung der Schwingung!).
Durch die Änderung des Feldes wird in den Spulen des Tonabnehmers eine Spannung induziert (keine Details an dieser Stelle, Wikipedia ist dein Freund ). Diese Spannung hängt wieder von der Konstruktion des Tonabnehmers ab und ist damit Soundbestimmend.
Wir haben nun eine Wechselspannungsquelle. Diese Wechselspannung entspricht der Saitenspannung + aller aufgeprägten Schwingungen.
Schließt man hieran einen einfachen Stromkreis, der NUR aus einer Buchse besteht, ergeben sich durch den entstehenden Stromfluss weitere Soundbestimmende Faktoren:
Der Leiter wird nicht alle Frequenzen gleich gut leiten, der kapazitive Widerstand des Kabels sorgt i.A. dafür, dass z.B. Höhen stärker bedämpft werden als Bässe.
Der Leiterquerschnitt gibt an, wie viel vom Signal überhaupt durchkommt (Widerstand ~ 1/Durchmesser). Auch die Länge des Leiters wirkt sich hier natürlich aus, da die Kapazitäten und Widerstände immer spezifisch sind, also "pro Längeneinheit".
Die Erde ist durchzogen von elektromagnetischen Feldern. Erdmagnetfeld, Telefonnetze usw sorgen für Bewegung von Ladungen. Auch die Ladungen in unserem Leiter in der Gitarre werden von diesen Feldern beeinflusst und sorgen für Soundveränderungen, Störgeräusche etc. Auch hier gilt, Wikipedia ist dein Freund (Influenz, Induktion, ...).
Kommt der Strom an der Buchse an, muss er irgendwie ins Kabel.
Dies funktioniert über einen Kontakt, der nicht an allen Stellen gleich gut ist, also unterschiedlichen Widerstand bietet. Hinzu kommen Sachen wie Korrosion, die den Kontakt noch mal zusätzlich verschlechtern können.
Geht man nicht davon aus, dass NUR eine Buchse verbaut wird, kommen noch viele elektrotechnische Sachen hinzu. Dämpfung des Schwingkreises, Resonanzfrequenz des Schwingkreises usw usw. Irgendwann werden die Details unmenschlich, deshalb saust unsere Beispielschwingung direkt vom Tonabnehmer zur Buchse (was ja elektrisch gesehn auch ne Blödsinnsaussage is ;o).
Wir sind nun mit dem Signal im Kabel angekommen… von hier aus geht's zum Verstärker, durch zig Röhren/Transistoren, Widerstände, Kondensatoren und andere Bauteile. Irgendwann kommt der Strom am Lautsprecher an und versetzt ihn in Schwingungen. Hier geht das Ganze von vorne los, das Gehäuse ändert die Schwingung des Speakers usw usw usw.
Würde man das jetzt ähnlich aufdröseln wie ichs hier getan hab, käme man wohl laaaaaaaange Zeit nicht mehr nach draussen, deshalb lass ich das auch
Aber schlussendlich gelangen dann die akustischen Wellen endlich an unser Ohr und wir hören einen Ton...
Einen Ton der durch eine derart lange Kette gegangen ist, und demnach quasi nichts mehr mit der "ursprünglichen" Schwingung zu tun haben dürfte.
Und tatsächlich: Eine Saite die auf einen Stahlträger geschweisst ist, klingt extrem anders als eine Gitarre. Hier ist auch die Einflusskette wesentlich kürzer. Wir nähern uns also der reinen Saitenschwingung. Erreichen wird man sie nie, dafür bräuchte man z.B. ein unendlich steifes Material was keine Resonanzfrequenz hat
Bei dieser langen Kette lässt sich also unmöglich sagen, was denn jetzt Soundbestimmend ist und was nicht. Es dürfte vermutlich relativ egal sein, ob die Schnecke in der vierten Mechanik aus Eisen oder Stahl ist. Aber wenn wir uns der Saite nähern und in anderen Maßstäben denken, wird diese Abwägung schwerer.
Was wirkt sich eher auf die Schwingung des Halses aus? Seine Länge oder seine Dicke? Die Form? Kann ein besonders steifes und hartes Griffbrett ein weiches Metall in der Brücke "ausgleichen"? Wird der Korpus wichtiger oder unwichtiger wenn man ihn größer oder kleiner macht? Wieviel macht hier dann der Unterschied zwischen relativer (zur Restgitarre) und absoluter Größenänderung aus?
Da kann man ewig drüber diskutieren oder einfach hinnehmen, dass es ne Sisyphusarbeit ist. Man wird zu keiner allgemeingültigen Aussage kommen, es geht einfach nicht.
Man muss da selbst wissen, wie weit man sich von derlei Sachen reinreden lässt.
Wenn alle Theorie sagt, dass schwere Gitarren druckvoller (was heißt das eigentlich? Nächstes Thema…) klingen und man hält dann ne 2kg-Parker "The Fly" in der Hand die besser bolzt als die 4,5kg LP-Kopie daheim, was macht man dann?
Man kann ja eh nix dran ändern. Wie unterschiedlich 2 Gitarren klingen, kann auch gern mal von Tagesform (siehe ganz oben, Anschlag), Luftfeuchtigkeit, Höhe über dem Meeresspiegel, Entfernung bis zum nächsten Fernsehturm oder sonst so nem Schrott abhängen.
FALLS jemand bis hierhin gelesen hat:
Alter, du hast meinen vollsten Respekt!
Ich danke für die Aufmerksamkeit und hoffe ich konnte einigen helfen/die Augen öffnen/das Mysterium "Gitarre" etwas näherbringen.
Aber das ganze theoretische Zeug bringt nix, wenn man deswegen den Blick fürs Wesentliche vernebelt.
Zum Abschied zitier ich einfach mal Offspring:
Come out and Play!