Aktivierung von Automatismen beim Akkordeonspielen

Dürfte ich fragen, ab wann Du dein Schnellzug-Konzept anwendest? Für Anfänger oder Leute in den ersten Zügen nicht, oder? Was machst Du mit denen, die sich zwanghaft am Notenpapier festkrallen, so dass man Angst haben muss, sie fallen vom Stuhl, wenn man ihnen das Papier wegnimmt?

Jederzeit. Ich versuche sie spüren zu lassen, dass es da bereits einen Flow gibt wenn sie C und C Dur abwechselnd fließend spielen können.
Anschließend kommt immer auf C Bass ein Ton dazu, dann auf Akkord ein zweiter. usw.

Hauptsache die Motorik läuft.
Auch wenn dann eine schwierige Stelle kommt, wo viele Probleme auf einem Haufen sind, dann wird erst eins gelöst, dann Schritt für Schritt das nächste dazu.
Aber diese Andeutungsmethode erzwinge ich indem ich einfach viel schneller vor - oder mitspiele.
Das fordert heraus und veruchsacht Fehler, aber es macht uns beiden trotzdem Spaß.
Umgekehrt ja auch - wenn ich auf jemanden treffe, der komplett automatisiert fährt und pfuscht wie das Böse, dann spiele ich im Viertel Tempo und der jenige ist genauso aufgeschmissen. Trotzdem merke ich nach anfänglichen Widerständen, dass sie es genießen und innerlich dankbar sind, dass sie "Ordnung" und Bewusstsein bekommen.
Also meine eigenen Schüler krallen sich nicht zwanghaft an den Noten fest. Bei Übergewechselten halte ich es trotzdem so, dass wir eine (am besten die schlimmste Stelle) analysieren, Schritt für Schritt aus dem Gedächtnis zusammenbauen. Die können es meisten nicht fassen, dass das möglich ist.
Und es ist auch nicht garantiert, dass sie den Weg allein weiter verfolgen. Aber ich mache das immer wieder.

Ab wann machst du das innerhalb eines Stücks? Also ab welchem Kenntnisstand? Jede verstandene Passage sofort,
Nein, auch nicht erst wenn es komplett "intus" ist, sondern wenn ich ahne, dass ich mich im aktuellen Denkprozess selbst daran hindere das musikalische Ziel zu erreichen. Bach Fuge ... die zimmerst Ton für Ton alles zusammen, es dauert Tage oder Wochen, eh es irgendwie schneller wird.
Du willst keine Fehler machen und hast einen Sicherheitsgang eingelegt, fährst immer mit 35 und merkst garnicht, dass du schon 50 schaffen würdest, zwar dann auch wieder mit Fehlern, aber es gilt diese neu auszuloten und auszumerzen. Wenn Du den Schritt nicht machst, hängst Du einfach in den alten Problemen fest.
Aber Du merkst trotzdem, dass es nach einigen Tagen nicht mehr nötig ist, JEDEN Ton zu überwachen, nur noch bestimmte. Und das ist genau der Übergang.

Dieses schnell Spielen obwohl das Ziel langsam ist ist genau das gleiche. Es schärft den Sinn für Form und Dramaturgie und nimmt der Motorik ihr Gewohnheit.
 
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... habe nach dem ersten Lernen zweimal versucht, bei der Invention Nr.4 von Bach MIII-Fingersätze zu optimieren. Jetzt hat mein Hirn drei verschiedene MIII-Varianten intus.
Oh ja, Fingersatz ändern ist so eine Sache. Ich erinnere mich an einen (Diskant-) Lauf, der fingersatzmäßig eher bescheiden war. Mein Lehrer und ich tüftelten lage herum, bis wir einen hatten, der einigermaßen vernünftig zu spielen war. Und den übte ich dann. Halbes Jahr oder so später brachte ich dieses Stück mit dem Lauf nochmals mit in den Unterricht, um es "vorführreif" aufzupolieren.
Lehrer: wie bist du denn nur auf diesen seltsamen Fingersatz gekommen?
ich: den haben wir gemeinsam ausgetüftelt
L: oh ...
...
L: das muss besser gehen!
daraufhin machte er mir einen neuen Fingersatz für den Lauf, den ich mit dem alten eigentlich konnte. Aber mit dem neuen Fingersatz ging plötzlich gar nichts mehr - weder der alte, noch der neue. Ich musste mich hinsetzen, den neuen Fingersatz ausradieren und den alten mühselig rekonstruieren und dann ganz neu anfangen ihn spielen zu lernen. Seither ändere ich keinen bestehenden Fingersatz mehr, auch wenn es möglicherweise einen besseren gäbe als den, den ich nutze!
 
