Guten Morgen und vielen Dank für die anregende Diskussion. Ich erkläre vielleicht zu Anfang mal ein wenig, in welchen Kontext meine Frage einzuordnen ist.
Die Art und Weise des harmonisierten Beispiels habe ich aus einem Liederbuch kennengelernt, das damals (ich schätze mindestens 15 Jahre oder mehr) im Umfeld des Instituts für Musik an meiner Uni entstanden ist (ich selbst habe nicht Musik studiert, sondern was naturwissenschatfliches)
Verwendet wurde es für Kneipensingen mit Klavierbegleitung. Der universitäre Backround erklärt vielleicht die etwas komplexere Herangehensweise an Harmonisierungen. Vielleicht ist es ja auch beeinflusst vom Bereich des schulpratkischen Klavierspiels, das dort auch gelehrt wurde.
Die Frage (die eigentlich nicht der Ausgang des Threads war), ob Volkslieder einfach oder komplex harmonisiert bzw. niedergeschrieben werden sollten (wobei mich das wort "sollten" jetzt schon stört) kam hier in folgenden Zitaten auf:
Besonders bei Volksliedern sind nach meiner Meinung nicht nur die erweiterten Akkorde, sondern auch die meisten Mollakkorde und häufige Akkordwechsel nicht zielführend - hier kommt es eher auf Einfachheit an.
Ich würde in einem solchen Buch bei den Grundakkorden bleiben, höchstens die Dominante mit der 7 notieren.
Erstens wäre es wohl für das Klientel zu kompliziert und zweitens würde es sich durch die vielen Wechsel zu zerhackt anhören. Weniger ist mehr.
Am
Notenbeispiel wundert mich außerdem, wenn vier Akkorde in einem Takt auftauchen, das ist m.E. zuviel des Guten.
Mit solchen Spielereien wie Takt 3 und 4 will der Autor nur zeigen, wie toll er ist. Dabei klingt das C-Am-F-G nicht mal besonders gut.
Wenn z.B. vier Akkorde in einem Takt auftauchen, das ist m.E. zuviel des Guten.
oder auch: zu häufige Akkordwechsel sind nicht zielführend.
Zahlen würde ich - wenn überhaupt - in Volksliedern nur bei Dominanten (7) verwenden.
Mein persönlicher Stand ist der eines Interessierten Laien. Ich habe damals einzwei Jahre im Klavierunterricht in den Jazz reingerochen und habe dort auch Leadsheats von Standards kennengelernt. Deshalb sind mir komplexere Harmonien zumindest nicht fremd.
Was solche Harmonien wie in meinem Beispiel angeht, fand ich es jedes Mal schön, als ich damals als Student an dem Kneipensingen teilgenommen habe und dort Volkslieder mit dieser Art von Harmonisierung am Klavier begleitet wurden. Auch mein damaliger Musiklehrer in der Schule war ein verkappter Jazzer und hat damals beim Singen immer unkonventionelle Wendungen am Klavier eingeworfen. Ich fand und finde das immer toll, dass es nicht das ewige C-F-G war, dass ich zuhause von mir oder meiner Mutter oder bei den Pfadfindern ständig hörte und praktizierte.
Die Thesen, dass Volkslieder immer einfach oder nur maximal mit 7nern begleitet werden sollten, halte ich für rein subjektiv. Warum sollte ein Volkslied nicht auchmal mehr als die üblichen T-D-S vertragen dürfen?
Aus den Zitaten lese ich heraus, dass ein wenig II-V-I irgendwie für zuviel des Guten, zerhackt oder "möchte zeigen, was erkann" oder "klingt eh nicht gut" gehalten wird.
Im Beispiel habe ich die Wendung einmal mit II-V-I und IV und einmal nur mit V-I gespielt, wobei ich mir eine verwegene 7 beim zweiten Beispiel nicht verkneifen konnte
Nein, spaß beiseite, haltet ihr das echt für zu dolle? Ich finde das erste jedenfalls schöner.
Mit solchen Harmonisierungen habe ich vor ein paar Jahren jedenfalls das Begleiten von Singenden Kneipensängern gelernt, weil ich das Vorbild von damals hatte und mache das heute immernoch so. Nach dem Geiste des damaligen Liederbuches schreibe ich jetzt die Harmonien so auf, wie ich sie spiele. Und wenn ich nach 6 Monaten für das nächste Singen übe, kann ich die Wendungen, die ich gerne verwende, wieder nachlesen und üben.
Das Buch, das wir erstellen, wird nicht veröffentlicht und hat auch keinerlei Anspruch, dass mit den Harmonien möglichst viele Instrumente und Spieler damit was anfangen können.
Glücklicherweise handelt es sich ja bei Musik um Kunst, so dass eine absolute These, welche Harmonien verwendet sollten, nur schwer haltbar ist. Es sind eben Geschmacksfragen.
Die eigentliche Ausgangsfrage, ob 6er 7er oder gar 4er im Akkordsymbol übernommen werden, wenn sie Teil der Melodie sind, lese ich aus turkos Antwort heraus:
Das ist auch leicht erklärbar: Weil es "künstlerische Entscheidungen" sind.
Und die trifft der eine halt so, der andere anders ...
Dein o. a. Beispiel scheint ein Beispie dafür zu sein, wo einer versucht, eine gängige Orchesterharmonisierung (die man im Ohr hat) vollständig auf die Gitarre bzw. die Akkordbezeichnungen zu übertragen.
Ob das sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Man muß sich selbst halt die Frage beantworten "Wozu dienen die angegebenen Akkorde eigentlich ?".
Zur akkuratest möglichen Beschreibung dessen, was man in einer (schon bestehenden) Orchesteraufnahme hört, oder
dazu, eventuell Unbedarften eine möglichst einfache, aber gerade noch funktionierende Begleitung aufzumalen.
Je nach Antwort werden die Ergebnisse dann unterschiedlich ausfallen.
LG
Thomas