Nun, dann reihe ich mich auch mal in den Zunft der Martin-Besitzer ein. Dem aufmerksamen Leser wird ja mein mehr oder weniger spannender, aber doch recht kurzer Weg (siehe anderer Thread) dorthin nicht entgangen sein, deswegen kann ich hier zusammenfassend sagen, dass mich von allen angespielten Gitarren, speziell von den Martins (das waren angefangen mit der DX1AE über die D-16RGT, D-16GT, DC-16GTE, der D-18, die D-28, die HD-28 Retro, eine gebrauchte HD-28V schließlich meine jetzige HD-28 am meisten überzeugt hat. Interessanterweise hing die HD-28 zwar schon seit Beginn meiner Reise an Ort und Stelle, ich hatte sie aber zugegebenermaßen völlig übersehen, was sicherlich auch daran liegt, dass sie doch bis auf das dezente Herringbone-Binding eine eher recht unaufdringliche Erscheinung ist. Da machte bspw. die D-16RGT vergleichsweise eher auf sich aufmerksam, hat sie doch zum einen ein leuchtend weißes Bindung am Korpus und zum anderen zieht sich das weiße Binding auch um das Griffbrett. Gerade die Umrahmung des Griffbretts gefiel mir tatsächlich sehr gut.
Interessant und lehrreich war für mich auch, dass man bei jedem neuen Antesten derselben oder anderer Martin-Gitarren immer wieder neue Details entdeckt - im Sinne von fühlt und hört. So ging es mir z.B. bei der D-18, die anfangs nach meinem Empfinden gegenüber der D-16RGT das Nachsehen hatte, aber nach neuerlichem Spielen irgendwie ein runderes, detaillierteres Klangbild entwickelte. Sie klang irgendwie "leichtfüßiger", im Sinne von schnellerer Ansprache und direkter, quasi als ob man einen Vorhang wegzieht. Gerade bei offenen Akkorden oder Fingerpickings. Ich kann es nicht so richtig beschreiben. Allerdings muss ich der Vollständigkeit halber noch erwähnen, dass der unglaublich freundliche Händler meines Vertrauens jeweils nur ein Modell jeder Baureihe vorrätig hatte und ich somit Unterschiede innerhalb einer Baureihe nicht ausmachen konnte.
Eine weitere, für mich letzten Endes ausschlaggebende Erfahrung war die, dass ich die Instrumente meiner Begierde mit nach Hause nehmen durfte. Da hatte ich also die ein oder andere Taylor und die Martin D-16RGT jeweils getrennt voneinander zuhause. Wo ich anfangs begeistert von der Brillanz und "Mittigkeit" der Taylor-Gitarren war, fehlte es mir irgendwie und irgendwann zu Hause an diesem sonoren, volumigen Grundcharakter der Martin. Ich bin aber nach wie vor davon überzeugt, dass die Taylors sogar die besseren Bühnengitarren sind. Ich kann es zwar nicht erklären, vermute aber, es liegt an der Präsenz, die sie z.B. beim Strumming zeigen und im Bandgefüge, noch dazu auf der Bühne diese ausgemachten Details vielleicht ohnehin untergehen. Vielleicht liegt es aber auch nur an den metallisch klingenden Elixier-Saiten. Wer weiß. Da ich aktuell aber weder in einer Band spiele (Schon seit gut 16 Jahren nicht mehr. In der Zeit war ich Keyboarder - mit klassischer Klavierausbildung und nur hin und wieder mal Aushilfsgitarrist ;-) ), noch mich gegen eine Fülle von Instrumenten durchsetzen muss, sondern vielmehr eher zu Hause auf der Couch oder unter Freunden oder auf der Weihnachtsfeier meines Sportvereins spiele und singe, kommt es mir persönlich eher auf die tollen Feinheiten der Martins an, wobei ich schon sehr stark auf der Suche nach einer "mittig klingenden" Martin war. Auch das kann ich nach wie vor nicht richtig beschreiben.
