Hi,
ich spiele schon sehr lange einen BJ als Drittamp und kann eure Begeisterung ehrlich gesagt nicht teilen.
Ich finde, man merkt dem Amp deutlich an, dass er so am Markt positioniert ist, dass er Einsteiger ohne Erfahrung mit Röhrenamps ködern soll, die sich damit einen "richtigen Fender" leisten können. Aber andererseits sollen ja Fortgeschrittene und Profis noch einen Grund haben, die viel teureren Amps zu kaufen. Nur so kann ich mir so einige Ungereimtheiten beim BJ erklären, die eine Firma wie Fender schnell und ohne nennenswerte Mehrkosten abstellen könnte, was sie aber seit mehr als zehn Jahren nicht tut.
Wobei man zunächst mal unterscheiden sollte zwischen der alten Version mit der grünen Platine (USA) und der späteren cremefarbenen (Mexiko).
Erstere war einfach scheiße designed, es gibt Übersprechen zwischen Leitungen und kapazitive Probleme, die Kiste klingt im Vergleich zu "klassichen" Fenderamps dunkel und obenrum zu. BillM hat ein paar Ansätze, um das teilweise zu korrigieren, was sehr empfehlenswert ist. Weiterhin liegt bei der Version der Hall blödsinnig im Signalweg, was sich mit BillM´s mod aber auch leicht beheben lässt.
Die Mexikoversion (Cremeboard) hat zumindest diese Probleme nicht. Die US-Version kann ich für Gebrauchtkäufer deswegen eigentlich nur empfehlen, wenn man sich einige Mods selber zutraut. Die Verarbeitungsqualität ist übrigens bei beiden gleich, die Mexikoversion ist also klar vorzuziehen - bei ebay also nicht auf blumige Werbung á la "noch die originale, supidupi tollere USA-Version" reinfallen, genau die taugt nix. Die chinesische kenne ich nicht, evtl kann mal jemand Bilder vom Innenleben posten?
Weiterhin sollte man unterscheiden zwischen dem Standard-Speaker (Eminence mit Fenderlabel), der einfach nur ein pappiges, billiges Mistding ist, und den Versionen mit Jensen C12N (oft Tweedbezug), die klanglich eine ganz andere Klasse sind. Ich sehe die große Stärke des C12N aber deutlich bei cleanen und leicht angezerrten Sounds, für Leadsounds wäre das nicht mein Favorit. Warum Fender diesen Eminence verbaut, kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Er soll billig sein, gut, aber es gibt sicher andere billige Speaker, die besser mit dem Amp harmonieren.
Und ehrlich gesagt, wer mit einem Serien-BJ einen guten Metallsound hinzukriegen meint, hat noch keinen richtigen Metallamp gehört, zumindest nicht live, aus der Nähe, unter differenzierten Hörbedingungen und angemessener Lautstärke. Der Blues Jr hat, wenn man ihn entsprechend anbläst, nahezu keinen Headroom. Damit kann man evtl noch im Kinderzimmer Mutti beeindrucken, wenn man damit Metallica spielt, aber im Bandkontext geht man damit sang- und klanglos unter. Ich lasse mich da gerne vom Gegenteil überzeugen, aber nur mit Soundsample, mit "richtiger" Band und realistisch laut spielendem Drummer.
Ebenso ein Einsteigerköder ist meiner Meinung nach die ab Werk unsinnige Biaseinstellung: Die Endstufenröhren werden viel zu heiß gefahren, deutlich außerhalb der Toleranzen für die EL84 (und deutlich heißer, als bei den "teuren" Fenderamps). Das mag vordergründig "fetter" klingen und Röhrenampeinsteiger beeindrucken, aber es ist technisch Unfug, nimmt dem Amp noch mehr die Luft zum Atmen, die ihm eh schon etwas fehlt, und lässt die Endröhren deutlich schneller verschleißen, sorgt also ordentlich für Folgekosten. Aber auch dazu hat BillM einen Mod, der im einfachsten Fall darin besteht, einen Widerstand auszuwechseln. Wenigstens das sollte man meiner Meinung nach mit jedem Bj machen, und dazu das, was BillM großspurig den "Twinstack Mod" nennt: An der Rückseite des Middle-Potis den ersten und zweiten Anschluss verbinden. (Kann man ja einfach mit einem Krokokabel mal probieren) So kann man mit dem Regler die Mitten viel weiter zurücknehmen und dem Amp schon ein Stück weit den Charakter der quäkigen Kiste abnehmen.
Denn, sorry, das ist er in der Serienversion mit dem Eminence-Speaker. Ich habe einen leicht gemoddeten Carvin Vintage 33 mit EL-84 Endstufe und 1*12 (Eminence Red Fang), sowie einen Voc AC-15 (heritage collection) mit dem Celestion Blue Bulldog daneben stehen. Und im direkten Vergleich klingt der BJ einfach klein, gepresst, unten rum pappig und oben plärrig, er reagiert auf Anschläge eher hart und lebt nicht wirklich, das englische Wort "boxy" trifft es am besten. Und rauschen tut er auch zu sehr, aber dafür hat der gute BillM auch ein bisschen was parat.
Mit den ganzen Mods bin ich mit der Kiste recht zufrieden, aber mit den Kosten für einen neuen Speaker und der investierten Zeit, ist das kein günstiges Angebot mehr, da gibt es von anderen Herstellern deutlich bessere Amps für wenig Asche, an denen man nicht erst herumbasteln muss.
Wenn man nun einen Amp der Cremeboardversion mit dem Jensenspeaker auf dem Gebrauchtmarkt günstig ergattert, der evtl schon bessere Röhren als die Werksbestückung hat (JJ in der Endstufe mag er gerne und was schwächeres als die normale 12ax7 an V2), nur den Bias-Widerstand wechselt, den Twinstack-Mod macht und evtl ein Presence-Poti reinsetzt, kann man aber durchaus ein ziemliches Schnäppchen mit der Kiste machen, mit nur einer halben Stunde Bastelarbeit...
http://billmaudio.com/wp/
mfg, Immo
PS: Falls der Beitrag nun jemanden zum Basteln motiviert: Das kann tödlich sein, wenn man nicht weiß, was man tut. ZB sollte man in der Lage sein, die Elkos ordentlich zu entladen, sonst zwitschern einem da leicht einige Hundert Volt über die Fingerchen. Im Tube-Town Forum den Beitrag "Elkos entladen" suchen und bei BillM nachlesen, wo man beim BJ ansetzen muss!!!