Ich möchte hier jetzt auch mal meinen Senf zu den 90er dazu geben. Den Text schreibe ich jetzt mal so frei heraus, daher nicht wundern, wenn er nicht allzu strukturiert und komplett ist. Es ist auch mein pesnlicher, subjektiver Blick auf die Rock-/Metal-/Grunge-/Hartwurst-Szene in den 90ern.
Ich kann mich auch noch sehr gut an die Zeit erinnern. Der "klassische" Metal war in den 90ern schon zu größten Teilen nicht sehr gefragt. Zur Jahrzehntwende waren die meisten Bands noch ziemlich erfolgreich aber spätestens so 1992/93 ging es für viele bergab, da die Grungewelle samt Alternative Rock zu der Zeit ehr als angesagt war. Grunge wurde ja zum Massenphänomen. Wenn einem die Musik nicht gepasst hat, hat man aber doch ein Holzfällerhemd, Chucks, Doc Martens und ein Skimütze im Schrank gehabt.
Besonders "hart" hat es die ganzen Gla-/Hairmetal-Bands getroffen, quasi die Hassgegner der Grungebewegung. Wenn man sich die Interviews zu der Zeit ansieht, dann sieht man, wie abgebrannt die Leute damals waren und gar nicht damit zurecht gekommen sind, dass keiner mehr was von ihnen wissen will und niemand mehr auf Föhnfrisuren und bunte Leggins steht. Sebastian Bach von Skid Row hat in einem Interview Mitter der 90er mal erzählt, dass er seine alte Lederhose mittlerweile eingemottet hat.
Diese Bands konnten gar nicht verstehen, warum niemand mehr ihre coole Partymucke hören will (Hair-"Metal" war ja schon sehr Mainstream und Massenkompatibel, sh. auch die ganzen "Power-Balladen") und sich mit schlecht gespielter Musik ohne schnelle Gitarrensoli und negativen Texten abgibt.
Entweder sind diese Bands dann in der Versenkung verschwunden und haben sich aufgelöst bzw. vor einem überschaubarem Publikum gespielt oder haben versucht, sich an die aktuellen Trends anzubiedern. Das ging aber größtenteils schief. Bruce Dickinson hat mit Skunkworks z.B. auch ein Alterative/Grunge-Album rausgebracht, dass gar nicht mal schlecht ist, aber so gut wie gar nicht bekannt. Das Problem dabei war, dass die Metalfans diese Entwicklung sch... fanden und die Grungefans natürlich den Braten gerochen haben und sich lieber die Originale angehört haben. Ganz davon zu schweigen, dass man ja gerade gegen diese Bands war, weil sie sich in den 80ern diese lächerlichen Exzesse geliefert haben und in einer Tour am rumposen waren.
Bei anderen Bands sah es auch nicht besser aus. Metallica waren nach einer langen Tour ausgelaugt, ebenso wie Iron Maiden, die sich nach dem Ausstieg von Bruce Dickinson mit Blaze Bayley "begnügen" mussten. Nichts gegen Blaze Bayley, aber seine Stimme passt mal so gar nicht zu Iron Maiden, es hört sich nach irgend etwas anderem an, aber nicht nach Maiden. Selbst Bruce Dickinson kann in Relation gesehen besser seine Songs bzw. die alten Songs von Paul Di'Anno rüberbringen als er die Songs von Bruce und Paul. Obwohl die Songs auf den ersten Alben eh am besten klingen, wenn Paul sie singt, dass ist aber ein anderes Thema. Dazu kommt noch, dass die beiden Alben mit Blaze nicht gerade zu den besten gehören, was Iron Maiden so produziert hat. Es gibt zwar einige gute Songs, aber keine richtigen Kracher. Davon abgesehen war "No Prayer For The Dying" ja auch nicht gerade eine Hit-Scheibe. "Fear Of The Dark" finde ich etwas stärker.
Rob Halford und Judas Priest gingen getrennte Wege. Bei Priest konnte sich der neue Sänger auch nicht wirklich halten, obwohl die Idee schon cool war, einen Fan ans Mikro zu lassen.
