Welches Instrument für Kind zu empfehlen (solistisch)

  • Ersteller turtle_kunstliebhaber
  • Erstellt am
Was mich noch interessieren würde, woran erkennt man als Laie denn ob eine instrumentenspezifische Begabung vorhanden ist?
Begabung und Talent erkennst du zuverlässig am Scheitern einer Person 😋

Nein im ernst, Schüler die glauben oder gesagt bekommen das sie Begabung oder Talent besitzen neigen dazu zu denken dass sie nichts tun müssten und erreichen dadurch auch nichts. Eine Person kann das größte Talent und Begabung haben, wenn sie nichts dafür tut wird der Mitschüler der am wenigsten Begabung hat Karriere machen.

Mal von anatomischen Dingen abgesehen ist Musizieren primär ein Handwerk das bis auf ganz wenige Ausnahmen jeder lernen kann. Nicht jeder kann der Weltbeste werden, aber jeder mit genug Durchhaltevermögen kann ein sehr professionelles Spiel erreichen. Der eine schneller, der andere langsamer.
 
Wenn es euch als Eltern total gegen den Strich geht, weil zu laut, zu schief, zu irgendwas
Das kann natürlich passieren aber hier sehe ich auch die Eltern in der Verantwortung zum Wohl des Kindes zu entscheiden. Klar ist das in der Theorie einfach gesagt. Aber im Gegensatz zu Kindern, sollten Erwachsene in der Lage sein, da entsprechende Abwägungen vorzunehmen und dann nicht rein nach Befindlichkeiten zu entscheiden. Es gibt natürlich Fakten die dann gegen ein bestimmtes Instrument sprechen (Erkrankungen von Familienmitgliedern, prekäre Wohnsituationen...). Nur ein "Mir gefällt das Instrument nicht" sollte nicht die Grundlage sein, einem Kind ein Instrument zu verbieten.

Aber viele Kinder dürfen das Wunschinstrument schon mit 5-6 Jahren spielen und hören nach ein paar Jahren auf, ohne das Instrument brauchbar spielen zu können.

Den Wunsch sollte man ernst nehmen, nicht aber an die Erwartung koppeln, das Kind müsse das Instrument erlernen und viele Jahre dabei bleiben
Wahrscheinlich lässt sich das auf viele Hobbybereiche (und auch bis ins Berufliche) übertragen. Die wenigsten werden Fußballprofis. Auch Interessen ändern sich einfach im Laufe des Lebens. Ich denke nur, dass die Kindheit und Jugend einfach die Zeit ist viele Dinge auszuprobieren. Den Sportverein, Pfadpfinder, Musikinstrument/e, Chor etc. Man kann ja nur wissen ob man Spaß und längerfristiges Interesse an einer Tätigkeit hat, wenn man sie auch mal ausprobieren konnte. Deswegen auch wieder der Rat ein Instrument zu mieten und nicht gleich unnötig viel Geld zu investieren. Ich erinnere mich noch an eine Freundin aus dem Reitverein. Der Großvater hatte den Reitunterricht finanziert, die Ausrüstung, zusätzliche Kurse bei namenhaften Lehrern etc. Die Freundin wollte einfach nur reiten und Spaß haben. Der Großvater hatte sich da jedoch in den Kopf gesetzt, dass das eine Investition in eine professionelle Karriere sein soll. Sie ist dann später nur noch von Turnier zu Turnier getingelt und hatte das worum es ihr eigentlich ging komplett verloren: Freude und Spaß. Unterstützen und Fördern ist gut und richtig aber großen Druck und eine hohe Erwartungshaltung aufzubauen, kann eigentlich nur zu Enttäuschungen führen. Von daher ist es richtig davon auszugehen, dass das Interesse an Musik und/oder einem bestimmte Instrument auch wieder verschwinden kann.

Ich persönlich halte nicht viel von Musikschulen, so lange man es nicht professionell benötigt. Ich gehe doch nicht fix zweimal die Woche eine Stunde zu einem Lehrer der sein Programm durchzieht wenn ich selbst nicht den Bedarf habe.
Für Erwachsene oder ältere Jugendliche ist das bestimmt sinnvoller sich dann Unterricht zu nehmen, wenn man selbst an einer Stelle nicht weiterkommt. Bei Kinder spielt aber denke ich auch einfach der Faktor Struktur mit rein. Die wenigsten Kinder werden sich mit der Blockflöte und einem Buch zuhause ins Zimmer setzten und eigenständig ein Instrument erlernen. Da braucht es glaube ich deutlich mehr Input und Anleitung von Außen.

