Yupp, das vermute ich. Ich übersetze meine Frage noch mal anders: Du hast mal gesagt, dass Du eine Zeit lang getanzt hast. Stell Dir mal vor, es geht um Quick Step, also etwas, dass man früher an Tanzschulen nicht an Anfänger weitergegeben hat, weil schon die Schrittfolgen für die Damen und Herren ziemlich lang und kompliziert sind. Was hättest du mit einem Fortgeschrittenen gemacht, der ziemlich verkrampft an seiner Tanzanleitung festhält und vor lauter Kontrolle nicht dazu kommt, sich in den Tanz hineinzugeben? Kannst Du damit etwas anfangen?
Danke auch für den Videolink mit Lesch!
Ich gehe mal auf den Randbereich deiner Frage ein:
Meiner Erfahrung nach gibt es nur wenig Korrelation zwischen musikalischem, Instrumentalen Können und sozusagen reiner Körperarbeit ohne direkten musikalischen Bezug.
Das Tanzen verbindet ja beide Bereiche
1. Musik = Gefühl für Rhythmik, Melodik, Harmonik
2. Körperarbeit = Gefühl für Lage, Bewegung, Spannung, Entspannung im eigenen Körper (eines weiteren Körpers bei Tanz, Kampfsport …)
3. Tanz = Nutzung des eigenen Körpers ggf in Kooperation mit anderen Körpern mit Musik als ein Impulsgeber.
Ich sehe das Automatisieren beim Tanzen und Musizieren differenziert (habe aber soeben eine Idee für mich bekommen-> Musizieren als „Tanzen mit dem Instrument!“ )
Zu deiner Frage Quickstepp:
Mir ist bei meiner Beschäftigung mit Bewegung eine Sache besonders aufgefallen:
Die Basis für jegliche Bewegung muss eine bereits vorhandenen basale natürliche „Grundbewegung“ sein. Also etwas, das ein Kleinkind intuitiv aus sich heraus tut.
Diese geht verloren, wenn quasi durch diverse „Anleitungen“ kognitiv quasi roboterhaft gesteuert werden. Schlimmstenfalls sogar als solches automatisiert und damit der natürliche biologisch optimale Ablauf überlagert wird.
Das Problem bei dieser kognitiven Überlagerung: Es fehlen fließende Übergänge, die Bewegung ist aufwändiger da sie nie so abgestimmt sein kann, wie es von „Natur aus“ wäre.
Jetzt zum Quickstepp: Ein Fortgeschrittener, der abgehackt, verspannt tanzt, ist genau obigem üblichen Procedere verfallen. Er versucht, kognitiv Anleitungen zu befolgen und wird ggf. die richtigen Schritte und Drehungen etc. hinbekommen…. aber er wird nicht tanzen, da ihm sogar die Basics zum einfachen Stehen und Gehen fehlen.
Abhilfe: Beste Erfahrung machte ich folgendermaßen:
- anstelle von spezifischen Bewegungszielen oder Vorstellung eines „Endstatus“ (so und so sieht der TANZ) aus, stelle ich folgendes regelmäßig fest:
Konkretes Beispiel: Ich soll um meinen Partner herumgehen, während ich diese und jene Tanztypische Geste vollführe.
-> sobald der „typische Tanzaspekt“ im Spiel ist, bin ich nicht mehr in der Lage überhaupt noch wie ein Mensch zu gehen, sondern neige zu seltsamen stochernden Bewegungen in der Bemühung, ja diesen Tanzaspekt zu berücksichtigen. Voll Kognitiv und fern meiner eigentlichen Beweglichkeit.
-> also erweist sich diese Anweisung als hinderlich, so gut sie auch gemeint ist
-> Lösung: WEG VOM ZIEL (Tanz) , sondern einfach auf simpelste Art bewegen, Bilder schaffen, die Vertrautes heranziehen (hier im Beispiel: ich gehe um eine Litfaßsäule und lese interessiert was da draufsteht und zeige mit dem Finger drauf, weil ich da was witziges sehe)
Ergebnis (eigene xx Jahre Erfahrung): Auf einmal funktioniert die ein und selbe Bewegung, da sie aus dem kognitiven in den intuitiven Bereich gerückt wird.
Also: Die angesprochen Tänzer würden bei mir sehr viel Einheiten und Anregungen für NICHT-Tanz Bewegungen erhalten, um dann letztlich zu merken, dass eben GENAU DAS (bloß in anderem Kontext) Tanzen ist
Problem beim Musizieren: Das Musikinstrument ist kein natürlicher Bestandteil unseres Körpers. Es gibt also - anders als bei grundlegenden Körperbewegungen- keinen nativen (von Geburt an genetisch optimierten) Zugang und muss angeeignet werden. Ich persönlich merke das besonders deutlich beim Akkordeonspielen, da ich einerseits damals erlernte suboptimale Muster eliminieren muss und andererseits natürliche Bewegungsimpulse unterdrücken muss. Beides zusammen stört auch die Atmung massiv.
Das Ganze ist auch von der Musikrichtung abhängig. Walzer scheint mir auf Grund des EINS - zwei - drei stark dem natürlichen Atemrhythmus zu entsprechen (auch beim Tanzen spürbar: Walzer flutscht einfach besser als jeder andere Rhythmus)
Spiele ich was anderes, möchte der Körper tanzen, was aber dem Balg (dem Ton am Akkordeon) überhaupt nicht gut tut)
Am Klavier ist das im Vergleich viel einfacher, da hier der Körper von der Tongestaltung weitgehend entkoppelt ist und ich trennen kann, was ich mit den Armen/Händen tue von dem was im gesamten Körper vorgeht. Schlagzeug ist dementsprechend genial in dieser Hinsicht.
Soviel rein dazu.
Über das Automatisieren an sich ist viel Geniales hier schon gepostet