Selbst Pantera haben nach einer sehr starken Phase Anfang der 90er ab Mitte der 90er nachgelassen. Dafür gab es dann aber "Machine Head", die sich so langsam hochgespielt haben
. Pantera haben den Thrash Metal weiterentwickelt zum "Neo Thrash" oder "Groove Metal".
Der Metal war in den 90ern also nicht wirklich tot, aber hat sich weiterentwickelt.
Sehr populär waren in der ersten Hälfte der 90er Jahre die ganzen Crossover-Bands (der Begriff wird aber wohl eher in Europa bzw. deutschsprachigen Raum verwendet). Der Mix unterschiedlicher Stile. In den vielen Fällen aus Rap und Metal. Sozusagen der Vorläufer von Nu Metal. In den USA wurden anstatt Crossover z.B. die Begriffe Rap Metal oder Alternativ Metal verwendet.
Besonders populär waren Bands wie Faith No More (schon seit Ende der 80er), Rage Against The Machine, Helmet, Life Of Agony oder Tool. Das war natürlich kein "reiner" Metal, aber diese Bands haben sehr erfolgreich unterschiedliche Stile gemixt.
Der "typische" Crossover-Metal-Sound, den viele Bands verwendeten lässt sich übrigens sehr gut mit einem Marshall Valvestate mit aufgedrehtem Contour-Regler nachbilden
.
Ein "Schlüsselalbum" könnte man den Judgement Night-Soundtrack nennen. Da haben Rap-Bands zusammen mit Bands wie Slayer, aber auch Mudhoney zusammen Songs aufgenommen.
Statt Kutte wurden große T-Shirts und Baggy-Pants getragen. Die Haare trugen viele auch kürzer.
Der Grunge ist nach einer letzten kurzen Hochphase 1994 bedingt durch den Tod von Kurt Cobain seit Mitte der 90er auch so gut wie tot gewesen. Das Unplugged-Album hat damals fast jeder gehabt, bei den etwas "sperrigeren" Alben hörte das Fansein für viele dann doch auf
.
Alice In Chains haben 1996 noch mal ein Album rausgebracht, was nicht sehr kommerziell erfolgreich war, da für den Mainstream zu sperrig (Freunde des Sludge-Metal sollten es sich aber mal anhören, das Album selbst ist sehr gut) und verschwinden erst mal von der Bildfläche.
Pearl Jam sind auch nicht mehr so erfolgreich, da sie sich weiter weg vom Kommerz-Grunge des ersten und zweiten Albums bewegen, was wohl auch mit Eddie Vedder zusammenhängt, dem der Erfolg wohl auch nicht ganz geheuer ist.
Soundgarden lösen sich 1997 auch auf.
Auch der Alternative Rock, der dem Grunge ähnelt ist mittlerweile ausgelutscht.
Grunge ist aber nicht wirklich tot, sondern wandert durch die Welt. Im Zuge des Erfolges dieser Musik, deren Bands nahezu fast alle aus Seattle bzw. dem Staat Washington kommen, eifern viele Bands in anderen Städten/Ländern ihnen nach. So z.B. die Stone Temple Pilots aus Kalifornien, die Mitte der 90er sehr erfolgreich sind oder Bush aus England. Nicht vergessen sollte man die Nirvanabees Silverchair aus Australien, die ihr erstes Album mit 15 aufgenommen haben und der Sänger eine große optische Ähnlichkeit mit Kurt Cobain hat. Das heißt dann nicht mehr Grunge, sondern Post-Grunge und ist vom Sound auch etwas gefälliger für die Breite Masse.
Die meisten Grungebands möchten auch nicht als Metaller gesehen werden, da sie sich eher der Punk-/Hardcore-Szene zugehörig fühlen mit dem Do-It-Yourself-Gedanken.
Ein gemeinsamer Nenner besteht aber schon: Black Sabbath, die wohl erste offizielle Metalband.
