Akkordeon stimmen - Tipps

  • Ersteller BenVoss
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Nochmal für mich: Im Akkordeon müssen also zwei unterschiedliche Stimmstöcke vorhanden sein für das Tremolo?! Einmal für die Ganztöne und einmal für die Halbtöne(Weiße und schwarze Tasten)?

Zwei Stimmstöcke: ja. Aber jeder Stimmstock deckt weiße und schwarze Tasten ab.

Das Tremolo im Akkordeon ist eigentlich eine Schwebung (Radiotechniker nennen das auch Interferenz), die entsteht, wenn zwei oder mehr Tonerzeuger gleichzeitig erklingen, deren Frequenz geringfügig voneinander abweicht. Du hast also zwei quasi identische Stimmstöcke, die gleichzeitig benutzt werden.

Durch die Überlagerung der beiden Signale entsteht periodisch eine Auslöschung und eine Verstärkung, die sich umso langsamer abwechseln je geringer die Abweichung ist. Beim Rest der Welt heißt das "Schwebung". Man spricht bei sehr geringen Abweichungen auch von einem "flachen" Tremolo, bei keiner Abweichung von einem "Nulltremolo".

Meist haben hochwertige, teure Konzertinstrumente ein flacheres Tremolo als günstige. Außerdem ist in unterschiedlichen Musikstilen ein unterschiedlich starkes Tremolo üblich - bei Musette-Walzern, alpenländischen Ländlern oder Oberkrainern ist ein etwas stärkeres Tremolo üblich (das ist einer der Punkte wo sich die "Avsenik"-Morinos von den "normalen" unterscheiden), für Barockmusik wird wenn überhaupt meist nur ein sehr flaches Tremolo gespielt. Einige Fünfchörige Instrumente haben durch unterschiedliche Kombination der Stimmstöcke mehrere Tremolo-Varianten zur Auswahl.

Sehr hochwertige Konzertinstrumente mit Cassotto haben meist ein eher flaches Tremolo, die Morino liegt ab Werk IIRC bei einer Schwebefrequenz um 1-2 Hz, die Gola eher noch darunter.

Nicht-Akkordeonisten erklären das Tremolo gerne zur "akustischen Umweltverschmutzung", wobei sie allerdings gekonnt ignorieren daß es sowas zumindest in den flacheren Varianten z.B. bei Sakralorgeln durchaus auch gibt (wobei diese Geräte ohnehin gerne Wetter- und Mondphasenabhängig gestimmt sind) und daß auch heute übliche Hammerklaviere und -Flügel in den Diskantoktaven mehrere Saiten pro Ton haben, die gezielt ganz leicht gegeneinander verstimmt werden um das sog. Pythagoreische Komma zu kaschieren - Klavierstimmer bezeichnen das dann mit "Spreizung".

Auch Streicher oder Holzbläser im Sinfonieorchester spielen durchaus nicht immer ohne leichte Schwebung, in bestimmten Fällen sehr wohl bewußt, in anderen natürlich auch aufgrund begrenzter Perfektion des Menschen. Unter "Tremolo" verstehen Streicher allerdings was anderes und Gitarristen nochmal was anderes. Das trägt evtl. auch zur Verwirrung bei.
 
Nochmal für mich: Im Akkordeon müssen also zwei unterschiedliche Stimmstöcke vorhanden sein für das Tremolo?! Einmal für die Ganztöne und einmal für die Halbtöne(Weiße und schwarze Tasten)?

Zwei Stimmstöcke: ja. Aber jeder Stimmstock deckt weiße und schwarze Tasten ab.

Mir scheint, hier gibt es nach wie vor leichte Verwirrung, drum möchte ich nochmal kurz zeigen wie das üblicherweise beim Akkordeon aufgebaut ist. Von der Funktion ist es ja so dass eine Taste oder ein Knopf beim Knopfakkordeon, gegebenenfalls beim Druck auf die Taste (Knopf) alle Tonlöcher zu den maximal zuschaltbaren Chören freigeben muss. Also bei einem 4 chörigen Instrument sollten dann beim Druck auf die Taste auch 4 Tonlöcher aufgehen.