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Andeutungsmethode
Schock! My God! Das funktioniert ja. Ich bin verwundert, entsetzt, begeistert, denke "Warum hat man das mit mir nicht gemacht?" und schimpfe auf meinen ollen Lehrer aus dem letzten Jahrtausend Noch eine Nachfrage, @Klangbutter. Ich hab jetzt den flotten Hasen ans Steuer gesetzt und den losrasen lassen. Funzt. Schnell, wenig Fehler, das Adrenalin fließt, die Sache macht mir einerseits Spaß . Andererseits: Die besserwisserische Schildkröte in mir rebelliert: "So ein Quatsch! Du hast keine Kontrolle!" Sie fordert: "Ich will auch mitmachen!" Ich spüre ihr Unwohlsein emotional deutlich. Mache ich dieselbe Übung und fahre das Tempo runter, habe ich eine Schildkröte, die mit dem Hasen streitet und den unter Druck setzt. Natürlich kommt beim Spielen Quatsch raus (viele Fehler, Unsicherheiten, Uneindeutigkeiten), weil jeder sagt: "Ich kann das besser als du." Wie kriegt man dazu, dass die Schildkröte den Hasen akzeptiert oder die beiden zumindest zusammen arbeiten?
 
Immer wieder wechseln.
Dieser Streit wird die beiden ne Weile begleiten und selbst wenn er begraben ist und Gras drüber wächst, kann er später mal wieder kommen.

Also 4x langsam, 1x schnell (oder eben ZU schnell)

Die Übumg dient nur dazu, die Blockaden zu lösen, Grenzen zu sprengen.

Außerdem: der von Dir beschriebene Effekt gilt sicher nicht an allen Stellen. Du musst herausfinden, wo im Tempo die meisten Pfuscher sind und wo es sich eigentlich ganz bequem anfühlt, schneller zu spielen.
An den Stellen musst Du separat arbeiten. (Von langsam zu schnell oder gleich schnell aber mit Elementen-Zusammenbau)
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Ach @lil ...
Ich ändere auch nach Jahren noch Fingersätze, wenn sie mir zu viel Mühe beim Üben machen.
Wenn irgendwas nach Jahren immernoch hakt oder schwächelt oder blöd klingt, dann muss was gemacht werden.
 
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Schock! My God! Das funktioniert ja. Ich bin verwundert, entsetzt, begeistert, denke "Warum hat man das mit mir nicht gemacht?" und schimpfe auf meinen ollen Lehrer aus dem letzten Jahrtausend Noch eine Nachfrage, @Klangbutter. Ich hab jetzt den flotten Hasen ans Steuer gesetzt und den losrasen lassen. Funzt. Schnell, wenig Fehler, das Adrenalin fließt, die Sache macht mir einerseits Spaß . Andererseits: Die besserwisserische Schildkröte in mir rebelliert: "So ein Quatsch! Du hast keine Kontrolle!" Sie fordert: "Ich will auch mitmachen!" Ich spüre ihr Unwohlsein emotional deutlich. Mache ich dieselbe Übung und fahre das Tempo runter, habe ich eine Schildkröte, die mit dem Hasen streitet und den unter Druck setzt. Natürlich kommt beim Spielen Quatsch raus (viele Fehler, Unsicherheiten, Uneindeutigkeiten), weil jeder sagt: "Ich kann das besser als du." Wie kriegt man dazu, dass die Schildkröte den Hasen akzeptiert oder die beiden zumindest zusammen arbeiten?
Siehste mal, wie ungerecht das ist ....
Ich mach das schon immer so, hab schön Spielfluss, je schneller das Stück, desto easier fällt es ...
Aber ich merke seit letzter Zeit, dass ich bei qualitativ anspruchsvolleren Stücken unsicher bin, vergesse, nicht weiß, was ich spiele, und bei dem geringsten Versuch zu denken, rausfliege ... Ich brauch genau das, was viele ggf. ausschließlich so gelernt haben und deshalb vlt auch so an Noten kleben u.a.

