Moin,
Inzwischen kam mein Neuerwerb, d.h. der gebrauchte Fender Blues Junior.
Ein erster Blick ins Gerät ergab, aha, Cream Board. Sehr schön, das erspart ein paar ansonsten nötige Mods.
Ich möchte hier gar nicht lang und breit auf den Amp als solchen eingehen, sondern kurz meinen Vergleich und das Ergebnis beschreiben.
Hat man nämlich einen selbstgebauten Princeton-Reverb-Clone, dann liegt es natürlich nahe, zu vergleichen. Wobei: Mein Princeton-Reverb-Clone ist keine Referenz zu einem originalen Princeton-Reverb, um das ganz klar zu sagen.
Was kann / wie klingt mein mit ca. 1200,- Euro Materialwert selbstgebauter Amp mit 2x 6V6, PTP-Verdrahtung, langer Accutronics-Hallspirale, Sprague-Orange-Drops und Kohleschichtwiderständen, Jensen-Speaker gegenüber eines neu ca. halb so teuren Amps mit 2x EL84, PCB, eher "Noname"-Bauteilen, kurzer Hallspirale und einem Jensen-Special-Designed Speaker (tiefer als mein Jensen-Original und mit einem Magneten mit wesentlich größerem Durchmesser als der meines Originales) und eben so einem Gehäuse-Aufbauprinzip des Amps.
Ein Fender-Amp ist vorrangig für eine Strat gemacht. Also flugs den A/B-Umschalter hervorgegruschdelt, alles verkabelt, Strat(s) angeschlossen und gefiedelt.
Oha, wie nicht wirklich vermutet: die beiden Amps klingen fast gleich.
Ich konnte problemlos clean einen fast identisch klingenden Sound einstellen.
Der Blues Junior löst die einzelnen Saiten vielleicht nicht ganz so fein auf, wie der PR-Clone. Der Blues Junior kommt etwas voller und mittiger daher, das ist sicherlich dem Jensen geschuldet, der wohl eher in Richtung Eminence tönen möchte denn nach diesem fein auflösenden Jensen in meinem PR-Clone. Das war es aber auch schon. Ich hätte eigentlich diesen typischen, ich sage immer, glasigen, HiFi-Sound der EL84 erwartet - ist aber nicht.* Der PR-Clone bringt die Bässe voller, etwas feiner, das war es aber auch schon. Der Hall des Blues Junior ist dicht und typisch. Vielleicht bei Vollaufdrehen des Reverb-Reglers fehlt der "Endless"-Rest der langen Accutronics-Hallspirale, aber das nutze ich ohnehin nicht. Bei Zugabe eines kurz mitklingenden Halls ist kein Unterschied zu hören.
Gezerrt geht mein PR-Clone gefühlt satter, süßer in die Vollen. Aber auch der Blues Junior kommt gut daher. Er hat mehr Zerr-Reserven und kann daher das vielleicht einen Tick dünnere Zerren dadurch wieder ausgleichen. Hinzu kommt: Durch den Gain- und Master-Regler sind Crunch-Einstellungen feinfühliger erzielbar als bei meinem PR-Clone; hier ist es eher nur der Volume-Regler der Gitarre, der agieren muss.
Die Dynamik des Blues Junior ist vielleicht einen Tick geringer. Ber vollaufgedrehten Reglern rauscht es wie ein Wasserfall, das hat aber eh' keinen Sinn, da hier bei auch nur leicht angeschlagenen Saiten alles doch ziemlich dröhnt; wie übrigens aber auch bei meinem weniger rauschenden PR-Clone. Die Klangregelungen agieren unterschiedlich. Das ist aber klar, da ich den typischen Fender-Tonestack eingebaut habe, der bei entsprechender Stellung der Regler alles "zu" macht. Nichtsdestotrotz fungiert die Klangregelung des Blues Junior problemlos mit praktisch ausreichender Regelcharakteristik.
Ich möchte hier nur herausstellen, dass offenbar weniger die verwendeten Röhren und die verwendeten teuren Kleinbauteile, als eher das Gehäuse und der Speaker; sicherlich auch die verwendeten Übertrager weitaus mehr soundformend sind, als alles andere. Werde mir das überlegen, den Blues Junior überhaupt mit einer anderen Endstufen-Bestückung zu modden. Weil dann gehört auch der Speaker - als erstes - getauscht.
Die grackeligen Potis des Blues Junior sind unangenehm. Kein Vergleich zu den sahnig und schwer laufenden Potis im PR-Clone (ok, ich habe ja auch Alphas eingebaut). Fehlender Standby-Schalter? Geschenkt. Kein "Jewel-Light"? Wenn es sein muss, problemlos nachrüstbar.
Über einen Tweedbezug lässt es sich hingegen gern nachdenken.
Der Blues Junior ist angesichts seines Preises ein agiles und auch für Rock einsetzbares, modfreudiges Arbeitsgerät mit (vergleichsweise z.B. zu einem Blues Deluxe) eher modernem, denn wirklich typisch fenderesken Cleansound.
Gruß Michael
* Wie z.B. beim Laney VC15-110. Da liegen Welten zwischen, wenngleich der absolut nicht unangenehmt tönt - nur eben anders.