So, jetzt aber. Getreu Olis Hinweis ("pics or it didn`t happen")^^ habe ich mir mein neustes Familienmitglied mal für Pics und ein Review zur gesamten Serie (so vollständig es mir möglich war) geschnappt.
Ibanez USA Custom American Master (UCMA)
Wie alles begann:
Ibanez / Hoshino USA fiel auf, dass in den 80er Jahren viele Konkurrenten ihre Instrumente erfolgreich als "Custom made" bewarben.
In einem 1986er Katalog von Jackson hieß es etwa: "We offer you an infinite variety of oppotunities to participate in the design of your instrument"
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Offensichtlich war diese Marketingidee erfolgreich.
Zunächst begann Ibanez daher, Gitarren aus japanischen Teilen in den USA zusammenzubauen und mit einer Halsplatte, die auf die USA hin deutete, zu verkaufen (540er Reihe).
Dann schließlich fiel die Entscheidung, unter Verwendung amerikanischer Hölzer sämtliche Gitarrenholzarbeiten direkt in den USA durchzuführen.
Da Hoshino USA noch über keine eigenen Fertigungswerkzeuge verfügte, kam es zu einer Zusammenarbeit mit einem der seinerzeit renommiertesten Gitarrenhersteller Californiens, Roger A. Gresco
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1989
[FONT=&][3][/FONT], nach anderen Angaben sogar erst 1990
[FONT=&][4][/FONT], konnte Ibanez so die erste "echte" in den USA gefertigte E-Gitarre vorstellen, die von Gresco gefertigte Ibanez American Master.
Diese Gitarren weisen einige Besonderheiten auf.
Zunächst ist der "topographic neck" zu nennen, ein durchgehender Hals aus Birdseye Maple, der sich allerdings nicht -wie sonst üblich- bis zur Korpusrückseite zieht und nur an den Seiten mit Korpusflügeln verleimt wird.
Stattdessen wird er in einen einteiligen Mahagonikorpus, der die entsprechende Aussparung aufweist, quasi eingelegt. Vorab werden ebenfalls auf dem Mahagonikorpus seitlich des Halses 2 jeweils ca. 1,6 mm dicke Quilted Maple - Flügel angebracht.
Dies ist zum einen optisch interessant, da Vogelaugenahorn und Wölkchenahorn nebeneinander die Korpusoberfläche bilden,
vor allem aber klanglich ein interessanter Gedanke:
Der Ahornhals weist eine extrem große Fläche auf, die mit den anderen Hölzern verleimt ist (was viel Sustain verspricht), zum anderen ist mit der sehr dicken Quilted Maple - Decke und dem Hals sehr viel Ahorn verbaut, was grundsätzlich dem gern angeführten Nachteil vieler Neck-through-Konstruktionen, dem zu geringen Ansprechverhalten (Attack) entgegenwirken sollte.
Diesen Vorteilen steht ein Nachteil dieser Konstruktion gegenüber: Ahorn ist ein relativ schweres Holz und in der Tat ist die American Master etwas schwerer als mir bekannte andere Ibanez American Customs.
In jedem Fall eine außergewöhnliche und sehr aufwändige Lösung, die ihren Anteil an dem gern bemühten (rein subjektiven) "luthier vibe" hat, den diese Gitarre verströmt.
Es wurden nur sehr wenige dieser ausschließlich für den amerikanischen Markt gedachten Gitarren hergestellt. Im Internet finden sich Angaben von "um die 80" bis "knapp 100", genauer belegt ist die Anzahl auch in der Fachliteratur nicht.
Die Fertigung dieser Gitarren in reiner Handarbeit hatte 2 Nachteile: Die Stückzahl der herstellbaren Gitarren war eng begrenzt und Kunden mussten eine Wartzeit von 1 - 1,5 Jahren in Kauf nehmen, bis sie die bestellte Gitarre erhielten.
Die Fertigung in Kalifornien brachte einen weiteren Nachteil mit sich. Infolge strengerer Umweltauflagen konnte die Lackierung nicht dem hohen Anspruch von Ibanez genügen.
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In der Tat sehe ich heute dort das einzig relevante Manko dieser Gitarren:
Der Decklack bildet kleine Risse und der Lack am Hals "bremst" die schwitzende Hände etwas ab (so wie man es von Les Pauls der Norlin-Ära, etwa um 1980 kennt)
(typische Decklack-Rissbildungen)
Ebenfalls hochwertig waren die anderen handwerklichen Arbeiten dieser Gitarre ausgeführt.
Nur beispielshaft seien die Griffbretteinlagen erwähnt:
In rechteckige echte Perlmutteinlagen haben Ibanez/R.Gresco noch einmal echte farbige Abalone-Einlagen eingearbeitet.
