Ja, das ist genau der schwierige Punkt. Da kann ich auch nur von mir persoenlich antworten:
Erstmal muss der Lernende sicher sein, dass er das auch lernen moechte. Ich gebe mir dazu immer (denn ich bin sehr vielseitig
ein paar Monate Zeit.
Jetzt zum Beispiel fuer Knopfakkordeon habe ich mir eine Frist bis Februar gegeben. Ab diesem Zeitpunkt werde ich fuer mich das Knopfakkordeon bewerten. Bis dahin versuche ich mich dem Ganzen vorurteilsfrei auszusetzen. Das bedeutet u.a.: ich spiele nicht mehr auf dem Piano (bzw nur ganz selten), weil ich damit das knopfakordeon automatisch bewerten wuerde. Ist das dann ein Wertverlust, dass ich bis Februar mein bisheriges Koennen am Pianoakkkordeon verlerne? Nein! Weil ich weiss, dass ich fuer das Knopf eine gewisse befreite Zeit benoetige und ich mir das Knopf schneller wieder "draufschaffen koennte". In der Summer muss sich also jeder erstmal klar und sicher werden, ob eine Sache fuer einen was ist oder nicht und das braucht Zeit.
Mit Musikrichtungen habe ich kein Problem. Einmal gibt es Musik, die ich gern hoere - und die wuerde ich auch gern spielen, kann ich aber nicht, das muss ich erstmal akzeptieren. Dann gibt es Musik, die ich spielen kann. Das ist eine andere Musik
gegenueber dieser habe ich keinerlei negative Vorurteile, wenn es darum geht, dass ich die spielen, bzw Spielen lernen soll. Und die macht mir dann auch Freude. Es ist also der Weg, den ich mag.
Am Ziel werde ich ja nie sein also konzentriere ich mich auf das Jetzt. Ich weiss noch wie verbluefft ich war, als ich zum erstenmal ein zweistimmiges Summ Summ Summ auf den Akkordeon zusammengeeiert habe. Dieses Schubladendenken kann man einem anderen Menschen (einen Schueler) nicht abnehmen, er muss von sich aus begreifen, dass man den dritten Schritt nicht vor den ersten machen kann.
Wenn das dann der Fall ist, muss man sich in seiner derzeitigen Beschraenktheit wohlfuehlen lernen, Entwicklung kommt dann schon. Was heisst das? Das heisst, dass ich weiss, dass ich nicht Du bin und dass ich gerne nochmal mit Freude die Uebungen von Anfang an mache: die nenne ich C-G-F-Trallala-Stuecke. Das gelingt mir sehr gut, weil ich da eine gewisse Dummfroehlichkeit an den Tag legen kann und ich mich nicht daran stoere, dass ich keine Bachsonaten runterrasseln kann und dass das was ich spielen kann sonst keinem gefaellt. Ich werte die Sachen anders auf: zum Beispiel dass ich mittlerweile, Dank Konstantin, den Du mir geraten hast, die Knopefe ergonomischer finde und verfolge wie hier der Fortschritt ist. Oder dass ich meine Balgdefizite in Angriff nehme. Oder dass ich mir lustige Zweitstimmen zu meinen Trallala-Stuecken bastele. Oder dass ich mich mit dem Roland begleite.
Was ich zum Lernen von meinem Lehrer gelernt habe ist folgendes: Anfangs und auch oft heute noch, habe ich den Drang, ein Stueck durchzuspielen. Natuerlich versenke ich dann einzelne Stellen immer wieder. Und das musste ich lernen: wenn ich ein Stueck tausendmal durchspiele, bleiben die schlechten Stellen schlecht. Dann erst wenn ich mich denen direkt widme und sie in kleine, fuer mich lern- und ueberblickbare Einheiten zerlege und diese uebe, dann kann ich sie irgendwann. Das erfordert einiges an Disziplin, einen Takt 100 Mal zu ueben.
Beim Umgang mit meinem Lehrer, bzw in meinem restlichen Leben auch, habe ich gelernt, dass ich fragen muss, wenn ich was nicht komplett verstanden habe oder umsetzen kann. Das kann dann schon mal echt peinlich sein. Aber was hilft es mir, wenn ich nichts davon habe? Also habe ich mir angewoehnt, zu fragen und nachzufragen oder zu erkennen zu geben, dass ich was nciht verstanden habe. Kinder machen das automatisch, das nimmt ab, wenn sie aelter werden, weil sie sich in ihrer Umwelt reflektieren und einer Schmaelerung ihrer persoenlichen Bewertung befuerchten, wenn sie "dumm" fragen. Wenn ich jemanden etwas beibringe (hab ich in der Arbeit oft), dann stelle ich zuerst klar, dass es keine dummen Fragen gibt und ich die mir gegenueber sitzende Person nicht an ihrem Wissenstand/Koennen bewerte (ich bewerte, wenn, dann nach solzialen Kompetenzen) Also muesste man meiner Meinung nach zwischen Lehrer und Schueler eine Vertrauensbasis schaffen, die unerschuetterlich ist.