Gibt es eigentlich noch die klassische musikalische Grundausbildung an den Musikschulen? Da ging es dann grundlegend um Notenlesen, Tonleitern und Rhythmik. Als Einstiegsinstrument wurde da die Blockflöte genutzt. Bei mir war das damals die Voraussetzung um überhaupt in den Instrumentalunterricht der städt. Musikschule wechseln zu dürfen. Am Ende der Grundausbildung durfte man dann beim Sommerkonzert der Musikschule mitspielen. Man bekam also musikalische Grundkenntnisse vermittelt, hat schonmal vor Publikum gespielt und war selbst Besucher eines Konzertes. Das waren auf jeden Fall schomal einige Möglichkeiten das generelle Interesse am Musizieren auszuloten. Im Anschluss an das Konzert fand auch noch direkt das Instrumentenkarussel statt. Das hat dann auch eigentlich Jeder genutzt, weil man eh schon vor Ort war und die Motivation hoch wegen dem kurz vorher erfahrenen Erfolgserlebnis beim Konzert.

uns geht es eher um die Freude, die Musikalität an sich, das Instrumente bereichern, klüger machen, für Mathe helfen
Die letzten beiden Punkte klingen sehr nach Musik als Mittel zur Optimierung. Musizieren trainiert bestimmte Areale im Gehirn und dabei bestimmte Fähigkeiten u.a. motorische. Aber das Musik klüger macht und dann auch noch bei "Mathe helfen" soll, ist glaube ich etwas zu viel erwartet. Vielleicht bin ich da einer der wenigen Einzelfälle, aber die Querflöte hat mich nicht vor einer 5 in Mathe bewahrt. Eine Mitschülerin ist wegen Mathe und Physik sitzen geblieben. Sie spielte Klavier und Querflöte. Nicht repräsentativ, klar. Musik erweitert den Horizont und man wird "klüger" im Sinne von weiterem Wissen. In diesem Fall Wissen über musikalische Grundlagen, Komponisten, spezielleres Wissen zum jeweiligen Instrument etc. Aber, dass man klüger im Sinne höherer Intelligenz wird, ist eher nicht anzunehmen. Hierzu gab es 2020 auch eine Metastudie die zeigt, dass es keine Korrelation zwischen Musik und "Intelligenz" bei Kindern gibt.

Sala, G., Gobet, F.: Kognitive und akademische Vorteile von Musiktraining mit Kindern: Eine Mehrebenen-Meta-Analyse
Zusammenfassung:
Es wird immer wieder behauptet, dass sich Musiktraining positiv auf die kognitiven Fähigkeiten und akademischen Leistungen (Lesen, Schreiben und Mathematik) von Kindern auswirkt. Diese Behauptung stützt sich auf die Annahme, dass die Beschäftigung mit intellektuell anspruchsvollen Aktivitäten bestimmte bereichsübergreifende kognitive Fähigkeiten oder sogar die allgemeine Intelligenz fördert. Die vorliegende meta-analytische Übersichtsarbeit (N = 6.984, k = 254, m = 54) zeigt, dass diese Annahme falsch ist. Sobald für die Qualität des Studiendesigns kontrolliert wird, ist der Gesamteffekt von Musiktrainingsprogrammen null (g¯¯¯ ≈ 0) und sehr konsistent über die Studien hinweg (τ2 ≈ 0). Ergebnisse von Bayes'schen Analysen, die Verteilungsannahmen (informative Priors) verwenden, die aus früheren Untersuchungen zum kognitiven Training abgeleitet wurden, bestätigen diese Schlussfolgerungen. Kleine statistisch signifikante Gesamteffekte ergeben sich nur in den Studien, die keine zufällige Zuteilung der Teilnehmer vornehmen und nicht-aktive Kontrollen verwenden (g¯¯¯ ≈ 0,200, p < .001). Interessanterweise ist Musiktraining unabhängig von der Art der Ergebnismessung (z.B. verbal, nonverbal, geschwindigkeitsbezogen, etc.), dem Alter der Teilnehmer und der Dauer des Trainings unwirksam. Darüber hinaus stellen wir fest, dass über die Meta-Analyse experimenteller Studien hinaus eine beträchtliche Menge an Querschnittsevidenz darauf hinweist, dass die Beschäftigung mit Musik keinen Einfluss auf die nicht-musikalischen kognitiven Fähigkeiten oder die akademischen Leistungen von Menschen hat. Wir kommen zu dem Schluss, dass der Optimismus der Forscher in Bezug auf den Nutzen des Musiktrainings empirisch nicht gerechtfertigt ist und auf einer Fehlinterpretation der empirischen Daten und möglicherweise auf einem "confirmation bias" beruht.

