1-b3-#5 muss ein Dreikang in Grundstelltung sein. Keine andere Deutung möglich.
Ein Sextakkord hat immer die Umkehrung 3-5-1, das gilt auch für den Napoloetanischen Sextakkord. Alles andere ist kein Sextakkord.
Das ist der feine Unterschied zwischen einem (reinen) Theoretiker und dem Praktiker...
MaBA hat´s deutlich erklärt, warum die Umdeutung n o t w e n d i g ist. Und man das auch hört.
Die von Threadsteller benutzte Schreibweise läßt überhaupt keine bzw. alle Funktionen bzw. Bedeutungen zu, denn sie soll damit einen Klang beschreiben. Wo man diesen Klang - also
T ö n e - einsetzen kann, ist auch Teil des Themas (weswegen ich im Vorposting auch nochmal den Threadsteller zitiert habe).
Sicher hast du recht, was die reine Definition betrifft. Nur ist damit keinem geholfen, denn in der Praxis stolpert man andauernd über genau solche Akkorde - d.h. es e r k l i n g e n genau diese Töne.
Weswegen du dich deshalb gegen eine Umdeutung sträubst, ist mir deshalb nicht ersichtlich. Wenn es darum geht, wer Recht hat, mag dir zustimmen. Wenn es darum geht, diesen Akkord nutzbar zu machen, der mag sich eben MaBa und mir anschließen. Die korrekte Schreibweise dieses Klangs kann man dann von Fall zu Fall wählen.
Ganz ehrlich:
Kannst du einen Unterschied zwischen einem Neapolitaner, einem Slash-Akkord, einem 1-3b-5#-Akkord und einem 1-3b-6b-Akkord hören, wenn das harmonische Umfeld fehlt, man dir also diesen Dreiklang in allen vier theoretischen Varianten vorspielt?
Würdest du wirklich behaupten, daß es diesen Dreiklang, also die Töne 1-3b-#5 nicht gibt...?
Sicher nicht, denn du würdest ihn als einen einzigen Akkord in Sextstellung wahrnehmen...
Kommt hingegen das harmonische Umfeld dazu, wird ein geschultes Ohr genau die gleichen drei Töne als unterschiedliche Akkorde wahrnehmen. Und wie du schon in deinem Link gezeigt hast, gibt es durchaus auch theoretische Modelle, in denen selbst dieser Akkord vorkommen kann, selbst wenn du meine Meinung über die Herleitung des N. nicht akzeptieren wolltest...
Hier überholt wieder einmal die Praxis die Theorie, wie es immer schon war. So eine strikte Ansicht, wie du sie vertrittst, ist bei der temperierten Stimmung hinfällig, weil Töne jederzeit umgedeutet werden können - als Beispiel eine Tritonussubstitution:
G7/5b = Db7/5b.
Exakt die gleichen Töne. Exakt die gleiche Struktur. Beide funktionieren gleich, nämlich sowohl als Dominante einer C-Tonika und gleichzeitig F#-Tonika...
Da deuten ja schon die Ohren um, da braucht es nicht einmal irgendeine Theorie...
Und wenn ich dir die Töne 1-3b-5b-7bb nenne, gibt es gleich noch eine ganze Anzahl an weiteren Umdeutungsmöglichkeiten, (mindestens vier) als Dominante, als Subdominante, beides gleichzeitig, ja sogar als Tonika. Und jedesmal erklingen die gleichen Töne...
Rein theoretisch wird´s da ganz schnell richtig kompliziert, schau dir ruhig mal an, was ein la Motte oder ein Grabner dazu meinen...
In der Praxis ist das durchaus leichter, ergeben sich diverse Modulations- bzw. Umdeutungsmöglichkeiten von ganz alleine. Genau das, was dann Musik ausmacht.
Nur noch ein Gedanke:
Es ist doch eigenartig, daß die größten Theoretiker sicher nicht die größten Musiker bzw. Komponisten waren (Naja, Schönberg und Hindemith ausgenommen, wobei beide ja ihre ganz eigene Harmonie- bzw. Satzlehre geschaffen haben).