Und nebenbei achtet man beim Bau darauf, dass möglichst die Klappen auch gleich weit aufgehen, so dass die Töne auch ungfähr gleich klingen und gleich laut sind etc...Und das was hier zu beachten ist ist beim Knopf und Tastenakkordeon unterschiedlich, weil die zugehörigen Hebelmechaniken anders sind.

Beim Tastenakkordeon ist s nun mal so, dass die schwarzen Tasten (Halbtöne) kürzer sind als die weißen Tasten (Ganztöne). Und das spiegelt sich an den zugehörigen Betätigungshebeln wieder die die Tonlöcher freigeben. Daraus folgt wiederum dass zu einer Langen weißen Taste ein langer Klappenhebel gehört und zu einer kurzen schwarzen Taste ein kurzer Klappenhebel. (natürlich gibt es hierzu auch diverse Ausnahmen, die lass ich aber hier mal weg, weil das zunächst zu stark verwirren würde)

Bei einem Tastenakkordeon sieht das in der Regel immer in etwa so aus:

Anordnung Klappen tango IIM.JPG

Aus diesem Umstand ergibt sich die Anordnung der Töne auf den Stimmstöcken: man muss deshalb auch die Töne entsprechend sortieren. Und daraus ergibt sich, dass die Ganztöne auf einem Stimmstock ( oder entsprechend der Anzahl der Chöre auf meheren Stimmstöcken) liegen und die Halbtöne auf anderen Stimmstöcken.


Beim Knopfakkordeon hat man verschiedene Reihen Knöpfe die bei einfachen Mechaniken auch direkt mit dem Klappenhebel verbunden sind. Und daraus ergibt es sich dass es 3 Hauptreihen an Tönen auf der Knopfatur gibt und damit drei verschiedene Hebellängen. Und weil die Knöpfe obendrein dichter aufeinander gereiht sind als die Anordnung bei Tasten braucht s auch eine "dichtere" Hebelanordnung zu den Klappen um das Ganze mechanisch einigermaßen sinnvoll bauen zu können.

Hier haben deshalb die Töne aufgrund der Knopfanrdnung Halbton für Halbton auf eine andere Hebellänge und wandern deshalb der Reihe nach auf ander Stimmstöcke.

Das sieht dann bei einem Knopfakkordoen in der Regel in etwa so aus:

Serena Diskant-IMGP1401.jpg


Für das Tastenakkordeon ( auf das sich die Frage ja hauptsächlich bezog) ergibt das dann bei einem Instrument ohne Cassotto so eine Anordnung.

Hier am Beispiel einer 3-chörigen Tango IIM:

Anordnung Stimmstoecke Tango IIM.JPG

Man sieht ganz gut auf der rechten Seite die drei Reihen für die Gantöne und auf der linken Hälfte die drei Reihen für die Halbtöne .

Wobei ich hier sehe, dass ich mich korrigieren muss. Denn hier sieht man auch dass Grundchor (8´) und Tremolochor auf dem gleichen Stimmstock sitzen! (man kann auf der dritten Reihe von rechts erkennen dass die ballastbeschwerten Zungen des tiefen Chors auf dem zweiten Stimmstock sitzen... und weil das Instrument 3-chörig ist ist dann konsequenterweise der Tremolochor auf der Rückseite des gleichen Stimmstocks vom Grundchor.. bei diesem Instrument... bei andern liegt der dann vielleicht wieder wo anders.

Bei Nicht-Cassottoinstrumenten ist das also durchaus variabel nach Lust und Laune des Herstellers.

