3. Sunn O))) Cry For The Weeper
(Sunn O))) Black One (2005), Track 6)
Der Laie könnte glauben, dass es nach Funeral Doom und Death Metal nicht mehr finsterer gehen könnte. Doch die Amerikaner von Sunn O))) (gesprochen Sun) belehren ihn als bekannteste und prägendste Künstler im Drone Doom Genre eines besseren. Ich betrachte die Songs auf "Black One" als eine Reise in die dunkelsten Abteilungen der menschlichen Psyche. Es geht dabei weniger um depressive Melodien, als um einen bestimmten Grundansatz, der von jedem Menschen beim Hören des Tracks anders zu Ende gedacht werden soll. Tonnenschwere, maximal verzerrte und übersteuerte Gitarrenwände verschmilzen mit wahnwitzigen Synthesizerklängen und teilweise ebenso verzerrtem Sprechgesang zu völlig perkussionsbefreiten, meist überlangen Soundgebilden, die nur von wenigen überhaupt als "Musik" anerkannt werden. Es muss allerdings dazugesagt werden, dass das Konzept des Drone Doom weniger auf CDs ausgelegt ist, als viel mehr auf Live-Auftritte. Die Sicht wird dann von den Rauchmaschinen völlig vernebelt, und die enorm basslastige Musik dröhnt mit ohrenbetäubender Lautstärke aus den unzähligen Boxen, während die in helle Kutten gekleideten Musiker auf der in meist giftgrünes Licht getauchten Bühne hochkonzentriert und scheinbar weggetreten ihre Musik spielen. Viele Zuschauer sprechen hinterher von rauschartigen Zuständen, die besser seien, als jede Droge.
Für optimalen Hörgenuss auch vor der heimischen Anlage ist es also zu empfehlen, Bass- und Lautstärkeregler hochzudrehen.
Wie schon angedeutet, geht es nun weniger darum, Musik oder ohnehin zwar vorhandene, aber nicht gesungene Lyrics zu analysieren. Es geht lediglich um den Grundeindruck, den die Musik vermittelt. Ein fast schon sanftes Synthesizergeräusch bereitet den Weg in den Albtraum. Ein kleines Lick, der heftige Ausbruch der Gitarren, ich bin gefangen. Gefangen womöglich an diesem noch entfernt waldähnlichen Ort, der auf dem Cover der "Black One" zu sehen ist, auf dem die Bäume schwarz und verkrüppelt dargestellt sind, wie Monster aus einem Kindertraum. Seit jeher wird der Wald in der Literatur als etwas finsteres, bösartiges dargestellt. Man denke nur an die Grimm-Märchen oder beispielsweise den "Düsterwald" von J.R.R. Tolkien. Eine passende Versinnbildlichung der Emotionen, die die Musik behandelt. Nun gefangen in diesem Szenario gibt es keinen Ausweg mehr. Egal, in welche Richtung man sich dreht, egal, welchen Akkord die Gitarristen spielen, überall das gleiche Bild: Monotonie, Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit - Angst, Horror, Tod. Unbekannte Weiten, fern von jedweder Realität, die perfekte Depression. Die eingestreuten hohen Gitarrenspuren greifen nach mir, wie die knorrigen Äste der Bäume, wie die kalten Hände des Vergewaltigers, wie die riesenhaften Wellen des Ozeans. Ganz gleich, welche Fantasien, Träume oder sogar Erfahrungen der Hörer über diese Musik verarbeitet, es ist immer unbestritten subjektiv und einzigartig. Was allen bleibt, ist, wie der Name schon sagt, das nahezu stetige Dröhnen. Drone.