Ich finde es schon ein interessantes und wichtiges Thema, was hier gerade diskutiert wird. Wenn nicht sogar das große Thema, das alle Firmen im Musikbusiness momentan beschäftigt. Fakt ist, dass der Markt der traditionellen Rockinstrumente (Gitarre, Bass, Drums) momentan eher Schwächen zeigt. Und das ist echt ein Problem für einige Firmen. Der Markt für Home-Recording, alle Arten von DJ-ing usw wächst dagegen schon.
Wir diskutieren hier in einer winzig kleinen Gruppe, wir sind alle Musiker bzw. Gitarristen. Mit winzig klein meine ich den Anteil an der deutschen Bevölkerung, die rein theoretisch alle ein Instrument spielen könnten. Wir hier wollen alle den heiligen Gral, sei es eine 59er Gibson, eine Fender oder eine PRS. Aber Tatsache ist, dass immer weniger junge Menschen zur Gitarre greifen. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber dann auch nicht so einfach zu erfassen.
Ich schreibe jetzt hier mal meine Gedanke, erstmal unabhängig von der Firma.
1. Es ist schwierig, Gitarre zu lernen. Ist es vielleicht so, dass in der Generation Smartphone Dinge immer sofort "verfügbar" sein müssen? Oder besser, sofort "anwendbar"? Ist es nícht wesentlich einfacher, sich eine Recording Software zu kaufen und damit rumzuspielen? Nach 4 Stunden habe ich meinen ersten Song aufgenommen. Wie viele Finger muss ich mir blutig spielen und wieviele hundert Stunden üben, um als Anfänger nur einen Song halbwegs gerade spielen zu können?
2. Wo sind die Helden? Schaut mal zurück in die "guten" Jahre. In den 50er, 60er und 70er Jahren waren die Gitarristen die Helden. Aber genau diese Helden verehren wir heute noch. Und die haben was gemacht, was heute in den Gitarristen-Kreisen mehr als verpönt ist, nämlich INNOVATION. Les Paul hat eben mit Pickups experimentiert, um die Gitarre lauter werden zu lassen. Jim Marshall hat auch etwas völlig verrücktes getan. Und die Musiker selbst? Schaut euch an, was Scotty Moore damals bei Elvis gemacht hat - innovativ! Clapton, Hendrix usw. in den 60ern. Das hat es vorher so nie gegeben. Van Halen - absolut neu. Und diese Leute waren es, die die Musik damals geprägt haben. Ich habe jetzt bewusst nur den absoluten Mainstream genannt. Aber genau das ist wichtig. Wieviele Kinder waren damals vorm Radio gesessen und haben sich nichts sehnlicher gewünscht, als genauso spielen zu können. Und heute? Welchen Gitarristen gibt es denn, der eine Nummer eins in den Charts hat? Der was echt neues erfolgreich betreibt? Und der damit Menschen dazu bewegt, Gitarre zu spielen?
3. Ich weiß, dieser Punkt ist provokativ. Aber ich benenne in trotzdem. Ich glaube, die Gitarren-Industrie ist eine der sehr wenigen weltweit, die seit Jahrzehnten ohne irgendwelche Innovationen auskommt. Eher das Gegenteil ist der Fall. Es soll alles so sein, wie es 59 war (oder eine anderes Jahr bei anderen Firmen). Und ich rede jetzt von Innovationen, die sich wirklich durchgesetzt haben. Nehmt mal die Autoindustrie als extremes Gegenbeispiel...Es ist schon lustig, dass keine Neuerung seit 5, 10, 20 Jahren sich auch nur ansatzweise durchgesetzt hat. Und es gab wirklich schon sehr interessante Ideen. Aber wie soll eine Industrie, die nur in die Vergangenheit blickt, überleben? Es ist schwierig. Nicht für die Großen, aber davon gibt es nichtmal eine Hand voll...
Jetzt komme ich wieder zurück zu Gibson:
Alles was ich oben geschrieben habe, ist kein Geheimnis. Firmen versuchen wirklich sehr viel, um diesen Trends entgegenzuwirken. Eine Möglichkeit ist es, die Bekanntheit der Marke zu steigern. Ihr redet abwertend von Lifestyle, ich sehe das ein bißchen anders. Man muss heute als Marke versuchen, möglichst viele Leute zu erreichen. Und gerade die, die man bis jetzt noch nicht erreicht hat. In Musiker-Kreisen weiß jeder, was eine Gibson oder Fender ist. Aber fragt mal außerhalb...da wird es teilweise schon schwierig.
Ihr dürft jetzt auch bei Gibson nicht den Fehler machen und denken, dass wir jetzt mehr Kopfhörer machen und damit die Gitarren außer acht lassen. Das sind 2 Paar Stiefel. Da wird auch kein Geld den Gitarren weggenommen und den Les Paul Monitoren gegeben. Läuft alles unabhängig voneinander.
Und jetzt nochmal ein Wort zu den 2015er Modellen zum Schluss:
Wir brauchen nicht mehr zu diskutieren, dass die große Mehrheit hier die 2015er Modelle nicht wirklich super findet. Aber: Wenn ihr alles was oben steht bedenkt und euch vielleicht mal Gedanken macht, wie ihr diese Herausforderung angehen würdet - Ist es da nicht zumindest eine Alternative, mal ein Produkt anzubieten, das es vorher so nicht gab. Ist es nicht mal einen Versuch wert, durch Innovation neue Kunden zu gewinnen - und mit neu meine ich jetzt Menschen, die vorher noch nicht gespielt haben?
Und um eines nochmal klar zu machen: es geht hier nicht um Probleme, die die Firma Gibson oder Fender oder X oder Y betreffen. Es geht hier um eine grundsätzliche Problematik, die uns als Gitarristen-Community betrifft. Nämlich dass immer weniger Menschen unser Instrument spielen.
Bin auf euere Meinungen gespannt...