So, meine Dean Vendetta 3.0 ist heute Vormittag angekommen und ich möchte meinen ersten Eindruck mitteilen. Dieser Eindruck beschränkt sich auf 15 hektische Minuten, man sollte also noch kein Review erwarten.
Verpackung / Erster Eindruck
Ich habe Sonntagabend bestellt und am Dienstagvormittag war sie da. Da gibt es nichts zu meckern.
Die Gitarre kam sehr gut verpackt an. Im Karton war noch einmal ein kleiner Karton, der durch Luftpolsterfolie und geschredderte Kartonschnipsel ordentlich gegen Erschütterungen gesichert war.
Die Mitarbeiter von Musik Brilon scheinen auch Humor zu haben, denn für einen kleinen Moment habe ich mich etwas erschreckt, als ich den Karton mit der Gitarre ausgepackt habe. Denn anstatt einer neutralen Verpackung oder wie zu erwarten einer mit dem Dean-Logo prangte ganz groß das Epiphone-Logo auf dem Karton. Ich war mir für einen Moment nicht sicher, was mich erwarten würde. Zuerst dachte ich Mist, nicht gleich wieder zur Post rennen. Aber ich weiß nicht, wie ich gehandelt hätte, wäre eine Epiphone im Karton gewesen, die mir gefallen hätte...
Die Sorge war aber unbegründet und es war die von mir bestellte Dean Vendetta 3.0 drin.
Glück gehabt!
Zubehör, Hangtags oder Case Candy konnte ich nicht entdecken. Ich habe aber auch noch nicht genau nachgesehen.
Optik / Haptik
Auf den ersten Eindruck macht die Gitarre einen sehr wertigen Eindruck. Auf jeden Fall wirkt sie nicht wie eine Gitarre aus der 160€-Kategorie. Mehr hat sie nämlich nicht gekostet. Ich finde sie für eine Mahahgoniegitarre relativ leicht, sie ist sehr ergonomische und liegt gut in der Hand. Die Potis laufen sehr rund und weich, nicht zu leicht und nicht zu schwer. Der Toggle ist auch angenehm zu schalten, obwohl mir der Switchcraft-Toggle meiner Gibson Les Paul noch etwas besser gefällt, weil der etwas satter und härter einrastet. Aber das ist alles eine Frage des Geschmacks.
Die Werkssaiten sind nicht mehr ganz frisch, man sieht ein paar schwarze Stellen, aber auch noch nicht durchgerostet. Bei einem Blick auf die Rückseite erkenne ich bunte Ballends in den Hülsen. Das deutet auf D'Addario-Saiten hin. Ich schätze mal 9-42, wie es eigentlich die Regel ist bei Gitarren mit Fender-Mensur (25,5"). Die Saitenlage ist etwas hoch, aber noch brauchbar, da muss ich noch einmal ran und die Saiten waren wie zu erwarten leicht verstimmt. Die Mechaniken von Grover fühlen sich sehr wertig an und lassen sich angenehm drehen. Nicht zu leicht, aber trotzdem weich und stufenlos.
Die Lackierung ist sehr sauber und gleichmäßig ausgeführt und die Gitarre liegt sehr gut in der Hand und lässt sich durch den durchgehenden Hals sehr gut bis zum 24. Bund bespielen. Ich habe sie aber nur ohne Gurt auf einem Bein aufgelegt getestet.
Der Hals hat ein ordentliches C-Profil. Etwas dicker, als das Modern C von Fender, aber noch weit von einem halbierten Baseballschläger entfernt. Es erinnert mich stark an das 60s-Profil meiner Les Paul.
Verarbeitung
Auf den ersten Eindruck wirkt die Gitarre sehr gut verarbeitet, wie man es von einer Gitarre erwartet, die regulär 500€ kostet. Korea, das Ursprungsland dieses Dean-Modells, hat sich seit den 80er Jahren stark in der Qualität gesteigert, nichts mehr mit Pressspan-Bodys, trotzdem erwarte ich nicht das Niveau von japanischen Gitarren, die eigentlich durch die Bank weg perfekt verarbeitet sind, aber auch dementsprechend mehr kosten.
