Ich bleibe dabei: Solange die Saiten einer Les Paul auf einer aus Billigmaterial liederlich zusammengeschusterten Nashville-Bridge schwingen müssen, kann man über ihre Qualitäten eigentlich
gar nichts verbindliches sagen.
Nicht bei jeder führt ein Austausch zum Erfolg, mancher mag den Sound vielleicht auch einfach so wie er ist, und manche Les Pauls sind anscheinend so gut, dass sie auch mit einer mechanisch mangelhaften Bridge noch gut klingen. Aber wenn man etwas ändern will, muss man erstmal an der Wurzel anfangen und sich von da aus "durch die Gitarre arbeiten", und das heißt:
1.
Wo die Saiten aufliegen, muss es stimmen. Schlecht abgerichtete oder gar nicht voll eingepresste Bünde, wackelige Saitenreiter aus schwingungsdämpfendem Material, bei den Leersaiten ein zu weicher Sattel - wenn hier was im Argen liegt, kann das kein Pickup und kein Amp der Welt rausreißen. Eine Neubundierung ist nicht billig und will gut überlegt sein, aber sie kann eine Gitarre verwandeln. Auch hier ist das Material nicht ganz unwichtig - bei meiner Studio waren die Medium-Originale recht liederlich eingepasst und abgerichtet, und sie hat durch fette Jumbobünde nicht nur eine wesentlich bessere Bespielbarkeit, sondern auch einen stabileren Ton bekommen. Vor allem das Attack hat sich aber nochmal entscheidend gebessert, nachdem auch die Bridge getauscht war. Nicht zuletzt ist das im Vergleich zu den potentiellen Auswirkungen und zum Wert der Gitarre eine der preisgünstigsten Maßnahmen überhaupt, weil selbst Top-Material billiger ist als ein besserer HB und man das ganze leicht selber machen kann.
2.
Der Halsstab muss unter Spannung stehen. Hier sollte man immer prüfen, ob man beim Anziehen Widerstand spürt. Falls nicht, sollte man auch bei stimmiger Halskrümmung zumindest so weit drehen, dass die Mutter ausreichend fest sitzt.
3.
Schon etwas weiter entfernt, aber auch nicht ohne Einfluss: Mechaniken und Saitenhalter. Beide sind aufgrund der Längsschwingungen der Saiten, die sich auch nach den Auflagepunkten fortsetzen,
nicht bedeutungslos. Hatte gerade eine Strat da, bei der sich die Muttern der Tuner gelockert hatten. Das Anziehen hat die Schwingungsentfaltung hörbar verbessert, von der Stimmstabilität ganz zu schweigen. Ähnliches gilt für das Tailpiece (Saitenhalter). Eine Les Paul mit Bigsby klingt schon anders, und ein Alutailpiece eben auch nicht so wie eines aus Messing oder Guss. Nach meiner Erfahrung jetzt auch nicht die zentrale Stelle für Attack (das wohl mehr von den Querschwingungen geprägt wird) und Sustain, aber geschmacklich kann man auch hier noch etwas bewegen, Messing macht mehr Druck in den Mitten, Alu klingt heller und holziger, Guss etwas matter.
4.
Potis, Schalter, Verkabelung. Egal welcher PU, hier muss alles durch. Der Schalter kann an den Kontakten korrodieren (gerade hat ein Kollege hier mehrfach PUs getauscht, bis er feststellen musste, dass der matte Ton davon kam), einzelne Lötstellen können "kalt" sein und unötige Widerstände bilden. Potis können Werte haben, die die Resonanzfrequenz stark bedämpfen (wie die 300 KOhm Volumes, die in Les Paul Studios bis vor kurzem ab Werk verbaut wurden), aber auch aufgrund von Toleranzen vom Nennwert abweichen. Die meisten 500er streuen eher nach unten, was dann so jenseits der 470 KOhm allmählich auch hörbar wird. Hat man Probleme mit zu starkem Höhenverlust beim Zurückdrehen oder will die PUs nicht nur dumpfer machen, sondern auch mal in den Mitten und Bässen ausdünnen, empfehle ich das 50s Wiring zu testen. Die Tonpotis waren übrigens immer 500 KOhm und können idR bleiben, zumindest in den 90er Gibson, die mir bisher begegnet sind.
5.
Pickups. An dieser Stelle und nicht früher sollte man dieses Thema angehen. Auch hier heißt es zunächst mal, mit der Höheneinstellung insgesamt und den Polschrauben etwas rumzuprobieren. Klassiker vor allem am Hals: Polschrauben höher drehen, PU insgesamt etwas tiefer legen, um einen klareren Ton zu bekommen. Gefällt die Gitarre an dieser Stelle schon in ihren grundsätzlichen Parametern, aber man will geschmacklich in eine andere Richtung, oder klingt die Gitarre über einen Amp deutlich matter oder schriller als ohne, kann man an den Austausch gehen.
Vor diesem Punkt ist der Austausch von PUs allzuoft ein Herumdoktern an Symptomen und führt nur zu Frust statt "Heilung".
Es ist aber halt so, dass gerade bei den Studios aus den 90ern oft an den oben aufgeführten Stellen geschludert wurde. Was doppelt schade ist, nachdem die damals verwendeten Hölzer oft genug viel Potential haben. Für die Studios wurde ja grundsätzlich nichts anderes verwendet als für die Standards, z.B. hatten die damals noch einteilige Mahagonibodies und tiefschwarzes, fast porenloses Ebenholz (mit sauig eingepassten Inlays...
).
Gruß, bagotrix