STICH WORT : BIAS ABGLEICH
Von Firmengründer, Entwickler & Präsident Randall Smith
Eine Frage, die uns häufig gestellt wird, ist:
„Warum stattet Mesa seine Verstärker nicht mit einer Bias-Einstellmöglichkeit aus?“ Nun, darauf gibt es eine kurze und eine ausführliche Antwort.
Die Kurzversion lautet, während der 12 Jahre, die ich Fender Verstärker repariert habe, war eine falsche oder durch Vibrationen „gewanderte“ Bias-Einstellung die häufigste Fehlerquelle. Eine Angelegenheit, die im Prinzip nur einen Augenblick Zeit und ein Voltmeter benötigt. Die Fender Schaltpläne verraten, wie es geht: „Regeln sie das Trimmpoti auf -52 Volt.“ Das ist es, nicht mehr!
Wie jeder ehrliche Techniker bestätigen wird, kann man mit solchen „Wunderheilungen“ auf einfache Weise eine Menge Geld verdienen. „Bei ihrem Verstärker muss der Bias neu eingestellt werden“ Welcher Kunde wird da widersprechen? Sie verstehen, wo drauf ich hinaus will?
Lassen Sie sich nicht an der Nase herumführen, Röhren „ziehen“ nicht mehr oder weniger Bias. Die Art wie die Bias-Stromversorgung einer Röhre erfolgt, ist vergleichbar einer Einbahnstraße. Sie verläuft im Nichts, ohne wirklich einen Stromkreis zu bilden. Es handelt sich um eine konstante Spannung und egal welche Röhre sich im Sockel befindet, oder ob sich überhaupt keine Röhre darin befindet, die Bias-Spannung ändert sich kein bißchen.
Das Fazit der Kurzerklärung: Da die Bias-Stromversorgung immer die richtige Spannung führen muss und sich niemals ändern soll, wollte ich Verstärker konzipieren, die individuell auf den korrekten Bias-Wert ausgerichtet sind und NIEMALS nachgestellt werden müssen. Seit 25 Jahren werden Mesa/Boogies nun so gebaut.
Ist es an der Zeit die Röhren zu wechseln? Dann benutzen Sie einfach unsere Röhren für unsere Verstärker und die Sache ist ERLEDIGT. Dazu ist kein Techniker erforderlich, keine Kosten entstehen und der ganzen Aufwand mit dem Bias-Abgleich bleibt einem erspart. Das wichtigste: Der Bias STIMMT, da er sich nicht ändern kann!
Möchten Sie nun die ausführliche Erklärung? Hier folgen einige weitere Informationen, wie unsere festgesetzte Bias-Einstellung Probleme vermeidet.
Lassen sie uns zunächst eine wichtige Unterscheidungen treffen. Unser Aufgabe ist es in erster Linie erstklassige Verstärker zu bauen, dafür benötigen wir Röhren mit sehr geringen Exemplarstreuungen. Unser Lager ist voll von Ausschussware, Röhren, die zwar funktionieren, aber nicht innerhalb unseres Toleranzbereich liegen. Wir verwenden ein hochentwickeltes, computergesteuertes Röhrentestgerät (Spitzname „Robotube“), das Röhren in sieben wichtigen Parametern misst und selektiert. Es kann sogar festgestellt werden, ob eine Röhre eine verkürzte Lebensdauer besitzt, auch wenn sie während der Testphase einwandfrei funktioniert.
Als Hersteller lehnen wir eine Menge ungeeigneter Röhren ab. Wenn sich jemand darüber beschwert, dass Boogies keine Bias-Einstellung haben, sind es zumeist Anbieter von Röhren - keine Amp-Hersteller. Sie möchten nicht auf 30 Prozent ihrer Bestände sitzenbleiben, und so verbreiten Sie die These, dass Röhren, die ausserhalb unser Toleranzgrenzen liegen, dazu verwendet werden können, Verstärker klanglich zu „modifizieren“. Sie kritisieren, dass unsere Verstärker nicht justiert werden können, da sie somit nicht auf ihre Röhren ausserhalb der Mesa-Richtlinien anzupassen sind.
Mancher denkt nun vielleicht, eben wurde erklärt Röhren „ziehen“ keinen Bias. Daher beeinflussen sie den Bias-Strom nicht und deshalb braucht dieser nicht eingestellt zu werden. Das ist ganz richtig. Röhren besitzen keinen Einfluss auf die Bias-Einstellung, aber die Bias-Einstellung übt Einfluss auf sie aus. Wie sich der Effekt auf die Röhren auswirkt, lässt sich dennoch schwer messen.