Im Detail ist die Verarbeitung leider nicht ganz so gut:
Beim Lackieren ist wohl etwas Lack auf das Griffbrett gekommen. Nicht weiter schlimm, aber es fällt halt sofort auf. Das wird man denke ich aber mit Putzen korrigieren können. Es sieht auch so als, als sei das Ende nicht sauber abgesägt worden. Das sieht auf den Fotos aber viel schlimmer aus, als bei realer Betrachtung. Der Blitz betont das sehr stark. Auf dem zweiten Foto ohne Blitz ist es schon weniger auffällig.
Das Griffbrett ist insgesamt nicht sehr sauber, sondern leicht dreckig. Die Löcher der Inlays sind wie zu erwarten mit Füllmasse versiegelt worden. Ich habe nur sehr kurz darauf geachtet, aber die Spaltmaße sind durch die Bank weg bei ca. 0,75mm. Ich konnte keine Ausreißer erkennen. Man sieht an den scharfen Kanten der Inlays natürlich den Ansatz der Fräse, aber das fällt auch eher auf den Fotos auf, als in echt. Man kann natürlich von einer Gitarre dieser Preisklasse nicht erwarten, dass sie perfekt eingesetzte Bird-Inlays, wie eine PRS hat. Ich persönlich hätte den Designern bei Dean aber geraten ein Griffbrett aus Ebenholz oder Ebonol zu verbauen und zwar ohne Inlays oder mit kleinen Offset-Dots am oberen Griffbrettrand. Das würde die Gitarre noch einmal richtig aufwerten.
Wo wir schon beim Griffbrett sind. Der Hals ist auf der Rückseite schwarz lackiert und mit Klarlack überzogen. Also nichts für Leute mit viel Handschweiß. Leider ist an einer Stelle der Lack etwas ausgebrochen. Kein großer Makel, aber mir ist es aufgefallen.
Bevor ich mit dem Hals weiter mache, erst einmal zur Tune-O-Matic. Die Brücke ist im Gegensatz zu Gibson Nashville und ABRs mit Schrauben gesichert, hat also eine Lockingfunktion. Sehr praktisch beim Saitenwechsel. Eine nicht gesicherte Brücke fällt bei Unachtsamkeit schnell mal runter und macht Macken und Kratzer in den Lack. Bei genauem Hinsehen ist mir aber aufgefallen, dass die Schrauben nicht mehr ganz neu aussehen. Es sind ein paar Kratzer im schwarzen Lack und bei der rechten Schraube sieht es so aus, als wäre ein ganz kleines Stück weggebrochen. Gebraucht sieht die Gitarre aber nicht aus. Wer Erfahrung mit schwarzer Hardware hat, weiß aber auch, dass die Beschichtung mit der Zeit gerne mal verschwindet. Selbst Boutiquehersteller wie Bareknuckle Pickups haben/hatten Probleme mit schwarz beschichteten Humbuckerkappen. Das gehört wohl einfach dazu. Von daher will ich da nicht so pingelig sein.
Die Fotos stellen die Dinge hier auch wieder schlimmer dar, als die Realität.
Jetzt kommen wir wieder zurück zum Griffbrett und letzten "Makel" der in meinen Augen aber auch der größte ist. Neben dem Bundstäbchen vor dem 12. Bund sieht man eindeutige Klebereste. Der obere Teil des Bundstäbchens sieht auch so aus, als wäre da etwas zu viel Material weggenommen worden.
Beim Spielen stört es aber nicht. Da hat wohl jemand beim Bundieren gepfuscht und versucht nachzukorrigeren. Ich muss mal sehen, wie ich das beheben kann.
Ansonsten scheinen die Bünde aber sehr gut abgerichtet zu sein. Es steht auch keins über. Der Halsrand ist sehr glatt und ohne Huckel.
