Die Natursounds im Jupiter 80 sind durchaus berechtigt. Ohne sie wäre der Jupiter 80 nichts anderes als ein VA Imitat, der 2-3% der Keyboarder ansprechen würde. Als ob die 100 verschiedenen schon vorhandenen VA Modelle auf dem Markt nicht ausreichen.
Der Name
Jupiter läßt aber - betrachtet mit den Augen von jemandem, der den Jupiter-8 als einen der fettesten Analogsynthesizer überhaupt kennt und nicht als veraltetes Relikt der Zeit um 1980, als Tanzmucker eben nichts Besseres kriegen konnten - einen VA erwarten. Und ein Preis weit jenseits des Virus läßt in Verbindung mit diesem Namen einen ziemlich fetten VA erwarten, der soundmäßig selbst einen Nord Lead 2X wegbläst.
Okay, klar, 1981 war die Zielgruppe des Jupiter der professionelle Tanzmucker, der das Geld für so ein Ungetüm hatte, und klar, die hatten damals nichts anderes. Aber für diese Zielgruppe hat Roland heute die Fantom-G - und keinen Grund, den heiligen Namen Jupiter in den Dreck zu ziehen mit einem Rompler, der weniger kann, aber mehr kostet als eine Fantom-G. Denn die heutige Zielgruppe des Jupiter, die Leute, die heute, 30 Jahre später, eine Gänsehaut beim Namen Jupiter kriegen, das sind Synthesizerfreaks, von denen etliche kein Problem damit haben, 7000 € für einen Jupiter-8 hinzulegen,
der weniger kann als ein Waldorf Blofeld für 400 €.
A propos: Die Zielgruppe der Silberkiste Roland TB-303, die im selben Jahr rauskam, waren Gitarristen, die mal ohne Schlagzeuger (durch eine TR-808 ersetzt) und Bassist spielen wollten. Die konnten sich für 400 $ einen virtuellen Bassisten kaufen. Und ja, stimmt, damals war die Technik nicht so weit, ihnen was Besseres, Samplebasiertes hinzustellen, noch dazu zu dem Kurs. Und heute, 30 Jahre später? Heute würden die Leute, die, ohne mit der Wimper zu zucken, 1500 $ und mehr ausgeben für die Silberkiste, die rein vom Stand der Technik her keine 100 $ mehr wert wäre, auf die Barrikaden gehen, wenn Roland unter dem Namen TB-3030 in einem silbernen Gehäuse das Rhythmusgerät des E-09 mit besseren Sounds, aber fast keinen Echtzeitreglern (außer ein paar Lautstärken und vielleicht noch Tempo) anbieten würde - für 1200 $, weil das Teil an die Acid-Maschine Nr. 1 erinnern soll.
Mal für weniger synthesizeraffine Leute: Man stelle sich vor, Hammond kündigt ein Instrument namens B-30 an. Es gibt reichlich Spekulationen von einer neuen Modelingorgel bis hin zur mechanisch überarbeiteten, ansonsten praktisch unveränderten Neuauflage der B-3, also mit 91 echten Tonewheels. Und dann stellen sie uns dann einen reinen Rompler hin im "werksgechoppten" Holzimitatgehäuse mit zwei 61-Tasten-Manualen - Synthesizertasten, nicht Waterfall, und auch keine Presettasten -, einen Touchscreen, etlichen Presetsounds, meist Naturinstrumente, die mit irgendwelchen zusätzlichen Modulationswegen "realistischer" klingen sollen, aber allenfalls einer Handvoll fix und fertig (ohne Leslie) gesampleter Tonewheel-Sounds, die selbst in einer Korg M50 besser klingen. Und nein, es gibt weder einen 9+9+2er Satz Zugriegel (die 4-5 Zugriegel, die das Ding hat, regeln Gesamt- oder Partlautstärken), noch ein 25er Baßpedal oder Baßpedal überhaupt noch eine Modeling-Orgel, die man mit den Zugriegeln steuern könnte. Und dafür verlangt Hammond-Suzuki dann 8000 €.
Kann man das dann immer noch rechtfertigen mit "Wenn Laurens Hammond das damals in den 1930ern gekonnt hätte, hätte er seine B-3 genau
so gebaut, aber konnte er ja nicht, also mußte er die Tonewheels vom Telharmonium nehmen, weil er nix Besseres hatte" und nach dem Klang der Klaviersamples fragen?
Die vorhandenen Schieber am Jupiter 80 sind dafür gedacht, die Parts zu steuern, nicht irgendwelche ADSR Hüllkurven live zu verändern. Das einzige Manko ist die Tatsache, dass man Orgeln nicht realitätsnah bedienen kann. Für den Rest reichen aber wohl die vorhandenen Regler.
Wenn das Ding den Namen Jupiter verdienen soll, will ich nicht nur Fader für ADSR-Hüllkurven haben, dann will ich Echtzeitregler für so ziemlich alles haben. Bis hin zur Pulsbreite. Ach nee, hoppla, das ist ja ein Rompler, da kann man die Pulsbreite ja gar nicht verändern.
Wer Drawbars will, braucht kein Gerät, das Jupiter heißt, (entfernt) wie ein Jupiter aussieht und für den Namen Jupiter extra kostet (ein Minimoog Voyager Old School by any other name würde höchstens einsfünf kosten), der kriegt statt dessen für weniger Geld eine V-Combo oder was von Clavia.
Die regenbogenfarbenen Knöpfe sind nichts anderes als ein Hommage an den Vorgänger. Daran kann man sich ästhetisch stören, sollte diesem aber keine besondere Bedeutung zusprechen.
Doch. Roland wollte den Jupiter wiederbeleben und Geld mit dem Namen scheffeln. Und das haben sie verbockt.
Das Problem des Jupiter-80 kann man so zusammenfassen:
Der Name, die Farbgebung und das Design zielen ab auf Synthesizerfreaks. Das Konzept zielt ab auf Livemucker. Diese beiden Zielgruppen sind aber unvereinbar.
Martman