Wenn man einen Bias-Abgleich vornimmt, (entweder durch die Wahl eines passenden Widerstands, wie wir es praktizieren, oder durch Einstellung eines Trimmpoti - was schneller geht) stellt man den korrekten RUHESTROM ein, der durch die Leistungsröhren fließen soll. Man kann jedoch den Strom nicht unmittelbar einstellen, man kann ihn nur beeinflussen, indem man die Bias-SPANNUNG regelt, die an den Steuergittern der Röhren anliegt.
Spannung und Strom sind NICHT dasselbe. Strom bezeichnet die MENGE der Elektronen, die „Quantität“ - gemessen in Ampere. Spannung steht dagegen für die Höhe der elektrischen Ladung. Zieht man den bekannten Vergleich zu einer Wasserleitung, also der, innerhalb der Leitung herrschende „Wasserdruck“. Um weiterhin zu verbildlichen, wie unterschiedlich die Größen Spannung und Strom sind:
Wenn man bei kühler, trockener Witterung mit den Füßen über einen Teppich geht, kann sich der Körper mit einer statischen Elektrizität von 50.000 bis 100.000 Volt aufladen. Berührt man eine Türklinke, springt ein Funke über, und versetzt einem einen Schlag, den man deutlich spürt! Die Spannung ist extrem hoch, der Strom aber geringfügig (messbar im Bereich von Micro-Ampere), ansonsten würde man diesen Stromschlag nicht überleben.
Nehmen wir im Gegensatz dazu eine Autobatterie, die gerade einmal 12 Volt besitzt. Sie können die beiden Pole mit ihrer Hand verbinden und werden nichts spüren. Der verfügbare Strom kann jedoch einige hundert Ampere erreichen... genug, um einen kalten Motor zu starten.
Strom und Spannung sind zwei völlig verschiedene elektrische Größen. Multipliziert man sie erhält man die LEISTUNG, welche in Watt angegeben wird. Wenn man den Bias eines Verstärkers einstellt, justiert man die statische SPANNUNG am Steuergitter der Röhre, um den erwünschten Ruhe- STROM zur Anode der Röhre fließen zu lassen. Eine kleine Veränderung der Gitter-Spannung produziert eine große Änderung des fließenden Stroms - das ist das grundlegende Funktionsprinzip einer Röhre und gleichzeitig auch der Kernpunkt elektrischer Verstärkung: eine kleine Veränderung erzeugt eine große Änderung. In diesem Fall bewirkt wie gesagt eine kleine Spannungsänderung eine große Änderung des Stromflusses. Mit der Bias-Einstellung wird der Strom reguliert, der durch die Leistungsröhren fließt, wenn man nicht spielt. Was die Lautsprecher schließlich antreibt, sind die Veränderungen im Stromfluß WENN man spielt. Falls der Stromfluß 440-mal in der Sekunde ansteigt und abfällt, hört man den Ton A. Ist die Stromveränderungen groß und die Frequenz weiterhin 440 Hz, ergibt sich LAUTES A!
Für die Bias-Einstellung ist der „Anodenstrom“ von Bedeutung, der ohne anliegendes Eingangssignal fließt. Die Messung ist nicht so einfach, denn es gilt den Stromkreis zu unterbrechen, sprich ein Meßgerät „in Reihe“ dazwischen zuschalten. Die Messung der SPANNUNG ist dagegen unkompliziert, sie kann PARALLEL zum intakten Schaltkreis ermittelt werden. Der Einfachheit halber sind also die meisten Bias-Werte als Spannung am Steuergitter angegeben... obgleich immer der Anoden-Strom, der entscheidende Faktor ist. Da die Messung umständlich (und gefährlich) ist, hat Fender beispielsweise den entsprechenden Wert nicht einmal erwähnt. Nur die Steuergitterspannung, die diesen Strom erzeugt, ist angegeben (die bekannten -52V). Das wiederum funktioniert nur, wenn die verwendete Röhre von ihrer Kennlinie innerhalb der Spezifikationen liegt.
Solange eine Röhre den Spezifikationen entspricht, wird die richtige Bias- Spannung auch immer den erforderlichen Anoden-STROM ergeben - und in diesem Fall muss die Bias-Spannung nicht verstellbar zu sein! Ist eine Röhre NICHT „in spec“, muss man den Schaltkreis unterbrechen und den Strom messen während man die Bias-Spannung entsprechend nachregelt. Das ist der einzig richtige Weg den Bias einzustellen ... jedoch dokumentiert kein Hersteller, den ich kenne diesen Stromwert.
Verändert man die reguläre Bias-Spannung weit genug, kompensiert sich die irreguläre Kennlinie der Röhre und der richtige Ruhestrom fließt wieder. Diese Messungen sind nichts für Ungeübte, sondern eine Sache für Experten. Einige neuere Verstärker besitzen LED-Anzeigen, welche den korrekten Einstellungspunkt des Strom signalisieren. Sicherlich eine Verbesserung und gar nicht mal so schlecht, nur gilt es in Kauf zu nehmen, dass Widerstände und LEDs in den Audioweg des Amps geschaltet sind - und das ist nicht unsere Sache.
