Dass ist doch hoffentlich nicht Dein Ernst, oder?
Das ist mein ernst. Es macht Unterschiede, ich habe es selber auch schon probiert. Man bekommt natürlich keinen neuen Pickup, es ist eher so, dass man noch etwas "tweaken" kann.
Bei meinem DiMarzio SDS-1 habe ich mal die Madenschrauben mit konkaven Hexkopf gegen kürzere mit konvexem Schlitzkopf getauscht. Da war sogar ein deutlicher Unterschied zu hören. Der SDS-1 hat wie z.B. die "billigen" Singlecoils aus den Fender Mexiko Standard-Modellen zwei kleine Spacermagnete unter dem Bobbin. Dadurch, dass die Schrauben kürzer waren, und nicht vollen Kontakt zum Magneten hatten, war der Output auch etwas geringer. Der Sound wurde insgesamt etwas wärmer.
Bei Häussel-HBs ist es z.B. oft so, dass in der Baseplate keine Löcher für die Schrauben sind. Normalerweise kennt man es so, dass die Schrauben durch die Baseplate gehen. Beim Häussel Vin+ sind sie aber nicht länger als der Aufbau Bobbin und Magnet. Längere Schrauben verstärken etwas die Bässe. Der Häussel Vin+ klingt sehr ausgeprägt in den Höhen, mit etwas schlankerem Bassbereich.
Wenn ein PU also etwas zu sehr mit Bässen gesegnet ist, kann man einfach mal kürzere Schrauben testen. Bei Hexköpfen ist das Magnetfeld etwas konkaver. Der abgenommene Bereich streut nicht so weit, der Sound wird etwas artikulierter und fokussierter als bei konvexen Schlitzköpfen. Ein sehr beliebter Mod ist es auch, die Schrauben der drei Basssaiten auszutauschen, um diese Saiten etwas "tighter" zu machen. Seymour Duncan hat beim SH-8 Invader nicht nur weil es so toll aussieht die Schrauben mit den dicken Köpfen verbaut. Da steckt schon mehr dahinter.
Bei Bareknuckle ist mir z.B. aufgefallen, dass die Schrauben vom Holy Diver einen etwas anderen Kopf haben, als die des Mule. Ob das nun so ist, weil gerade keinen anderen Schrauben vorhanden waren oder so gewollt, wird wohl das Geheimnis der Firma bleiben. Es kann aber gut sein, dass Tim Mills sich etwas dabei gedacht hat.
Selbst das Material der Baseplate spielt eine Rolle in der gesamten Konstruktion. Bei Seymour Duncan findet man oft Bodenplatten aus Nickel, DiMarzio benutzt oft, aber nicht immer Messing. Mit Messing wird der Sound etwas wärmer. Bei asiatischen Humbuckern kommt auch oft Messing zum Einsatz, dort allerdings aus Kostengründen.
Ein PU ist nicht nur einfach Draht, der auf Spulen gewickelt ist plus Magnet.
Bei Magneten gibt es auch unterschiedliche Ausführungen. Es gibt z.B. glatt polierte oder welche mit rauen Oberflächen. Die mit den rauen Oberflächen klingen ein wenig "runder" in den Höhen.
Das sind alles kleine Faktoren, die allerdings einen Teil zum Gesamtsound beitragen. Richtig miteinander kombiniert, kommt da ein toller Pickup raus. Auf der anderen Seite ist es auch von Vorteil, dass man selber auf diese Faktoren Einfluss nehmen kann, ohne gleich den Pickup zu tauschen oder ihn neu wickeln zu lassen. Ich habe schon so einige Pickups, die ich okay oder ganz gut fand, mit dem Tausch von Schrauben und/oder Magneten so hin gebogen, dass sie mir am Ende richtig gut gefallen haben.
Bei einem Boutique-Wickler oder einer "Marke", die ein gutes Serienprodukt auf den Markt bringen möchte, wird bestimmt mehr Wert auf solche Details gelegt, als bei einem großen OEM-Hersteller, der jeden Tag tausende Pickups vom Band wirft und diese dann für 10€ bei Ebay vertickt. Da steht dann einfach nur Singlecoil oder Humbucker in der Produktbeschreibung, aber was das Teil überhaupt für Specs hat oder wie es die Gitarre zum klingen bringen soll, weiß der Hersteller wahrscheinlich selber nicht. Da wird dann einfach ein bekanntes Design halbherzig kopiert und mit den Teilen zusammengebaut, die gerade da sind. Ende der 50er soll angeblich ein bekannter Gitarrenhersteller auch alles verbaut haben, was nicht bei drei auf den Bäumen war...
Seymour Duncan und DiMarzio waren anfangs auch nichts anderes als Boutiquewickler und haben den Markt für Austauschpickups überhaupt erst auf den Weg gebracht. Bei Seymour Duncan gibt es immer noch einen Customshop, der einem fast alle Wünsche erfüllt. Keine Ahnung, wie das bei DiMarzio gehandhabt wird. Die Serienprodukte sind eigentlich auch nichts anderes, als "Boutique-Designs", die später in Masse gefertigt wurden. Manche behaupten auch, dass die von Marciella Juarez gewickelten Pickups noch etwas "besser" klingen sollen, als die Serienpendants. Das habe ich noch nicht getestet.
Hätte Larry DiMarzio 1972 nicht den Super Distortion auf den Markt gebracht, ein Design, dass sich von den damals üblichen OEM-Modellen der Hersteller unterschieden hat (mit 13K, zwei Reihen an Hexschrauben und dickem Keramikmagneten schon etwas anderes als PAF, T-Top und Co.), würden wir wahrscheinlich immer noch die "Ersatzteile" direkt vom Hersteller beziehen. Wenn der alte PAF von 1959 hin gewesen wäre, hätte man dann von Gibson einen schnöden Classic '57 oder Burstbucker als Ausgleich bekommen.
So gesehen kann man Boutiquewickler auch als so etwas wie Vorreiter oder -denker sehen. Es gibt natürlich unzählige an Ein-Mann-Betrieben, die möglichst gute und genaue Kopien von alten, beliebten PUs herstellen möchten. In den USA hat doch gefühlt jedes zweite Kuhkaff mit unbefestigten Straßen jemanden, der "den" PAF herstellt.
Auf der anderen Seite haben wir aber auch die Pioniere wie Seymour Duncan oder Larry DiMarzio, die versucht haben etwas neues zu entwickeln oder vorhandenes zu verbessern. Dazu kommen dann noch die PU-Entwickler, die ihre Designs in Fernost herstellen lassen. Entwistle Pickups gehören z.B. dazu. Hergestellt wird AFAIK bei Artec in Südkorea, die Entwicklungsarbeit wird aber in England gemacht. Da sind einige tolle Modelle dabei, z.B. Humbucker und Singlecoils mit Neodym-Magneten oder Humbucker, die Alnico- und Keramikmagnete mischen. Bei solchen Firmen fehlt dann leider immer etwas das Mojo, weshalb sie wohl nie so erfolgreich oder berühmt werden wie z.B. Bareknuckle Pickups.