So, ich hab jetzt am Samstag beim Händler meines Vertrauens mal ausgiebig den Gamechanger(tm) in der 73er-Version getestet. Bevor jetzt einige nicht weiterlesen, weil sie meinen, dass es den 73er noch nicht gebe: ES GIBT IHN.
Als aller erstes war mein erster Eindruck wirklich positiv! Wow, was für ein kleines Keyboard trotz Hammermechanik und dann noch eine Workstation? Ich würde mir manche Stagepianos mit diesen Maßen und vor allem der niedrigen Bauhöhe wünschen! Ich fand das Gehäuse sah schon wertig aus und das Touchscreen sah nett aus. Überrascht war ich, dass der Händler das Teil nur auf einem klapprig aussehenden einfachen X-Ständer stehen hatte. Daran merkt man ja schon, dass der Kronos kein Schwergewicht ist.
Das Datawheel hatte ich in den 1,5 Stunden probespielen gefühlte 20 Mal in der Hand, aber da das Problem durch Austausch von Korg gefixt ist, möchte ich es hier nur erwähnen aber nicht kommentieren. Peinlich aber trotzdem. Ich konnte es aber problemlos wieder einsetzen. Die Slider fand ich hingegen äußerst hochwertig, verglichen mit den ganzen Masterkeyboards, die ich sonst so in den Händen halte. Ich glaube nicht, dass man mit den Slidern Probleme bekommen sollte. Die oft angesprochenen schwarzhochglanz-Seitenteile habe ich mir natürlich auch angesehen. Also ich möchte gerne mal wissen, welcher Designer da amok gelaufen ist? Nach meiner Meinung haben solche Seitenteile noch nicht mal bei einem Fernseher, wo sie ja leider standard sind, etwas zu suchen, geschweige denn von einem Bühnen-Profi-Keyboard! So ein Quatsch. Verglichen mit dem Jp80, den ich auch kurz Probe gespielt habe: Der Roland hat äußerst hochwertige Alu-Seitenteile. Ich habe bei beiden Keys aber jetzt keinen Crash-Test gemacht, in sofern kann man zwar mutmaßen, dass Plastik schneller bricht als Alu, aber man weiss nicht, was drunter ist und auch nicht, ob man die Seitenteile vielleicht auch nachbestellen könnte oder so. Also für mich wäre das kein Minus-Punkt. Insgesamt fand ich die Verarbeitung absolut ok. Zugegeben bei einem 3400 EUR Key könnte man da meiner Meinung nach auch mit etwas mehr aufwarten. Möglicherweise sind diese Seitenteile aber auch ein Grund für das geringe Gewicht? Ich weiss es nicht.
Nach der super langen Bootphase (ich hatte mir zwischendurch erstmal einen Kopfhöhrer geholt, und er bootete immer noch...) jetzt aber zur Bedienung des Gamechangers: Die Anordnung des Nummernblocks usw. erinnerte mich ziemlich an Kurzweil und eher an älterere Keys. Ich persönlich vermisse auch die Preset-Taster wie der Juno sie hat (also PIANO, ORGAN, ORCHESTER oder ähnliches...). Mir ist klar, dass das bei einer Workstation eher unüblich wäre aber ich hätte es nett gefunden. Es gab lediglich einen Preset-Button und einen Combi, von denen aus man in die Liste aller Presets kam und dann am Datawheel drehen konnte. Hmm, ja. Ich hatte dann mal blind die 50 eingetippt und gehofft, dass ich da zu den Orgeln komme und hatte auch geklappt. Aber ideal fand ich es jetzt nicht. Jetzt werden einige sagen man programmiert sich seine Songs ja sowieso usw. muss jeder selbst wissen- bzw. nein leider hat Korg sich das ja so überlegt..... das fand ich jedenfalls beim JP80 besser.
Den Lüfter hatte ich übrigens gar nicht gehört. Erst dachte ich es liegt an der lauten Laden-Umgebung, aber ich hab das Ohr auch an Gehäuse gehalten und nichts gefunden. Ich denke auf der Bühne stört der Lüfter nicht. Im leisen Zimmer stört mich aber natürlich auch jedes Geräusch.