Bei einem Cassottoisntrument ist das generell anders. Da sitzt im Cassotto normal der Grundchor 8! und die tiefe Oktave 16´ . Und der Tremolochor sitzt im Nichtcassottobereich direkt auf der Planfüllung. Und damit räumlich wo anders als der Grundchor. Bei Cassottoisntrumente sitzt demzufolge der Tremolochor immer auf einem anderen Stimmstock als der Grundchor .

Und das sieht dann typischerweise so aus:

Cassottoschacht Gola.JPG


Für das Stimmen heißt das ganz einfach: man muss zuerst mal schauen, welchen Aufbau und welche Anordnung habe ich in dem betreffenden Instrument... und dann kann mal loslegen.

Das ist durchaus üblich - Wenn ich bei meinem Instrumentenmeister vorbeischaue und der stimmen anfängt, dann zupft der auch immer zuest die verschiedene Stimmstöcke durch um sich einen Überblick zu verschaffen an welcher Position welcher Chor sitzt.

... Und weil es mitunter auch diverse Ausnahmen von der Regel gibt (so werden beim Tastenakko gerne mal einzelne Ganztöne auf die Halbtonstimmstöcke ausgelagert wenn der Platz arg knapp wird)., drum muss man bevor man loslegt auch noch erst nach solchen Besonderheiten schauen.

Aber das ist auch nicht anders als im normalen Leben: erst schauen, dann denken, dann loslegen :)
 
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@Lärmbelästigung vielen dank für deine Auskünfte.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Gut dann weiß ich jetzt, dass man individuell prüfen muss welcher Stimmstock im jeweiligen Register in Kombination des anderen Stimmstocks steht.
Bisher prüfe ich das indem ich das jeweilige Register betätige und anschließend die Anordnung der Stimmstöcke und den geöffneten Löchern die durch das drücken des Registers geöffnet oder geschlossen werden.

Noch eine Frage: Stimmt man eigentlich beim Tremolo den einen Ton immer in den Positiven Bereich oder ist das egal ob -20Cent oder +20Cent?

Gruß
PKfisarmoniche
 
Stimmt man eigentlich beim Tremolo den einen Ton immer in den Positiven Bereich oder ist das egal ob -20Cent oder +20Cent?

normalerweise ist es so das der tiefere Ton der führende Ton ist , bzw. vom Ohr als führender Ton wahrgenommen wird. Drum wird bei einem einfachen Tremolo (also 2-chörig) normal der Tremolochor in der Regel höher gestimmt. (gibt natürlich wie immer irgendwelche Ausnahmen und Exoten...)

Bei Doppeltremolo ( also dreichörig) gibts viele Varianten - aber das typische "Morinotremolo" ist in etwa symmetrisch um den Grundton. .. aber frag mich nicht warum dann da nicht der tiefere Ton als Führungston wahrgenommen wird und hier dann der Grundton trotzdem , obwohl in der Mitte liegend die Führung angibt... das konnte mir bislang noch niemand schlüssig erklären...
 
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Danke @maxito
 
normalerweise ist es so das der tiefere Ton der führende Ton ist , bzw. vom Ohr als führender Ton wahrgenommen wird. (...)
Bei Doppeltremolo ( also dreichörig) gibts viels Varianten - aber das typische Morinotremolo ist in etwa symmetrisch um den Grundton. .. aber frag mich nicht warum dann da nicht der tiefere Ton als Führungston wahrgenommen wird und hier dan der Grundton trotzdem , obwohl nder Mitte liegend die Führung angibt... das konnte mir bislang noch niemand schlüssig erklären...
ich vermute mal:
- beim Doppeltremolo liegt der Mittelwert der drei Töne mehr oder weniger genau auf dem mittleren Ton, deshalb wird er vom Ohr auch als Führungston wahrgenommen
- beim einfachen Tremolo liegt der Mittelwert rechnerisch in der Mitte zwischen den beiden Tönen, da wirkt der tiefere Ton aufs Ohr "schwerer" und wird deshalb als Führungston wahrgenommen
Aber wirklich reine Spekulation ohne wirkliches Wissen.
 

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