Da hier überwiegend von preiswerteren 335-Typen die Rede ist, stelle ich gern mal wwas aus der teureren Fraktion vor: Die
Ibanez AS200.
# Geschichte des Modells: Mitte der 70er Jahre wollten die Japaner um jeden Preis beweisen, dass sie Spitzenqualität herstellen können, die mindestens gutes Gibson-Niveau hat. 1976 entstand die ESS 335-Kopie Artist 2630 (
http://www.guitar-museum.com/guitar.php?ID=40)
Ende der 70er stellte Ibanez alle 1:1-Kopien ein entwickelte eigene Modelle. Nur die 2630 wurde behalten, aus rechtlichen Gründen optisch leicht verändert (u.a Cutaway-Form) und hieß ab da Artstar AS 200. ca. 2003 wurde die AS 200 dann leicht modellgeflegt (Sattel, Halsprofil, PU nicht mehr splitbar) und heißt jetzt JSM 100 (John Scofield Model) (
http://www.musik-service.de/Gitarre-Ibanez-JSM-100C-John-Scofield-prx395498735de.aspx).
Die 2630/AS-200/JSM100 ist von allen Ibanez-Gitarren mit über 30 Jahren somit am längsten auf dem Markt.
# Preise: AS 200/JSM100 ~ Neupreis um 2000 EUR inkl. Koffer. Gebraucht selten zu bekommen (AS 200 ca. 1100 bis 1300 EUR). Nicht mehr gebaute Schwestermodelle: AS180 + AS120 (NP war ca. 1200 - 1400 EUR. Ebenfalls selten und zwischen ca. 600-800 EUR zu bekommen.)
# Holz, Hals, Gewicht: Halsholz = Mahagoni dreiteilig. Boden, Seiten, Decke = geflammtes Ahorn. Innen ein Anti-Feedback-Block. Grifbrett: Ebenholz. Gewicht: 3,8 kg.
# PUs: Ibanez Super58, Neck-PU auf als HB seriell, HB parallel und SC schaltbar (nicht mehr bei der JSM 100, in der der Tat braucht mans nicht wirklich, da der serielle HB einfach am besten klingt).
# Verarbeitung: 1A lupenrein, wie das in dieser Preisklasse selbstverständlich sein muss. Da haben dannauch die F-Holes noch Binding. Wie ihr auf Foto 5 etwas unscharf erkennen könnt, sind die Schalter und Potis mit einer silbernen Folie gekapselt, so dass das Eindringen von Staub kein Thema ist. Das beugt Verschleiss und (bei Semis) teure Austauschkosten vor (bei meiner Epi Hollow letztens 80 EUR für 4 mistige Potis, bei einer anfangs preiswert erscheinenden Gitarre sind halt die Folgekosten dann höher). Der PU-Umschalter ist mit Gummi gedämpft, damit die Decke kein Klacken überträgt.
Etwa nachteilig ist die von Gibson übernommene Vintage-Position der Klinkenbuchse auf der Decke (ab JSM 100 seitlich/Zarge). Man muss bei solchen Konstruktionen sehr darauf achten, dass das Kabel noch etwas Spiel hat und im Gurt gut eingeklemmt ist, damit man nicht aus Versehen mal was rausreißt.
# Spielbarkeit: exzellent und leicht, der Hals liegt in allen Lagen gut in der Hand (in meiner zumindest, da sind die Ansprüche ja durchaus verschieden). Halsbreite am 12. Bund: 52 mm, mittelstarkes C-Profil. Saitenlage etc. vor 4 Jahren von mir eingestellt - bis heute keine Korrektur nötig gewesen. Da schnarrt und scheppert nix.
# Sound: Kann man als offen, hell und straff bezeichnen. Manchen sind die S58-PUs jedoch etwas zu bright, Gibson klingt vergleichsweise etwas dunkler und weicher in der Färbung. Clean reagiert die Gitarre mit äußerst viel Dynamik auf den Anschlag, kräftig verzerrt bleibt sie sehr präsent und durchsetzungsfähig. Von cleanem Jazz und Pop bis Brettrock geht da alles bestens.
Die Klangregler arbeiten recht effizient, zum einen Dank der .233-Kondensatoren und zum anderen wegen dem offenen PU-Charakter. Man erhält also keinen unbrauchbaren Mulm beim Runterdrehen, sondern der Ton wird etwas wärmer und weicher und bleibt brauchbar.
Bauartbedingt klingen die tiefen Saiten (wie LPs auch) natürlich nicht so schön knackig und drahtig wie bei Strats oder Teles, sondern eher trocken.
Die hohen Saiten perlen schön und schieben den Ton anstandslos auch noch im Bund 22, wo andere oft keinen Schub mehr liefern. Da macht sich dann eindeutig bemerkbar, dass bei Modellen in dieser Preislage in der Regel gutes Tonholz handverlesen verbaut wird und nicht per Zufall vom Fließband aus der Sägerei an die Werkbank gelangt.
# Fazit:Obwohl ich einige gute Fender besitze, die ich hauptsächlich spiele, nötigt mir die AS 200 einen eigenartigen Respekt ab: Mich beschleicht gelegentlich das Gefühl, dass die Gitarre professioneller, anspruchsvoller ist und mehr kann, als ich aus ihr rauszuholen in der Lage bin. Dann sage ich in Gedanken Sorry Lady, ich war Deiner heut' nicht würdig..."
Die Fotos sind net so prall, hab digital nur ne Handykamera.