Und dann habe ich gelernt, dass nicht immer alles gleich lernbar ist. Das heisst, dass man die Basis in Angriff nimmt und die Feinheiten spaeter erarbeitet werden muessen. Also ungelenkes Balgziehen kann man einem neuen Schueler nicht in den ersten Stunden "austreiben". Wenn erstmal ein Stueck, wenn auch im ZickEzackE ungeschmeidig gespielt werden kann, kann man, so hat das mein Lehrer gemacht, hier und da auf Einzelheiten eingehen. Aber nicht zu viele! Dann kommt das naechste Stueck und es wird ZickZack gespielt, dann kommen die naechsten Einzelheiten , die man rausarbeiten kann, das naechste Stueck wird dann ZiZa gespielt - und nach Monaten oder Jahren ist daraus ein schoenes gleichmaessiges Spiel geworden. Und noch spaeter spielt der Schueler akzentuiert. Aber einen Schueler von anfang an damit zu ueberfordern waere ein Fehler. In dem Fall mit dem Balg muss sich auch erst des Schuelers Ohr mitentwickeln.
Ich hatte einmal Aufnahmen von meinem Akkordeongespiele gemacht und fand es schrecklich anzuhoeren. Das hat mir wirklich die Freude, die ich bis dahin empfunden hatte, vermiest. Da muss man sich eben selbst an die Hand nehmen und sich sagen: Du hast Freude beim Spielen und von anderen unbedarften Personen kommt auch eine positive Rueckmeldung. Und die anderen koennen gleich ueberhaupt nix auf dem Akkordeon spielen
Ich bekomme dann nicht viel Lob von meinem Lehrer, ich merke lediglich an seinem Interesse und seiner Motivation, dass alles gut ist. Und Kritik auch kaum, in dem Fall zeigt er mir etwas nochmal mit Nachdruck. So bin ich immer zufrieden und motiviert, wenn ich gehe. Wenn ich wirklich ein Lob bekomme, wie gesagt selten, dann laufe ich einen Tag mit gefuehlter Prinzessinenkrone herum. Das immer zu hoeren waere nichts fuer mich. Echhte Kritik habe ich auch schonmal erhalten, mit Samthandschuhen und sehr ausfuehrlich: da ging es um mein Herumzappeln beim Spielen. Mein Lehrer hat mich darauf aufmerksam gemacht und mein Interesse geweckt, daran zu arbeiten. Also konstruktiv. Und da bin ich rausgegangen, ohne Prinzessinenkrone, klar, aber auch mit Motivation.
In der Summe hiesse das: Vertrauen zwischen Lehrer und Schueler; dem Schueler aufzeigen wie man schwierige Teile in Lernbares zerlegen kann; den Schueler nicht ueberfordern, aber auch nicht unterfordern, Lob und Kritik muss beides sehr dosiert eingesetzt werden. Der Schueler selbst, und das kann keine Strategie ersetzen, muss sich darueber klar sein wer er ist, wo er ist, was er will und was das alles bedeutet (wo er sein WILL, ist u.U. ein destruktiver Gedanke, der nicht verwertbar ist zum Instrument lernen)
Gruss,
Sylvia, heute mal aus dem Naehkaestchen geplaudert
Zusatz.
Eben war ich Ueben. Und da ist mir noch etwas wichtiges zum Lernen eingefallen. Eine klare Trennung zwischen Ueben und Spielen sollte sich jeder immer bewusst machen. Zumindest funktioniert das bei mir so. Beim Ueben, breche ich sofort bei einem Fehler ab. Denn wenn ich drei mal falsch spiele und jedesmal weiterspiele, merkt sich mein Gehirn: das ist okay so. Wenn ich aber abbreche, lernt es, dass da ein Fehler ist. Haeufig wiederholte Fehler sind schwieriger wieder hauszugearbeitet zu bekommen. Wenn ich Spiele (Vorspiele), dann ziehe ich das Stueck durch, auch bei einem Fehler und nehme mir dannach konsequent Zeit, den Fehler zu bearbeiten. Logischerweise ueber ich oefter als ich Spiele/Vorspiele und somit ist alles gut im Gehirn