Der andere „Vorteil“ dieser Variante liegt für manchen Hersteller darin, sich das Selektieren von Endstufenröhren zu sparen. Der Gedanke ist, Mesa Boogie dass durch die individuelle Einstellmöglichkeit für jede Röhre die röhreneigenen Unterschiede beseitigt und somit sichergestellt wird, dass durch jede der gleiche Ruhestrom fließt.
Wie gesagt, dies besitzt einige Vorteile... ist aber immer nicht so gut wie die Verwendung von selektierten Röhrenpaaren („matched“). Der Nachteil ist, dass die Kompensation der Abweichung, die Gegentaktschaltung aus der Symmetrie bringt. Aus zweimal „Falsch“ wird auch hier kein „Richtig“. Andere empfohlene „Tricks“ zum Bias-Abgleich wie z. B. - „... wenn die Röhren rot glühen, die Bias-Einstellung erhöhen“ oder, „... wenn es harsch klingt und die Röhren zu kalt laufen, die Bias-Einstellung runterregeln...“ sind im besten Fall Schätzungen. Röhrenverstärker bieten zum Glück den Vorteil, dass sie ein gewisses Maß an „Missbrauch“ vertragen, ohne ernsthaft Schaden zu nehmen ... zumindest nicht direkt.
Bedeuten diese Änderungen nicht, dass man das Konzept des Amp-Designers in Frage stellt; es bessere Betriebsbedingungen gibt, die er ausser acht, aber Röhrenlieferanten nun entdeckt haben? Manchen gefällt vielleicht der durch Röhren mit Extrem-Charakteristik und entsprechender Bias-Kompensation veränderte Ampsound. Oft ist es der Reiz des Neuen und wir haben viele Gitarristen erlebt, die weitaus zufriedener waren, als ihr Verstärker wieder unter ursprünglichen Bedingungen lief.
Der Grund ist, dass sämtliche Komponenten unserer Entwicklungen sorgfältig geprüft, verglichen und getestet werden - so unrelevant sie auf den ersten Blick auch erscheinen mögen. Bei jeder Schaltung suchen wir nach der perfekten Abstimmung, dem „Sweet Spot“, an dem alle Parameter (inklusive des Bias) optimal ineinandergreifen und die besten klanglichen Ergebnisse produzieren - und das zuverlässig und dauerhaft. Jedes einzelne Teil und jeder Spannungswert ist wichtig und niemand beschwert sich bislang, dass diese übrigen Parameter nicht zum herumtüfteln sind.
Nehmen Sie unsere patentierte Simul-Class Schaltung, bei der zwei separate Endstufenröhren-Paare mit unterschiedlicher Bias-Spannung arbeiten. Veränderung der einen Spannung würden ebenfalls die andere beeinflussen. Mit einiger Sorgfalt haben wir diese Balance erreicht und würden nur Probleme heraufbeschwören, wenn jeder mit dieser Einstellung herumspielen könnte. Ausser man möchte dafür bezahlen seinen Amp anschließend wieder richtig eingestellt zu bekommen. „Ja,... ihr Verstärker benötigt einen neuen Bias-Abgleich.“
Wenn Sie darauf gut und gerne verzichten können, verwenden Sie einfach ein gematchtes Set Mesa-Röhren für ihren Amp und der Sound steht. Garantiert. Sie wären erstaunt über die Anzahl von Anrufen, die wir täglich in unserem Servicecenter erhalten, und die Probleme von Röhren ausserhalb der Toleranzen rühren. Zu denken, dass sich dies allein durch eine Bias-Einstellmöglichkeit kompensieren lässt, grenzt fast schon an eine Beleidigung für Sie wie für uns. Einen falscher Satz Autoreifen ist auch nicht durch einen anderen Reifenluftdruck auszugleichen.
Bitte denken Sie nicht, dies sei eine pauschale Abrechnung mit allen anderen Anbietern von Röhren. Wirklich nicht, manche ihrer Röhren sind gar nicht mal verkehrt. Es macht nur wenig Sinn mehr ihres hart erarbeiteten Geldes für Röhren auszugeben, die in den selben Russischen oder Chinesischen Fabriken hergestellt werden und eventuell außerhalb des Toleranzbereichs liegen, den wir für ihren Amps vorgesehen haben. Wir sind bestürzt über den Hype und die Mythen, die sich um die Bias Einstellung ranken. Wo doch fünfundzwanzig Jahre an Erfahrung unsere Entscheidung bestätigen, Bias-Schaltungen zu verwenden, die niemals korrigiert werden müssen. Wieviel Ärger und Unkosten das den Mesa/Boogie-Usern erspart hat, ist kaum zu ermessen.
Cheers!
Mesa/Boogie Ltd.
Randall Smith
Designer & Präsident