Zur Frage "Verwendung anderer Lautsprecher unter Beibehaltung der originalen passiven Frequenzweiche" noch ein später Gedanke:
Bei Lautsprechern verhält es sich so: Praktisch jedes Treibermodell hat einen eigenen spezifischen Amplitudenverlauf. Wenn man ein Chassis ohne Filter in einem bestimmten Gehäuse betreibt, wird sich genau genommen bei jedem diversen Modell ein anderer Frequenzgang, eine andere Wiedergabekurve einstellen. Oft steigt bei Tieftönern der Pegel zu mittleren Frequenzen hin an, hier am Beispiel zweier m. W. in moderneren Leslies verbauter Speaker. Zunächst der Eminence Delta 15b, vermutlich in einer Normschallwand eingebaut gemessen.
Darunter die Normkurve des Jensen C15K:
Vergleicht man die Frequenzgangkurven dieser beiden Typen, dann ist zu ersehen, dass der Jensen eine deutliche Zurückhaltung im Grundtonbereich aufweist, zu erkennen an der breiten und ausgeprägten Senke, die im Bereich um 400 Hz ungefähr -5db aufweist, die beim Delta nicht vorliegt. Dieser scheint hier ausgewogener im Gesamtbild und ohne Zurückhaltung im Grundtonbereich.
Verschiedene Hochtöner präsentieren, wenn jeweils eingebaut in der gleichen Schallwand, ebenfalls sehr individuelle Amplitudenverläufe.
Will man nun zwei Lautsprecher in einem passiven Zwei-Wege-System miteinander kombinieren, so müssen die Eigenarten jedes verwendeten Chassis bei der Auslegung des Filters Berücksichtigung finden, sofern ein möglichst gleichmäßiger und glatter Amplitudenverlauf über das gesamte Wiedergabespektrum erreicht werden soll.
Das hat zur Folge, dass bei jeder individuellen Kombination von TT und HT auch eine individuelle Frequenzweiche entwickelt werden muss, damit das Ziel einer bestimmten Trennfrequenz und eines in der Summe möglichst glatten Amplitudenverlaufs erreicht werden kann. Klar, man kann ein Filter nach Tabellendaten und ausgerichtet an der nominellen Impedanz der Speaker (4, 8 16 Ohm) aufbauen. Ein gutes Ergebnis unter Hifi-Gesichtspunkten wäre dann aber oft einfach nur Zufall.
Soll nun ein bestimmter Tieftöner in einem spezifischen Einbauzustand einen Schalldruckabfall an einer angestrebten Trennfrequenz, hier 800 Hz mit einer angestrebten Flankensteilheit als Resultat der Filterwirkung, zum Beispiel Dämpfung 12 db pro Oktave (i.d.R. bei Filtern zweiter Ordnung) an den Tag legen, dann sollte das Filter aus den genannten Gründen individuell konstruiert werden.
Neben den spezifischen Wiedergabeeigenschaften /Frequenzverläufen der verwendeten Chassis ist u.a. auch der Wirkungsgrad von Bedeutung. Darüber hinaus spielen besonders beim TT auch die Lage der Resonanzfrequenz und die Auswirkungen des Einbauvolumens auf diese eine wichtige Rolle. Die Resonanzfrequenz und deren Güte wird durch das verwendete Volumen und das Bauprinzip einer Box beeinflusst.
Umgekehrt vorzugehen, also den Speaker passend zu bereits vorhandenem Gehäuse und Frequenzweiche zu suchen ist deshalb wesentlich schwieriger und wird im Hifi-Bereich eigentlich m.W. so gut wie gar nicht gemacht.
Hier scheinen allerdings TT und Hochtontreiber diskutiert worden zu sein, die sich als Alternative zur Originalbestückung gut eignen, das heißt, man könnte sie u.U. tatsächlich im Leslie 1:1 tauschen und am unveränderten Filternetzwerk betreiben, ohne große Abstriche machen zu müssen.
Deshalb wäre es interessant zu erfahren, ob hier im Forum schon einmal jemand Lautsprechermessungen am Leslie angestellt hat und ob ggf. bereits Erfahrungen vorliegen, dass man bestimmte Chassis tatsächlich guten Gewissens ohne Anpassung der Frequenzweiche verwenden und kombinieren kann.
Stehen grafisch darstellbare gemessene Amplitudenverläufe im eingebauten Zustand und unter Einbeziehung der passiven 800 Hz Frequenzweiche für die klassischen Chassis Jensen C15L und V21 zur Verfügung?
Zumindest Einzelmessungen der verwendeten Treiber im eingebauten Zustand wären doch sicher intressant und vielleicht aufschlussreich! Ich will gerne mal versuchen, ob ich zumindest Einzelmessungen der original verbauten HT und TT machen kann. Allerdings wäre ich darauf gefasst, dass der in einem bestimmten Mikrofonabstand gemessene Frequenzgang eines V21, dessen Schalldruck durch das Trichterhorn und den Diffusor nach außen gestreut wird, chaotisch aussehen kann. U.u. lässt sich hier aus einer Messung auch gar keine Aussage ableiten. Außerdem wäre es schwierig, die gleichen Parameter (Messabstand, Messwinkel, Wiedergabelautstärke usw.) für die Messung mit einem anderen Chassis hinreichend exat zu reproduzieren.
Nicht zuletzt kann ich mir gut vorstellen, dass die verwendeten Originalchassis auch mit der originalen Frequenzweiche (Sollwerte) noch ein gewisses Eigenleben fern ab einer glatten Wiedergabekurve führen, was aber nicht unbedingt als Fehler zu bewerten wäre, sondern möglicherweise als ein Faktor, der zum Klangcharakter der klassischen Röhrenleslies beiträgt.
In jedem Fall ist damit zu rechnen, dass der Umstieg auf passiv angesteuerte
Alternativtreiber neben anderen Eigenschaften wie Wirkungsgrad und max. Leistungsaufnahme auch den
Klangcharakter stark beeinflussen. Dies könnte durch eine spezifische Anpassung der passiven Filter zumindest teilweise kompensiert werden, wenn das beabsichtigt wird. Die Trennfrequenz von 800 Hz liegt im TT-Zweig mit dem 15“ Chassis tendenziell schon hoch, da wie an anderer Stelle bereits erwähnt, neben dem Grundtonbereich auch eine deutliche Portion Mitten vom 15er mit übernommen werden müssen und andererseits für den (sogenannten) Hochtöner recht tief, da er bis 800 Hz hinab arbeiten muss. Die Übernahmefrequenz liegt mit 800 Hz zudem in einem hörsensiblen Bereich, das heißt unser Ohr reagiert hier sensibel auf Klangverfärbungen.
Schöne Grüße aus Hessen
C3Man