Hallo liebe Mitnüßchen,
dieser Thread ähnlich ein bisschen diesem hier(
https://www.musiker-board.de/thread...itarrenverstaerker.736038/page-4#post-9418518), nur dass die Perspektive eine andere ist.
Ich spiele jetzt schon seit 21 Jahren E-Gitarre und habe sehr viele Gitarren und Verstärker angehäuft. Gekauft habe ich, weil ich dachte, dass ich an meinem Sound noch etwas verändern kann durch anderes Equipment. Ich erspare Euch jetzt die Details dieser nicht uninteressanten Reise aber hier sind meine Schlüsse.
1. Amps spielen kaum eine Rolle wenn man ich mir meinen Sound einstelle. Das gilt natürlich nur in gewissen Grenzen. Ich habe Jahrelang gespart im mir endlich einen Bogner XTC anniversary leisten zu können. Der Amp ist sicher auch gut aber der JVM den ich mir irgendwann mal gekauft habe kann das alles auch. Der JVM kann, wenn ich ehrlich bin meinen ENGL Special Edition, meinen 6505+ und meinen XTC ersetzen ohne, dass ich dabei relevante Klangeinbußen bekäme. Es kann sein, das mir persönlich hier oder da ein Quäntchen von irgendetwas fehlt. In einem Recording oder gar in einem Mix könnte ich die Amps selbst nicht auseinander halten.
2. Gitarrenhölzer spielen kaum eine Rolle. Ich habe 5 oder 6 JP Modelle und 5 Majesties. Alle sind mit verschiedenen Hölzern gebaut. Teilweise sogar gekammert. Mit ein bisschen Korrektur am EQ klingt alles immer gleich. Versteht mich nicht falsch. Ich will ja genau so klingen.
3. Der Effekt von Gitarrenkontruktionen ist minimal. Ich habe ein Gibson LP und eine Strat sowie Neckthrough Gitarren und Bolt-On, solid bodies und gekammerte. Der größe Unterschied ist natürlich zwischen der LP und der Strat. Aber wenn es um einen RythmSound geht kann man beide mit ein bisschen Arbeit am Eq und vielleicht etwas Boost und Noise-Gate in eine sehr ähnliche Richtung bekommen. Normalerweise bekommt man eine Strat eher Richtung LP. Aber meine LP hat eine split Schaltung für die PUs sodass es auch in die andere Richtung geht. Jetzt zu den Neckthough-designs. Die Majesties ähneln den JP Modellen sehr mit dem Unterschied der Halskonstruktion. Hier gibt es keinen klanglichen Unterschied oder im Praxisaltag relevant unterschiedliches Sustain. Was auffällt ist, dass bei das Feedback bei unterschiedlichen gegriffenen Tönen kommt. Bei den Jps ist das z.b. der 10. Bund auf der h-Saite der schnell vom gegriffenen Ton in ein Feedback übergeht, was sehr geil klingt. Bei der Majesty ist es der 11. Bund auf der g-Saite. Aber das sind nur geringfügige Unterschiede. Bei einem Rhympart kann man die Gitarren nicht auseinander halten. Auch 24 Bünde vs. 22 Bünde ist nicht sehr relevant. In der Theorie ändert sich das Frequenzspektum abhängig von der Position des Tonabnehmers entlang der Saite sowie wie der gleiche Pickup in der Neckposition ein anderes Klangbild erzeugt wie in der Bridgeposition. Bei 22 Bünden kann der NeckPU da positioniert werden wo bei 24Bünden der 23 und 24 Bund wären. Theoretisch kann das den Klang ändern. Auch hier merke ich aber keinen Unterschied.
4. Fanned Frets ändern nichts am Klang. TrueTemperament klingt clean zwar ganz schön lässt sich aber letztlich auch nicht klanglich ab. Nullbund spielt ebenfalls keine Rolle.
5. Mit digitalen Lösungen kann man eigentlich auch immer alles gut hinbekommen, dass es anständig klingt. Habe allerdings noch nie eine Lösung gehabt die mir klanglich so richtig gut gefallen hat. Im Mix ist es für mich auch nicht zu unterscheiden.
6. Ich habe zahllose Overdrive- und DistortionPedale gekauft und habe alle behalten. Wenn man die Pedale nicht im Clean-Modus benutzt sondern mit einem Zerrkanal oder womöglich in Kombination mit einem anderen OD oder Dist Pedal kann man die meisten von denen wirklich gegeneinander austauschen. Im RyhtmKanal klingt ein SD1 nicht relevant anders als ein BD2 wenn man an den Einstellungen zu schraubt, dass sie gleich klingen. Natürlich ist es so, dass zwei Pedale ohne weitere Modifikation am Pedal oder am Amp-Eq immer etwas anders klingen. Das gilt sogar für baugleiche. Das liegt an den Varianzen der Potis. Korrigiert man das, dann passt es überraschend oft sehr gut.