Quelle zum vollständigen Artikel (Englisch):
Sala, G., Gobet, F. Cognitive and academic benefits of music training with children: A multilevel meta-analysis. Mem Cogn 48, 1429–1441 (2020). https://doi.org/10.3758/s13421-020-01060-2

Freude, Musikalität und Bereicherung durch ein Musikinstrument sind denke ich aber schon mehr als genug Pro-Argumente. Es muss doch nicht immer alles auf Leistung und Optimierung ausgerichtet sein. Wenn ihr es eurem Sohn ermöglichen könnt, dann macht es. Auch ihn weitgehends eigenständig ein Instrument auswählen zu lassen ist doch ein Lernprozess. Eigene Entscheidungen treffen. Eine wie ich finde sehr wertvolle Kompetenz in vielen Lebenslagen. Und vielleicht auch die Erkenntnis, das man sich auch mal "falsch" entscheiden und sich in einigen Fällen auch nochmal anders entscheiden kann. Um die finanziellen Investitionen gering zu halten gab es hier ja schon viele wertvolle Tipps (Musikvereine, Instrumentenmiete...). Beim Unterricht in den (städtischen) Musikschulen sollte man auch bei den Kosten nochmal beachten, dass für das Mitspielen in den Ensembles/Orchestern in der Regel keine weiteren zusätzlichen Gebühren anfallen. Unterricht kostet dann genauso 60 € wie Unterricht + Ensemble. Vielleicht ist das auch ein Punkt, der mit in die Überlegungen einfließen kann.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 4 Benutzer
Man kann ja nur wissen ob man Spaß und längerfristiges Interesse an einer Tätigkeit hat, wenn man sie auch mal ausprobieren konnte.

Die meisten Kinder haben Spaß am Musizieren; es fängt schon sehr früh an - ein gut bebildertes Kinderliederbuch aufschlagen, Kind auf den Schoß nehmen zusammen reingucken und jeden Tag ein paar Liedchen aus dem Buch singen. Es dauert nicht lange und das Kind singt mit; bereits mit zwei Jahren kann das Kind einige Lieder (Texte) auswendig und auch die Melodie wird über lange Strecken gut gehalten. Vor allem aber sind solche "Singstunden" für das Kind ein Stück Lebensfreude. Manche Kinder fangen von sich aus an, zu dem Liedsingen auch zu "tanzen", und auch hier kann man es mit Klatschen unterstützen.
Das ist kein Musikunterricht, das ist eine normale/tägliche Beschäftigung mit Kleinkindern, die alle Eltern, auch wenn sie sich für unmusikalisch halten, leisten können und leisten sollten, denn das Mitmachen der Eltern kann keine CD oder TV ersetzen, wie professionell und sauber der Gesang von der CD oder aus dem TV auch kommen mag.

Auch die ersten Erfahrungen mit einem Musikinstrument sind sehr mannigfaltig; das eine Kind (im Vorschulalter) schnappt sich eine alte Mundharmonika und pustet nach dem Gehör rein, und bald kommt aus der MuHa eine schöne Melodie raus. Was für eine Selbsterfahrung!
Ein anderes Kind verbringt viel Zeit mit den Großeltern, und der Opa spielt Akkordeon (und dazu wird auch gesungen). Wie lange dauert es, bis das Kind sagt: "Darf ich auch mal?"? Und das Kind darf und hat Spaß daran. Manchmal hält der Spaß an dem Instrument so lange an, daß daraus ein Unterricht in der Musikschule wird und später eine zigjährige Mitgliedschaft in einem Akkordeonorchester. Manchmal entdeckt das Kind später ein anderes Instrument, das noch mehr Spaß macht.

Ja, die meisten Kinder haben Spaß am Musizieren und wollen ein Musikinstrument spielen lernen (und dabei ein brauchbares, alltag-/freizeittaugliches Niveau erreichen), aber ob sie deshalb gleich ein Star-Virtuose werden wollen?

Gruß, Bert
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Gibt es eigentlich noch die klassische musikalische Grundausbildung an den Musikschulen? Da ging es dann grundlegend um Notenlesen, Tonleitern und Rhythmik
Eigentlich ist das alles Grundwissen was damals noch in dem Musikunterricht der normalen Schule gelehrt wurde. Sollte heute eigentlich auch so sein dass die Kinder die Grundlagen der Harmonielehre lernen. Leider scheinen an einigen Schulen die Lehrer zu fehlen. Meine Tochter kann dank Musikunterricht alle Stücke von Bach, Beethoven und so aufzählen aber keine Note lesen...

