Nun, so lächerlich ist das eigentlich gar nicht (...) Die Pickups aus der Zeit (498T am Steg etwa) liefern einen ziemlich mittenbetonten , kernigen Ton
So unterschiedlich sind halt die Geschmäcker. Ich fand die Kombi 490R und 498T nie besonders ansprechend. Die Standard hab ich verkauft, aus meiner Studio hab ich sie rausgeschmissen, die Gitarre ist jedoch meine Dienstälteste (1997er) im Bestand.
Bis zum Custombucker haben Gibson-Tonabnehmer bei mir irgendwie immer irgendwann den Wunsch geweckt, sie rauszuschmeißen und ne Fremdfirma reinzupacken. Das ging scheinbar aber nicht nur mir so, sondern ganz vielen. Es war die Zeit, in der Drittanbieter wie ThroBak, Wagner, Amber etc. damit groß wurden, die LP-Jünger mit Replacements zu versorgen.
Und jetzt kommt da bei mir die Frage auf: Was hat das ausgelöst? Eine allgemeine Unzufriedenheit wg. den Tonabnehmern oder das Aufkommen der Gitarrenforen mit dem Wettläufen nach dem neuesten heißen Scheiß? Ich denke, ein bißchen von Beidem.
Um noch eine ganz persönliche Beobachtung zu teilen, die ein bißchen präzisiert, was ich oben geschrieben habe:
ich sehe da in Foren/bei Händlern zu dem Thema generell zwei gegenläufige Strömungen, was Les Pauls angeht:
Die eine eifert der nächsten Evolutionsstufe nach. Wenn Gibson wieder minimale Anpassungen vornimmt und das Gesamtkonzept wieder ein Stück näher am Original ist. Das kann man ganz gut bei den CS-Evolutionsstufen verfolgen, wenngleich da in den letzten Jahren auch mehr Ruhe reingekommen ist, weil die Leute eben jetzt weitgehend happy sind, kein truss rod condom verbaut zu haben oder alles mit hide glue verleimt ist.
Konstruktiv halte ich die jetzigen Gitarren, egal ob Custom Shop als auch Factory, für stimmiger als vor z.B. 10-15 aber auch vor 30 Jahren.
Individuelle Gitarren muss man anhand der Klangqualität natürlich immer auch individuell betrachten.
Die andere Strömung ist die, welche aktuell von der sehr viel besseren Holzqualität Ende der 90er / Anfang der 2000er fabuliert (aktuell extrem: Trogly!!!).
Dass Mittneunziger Factory Les Pauls noch das gute abgelagerte Holz und Früh-2000er Custom Shop Gitarren noch die Premiumhölzer aus Altbeständen hatten, die ja ach so toll sind.
Die Mittneunziger Factory Les Pauls, die ich damals bei Neukauf und auch die Jahre danach in der Hand hatte, waren tendenziell schwere Gitarren
mit Weight Relief Holes. Das waren keine Grabsteine, aber die Regel waren 4,0 kg+ in der Breite. Die Decken waren Plain bis maximal leicht geriegelt. Alles andere hieß dann Standard Plus und kostete deutlich Aufpreis. Dann gabs noch die Classic, die Classic Plus und die Classic Premium Plus mit jeweilig schöneren Decken. Musik & Technik Katalog, sage ich nur.
Die Custom Shop Gitarren waren schweineteuer, ich erinnere mich an einen Gitarre & Bass Artikel einer R9 um die Jahrtausendwende.
"Killer-Top" (sic!) für 18.000 DM Listenpreis. Das war ein extrem gleichmäßig geriegeltes Barbequeue Top.
Eine optisch abgespeckte (~7000 €) hatte ich seinerzeit bei Musik Schmidt in Frankfurt (jetzt Session) in der Hand. Irgendwas zwischen 2001er und 2003er Modell.
Rio-Board, aber unglaublich hell, sodass es Dir niemand abgenommen hätte, hättest Du es jemanden erzählt. Mahagoni-Body von dichtem Wuchs, die Gitarre so ingesamt mittelschwer. Die Gitarre klang gut, aber nicht herausragend. Heute wäre sie mit den Specs ein kleines Vermögen wert, egal wie sie klingt.
Dem gegenüber stehen die heutigen "Plantagen"-Mahagoni-Gitarren, bei denen keiner mehr so richtig weiß, was das konkret für eines ist (Fiji?). Auch der Wuchs ist jetzt optisch nicht so dicht. Aber hält man das Ohr bei meiner an den Korpus und schlägt an... das Ding klingt wie eine Kathedrale. Ist das jetzt schlechteres Holz als das aus vermeintlich altem Bestand? Mitnichten! Und nein, die hat nicht den Vibe eines 30 Jahre alten Instruments, ich kann aber sagen, dass sie in 30 Jahren, sofern alles in meinem Leben gut läuft, auch noch bei mir sein wird.
Die Quintessenz des Ganzen: abseits von Sammlertum und Investment gibt es nur individuelle Gitarren da draußen. Alte, Neue, Gebrauchte.
DEN Jahrgang oder DIE Epoche, das ist Sentimentalität.
In 20 Jahren werden alle von der 60th Anniversary schwärmen, weil damals Gibson nochmal so ne gute Phase hatte... oder nicht.
Was bleibt, ist die eine gute Gitarre, die ich mir persönlich rausgepickt habe.
WOW
Ihr geht aber großzügig mit dem Geld um. So viel Geld würde ich allenfalls für ein Exemplar aus der Meisterwerkstatt oder eine Custom ausgeben. Eine Standard aus den 80ern wäre mir höchstens 2500 € wert, wenn alles top ist.
Da ist es kein Wunder, dass die Preise auch dieser Jahrgänge immer mehr explodieren (ist wie mit Immobilien: mich freut's, weil ich meine ja habe).
Ouwww!!! Tu ich nicht! Ich gebe nur das wider, was die Preisschau auf die Schnelle ergeben hat.
Wenns aber DIE Gitarre wäre, die beim ersten Anschlag den Puls höher schlagen lässt und einem keine Ruhe mehr lässt... dann vielleicht schon.