Daraus dann den Zusammenschluss finden ...

Dann lass uns aus der entgegengesetzten Richtung die Mitte anpeilen ... :D
 
Ich ändere auch nach Jahren noch Fingersätze, wenn sie mir zu viel Mühe beim Üben machen.
Wenn irgendwas nach Jahren immernoch hakt oder schwächelt oder blöd klingt, dann muss was gemacht werden.
Wenn ein Fingersatz nicht funktioniert, dann muss er geändert werden, keine Frage. Ich rede davon, einen funktionierenden (wenn auch vielleicht seltsamen) Fingersatz zu ändern, weil ein anderer vielleicht eleganter, schöner oder besser wäre.
 
Der Klassiker: Fingerwechsel.
Sieht kaum jemand ein...

Video
 
DAS ist kein Problem für mich. Aber ich glaube, wir geraten hier ziemlich OT ...
 
Ich mach das schon immer so
Weißt Du, was ich mich frage? Warum kann ich ÜBERHAUPT spielen? Irgendeine Automatisierung muss ich ja haben, ohne dass ich diese effektive Andeutungsmethode kannte?

Meine Antwort: Methode 1: Ich hab die Stücke im OHR, hab sie dann zu jeder Tages- und Nachtzeit gefühlte 200x pro Stück gespielt. Und irgendwann flutschte es. Es war automatisiert. Ich brauchte also das Gehör. Ein Stück begrenzten Schwierigkeitsgrades. Technische Grundlagen, auf die ich zurückgreifen konnte. Und ganz viel Zeit für unzählig viele Repetitionen. Stress kann mir bei diesen Stücken fast nichts anhaben.

Methode 2: Für mich sind Noten trickier als eine Melodie im Hirn. Denn die enthalten eventuell Sachen, die man noch nie so gemacht hat. Man hat die Stücke nicht im Ohr. Die Bewegungsmuster sind fremd und damit wohl "schwer". Man hat nichts, auf das man zurückgreifen kann. Was tut man jetzt? Naja, man greift auf Noten zurück und buchstabiert Note für Note mit seinem Schildkrötenhirn. Gut ist, wenn man die Stücke irgendwann irgendwie ins Gehör kriegt. Dann ist die Chance da, dass man sie später ohne Noten mit der o.g. bewährten Methode spielen kann. Passiert das nicht, ist bei mir oft Schluss. Eigentlich ist es blöd, nur die Schildkröte an das Noten-Stück zu setzen. Es dauert. Die Buchstabier-Methode verspricht nicht immer, erfolgreich zu sein. Manche Sachen klappen langsam irgendwie, sind flott ganz anders und funktionieren nicht, wenn man sie im gewünschten Tempo angehen möchte, weil Schildkröte statt Hase. Die Konsequenz sind falsch gespielte Stücke. Alles was mit Rhythmus zu tun hat, ist gefährdet. Jazz nach Noten ist besonders krass. Da spiele ich Zeug, was nicht so da steht, hab ich den Eindruck. Lieber lerne ich das Leadsheet und die Akkorde, bastle mir mein eigenes Stück, schaue, was man mit dem Material improvisatorisch anstellen kann, klaue Ideen von anderen und bin wieder bei Methode 1.
 
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