Alice In Chains haben sogar auf der Clash-Of-The-Titans-Tour gespielt neben Megadeth, Slayer und Anthrax. So richtig angenommen haben sie die Metal-Fans allerdings nicht. Für Grungeverhältnisse ist der Sound der Band schon relativ "metallig".
Soundgarden haben auf den ersten Alben auch einen sehr düsteren Sound. Der zwar parallelen zu Black Sabbath hat, aber auch kein "reiner" Heavy Metal ist.
Daneben sollte man auch nicht das Punk-Revival Mitte der 90er vergessen. Das war zwar kein typischer Punk mehr wie in den 70ern, er hat aber sehr viele Leute angesprochen, die sich für etwas "härtere" Musik begeistert haben (natürlich nicht unbedingt die "echten" Metaller). Bands der Stunde waren Green Day oder The Offspring, Bad Religion haben "21st Centurty Digital Boy" noch mal neu aufgenommen und in der 2. Reihe gab es Bands wie z.B. NOFX, die in "Fachkreisen" sehr beliebt waren.
Mit dem Beginn der zweiten Hälfte der 90er ist ein weiteres Phänomen aufgetreten, dass vielen wohl nicht so gefallen hat. Der Techno hat Einzug in die "harte" Musik gefunden. Das Schlüsselalbum ist hier wohl der Spawn-Soundtrack (schon wieder ist die Filmmusik daran beteiligt
). Da haben Bands wie Metallica oder Incubus zusammen mit damaligen Größen im elektronischen Bereich Songs aufgenommen.
Der deutsche "Metal Hammer" hat besonder in den Jahren 1996 und 1997 dieses Phänomen gehypt. Das führte sogar soweit, dass es The Prodigy aufs Cover geschafft haben. Das hat vielen nicht gefallen. The Prodigy machen zwar "harte" Musik, die meisten Käufer dieser Zeitschrift werden sich aber wohl nicht unbedingt ein Album von denen holen.
Auch Metal-Bands wie z.B. Paradise Lost haben sich diesem Trend angenommen und Gitarren gegen Synthesizer getauscht. Zwar immer noch sehr düster, aber mehr Depeche Mode den Gothic Metal.
Mit dem Verschwinden der "Crossover-Bands" hat sich ein neuer Trend gebildet. Das ging ganz langsam los mit dem ersten Album der Band Korn oder Limp Bizkit. Die Musik des Korn-Albums wurde damals im Metal Hammer AFAIK damals wohl auch noch mit Crossover-Label versehen. Dieser Mix aus Hip Hop und Metal (wenn man ihn denn als Metalspielart sieht, darüber kann man streiten) sollte aber später mal NuMetal heißen.
Auf einmal waren Mesa Rectifier und tiefergestimmte Gitarren voll im Trend. Wer auf dicke Hose gemacht hat, hat sich eine Ibanez 7-Saiter geholt. Damals gab es da noch nicht so viel Auswahl. Der Nu Metal ist ab Ende der 90er populär geworden, richtig explodiert ist die Szene aber erst in den frühen 2000ern, weshalb ich den NuMetal eher diesem Jahrzent zuordne.
Mit dem Ausklingen der 90er ist auch der "klassische" Metal so langsam wieder populär geworden. Er hat lange Zeit als "Power Metal" (nicht zu verwechseln mit dem amerikanischen Begriff Power Metal!) in den 90ern gefristet. Siehe dazu auch Hammerfall und Konsorten. Ich glaube auch, dass der steigende Erfolg dieser Bands (z.B. auch den des Wacken-Festivals) sich positiv auf die "alten" Bands ausgewirkt hat.
Iron Maiden haben sich wieder mit Bruce Dickinson und Adrian Smith vereint und dann im neuen Jahrtausend mit "Brave New World" endlich wieder ein amtliches Maiden abgeliefert.
So langsam sind dann auch wieder nach und nach ein paar alte Bekannte aus den 80ern aufgetaucht.
Seitdem geht es für den Metal auch immer weiter bergauf. Selbst "extreme" Stile wie Black- und Deathmetal werden populärer.