Das Ding erinnert mich schwer an Systeme, wie sie um 1995 herum auftauchten. Ich glaube der Entwickler hieß "Mechow" oder so. Die Idee dahinter ist, den Schall rundum im Raum zu verteilen. Das funktioniert allerdings nur für die Höhen, weil es irgendwann von der Wellenlänge nicht mehr passt. Um das effektiv zu tun, braucht es einen sehr großen Reflektor, der eine Ausdehnung hat die wenigstens doppelt so groß ist, wie die zu lenkende Wellenlänge. Vom Ansatz her funktioniert das z.B. in der Hamburger Elbphilharmonie, wo es über der zentralen Bühne einen solchen Korpus gibt und der das auch weitgehend leistet. Der Schall wird damit rundum verteilt, statt nach oben zu gehen. Das ist ein Vorteil für akustische Musik, die nicht per Verstärkung lauter gemacht werden kann. Zudem fehlen dann Störreflektionen und es wird klarer.
Bei solchen kleinen Systemen haut das schon für die Mitteltöner nicht mehr hin. Das kann man leicht nachweisen, wenn man ein Mikro über die Anordnung hält und sich die Mitteltöne anhört, die nach oben gehen. Ich habe seinerzeit ein solches System nachgebaut (es gibt ein Patent von damals, daher nur als Anleitung von mir publiziert und nicht VK) und habe das en detail vermessen. Irgendwo habe ich auch noch die Cinema-Animation dafür.
Die Mitten werden teilgestreut und man bekommt einen "komsichen" Eindruck. Die Lautsprecher sind nicht mehr lokalisierbar, weil die Musik von überall her kommt. Das ist wie bei Diffusoren, wenn sich die Wände nicht mehr genau heraushören lassen. Allerdings löst sich dann auch die Lokalisierbarkeit der Instrumentenpositionen ab, was ja eigentlich ein Kriterium für gute Aufnahmen und Mischungen ist. Heisst auf Deutsch: Man bekommt eine große matschige Musiksoße. Für den Bass haut es genau so hin, wie bei einem normalen wieder hin, weil das Gehäuse insgesamt resoniert und rundum strahlt - so einigemaßen jedenfalls.
Mein Fazit war schon damals: Die Idee ist zwar irgendwie toll - krankt aber insgesamt an einem Denkfehler!
Zwar ist es auf den ersten Blick eine super Idee, die Mitten und Höhen genau so zu verteilen, wie den Bass, aber hierbei werden die Höhen und Mitten eben genau so schlecht verteilt wie der Bass, statt den Bass so gut zu fokussieren, wie es mit den Höhen möglich ist. Die Abmischung und das gesamte Stereosystem sind ja dafür ausgelegt, punktuell zu strahlen, weil man sonst massig Reflektionen im Raum bekommt. Richtig wäre es also, es umgekehrt zu machen und den Bass zu fokussieren (was so ohne Weiteres ja nicht geht).
Damit muss ich auch der dargelegten Aussage widersprechen, das System sei für PA genau so geeignet wie fürs Studio: Es ist weder fürs Studio noch für Außen geeignet, allerdings aus zwei unterschiedlichen Gründen: Im Studio hat man die unnötigen Mehreflexionen und Außen den Verlust an Schallleistung: Viel geht zur Seite, nach hinten und in die Luft. Wer soll das wollen?
Der Einzige, der das verwenden könnte, wäre ein Muezzin, der den Klang seiner Stimme direkt nach oben schicken will, damit sein Allah mithören kann. Diesen Satz habe ich seinerzeit so oder so ähnlich in einem Forum gepostet und das geerntet, was man heute shit strom nennt, Sieht man sich die Form der Minarette aber mal genau an, so ist die nach oben offene Struktur wie geschaffen, Schall in die Luft nach oben zu leiten, wenn die Lautsprecher den morgendlichen Ruf dahin donnern. Und damit keiner zu kurz kommt: Orgelpfeifen in christlichen Kirchen machen das im Übrigen auch - angeblich zu genau dem Zweck. Ich hatte eine solche Diskussion mit einem Kantor, der sich strikt weigerte, die preisgünstigeren gedeckten Pfeifen zu nutzen.
Ich schaue bei Gelegenheit, ob ich das alte Zeug noch irgendwo habe. Ich habe die Idee damals auch umgedreht und einen Trichterreflektor vor Mikrofone gesetzt, um gezielt Schall von der Seite einzufangen, damit das Fokusverhalten von Kugelmikros ausgeglichen werden kann. Diese nehmen bekanntlich von vorne die Höhen besser auf als von der Seite, während sie für Tiefen echt kugelförmig arbeiten. Das Ergebnis war dasselbe: Der Trichter hätte so groß werden müssen, wie bei einem Hornlautsprecher und die Masse der Anordnung signfikant erhöht.