Meiner ist nun auch da (als Combo).
Erster Eindruck: Klingt tendenziell straff und (noch?) etwas steif. Und immer ein wenig danach, der Tiefmittigkeit einer 4 x 12 nachzueifern. Das Ganze aber offenbar mit Ziel ... denn
.. dies geschieht vor dem Hintergrund, dass der HT5 selbst bei kleinsten Lautstärken nicht wie ein Eierschneider oder "Wichwasch-mach-alles-Einheitsbrei" daherkommt, sondern irgendwie rund und groß und sehr direkt im Ton. Und genau das hatte er ja versprochen. Irgendwie ein ungewohntes Gefühl, weil ich das von anderen Home-Amps so nicht kenne. Die sind bei Flüsterlautstärken eher dünn und fipselig oder undynamisch oder beides oder sind im unteren Lautstärkebereich klanglich unbefriedigend einstellbar.
Abgesehen davon, dass die Stellung der Potiknöpfe sehr schlecht zu erkennen ist, lohnt eine genaue Auseinandersetzung mit dem Tonreglern. Die reagieren nämlich ziemlich anders und besser, als ich das so kenne. Besonders auffällig ist das beim
Höhenregler: Der macht beim Runterdrehen nicht einfach dumpf, wie man das meistens kennt, sondern filtert offenbar nur einen bestimmten Anteil an Spitzen raus, während andere gitarrentypische Anteile, die noch Tondurchsatz erlauben, deutlich erhalten bleiben.
Beispiel: Strat/Singlecoils Stellung 2 Neck/Mitte. Das wird im Clean-Channel wunderbar "jazzig" mit folgender Einstellung:
Vol 10 Uhr (Schlafzimmerlautstärke) , Bass und Mitten 12 Uhr, Höhen 8(!) Uhr, ISF 12 Uhr. Trotz der extrem niedrigen Stellung des Höhenreglers kommt noch wunderbar jede kleine Nuance des Anschlags (wer's kann: auch mal Finger statt Plek nehmen) und der Fingerbewegungen auf dem Griffbrett raus. Unsauberkeiten im Spiel werden folglich auch nicht vertuscht sondern gnadenlos übertragen. So klar und direkt wie das halt auch ist, wenn man einen "großen" cleanen Amp schön aufdreht.
Auch für viele andere Soundeinstellungen ist meine erste Erfahrung: Bei diesem Amp keine Angst vor dem Runterdrehen des Höhenreglers haben. Er macht nicht dumpf, sondern nur den Ton runder und etwas weicher.
Auch der Mittenregler verdient verstärkt Beachtung: Von dem ist hörbar die Wirkung des ISF-Reglers mit abhängig. Bis 12 Uhr bei den Mitten übernimmt der ISF sehr hörbar die Kontrolle über den weiteren Mittencharakter von klarer (US) bis "bauchiger" (britisch). Je weiter die Mitten aufgedreht sind, umso mehr überlagern Sie den Arbeitspunkt des ISF-Reglers.
Kurzum: Sehr spannend, der HT5 - vor allem, wenn man sich wirklich darauf einlässt, dass es kein beliebiger Brüllwürfel sein soll sondern für das Wohnzimmer ein Simulant dessen, was sozusagen typisch für eine lautere Röhrenverstärkung ist: Sehr direkt, straff, groß mit klarer Definition.
Ohrmäßig umgewöhnen muss ich mich noch daran, dass dies bei einer Lautstärke möglich ist, die nicht den ganzen Raum mit Schallwelle und Gehördruck ausfüllt. Es ist ein ungewohntes Gefühl, diese Tonsättigung ohne den sonst dabei gewohnten körperlichen Aspekt zu erleben. Also eher so, als würde man eine gute Aufnahme seines lauten Amps über gute Monitore bei leiser Lautstärke abhören.
Vor einigen Jahren hätte ich diesen Amp noch nicht gebraucht. Da hatte ich sehr viele Bandproben und mein Spielgefühl und Spielechnik waren deshalb ständig auf die Ehrlichkeit guter Amps "geeicht". Durch viel weniger Proben und viel mehr Vorbereitung zuhause war das gekippt: Ich stellte mich mehr und mehr zuhause auf den Sound von kleineren Amps oder Modellern ein und musste mich jedesmal im Ü-Raum an die Direktheit meiner Röhrenamps erst wieder heranarbeiten, Unsauberkeiten ausmerzen, selbst mehr für den Ton sorgen usw.
Der HT verlangt mir nun auch bei geringsten Lautstärken viel mehr in diese Richtung ab, weil er nichts beschönigt, vertuscht oder leichter zum Klingen zu bringen lässt, als es in der Praxis (Band, Volumen, gute Amps, klare Spiel- und Soundvorstellngen) letztlich ist. Das steht für mich nach kurzer Zeit schon mal klar fest, da ich nahezu Dutzende von Varianten mit Modellern, Modelling-Amps, Transenamps, Röhreamps, Powersoaks, Effektgeräten, Speakersimulatoren und Software zuhause schon probiert habe.
Erstes Fazit also: Die Konstrukteure dieses Amps waren ganz offensichtlich mit wachen Ohren dabei und haben das Ziel, Hörerfahrung und Spielfeel mit Röhrenamps technisch auf Zimmerlautstärke zu bringen, ziemlich gut umgesetzt. Ich wäre überrascht, wenn nicht Blackstar selbst oder andere Firmen diesen gelungenen Ansatz in Zukunft mit weiteren Modellen weitertreiben würden. Evtl. durch noch raffiniertere Schaltungen ein noch breiteres Spektrum hinbekämen.