Hätte ich den vollen Preis für die Gitarre bezahlen sollen, dann hätte ich sie wohl zurückgeschickt bzw. im Laden wieder zurückgestellt oder mir eine andere holen lassen. Ich habe eine Squier Classic Vibe 50s Tele aus China und eine Yamaha RGX 420S Drop 6 aus Taiwan. Beide Gitarren waren was den Neupreis angeht günstiger (die Yamaha habe ich aber auch vergünstigt im Abverkauf bekommen), jedoch nahezu perfekt verarbeitet. Von Yamaha kennt man es nicht anders, die würden wohl auch eine 50€-Gitarre nur perfekt verarbeitet auf den Markt bringen und Squier hat in den letzten Jahren wieder qualitativ sehr gut zugelegt und versucht wieder an die glorreichen 80er anzuknüpfen, als noch in Japan produziert wurde.
Ich bewerte die Gitarre aber zu dem von mir bezahltem Preis und der ist halt um einiges geringer als 500€. Und dafür ist sie richtig gut. Kein Vergleich zu den Hausmarkengitarren diverser Musikhäuser.
Sound
Ich habe dann noch einmal schnell die Saiten auf Standard E gestimmt und die Gitarre mal für ein, zwei Minuten trocken angespielt. Jetzt kommen wir nämlich zu den positiven Punkten. Der Body resoniert beim Spielen sehr gut und gibt Rückmeldung auf den Anschlag. Ich hatte schon Angst, dass sie tot und leblos klingt, aber das tut sie absolut nicht. Das ist mir nämlich schon einmal bei ein paar LTDs im Laden aufgefallen. Optisch sehr aufwendig (1000er-Serie), aber klanglich nichtssagend.
Die Vendetta klingt erstaunlich laut. Man hört schon, dass es sich um eine Mahagoniklampfe handelt. Hier jetzt bitte keine Diskussion über den Einfluss des Holzes auf den Klang...
Sie klingt natürlich nicht so fett, wie eine Les Paul. Meine Les Paul Traditional Pro hat einfach noch etwas mehr Tiefmittenschub und einen etwas dunkleren, bassigeren Sound. Dennoch höre ich gewisse Anleihen dieses Klangs auch bei der Dean raus, allerdings schlanker und mit mehr "perligen" Höhen.
Ich würde sie spontan klanglich zwischen meiner Les Paul und meiner CV Tele einordnen. Die Les Paul ist stellvertretend für das Lowend und die Tele für das Topend
. Die Vendetta hat etwas von beiden.
Bis jetzt hat sie mich trocken angespielt sehr überzeugt. Von diesem Standpunkt aus gesehen muss sich die Dean nicht hinter teureren Gitarren (dieses Mal gemessen an den 500€) verstecken.
Heute Abend steht natürlich noch der Test am Amp an. Ich erwarte jetzt keine Wunder von den Pickups, aber ordentlich sollen sie angeblich ja klingen. Ich bin gespannt...
Fazit des ersten Eindrucks
Im Großen und Ganzen ist der erste Eindruck sehr positiv ausgefallen. Leider gibt es ein paar verarbeitungstechnische Mängel, die den positiven Gesamteindruck etwas trüben. Hier sollten die Firmen einfach mal mehr auf die Qualitätssicherung achten. So etwas muss heutzutage nicht mehr sein. Man muss zur Verteidigung aber auch sagen, dass es gewisse Marken gibt, deren weitaus höherpreisige Modelle mit "kreativen" Verarbeitungsmerkmalen aufwarten.
Ich könnte jetzt natürlich die Gitarre umtauschen lassen oder zurückgeben, aber dann habe ich das Risiko eine zu erwischen, die wieder andere Mängel hat oder noch schlimmer nicht "gut" klingt. Das ist der Fluch des Onlinekaufs. Vielleicht kann ich ja noch etwas raushandeln?
Jetzt muss ich die Gitarre aber auch noch einmal in Ruhe testen und im Angesicht des Preises bin ich wohl auch bereit ein paar kleine Kompromisse einzugehen. Was nützt mir eine makellos verarbeitete Gitarre, die nach nichts klingt?