Der Lack
In diesem Teil geht es einerseits nochmals darum, Risse und Macken in den Lack zu bekommen, damit diese auch recht natürlich aussehen. Andererseits aber auch um die Alterung des Lackes allgemein. Dies ist eine Wissenschaft für sich. Unterlagen oder Fremdwissen konnte ich weniges beschaffen. Meistens wird dies möglichst für sich behalten, um damit der Konkurrenz nicht Wasser auf deren Mühlerad zu leiten. Dies verstehe ich eigentlich nicht. Dieses Posting von mir ist aber sicher auch das rudimentärste, da ich eigentlich nur von mir aus und meinen Erfahrungen und dem wenigen Wissen darüber, argumentiere. Ich hoffe aber, dass wir in den Austausch kommen, dass User wie Dutchie, die beruflich mit der Auswirkung von UV-Licht zu tun haben, dann meine Ausführungen mit ihrem breiten Wissen ergänzen. Denn ich kann meine Erfahrungen nicht wissenschaftlich belegen. Sie sind also total subjektiv und eventuell auch falsch. Mir ist es wichtig, dass wenn jemand sich an das agen des Instrumentes geht, viele verschiedene Information bekommt und dann selber entscheidet, was für ihn stimmt.
Die Macken im Lack habe ich zuerst an meiner 1993er Stratocaster gehabt. Da habe ich auch Erfahrungen gemacht, was gut aussieht und was nicht. Die ersten Macken kamen automatisch. Irgendwann dann dachte ich, dass die Gitarre auch etwas älter aussehen dürfte. Nun, im Nachhinein muss ich sagen, das war ein Fehler. Meine Strat hat erst wieder in den letzten 2 Jahren optisch wieder gewonnen. Zu viele Fehler habe ich gemacht. So schliff ich Lackschäden mit einer Maschine, ein absolutes No go. Merkt euch dies. Mit der Maschine wird zu viel Material abgetragen. Es kann auch nicht so gezielt gearbeitet werden. Deshalb ist Handarbeit gefragt. Ich arbeite auch wenig mit Schleifmaterialien, sondern mit scharfen Schnitzmessern, welche ich von meinem Vater geerbt habe.
Foto Arbeitsplatz
Damit können wirklich schöne Schlaglöcher angebracht werden. Auch werden die Ränder dieser nicht flach, was sehr unnatürlich erscheint, sondern eben, wie ein natürlich gekommenes Schlagloch. Es wird zum Teil ja in den USA empfohlen, die Schlüsselbundmethode anzuwenden. Dazu wirft man einen Schlüsselbund so lange auf die Gitarre, bis es einem gefällt. Nun, es gibt einfach Vertiefungen, eine gezielte schöne Arbeit ist aber damit nicht möglich. Ich nehme dazu eben ein Schnitzmesser, die haben ganz verschiedene Formen. So sehen dann die verschiedenen Dellen auch unterschiedlich aus. Der Lack wird damit abgetragen, nicht aber die Holzmasse. Denn meistens bei Dellen die natürlich geschehen, splittert nur der Lack. Genau diese wollen wir ja nachahmen. Ich habe leider keine Les Paul so bearbeitet, deshalb müsst ihr mit den Fotos meiner Strat Vorlieb nehmen. Eure Phantasie ist gefragt, wenn ihr euch zu diesem Schritt entscheidet. Am besten man beginnt an einer Delle, die natürlich geschehen ist und macht diese in einem ersten Schritt grösser. So sammelt man Erfahrungen, wie es geht. Neuere Lacke sind weicher als ältere. Dies ist auch wichtig. Die älteren sind dann auch brüchiger, was zu einem bessereren Resultat führt.
Das Aussehen des Lackes habe ich insofern beeinflusst, dass ich meine Gitarren gezielt dem Sonnenlicht ausgesetzt habe. Dabei geht es nicht primär um die Hitze, nein, es geht um die Athmosphäre allgemein und den Einfluss des UV-Lichtes. Dieses bewirkt dass der Weichmacher verliert, dass er gelblicher und härter wird. Was von diesen Einflüssen aber welcher Anteil hat, das weiss ich nicht. Sicher ist aber, dass es nicht nur das UV-Licht ist, welches Einfluss auf den Lack hat. Historic Makeovers in Florida benutzen die Sonne ganz gezielt um die Nitro Lacke ihrer Instrumente zu beeinflussen. Es ist auch eine ganz natürliche Methode. Ich persönlich habe etwa 20 Jahre Erfahrung mit dem an die Sonne stellen der Gitarren. Noch nie hatte ich einen Schaden am Instrument. Aber ich stelle bei Temperaturen über 30° Grad keine Gitarre an die Sonne. Die beste Zeit für dieses Vorhaben ist zwischen 11.00 Uhr und 15.00 Uhr. Dann ist die UV-Einstrahlung am grössten. Die Monate Mai, Juni, Juli und August sind dazu am besten geeignet, weil die Sonne in dieser Zeit am nächsten zur Erde steht. Am heissesten ist es zwischen 16.00 und 18.00 Uhr.
Meine Nachbarn werden denken, der hat eine Macke, jeden Sommer das gleiche Bild. Da liegt er an der Sonne und daneben eine Gitarre???