Das Display fand ich sehr groß und gut touchbar. Ich hatte jetzt keine Kalibrierung oder so gemacht, wozu soll das eigentlich sein, dass jeder seine Hände kalibriert? Oder schaltet Korg die Teile nach der Produktion nicht mehr ein? Ich habs jedenfalls nicht gemacht und kam auch so damit klar. Ich hatte noch mit dem Besitzer des Ladens geschnackt und er meinte, er spiele den Kronos 73 im Moment live und kommt bis auf die Schriftgröße super damit klar! Dann erinnerte ich mich ans Forum hier und habe mal auf die Schriftgröße geachtet. Und ich muss sagen, die ist wirklich verdammt klein! Ich könnte damit zwar erstmal leben, weil ich oft auch mein 9" Netbook nutze, dass dann eine ähnlich kleine Schriftart bietet, aber hier wäre es nett, wenn Korg mal ein update mit einstellbarer Schriftgröße bringen würde!
Ein bisschen enttäuscht war ich von den tollen Flügel-Bildern, die ja leider nicht annimiert sind, d.h. wenn man spielt bewegen sich auf der Grafik die Tasten des Flügels nicht....naja, ist zwar kleinlich, aber dann braucht man auch gar kein Foto. Ich kenne es jedenfalls von den VSTis so, dass sich die Tasten bewegen.
Insgesamt ist nach meiner Meinung die gesamte Bedienung total chaotisch und folgt keinem System, jedenfalls keines, dass ich in so kurzer Zeit durchblickt habe (ähnlich ging es mir aber auch beim Jupi). Ich hab einfach wahllos immer irgendwo auf dem Display rumgetoucht und kam dann irgendwo an, aber so richtig zielstrebig finde ich so eine Bedienung nicht! Mir kam das genauso chaotisch wie bei Windows vor, wer lange genug sucht, der findet aber irgendwo alles. Der EXIT-Button hat mir als Sat-Receiver geschädigter auch beim Kronos immer wieder aus der Patsche geholfen, aber irgendwie hätte ich mir doch ein richtiges Menü oben oder unten gewünscht. Ich habe auch keine Lust gehabt über die Presets nun die ganzen 9 Synths zusammen zu suchen usw. Aber da gebe ich auch zu, dass ich aufgrund des Zeitmangels hauptsächlich eines wollte: Die GB-Flügel testen! Gesagt getan.
Der erste Flügel ist wirklich sehr gut! Ein Traum von einem Sample. Er klingt gut, lässt sich leicht und flockig spielen. Über die Details konnte ich leicht die ganzen Saitenresonanzen usw. auf Max. stellen, dass mach ich immer gerne, denn ein echter Flügel oder Klavier würde noch viel mehr abgehen und wäre nicht so brav, wie die meisten Digi-Pianos voreingestellt sind. Also hier geht wirklich alles und schön ist auch, dass das zweite Piano ebenso gut ist, aber ganz anders klingt. Das finde ich lobenswert, denn oft klingt das zweite Piano eher wie eine andere EQ-Einstellung oder so, das war hier nicht der Fall. Es scheinen wirklich zweit ganz unterschiedliche Sample-Sets zu sein. Mit getretenem Haltepedal merkt man erst wie lang die Loops wirklich sind, besonders im Bass sind die beiden Pianos ein Traum und können mit einer VSTi-Sim mithalten, wie ich finde!
Ich habe versucht hier mit den umherstehnden Pianos zu vergleichen, aber das fiel mir wirklich schwer. Mittlerweile sind die alle auf einem so hohen Niveau, dass es schwer ist, da noch in der schnelle Schwächen zu bemerken. Ich fand das Roland HP307 am schönsten zu spielen, genauso wie auch das FP7F. Bei Roland gefällt mir der Grundsound einfach besser als bei den beiden Kronossen, aber ich denke das ist auch Gewohnheitssache. Am Nord Piano und am Stage2 kam ich leider gar nicht klar. Ich hatte das Gefühl, dass bei NORD die Kopfhörerbuchse irgendwie nicht so gut klingt, leiser oder flacher? Kann das jemand bestätigen? Jedenfalls klang in meinen Ohren der gleiche Kopfhörer bei den beiden Rolands und auch beim Kronos irgendwie voller, runder und schöner. Bei NORD gefällt mir auch die Sustain-Phase einfach nicht so gut.
