Sehr gut. Jetzt können wir uns wieder die Köpfe heiß reden.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, wenn es EINEN Faktor gibt, den Zollner als nicht-trivial in der letztlichen Klangentfaltung beschreiben würde, dann ist er vermutlich verwendete Pickups und Beschaltung.
Richtig ist sicherlich auch, dass, beispielsweise wie von Lemme dargelegt, die Möglichkeit besteht über Beschaltung eine Annäherung an einen generischen Humbucker oder Singlecoil-Sound hinzubekommen, der vermutlich in allen relevanten Parametern innerhalb dessen liegt, was man von den jeweils anderen Tonwandlern erwartet.
Hier endet meiner Meinung nach aber auch schon der Zauber. Denn dass ich einen generischen humbucker-, P90-, CC-, Singlecoilartigen Sound beschalten kann, bedeutet eben NICHT, dass ich eine SPEZIFISCHE Übertragungscharakteristik einschränkungsfrei beschalten kann oder dass das auch nur weniger aufwändig wäre, als den Pickup zu wechseln.
Augenblicklich beschäftige ich mich mit einem sehr, sehr spezifischen Ausschnitt von Pickups selbst - nämlich mit im deutschsprachigen Raum (nicht wegen deutschtümelei, sondern weil dieses Feld deutlich weniger gereviewt ist und ökologische Transportkosten im Musiker-Board Hauptleser*innenkreis kleiner hält) PAF-style Humbuckern.
Also NUR klassische Humbucker - und nur Produkte, die sich an den Vorbildern der 50er und frühen 60er orientieren. Oder um mal etwas in den Raum zu werfen: Keiner der von mir getesteten PUs reißt bei der Widerstandsmessung die 9kOhm Latte (auch wenn dieser Wert ALLEINE nur sehr wenig Aussagekraft besitzt).
In der ersten Testrunde kam ein Referenzpickup zum Einsatz und fünf unterschiedliche Pärchen in einer weiten Preis- und Popularitätsspanne.
Um das in irgendeinerweise vertretbar abzubilden habe ich mich selbst für den Test "verblindet" - wusste also zu keinem Zeitpunkt, mit welchem Pärchen ich gerade Aufnahmen erstelle und was ich gerade beschreibe. Dabei habe ich mir auch noch einen Fragebogen erstellt, über den ich meine subjektive Einschätzung skaliere.
Lässt sich hier
Thema 'PAF Type Testreihe - (PAFology III?) - Boardintelligenz zum Aufbau der Testreihe (und Mitstreiter*innen gesucht)'
und hier
Thema 'Erstellung eines Fragebogens für die Kategorisierung von PAF-Style Humbuckern. Unterstützung gewünscht.'
von Interessierten nachvollziehen, wie der Test aufgebaut ist.
Ein erstes Ergebnis dieser Arbeit (neben zwei ausführlichen Reviews - weitere folgen) ist ein kleines Ratespiel, in dem ich einerseits meine qualitativen Notizen (nicht die Fragebogenergebnisse) und zum Zweiten meine Aufnahmen zur Verfügung gestellt habe.
Thema 'Das PAF Review Ratespiel'
Da kann man zum Einen die Unterschiede zwischen sehr bauähnlichen Pickups nachhören und zum Zweiten kucken, ob sich verbale Beschreibungen sicher zuordnen lassen. Hier gibt´s noch keinen Ergebnis-Spoiler und die Teilnehmeranzahl am Rätsel ist Stand heute noch nicht statistisch relevant. Sehr leider.
Also macht mit und macht Euch selbst einen Eindruck.
Um es kurz zu fassen, meine ich Folgendes schon herausgefunden zu haben:
1) Im selben elektrischen Umfeld klingen unterschiedliche, bauähnliche Pickups unterschiedlich.
2) Relevant zur Beschreibung sind meines Erachtens erst einmal nur eine Hand voll Kategorien - wenngleich man es differenzierter tun kann. Der relative Informationsgewinn wird dann aber immer kleiner...
3) Es gibt kaum objektivierbaren Qualitätsunterschiede, aber relevante Charakteristika
4) Es gibt eine "Handschrift" von Pickupwicklern, die sie von Anderen unterscheidet und die konsistent mit ihrer Wickelpraxis zu sein scheint. Ich vermute, dass da auch eher unbewusste Prozesse eine Rolle mit spielen, wie sich Menschen angewöhnt haben, den Draht zu führen usw.
5) Es gibt keinen objektiven Qualitätsunterschied zwischen Rockinger und Boutiquewicklern (s. 3), wenn ich aber ein bestimmtes Ergebnis möchte (Betonung eines bestimmten Frequenzbereichs, bestimmte Transparenz oder Cremigkeit in den Mitten, schlanke oder fette - tighte oder runde Bässe, aggressive oder samtige Höhen...) lohnt es sich, auf bestimmte Wickler zuzugreifen (s. 4, s.2)
6) Obwohl die Pickups in der Testreihe sehr, sehr ähnlich aufgebaut sind, kann ich bei den sechs getesteten Pärchen mindestens zwei, vielleicht drei grundlegend unterschiedliche Kategorien bilden, die sich in ihren Charakteristika wirklich deutlich unterscheiden (mittige, eher dicht klingende mit eher samtigen Höhen / eher ausgekämmt, leicht scooped angelegte, sehr transparente Pickups mit offenem, luftigen Obertonbereich)
7) Unbekanntere Wickler können für spezifische Anwendungen (zB spiele ich primär Fingerstyle auf meine Elektrischen) können einhornreitenden, feenstaubbededeckten Pickupgurus locker den Rang ablaufen
Kann man all das auch mit Beschaltung erreichen? Möglich. Aber ich arbeite immer mit dem gesamten System. Und ich vermute, dass jede Beschaltungsänderung nicht nur in dem Einen spezifischen Bereich auf den Klang wirkt, sondern auf die Gesamtwidergabecharakteristik des Pickups. Wenn ich damit erreiche was ich möchte - gut.