Eine angenehme Nebenerscheinung ist, dass neben der Alterung des Lackes, er wird gelblicher, auch die Maserung des Holzes besser sichtbar wird. Auch dies geschieht ganz natürlich durch das Licht. Zu beachten ist aber, dass das Griffbrett immer wieder mit Feuchtigkeit versorgt wird und das Instrument regelmässig gereinigt wird. Da achte ich auch darauf, dass ich zuerst die Staubspuren entferne, bevor ich dann poliere. Dies muss fein geschehen, ausser man wünscht viele kleine Kratzer. Mit dem Polieren des Lackes wird der Glanz auch verändert. Meine Gitarren hatten schon eine Hochglanzpolierung, aber eben auch feine Unebenheiten. Diese verschwinden mit der Zeit und das Instrument beginnt auszusehen, wie eben eine ältere Gitarre sich optisch präsentiert. Ich arbeite an meiner R9 schon seit einigen Jahren am Lack. Eben dadurch, dass ich keine schnellere Methode kenne, ich aber auch nicht mit technischen oder optischen Geräten ausgestattet bin, welche eine rasche Bearbeitung ermöglichen.
Arbeitsplatz
Ausgerüstet mit dem Liebling
Die Lackrisse habe ich auf die gleiche Art und Weise angebracht, wie jene auf der Kopfplatte. Nur hat es auf der Decke bei einer alten Les Paul nicht so viele Lackrisse. Sie sind auch nicht ganz so nahe aneinander aufgebracht. Auf Bildern sind jene bei meinem Instrument schwer zu sehen. Wenn man sie aber gegen das Licht dreht, dann sieht man sie. Bei der R8 von mastermind83, welche er uns in diesem tread weiter oben gezeigt hat, sieht man die schönen und professionell ausgeführten Lackrisse sehr schön. Weshalb müssen diese überhaupt künstlich angebracht werden? Eben, weil der lack einen Nitroanteil von ca. 1% hat. Der Rest ist Kunstharzlack. Dieser hat nicht die gleichen Eigenschaften, wie zum Beispiel Schellack oder Nitrolack. Bei den Nitrolacken kommen die lackrissen nämlich automatisch. Und dies schon relativ rasch nach dem Auftragen der meistens 7-10 Lagen. Früher gab es bei Gibson deshalb auch Reklamationen. Die Leute wollten ein neues Instrument. In den Siebziger Jahren wurden deshalb auch einige alte Paulas neu lackiert, teilweise auch mit dem verhassten Clown-Burst versehen. Heute werden diese Instrumente wieder neu lackiert und dem ursprünglichen Aussehen angepasst. Udo Pipper beschreibt eine solche Restauration in einem seiner Fachartikeln. Diese waren im Übrigen praktisch meine einzige theoretische Grundlage.
Zuerst lege ich die Les Paul auf eine gute Unterlage. Die Saiten und die Hardware muss beim bearbeitend er ganzen Decke entfernt werden. Ich habe hier als Beispiel meine R9 genommen. Denn meine Risse entstehen nicht alle auf einmal. Immer wieder mache ich weiter und pausiere dazwischen, um darüber nachzudenken, wie es weitergehen soll.
Ich nehme das Skalpell auf der scharfen und spitzigen Seite und ziehe so die Furchen. Bitte nie zu viel Druck ausüben. Sonst wird es unnatürlich, die Furchen zu breit. Es müssen ja Haarrisse dargestellt werden. Danach poliere ich leicht mit einem weichen Lappen, fülle die Haarrisse mit Kaliumpermanganat. Dies bewirkt dass der Riss sich einfärbt und nicht weisslich leuchtet. Nach kurzer Zeit putze ich das Kaliumpermanganat wieder ab, bringe es nochmals an. Diesen Anstrich versuche ich wegzuwischen, dass im Riss noch KP bleibt, aber sich die Decke oben nicht einfärben kann. Dann lasse ich es etwa 1 Stunde trocknen und wische es dann mit Politur weg. Wenn ich noch nicht zufrieden bin, wiederhole ich die oben beschriebenen Schritte so lange, bis mir das Resultat gefällt.
Nun, ich werde dieses Posting mit neuen Erfahrungen aktualisieren, denn immer wieder mache ich weiter. Es wird lange nicht fertig.
Die von mir beschriebene Methode unterscheidet sich im Wesentlichen von einer professionellen Bearbeitung wie das Bavarian Tuning oder einer Überarbeitung von Historic Makeovers. Dort wird der Lack ganz entfernt, die Deckenwölbung korrekter angebracht, das Stoptailpiece auf der rechten Seite korrigiert, die Trapez Einlagen ersetzt und danach mit Nitrolack neu lackiert. Meine methode wird sicher nie zum gleichen Ziel führen, kostet aber auch nicht zwischen 1`500 und 4`500 Euro. Ich möchte auch niemanden davon abhalten, ein solches professionelles Aging machen zu lassen. Auch ich bin nämlich immer wieder hin- und hergerissen, ob ich dies nicht auch machen lasse.
Die Diskussion und der Austausch ist eröffnet.
Danke für das Interesse.