Zu den Tasten: Obwohl bei einer Workstation die Tasten ja bei weitem nicht das wichtigste darstellen, aber für mich sind sie nicht ganz unwichtig. Beim Kronos hat sich für mich aber wieder gezeigt, dass mir persönlich die RH3 von Korg zusagt. ich finde sie nicht schlecht! In etwa so gut, wie die meines Technics P30 von 1997. Innovation oder Verbesserung seit damals sehe ich aber nicht und kann ich mir auch nicht einbilden. Mir persönlich fehlt bei der RH3 einfach das zeitgemäßte Ivory-Touch. Die Plastikoberfläche der Tasten fühlt sich für mich nach nichts an, zu glatt, zu billig. Im Vergleich zu den anderen Keys: Nord-Tasten gefielen mir persönlich nicht so gut wie die Kronos-Tasten, die von Roland mit Ivory fand ich wieder um Welten besser! Ich konnte auf den Roländern besser und schneller spielen als bei Nord und Korg, aber das ist vielleicht Geschmackssache.
Jetzt hab ich noch ein paar andere Sounds getestet. Durch die Bank hat mir alles sehr gut gefallen. Die Epianos sind ein Traum und die Effekte richtig schön. Ich denke hier kann man viel rumbasteln und schrauben, dank des schönen Displays auch optisch interessant mit den Tretern, die man da dann gleich angezeigt bekommt. So kann ich mir das doch ganz gut in echt vorstellen, nett gemacht. Also EPianos TOP. Jetzt zur CX-3. Joar, was soll ich sagen. Mir klingt sie etwas brav und eher nach transe statt röhre. Mir fehlt die Wärme, ich hab aber wirklich nur kurz gespielt. Ich persönlich mag die Roland VK-orgeln oder auch Kurzweils Orgeln lieber, aber ich bin mir sicher, wenn man sich etwas mehr als 10 Minuten mit den Orgeln beschäftigt. Jedenfalls war die Fader-Zuordnung gleich da und das hat mir ähnlich gut wie bei Kurzweil gefallen. Dazu zeigt das Display gleich die Zugriegel an und diese sind dann auch animiert, das gefällt. Insgesamt würde mir die Orgelsektion ausreichen.
Nett fand ich bei den Fadern auch, dass das letzte Feld, was man verändert hatte, auf dem Value-Fader lag soweit ich das gesehen habe. Gut gemacht!
Mein persönliches Fazit: Würde ich eine Workstation kaufen wollen, dann hätte ich den Kronos 73 gleich einpacken lassen! Geiles Teil und aus meiner Sicht wirklich die allererste eierlegende Wollmilchsau überhaupt im Keyboardbereich. Respekt, das hätte ich Korg nicht zugetraut. Atom hin oder her, das spielt hier keine Rolle. Da ich die 3400 EUR aber nicht habe und auch keine Workstation brauche, sehe ich aber für mich als Hobby-Musiker eigentlich kaum eine Verbesserung gegenüber einem Windows-Notebook und Masterkeyboard. Ich denke mein Win7 bootet um einiges schneller, selbst, wenn ich noch Brainspawn oder Cubase starte. Die Sounds sind vermutlich nicht schlechter. Aber nochmal: Wenn ich eine Hardware-Workstation bräuchte, dann wäre der Kronos hier mangels Konkurrenz wirklich die erste Wahl. Ein rundes Teil, super: Weiter so Korg! Der Game-Changer hat mich komplett überzeugt in der kürze der Zeit. Natürlich müsste man jetzt 30 Tage zuhause testen, bevor man wirklich das Teil insg. mit Sequenzer, allen Sounds usw. beurteilen könnte.
Weil viele (wie auch ich) immer den Kronos auch als Stagepiano-Kandidat sehen, hier auch noch dazu ein paar Einschätzungen dazu von mir:
Erster Gedanke: Warum nicht! Der Kronos ist vom Gewicht nicht schwer, kompakt, hat eine Hammermechanik mit der 73er Hammermechanik ist er vielleicht noch kompakter als so manches Stagepiano mit 88er. Man braucht auch keine Angst vor der Bedienung zu haben, denn man muss nur 1 Knopf drücken und dann landet man auf Preset1, was ja gleich der Steinway-Flügel ist. Passt also. Die restlichen Dinge muss man ja nicht benutzen.
Ich persönlich würde ihn aber aufgrund des hohen Preises und der nur durchschnittlichen Klaviatur ohne Ivory-Touch doch nicht als erste Wahl für ein Stagepiano nehmen, zu mal mir der Roland Supernatural-Klang besser gefällt. Irgendwie lässt es sich dynamischer Spielen auch mit der PHAIII Ivory im RD700NX.