Hallo Andreas,
Ich bin beeindruckt von deinem Wissen und Können.
Dankeschön. Das liest man natürlich gern.
...Ich habe eine koreanische Epiphone Dot Cherry von 2006 und war bisher recht zufrieden. Nun habe ich eine Les Paul Traditional 2016 T aus zweiter Hand gekauft und sie klingt umwerfend - habe wohl Glück gehabt. Daher meine Frage: würde es sich lohnen, in die Epi ebenfalls Classic 57 Pickups einzubauen? Macht das Sinn, ohne den Rest der Elektronik auszuwechseln?...
Ich fange mal von hinten an: Sinn macht es, ohne die Elektronik auszuwechseln - wenn Du mit "Elektronik" den Rest der Schaltung meinst.
Allerdings habe ich generell 50s Wiring eingebaut - und das tat beiden Gitarren wirklich gut, denn das hört man zwingend, sobald man die Tone-Potis runterregelt. Die Standard-Schaltungen haben kein 50s Wiring. Wenn Du also nicht mit den Tone-Reglern arbeitest, ist ein Eingriff in die Elektrik nicht nötig. Arbeitest Du aber viel mit Tone-Reglern, dann ist der Eingriff schon fast zwangsläufig empfehlenswert.
- -
ABER: Die Frage ist, ob ein Pickuptausch hinterher noch klanglich überzeugt. Und das ist m.E.n. die am schwierigsten zu beantwortende Frage überhaupt. In der koreanischen Dot hatte ich nun lange die Gibson Burstbucker #1 und #2 drin - bis ich sie mal spaßenshalber doch wieder gegen die Epiphone-Original-Pickups zurückgewechselt habe. Und ich muss sagen, das tat der koreanischen Dot wirklich gut, denn vergleichsweise klingt sie nun nicht mehr so überbordend, alles erschlagend (wie sie mit den Gibson BB #1 und #2 tat), sondern sie klingt, wie eigentlich eine gute Jazzgitarre klingen sollte: weich, dick, fett.
Diese Original-Epiphone-Pickups passen einfach zu
dieser Gitarre. Aber das hat einfach eine ganze Weile gedauert, bis ich das gemerkt habe!!
Was ich damit schreiben will: Man "reift" offenbar mit der Gitarre, je länger man sie spielt. Was vorher toll war (hier die BBs), ist irgendwann doch nicht sooo das Wahre. Man schaut auf die Stärken, die das Instrument von sich aus bereits hat und baut es dann lieber nur in diese Richtung aus; man reizt diese Möglichkeiten aus, anstatt aus einem VW einen F1-Boliden zu machen, der er nun mal nicht ist. Weniger, aber in die richtige Richtung, ist hier mehr. So zumindest verfahre ich auch nur noch mit meinen Strats.
Die 57' Classic in der indonesischen Dot machen
diese Dot wiederum sehr dynamisch, bringen ihr einen feineren, höhenlastigeren Klang. Bei
dieser Dot scheinen die Gibsons wie n' Arsch auf n' Eimer regelrecht
angekommen zu sein. Das Holzige, Luftige im Klang wird betont, der - auch vermutlich durch den Slim Taper Neck erzeugte - etwas dünnere, peitschende Klang wird mit
diesen Pickups sehr gut hervorgebracht.
In Summe: Du musst Dir im Klaren sein, was Deine Dot klanglich bringt bezüglich ihres Aufbaues. Und dann musst Du schauen, was Du mit ihr spielen möchtest. Jazziges, "Feingeistiges" oder gezerrten Bratrock. Die 57' Classics sind, denke ich, beste Wahl, den Klang einer Dot in Richtung Höhen und Luftigkeit, "Hölzerness" (wat n' Wort, aber mir fällt nix besseres ein) aufzuwerten. Wenn man denn will. Wenn Du eher Fettes, Jazziges bevorzugst UND da Du ja auch die LP hast, dann ist ein Umbau m.E.n. nicht unbedingt nötig.
HTH!