Den entscheidenden Schlusspunkt setzte dann aber gewissermaßen meine Tochter, die zu Hause am Klavier "House Of The Rising Sun" geübt hat und ich sozusagen als 6/8-Metronom herhalten musste, was ich freilich mit der D-16RGT und tags darauf auch mit der Taylor 210E und der 320E gemacht habe. Die Akkorde habe ich einfach nur im Takt gezupft. Und da berührte mich die D-16RGT mehr als die Taylors. Also ging die Suche - nicht zuletzt wegen der Hinweise hier im Forum - im Pool der Martins weiter, worauf ich tatsächlich die gebrauchte HD-28V in die Händ bekam. Zugegeben, sie lag außerhalb meiner persönlichen Kosten-/Nutzengrenze, allerdings kam diese aufblühende und nicht enden wollende Emotion bei anderen Martins nicht derart auf. Sie stand aber leider nicht zum Verkauf, aber auf Nachfrage nach einer Alternative zeigte mir der Freundliche dann schließlich meine jetzige HD-28, die zwar nicht dieses (fast unheimlich) druckvolle und außerordentliche Ansprechverhalten wie die offenbar gut eingespielte HD-28V hatte, aber in allen Belangen sehr nah dran und für mich im indirekten Vergleich vermutlich ohnehin nicht wahrnehmbar ist.
Gut, lasst uns Bilder sprechen. Sorry, nicht gerade hochprofessionell, für den ersten Eindruck hoffentlich ausreichend.
Keine Vorstellung ohne weitere Fragen. Deshalb nachfolgend noch ein paar mich noch bewegende Dinge:
Ich fände es äußerst schade, wenn die HD-28 die überwiegende Zeit im Koffer wohnen muss. Ich kann sie leider nur selten nutzen, möchte sie aber zumindest regelmäßig sehen. Irgendwo meine ich gelesen zu haben, dass die HD-28 aufgrund ihrer Beleistung (und des dünneren Materials/Steifigkeit, zumindest im Vergleich zur D-28) empfindlicher auf Temperaturschwankungen und Luftfeuchtigkeitsunterschiede reagiert. Damit muss ich bei mir rechnen, weil sie im Wohnzimmer steht und hier doch zwischen Sommer/Winter, Lüften/Heizen, teils winterlich abendlich mit Kamin doch sehr starke und abrupte Schwankungen zu erwarten sind. Meine Sigma und meine Cort lagern/lagerten auch unter diesen Bedingungen, aber es handelte sich jeweils "nur" um teilmassive Instrumente. Der Händler meinte, ich müsse mir da keine Sorgen machen. Schließlich hängen sie bei ihm wie bei fast jedem anderen Händler auch über längere Zeit an der Wand. Braucht die HD-28 da mehr Aufmerksamkeit und behutsamen Umgang?
Des Weiteren würde ich sie gerne mit so einem Wandhalter an die Wand hängen. Natürlich mit ausreichend Abstand zur Wand und idealerweise an eine durchtemperpierte Innenwand. Spricht da was dagegen?
Was mich irritiert, die HD-28 wurde laut Seriennummer 2010 gefertigt. Der Händler meint, sie hing bei ihm noch nicht so lange. Die Original-Garantiekarte von AMI ist noch unausgefüllt, ein Importdatum oder ähnliches kann ich leider nicht finden. Ging es dafür eine Erklärung? Immerhin ist sie demnach schon fünf Jahre alt. Nicht, dass ich das jetzt hinderlich finde - im Gegenteil, wie ich erfahren durfte. Aber interessant ist der Sachverhalt für mich schon.
Nach meinem Empfinden könnte die Saitenlage noch tiefer eingestellt werden, als man sie mir jetzt schon eingestellt hat (Stegeinlage wurden runtergefeilt). Ich bin nicht so der Typ, der so richtig "reinhaut", deswegen mache ich mir wegen des Schnarrens keine außergewöhnlichen Sorgen. Gibt es speziell bei der HD-28 Erfahrungen bzgl. - sagen wir mal - einer Untergrenze des Sinnvollen? Ich habe im Laden einige Modelle, speziell von "Fingerstylern" angetestet, die sich wirklich wie Butter spielten, gerade was Barré-Griffe anging. Manche sagen wohl dazu "E-Gitarren-artig". Also bitte noch falsch verstehen, ich weiß schon, dass je tiefer die Saitenlage eingestellt ist, umso geringer ist auch der Dynamikumfang gerade beim Strumming und umso höher das Risiko, dass was scharrt. Aber wirkt sich eine tiefere Saitenlage auch noch auf was Anderes als den Dynamikumfang aus? So aus dem Stegreif würde ich sagen, dass mir da keine weiteren Nachteile einfielen.
Einen schönen Sonntag noch und alles Gute,
Pascal