Denn der am Hals und nicht am Korpus befindliche Pflock ist ja nicht verleimt. Das ist ja meine "Kritik"...
Ich glaube trotzdem, dass an Pauls Hintergedanken was dran ist.
Denn die bis zur Kopfplatte weiter laufenden Holzfasern des Halses kleben ja ebenfalls flach auf den darunter liegenden des verlängerten Halsfußes, nur eben nicht durch nachträglich aufgebrachten Leim, sondern durch die natürlichen Inhaltsstoffe, die die Faserstränge schon im gewachsenen Baum zusammengehalten haben.
Wir haben hier also sozusagen eh schon eine Vielzahl von aufeinander geschichteten "Leimverbindungen". Der Saitenzug zieht dabei durch die Hebelverhältnisse einer Gitarre immer auch nach oben, sprich senkrecht zu diesen Verbindungen. Die unten liegende Verdickung zu verlängern, macht demnach statisch gesehen bzw. von den auftretenden Kraftvektoren her auch nicht weniger Sinn, als eine Korpuszunge zu verlängern, an der dann wiederum der Halsfuß klebt. Dass die Leimverbindung nicht per se schwächere Klebekräfte hat als die Holzfasern untereinander, sieht man ja daran, dass Brüche bei solchen Verbindungen keineswegs immer an der Leimfuge auftreten.
Der Überstand bringt statisch nichts. Und die Statik ist bei der Gitarre irrelevant. Wäre sie relevant, wären die Hälse generell dicker.
Da bin ich anderer Ansicht, schließlich gibts durchaus auch Halsbrüche, speziell auch an Halsverbindungen wie bei der SG, und bei Set Necks mit dünnem Halsprofil gibt es da erfahrungsgemäß auch eine gewisse Häufung. Wenn bei Gitarren Statik gar keine Rolle spielen würde, könnte man Hälse beliebig dünn und aus jedem Material machen, was offenkundig nicht so ist. Hat eine Gitarre keine ausreichende Statik, kann man auch keine Saiten aufziehen. Wichtig ist dabei nicht nur die absolute Dicke, sondern vor allem das Verhältnis zur Länge. Stabile Statik und geringe Schwingungsdämpfung wiederum sind zwar nicht identisch oder linear abhängig, aber gehen regelmäßig doch Hand in Hand.
Aber konkret zu unserem PRS-Halsfuß: Nachdem ich nicht unbedingt ein Mathefan bin, versuche ich mir solche Dinge immer gerne durch das
argumentum ad absurdum zu verdeutlichen. Würde ich diese Halsverdickung immer weiter kürzen, käme ich irgendwann an den Punkt, an dem der verbliebene Holzwinkel so dünn wäre, dass er dem Saitenzug nicht auf Dauer widerstehen könnte?
Ich denke, das ist ziemlich wahrscheinlich, wenn man bei einer PRS mit Doppelcutaway schaut, wo der obere Teil des Halses endet. Da blieben dann von der Leimfläche nach oben gesehen nur noch 2-3 cm vom Halsholz, die den gesamten Saitenzug abkriegen, und dass dann noch quer Faser - nicht sehr vertrauenerweckend. Wenn man die Verdickung also nicht
ganz wegdenken kann, ohne dass der Hals instabil wird, hat sie logisch zwingend auch eine statische Funktion, sprich sie versteift den Hals gegen Biegekräfte. Da letztere aber auch beim Schwingen der Saite auftreten, wird jede Verkürzung prinzipbedingt auch einen Einfluss auf die Schwingsteife des Halses haben.
Ab dem Punkt ist es dann aber keine grundsätzliche Frage, sondern eine Abwägungssache bzw. muss durch Ausprobieren ermittelt werden, wie lang die Verdickung mindestens sein sollte. Ganz weglassen könnte man sie wohl nur, wenn die Gitarre keine Fräsung für einen HalsPU hätte.
Gruß, bagotrix