(Zur Unterscheidung, weil diese Begriffe gern verwechselt werden: Perlmutt (mother of pearl) ist eine Schicht, die sich im Inneren der Schale von Weichtieren, etwa Austern, aber eben auch einer Vielzahl anderer Süß- und Salzwassermuscheln bildet. Perlmutt hat einen milchig-weisslich schillernden Farbton. Abalone als spezielle Unterart des Perlmutts wird von deutlich weniger Muscheln gebildet, ist also seltener, der Farbton umfasst dunklere noch schillerndere "Regenbogenfarben")
Klanglich und haptisch spielt das Material der Einlagen natürlich keine Rolle. Aber das Auge isst ja bekanntlich mit (Stichwort "Luthier-vibe") und gerade bei Instrumenten spielt ja auch die Optik eine gewisse Rolle.
Selbst die beiden "Griffbrettbegrenzungsstreifen" (wie nennt man das eigentlich richtig?^^) oben und unten am Griffbrett sind nicht aus weißem Kunsstoff, sondern aus dünnem Vogelaugenahorn ausgeführt.
Die American Master wurde in 2 Grundvarianten angeboten:
Als MA2 war sie deckend lackiert und hatte kleinere Griffbretteinlagen, als MA3 erhielt sie eine transparente Lackierung entweder einfarbig oder in cherry-sunburst.
Die Kopfplatte war stets in der gleichen Farbe lackiert (matching headstock).
Als einzige der gesamten USA-Custom-Reihen trägt sie nicht den U.S.A. Custom-Schriftzug, sondern den Schriftzug "American Master". Selbst die spätere Neuauflage (UCMA 1) verwendete "u.s.a. custom",
Die Pickups kamen stets von diMarzio (wobei die letzten bereits das später übliche IBZ-Logo trugen) und konnten wahlweise in der Konfiguration H-H oder H-S-H bestellt werden, das Vibrato stammte von Ibanez (Edge-System mit Steckhebel).
Interessant finde ich auch den Hinweis von Oli im Eingangspost, wonach einige der (eigentlich nur für die USA bestimmten) Gitarren dadurch nach Deutschland kamen, dass sie als Ausstellungsstücke in der Frankfurter Messer präsentiert und danndem Importeur Meinl überlassen wurden.
Kommen wir zum Klang:
Diese Gitarre klingt anders als die anderen Ibanez USA Customs - Reihen, die ich kenne. Für mich geht sie etwas mehr in Richtung einer Les Paul. Sie hat ein sensationelles Sustain -das beste, das ich je an einer Gitarre hatte- , dafür könnte für mich trotz des vielen Ahorns der Attack noch etwas ausgeprägter sein. Sie ist also weniger für das "Peng" beim Anschlag prädestiniert, als vielmehr für gleichbleibenden Druck und Sustain, singende Soli etc.
Wäre mir der Werterhalt egal, dann würde ich den Lack erneuern oder den Hals ganz entlacken und eine Humbucker-Split-Option verbauen.
Schwierig ist die Werteinschätzung:
Es gibt sehr wenige dieser Gitarren, dazu die Handarbeit, made in USA, ein bekannter Luthier, all das treibt den Preis in die Höhe.
Die letzten Gitarren wurden im Internet zu extrem hohen Preisen angeboten (s. Abdruck hinter den Prospektangaben), die ich persönlich für überhöht halte. Ich würde mal vorsichtig in Abhängigkeit von Modell und Zustand den Wert ganz grob mit "ab 1.500 € aufwärts" einschätzen.
Hier ein Ausschnitt des einzigen Verkaufsprospekts/Katalogs, in dem diese Gitarren auftauchen:
Letzte Verkaufsangebote dieser Gitarren im Netz:
1. Gitarre Angebot : 3.300 €
Zur besseren Lesbarkeit (und weil er recht interessante Angaben enthält) wird der Begleittext dieses Angebots nachfolgend vergrößert dargestellt:
2. Gitarre : Angebot 3.000 Britische Pfund (= 3.790 €):
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3. Gitarre: Angebot: 2500 Dollar:
Diese Gitarre wurde zu diesem Preis nicht verkauft, möglicherweise schreckte das Land des
Verkäufers (Russland) ab?
Selbe Gitarre später: Verkauft (an mich^^) für 1650 + 180 (Versand) Dollar, alles in allem mit Zoll und Steuer etwa 1600 €.
Nach Angaben des Verkäufers soll dies die Ex-Gitarre eines in Russland bekannten Gitarristen Sergej Popov (Ex-Aria) sein, aber unabhängig davon, ob man das glaubt, dürfte dessen Popularitätsgrad wohl ohnehin nicht für einen Mehrwert ausreichen.
[FONT=&][1][/FONT] Tony Bacon, The Ibanez Electric Guitar Book
[FONT=&][2][/FONT] Das Label, unter dem Gresco eigene Gitarren herstellte, war "RA Gresco"
[FONT=&][3][/FONT] Bacon, ebenda, S.96, sowie Gitarre&Bass Sonderheft Ibanez, S.100
[FONT=&][4][/FONT] Ibanez- The untold story von Specht/Wright/Donahue, S.268
[FONT=&][5][/FONT] Olis Eingangsartikel dieses Threads, sowie G&B-Sonderheft Ibanez, S. 101