Mit 16 Voicecards wirst du bei einer multitimbralen Workstation nicht auskommen. 24 oder 32 klingen da schon realistischer, speziell dann, wenn man mehrere polyphone Sounds fährt (Akkorde, Releasefahnen) - 32 bis 48, wenn es auch einen Drumpart gibt, weil man möglicherweise pro Drumsound eine Voicecard braucht.
Jetzt muß man sich mal die Bestückung so einer Voicecard ansehen. 2-3 VCOs. Stabilisiert zwar, aber VCOs, also spannungsgesteuert. Noise Generator (White/Pink). 2 VCFs, um flexibel zu sein; wahlweise eine Filterspezialschaltung, die entweder als ein Vierpol-24 dB/Oktave-Filter oder als zwei separate Zweipol-12 dB/Oktave-Filter fungieren kann - nicht aber 24 dB/Oktave durch Reihenschaltung zweier ansonsten völlig separater 12 dB/Oktave-Filter. Mindestens eine Filterhüllkurve. VCA mit Verstärkerhüllkurve. 1-2 LFOs. Soundpuristen werden sich dann auch noch wünschen, daß so viel wie möglich, am besten alles, volldiskret aufgebaut ist, also keine integrierten Schaltkreise, sondern einzelne Widerstände, Transistoren, Kondensatoren etc., weil klingt besser.
Selbst heute noch wäre ein Analogsynthesizer mit 48 bis 144 VCOs heftig. Meines Wissens hatte die Yamaha GX-1 die meisten VCOs eines festverdrahteten (noch dazu diskreten) Analogsynthesizers, nämlich 36.
Ich versuche auch gerade, mir irgendwie vorzustellen, wie man das ohne Lüfter kühlen will, besonders wenn man keine ICs hat, auf denen man Kühlkörper anbringen könnte, die dann schwerer und raumgreifender wären als Yamahas Epoxidharz-Blöcke. Selbst der Elka Synthex mit acht Stimmen und DCOs hat einen Gehäuselüfter.
Effekte würde ich, wenn man schon mal dabei ist, so weit wie möglich analog halten. Wenn man 32 Drei-Oszillator-Voicecards hat, fällt ein Federhall beispielsweise nicht mehr ins Gewicht. Vielleicht könnte man auch Insertbuchsen à la Kurzweil K2000/K2500/K2600 vorsehen, dann kann man auch mal ein Tape Delay oder einen Smallstone einschleifen, hätte die aber nicht mit als Zusatzgewicht und Platzverbraucher im Gerät.
Was die Bedienung angeht, kann ich nur sagen: Die Voicecards brauchen Platz, folglich braucht der Synth ein großes Gehäuse, und das bringt eine Riesenbedienfläche mit sich. Jede Menge Endlosregler mit LED-Kränzen und gut. Damit hat man was Reales zum Anfassen und umgeht auch das Problem der Wertesprünge bzw. des eingeschränkten Regelwegs nach Soundaufruf. Display muß nur für ein paar Informationen sein, siehe Voyager.
Theoretisch wär so sogar eine Modularworkstation möglich, wenn man "modular" auf dem Niveau eines ARP 2600 oder Korg MS-20 nimmt und nicht auf dem von Bernies Moog-Wand oder eines G2. Gepatcht wird auf State-Zero-Art: Die Buchsen sind eigentlich nur zum Programmieren und führen keine CV, d. h. man steckt eine Verbindung, das wird gespeichert, und wenn man den Sound wieder aufruft, wird sie auch dann geschaltet, wenn kein Patchcord gesteckt ist. Man braucht nur einen Weg anzuzeigen, was gerade gepatcht ist, und diese Patches wieder aufzulösen. Nachteil: Man kann natürlich nicht seinen kleinen süßen™ Eurorack mit einpatchen. Jedenfalls nicht so, aber ein paar CV/Gate/Sync-Buchsen - hinten am Gerät oder an den "Modulen" selbst - könnte man ja trotzdem noch einbauen und je nach Klangprogramm zu- oder abschalten.
Wenn die CV/Gate-Buchsen nach hinten wandern könnten (Moog macht's ja selbst nicht anders) und nicht im Bedienfeld sitzen müssen, könnte man das Instrument sogar zweiteilen: Einmal hat man den an sich digital arbeitenden Spieltisch, und die ganze Klangerzeugung ist wie bei Fairlight oder Synclavier in ein separates Gehäuse ausgelagert, 19" oder so. Die könnte man vielleicht sogar kaskadieren und so mehr Stimmen einbauen, so etwa, eine Kiste hat 16 Voices. Papst-Lüfter vorne und hinten, dann ist das Teil schön leise gekühlt, vor allem über Gehäuseflächen, die im Rack nicht zugebaut werden. Und wie die Klangerzeugungskiste von vorne aussieht, ist ziemlich egal.
A propos Synclavier, Digital als Zusatzgimmick. Es gibt auch eine 19"-Kiste mit digitalen Sinusoszillatoren, die dann direkt an hochwertigen D/A-Wandlern sitzen und in FM miteinander verschaltet werden können. Denn außer den Oszillatoren ist wieder alles analog.
Martman