Bei der Aussage mit Struktur bei einer Musikschule Stimme ich dir zu.
 
Gibt es eigentlich noch die klassische musikalische Grundausbildung an den Musikschulen? Da ging es dann grundlegend um Notenlesen, Tonleitern und Rhythmik.

In meinem Klavierunterricht in der Städtischen Musikschule, den ich bis "Corona" hatte (also rezent), war es so. Jede Stunde, über die ganzen fünf Jahre, begann mit Tonleitern, rhythmisiert gespielt, dann kleine Stücke, die ich mir nach Noten vorbereitet hatte, dann ein größeres Stück, an dem wir mehrere Wochen zusammen gearbeitet haben.

In meinem Gesangunterricht (auch eine Städtische Musikschule) wurde das Notenlesen nie erwähnt, es war wohl selbstverständlich, daß der Schüler die Noten beherrscht; ich bekam ein Notenblatt in die Hand gedrückt und nächste Woche wurde das Stück gesungen - der GL begleitete mich am Klavier, ich stehend singend vor dem Notenblatt. Auch hier begann jede Stunde mit Tonleitern und Läufen an, wobei der GL die Sequenz immer am Klavier vorspielte, ich sang nach.

Gruß, Bert
 
Gibt es eigentlich noch die klassische musikalische Grundausbildung an den Musikschulen?

Diese Inhalte werden heute meist in den instrumentalen Anfangsunterricht integriert, bzw. in der Musikalischen Früherziehung zumindest rudimentär vorbereitet.
Ob das eine methodisch erfolgreichere Vorgehensweise ist, sei dahingestellt. Nachdem ich gehört habe, dass mittlerweile an Hochschulen selbst für das Studienfach "Musikwissenschaft" propädeutische Kurse zu den "Grundlagen der Notenschrift" angeboten werden (müssen) - analog zu den "Rechtschreibekursen" für angehende Germanisten - beschleicht mich das ungute Gefühl, dass früher zwar nicht alles, aber vielleicht doch manches besser war.

Eigentlich ist das alles Grundwissen was damals noch in dem Musikunterricht der normalen Schule gelehrt wurde.

Und? Was hat der schulische Musikunterricht gebracht - was ist davon für den Rest des Lebens "kleben geblieben"? Bei den meisten dürfte das inhaltlich gen Null tendieren.

Sollte heute eigentlich auch so sein dass die Kinder die Grundlagen der Harmonielehre lernen.

Warum? Welchen Teil der heutigen musikalischen Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen kann "I-IV-V-I" und "F-Dur hat ein b als Vorzeichen" noch abbilden?
Anders gefragt: Wie willst du angesichts der heutigen kulturellen Heterogenität in den Schulklassen das eurozentristische Konstrukt der "Harmonielehre" legitimieren, ohne ins Fahrwasser einer "Leitkultur-Diskussion" zu geraten?
Wenn schon Quintenzirkel und Notenwertpyramide, dann aber bitte auch Makam und Usul, wenn schon abendländische Polyphonie der Niederländer, dann auch Schwebungsdiaphonie der Balkanländer, wenn Harmonielehre mit terzgeschichteten Klängen, dann auch Quartenharmonik nach Kemal Ileceri. Da möchte ich mal die heute im Musikunterricht allgegenwärtigen Quer- und Seiteneinsteiger sehen, die eine solche Bandbreite auch nur im Ansatz vermitteln könnten - mal abgesehen davon, dass es für ein solch breitgefächertes Spektrum nicht nur besonderer Fachkompetenzen bedarf, sondern mittlerweile schlichtweg auch Mut zu einer klaren Haltung.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Anders gefragt: Wie willst du angesichts der heutigen kulturellen Heterogenität in den Schulklassen das eurozentristische Konstrukt der "Harmonielehre" legitimieren, ohne ins Fahrwasser einer "Leitkultur-Diskussion" zu geraten?
Im Prinzip sind doch die Grundlagen überall die gleichen, hier funktionieren Akkorde genau so wie am anderen Ende der Welt. Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede, aber wir sind nun einmal in unseren Breitengraden und da sollte man doch im Ansatz verstehen wie unsere Kultur funktioniert musikalisch bzw. wie sie sich entwickelt hat. Das Wissen ist dann ja ausreichend um auch andere Ansätze verstehen zu können und einmal ehrlich gesagt wird es wahrscheinlicher sein das ein Schüler in einer Bayrischen Blaskapelle mitspielen wird als das er irgendwo in einem Dschungel an einem Eingeborenen Ritual musikalisch teilnehmen wird. ;)

Aber diese ganz essentiellen Dinge wie Transponieren, Tonraum, Tonabstände und so weiter sind doch überall auf der Welt gleich. Aber man sollte auch über die Probleme unserer Stimmung sprechen und z.B schauen warum es ein Archicembalo gab und ob es nicht vielleicht sinnvoll war...
 