Zahlreiche Dinge spielen meiner Meinung nach ebenfalls keine Rolle die ich jetzt nicht aufgezählt habe. Was spielt dann eigentlich eine Rolle?
1. Auf jeden Fall die Anzahl der Saiten(7 oder 8 macht schon einen Unterschied).
2. Fehler oder Probleme auf dem Pedalboard. Ich hatte einige Tonsucker, die sich ungünstig gegenseitig verstärkt haben: NS2 und Bad Horsie 1. Das NS2 beschneidet Höhen und das Bad Horsie hebt tiefe Bässe an(klingt wie ein Hauchen) und erhöht SpeakerHub. Das war insbesondere mit dem Engl ein Problem, weil dieser Amp so viele Bassreserven hat und keinen Resonance-Regler. Daher musste ich die Bässe immer komplett rausdrehen um das zu kompensieren. Auch kaputte Kabel sind eine relevante Fehlerquelle.
3. Speaker sollen sehr großen Einfluss auf den Sound haben. Das habe ich allerdings selbst noch nicht ausprobiert. Daher steht das noch auf meiner Liste was die lange Reise durch das Gitarrenequipment betrifft.
Unterm Strich muss ich sagen, dass ich meinen Sound mit vielen verschiedenen Gitarren und vielen verschiedenen Amps fast genau und immer gleich treffen kann. Alles was es erfordert ist das Auseinandersetzen mit dem Material. Der Ton kommt meiner Meinung nach nicht nur aus den Fingern sondern auch aus dem Umgang mit dem Setup und wie gut man sein Equipment kennt und alle Komponenten einstellen kann.
Kann man meine Erfahrungen generalisieren? Nein, natürlich geht das nicht uneingeschränkt.
Ich spiele hauptsächlich stark verzerrt. Für clean spielende Gitarristen können viele Aspekte anders sein. Dazu kommt noch der Geschmack über den man ja bekanntlich nicht streiten kann.
Warum schreibe ich so unpopuläre Dinge? Ganz einfach. Ich hätte das gerne gewusst bevor ich mir die ganzen Sachen gekauft habe. Natürlich hat das auch viel Spaß gemacht. Das kennen wir doch alle! Man recherchiert im Internet über Details, welcher Chip ist im Pedal? Man schaut unzählige Reviews auf YT. Fährt in Läden und schaut es sich an und testet. Am Ende nimmt man es sich mit nach Hause oder der Paketbote bringt es. Es ist immernoch eine phenomenal schöne Erfahrung. Dann kommt das auspacken und die Gerüche dabei. Oder das Gefühl wenn man dann die Gitarre oder das Equipment zum ersten Mal in Echt sieht. Das sind schon alles schöne Erfahrungen. Ich komme zu dem Schluss, dass das Erwerben und alles was dazu gehört, vielleicht auch das Wiederverkaufen ein Teil des Hobbies ist. Ich bin mir mittlerweile relativ sicher, dass eine einzige Gitarre und eine einzige Verstärkerlösung ausreichend sind. Damit möchte ich niemandem seine Boutique-Sachen madig reden. Ich habe ja selbst den XTC oder Vemuram Pedale oder einen King of Tone. Ich bekomme meinen Sound aber auch ohne oder mit viel günstigeren Sachen genauso gut hin. Um das zu wissen musste ich erst alles kaufen. Man kann diese Erfahrung nicht so leicht machen, wenn man die Dinge schnell wieder verkauft oder im Laden testet. Ich lasse meine Amps alle über eine Box laufen und kann per Knopfdruck wechseln. Die Box ist mit Mics abgenommen und ich höre im Kontrollraum nur das Mic-Signal. Im Laden kann man das auch tun, z.B. bei Musik-Produktiv. Allerdings hört man dort die abgenommene Box. Jeder von uns weiß wie anders eine Box klingt wenn man da nur einen kleinen Schritt nach links oder rechts macht. Da dann zwei Verstärker in Ruhe einstellen, bis man merkt dass beide gleich klingen können ist ziemlich schwer. Wenn man etwas erstmal neu erworben hat, dann hat man in der Regel ein paar Jahre eine rosarote Brille auf und findet es ganz toll. Oft erst nach Jahren kann man da ehrlich zu sich sein oder? Ich schreibe das für all die Jungen da draußen, falls es hier im Forum überhaupt noch junge Menschen gibt und falls junge Menschen überhaupt noch Gitarre spielen wollen. Ihr braucht kein teures Equipment! All jenen, die das nicht glauben, sage ich viel Spaß auf dieser schönen Reise durch die GearJungle und das spannende Abenteuer; ich habe schließlich das gleiche gemacht und es war schön. All diejenigen, die exklusives und teures Gear erworben haben und damit endlich ihren Traumsound erreichen konnten sage ich Glückwunsch und freue mich ehrlich für Euch!
Ich wünsche allen einen schönen Sonntag!
Grüße J