Im Prinzip sind doch die Grundlagen überall die gleichen, hier funktionieren Akkorde genau so wie am anderen Ende der Welt.
Man kennt funktionsharmonische Musik im statistisch weitaus größeren Teil der Welt nur als "West-Import".

Aber diese ganz essentiellen Dinge wie Transponieren, Tonraum, Tonabstände und so weiter sind doch überall auf der Welt gleich.
Ein Einblick in die kleineren Abstände als Halbtöne bei Shrutis.



Gruß Claus
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Man kennt funktionsharmonische Musik im statistisch weitaus größeren Teil der Welt nur als "West-Import".
Würde im Umkehrschluss bedeuten das es nicht schaden würde andere Systeme ebenfalls sich zu betrachten. Aber so wie das Bildungssystem aufgestellt ist kann man von Glück reden wenn jemand unterrichtet der weiß wie man Musik schreibt...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Aber diese ganz essentiellen Dinge wie Transponieren, Tonraum, Tonabstände und so weiter sind doch überall auf der Welt gleich.

Da irrst du dich gewaltig. Nicht einmal für uns so scheinbar selbstverständlich erscheinende Sachverhalte, wie die Wahrnehmung von Frequenzen in einem "Tonraum" (hoch / tief) oder´die Annahme der Oktavidentität sind Universalien.


Das Wissen ist dann ja ausreichend um auch andere Ansätze verstehen zu können.

Wenn dem so wäre: Warum scheitert dann im Regelfall bereits jeglicher Verstehensprozess, wenn es um die historisch sowohl ältere, als auch neuere Musik des eigenen Kulturraumes geht? Ganz einfach: Weil Musik eines geografisch und historisch definierbaren Raumes etwas anderes ist, als die jeweils eigene, individuell erfahrbare Kultur! Für die Lebensrealität der meisten Kinder und Jugendlichen steht "I-IV-V-I" bestenfalls noch auf einer Stufe mit den großelterlichen Erzählungen vom sagenumwobenen Telefon mit Wählscheibe oder vom Schwammkissen zum Anfeuchten von Briefmarken.

Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede, aber wir sind nun einmal in unseren Breitengraden und da sollte man doch im Ansatz verstehen wie unsere Kultur funktioniert musikalisch bzw. wie sie sich entwickelt hat.

Naja - spätestens bei Debussy ist Feierabend, wenn man den Fokus nur auf die abendländische Musik richtet. Und wie man ein ganzes, in sich schlüssiges Harmonielehresystem auf der Grundlage der Quartenharmonik aufbaut, hat z.B. Kemal Iliceri demonstriert - mal ganz abgesehen von den (nicht immer gelungenen) Adaptionen afrikanischer oder asiatischer Musiksysteme in westlicher Musik.
Dass der bajuwarische Blaskapellenmusikant als musikethonologisches Studienobjekt mindestens genauso exotisch ist, wie der Nasenflötenspieler aus Papua-Neuguinea, steht dabei auf einem anderen Papier.
 
So richtig diese Betrachtung auch ist, das Problem bei der Diskussion ist nur das am Ende das Ergebnis bereits feststeht. Dieses wäre nämlich "Am besten überhaupt nichts lernen als das nicht allgemeingültige zu lernen". Bei der musikalischen Ausbildung hilft es nur wenig. Egal welches Musiksystem nun das bessere ist, wenn jemand hier ein Musikinstrument lernt, dann wird er an seinem Klavier wohl kaum ein afrikanisches oder Asiatisches Tonmodell lernen sondern eher Regionale Systeme.

Derjenige der Interesse am Thema hat wird sich dann vermutlich von alleine mit Alternativen befassen die ihm gefallen.
 
Eigentlich ist das alles Grundwissen was damals noch in dem Musikunterricht der normalen Schule gelehrt wurde. Sollte heute eigentlich auch so sein dass die Kinder die Grundlagen der Harmonielehre lernen. Leider scheinen an einigen Schulen die Lehrer zu fehlen. Meine Tochter kann dank Musikunterricht alle Stücke von Bach, Beethoven und so aufzählen aber keine Note lesen...
Redest du jetzt vom Musikunterricht an einer "normalen" Schule? Also Sekundarstufe 1 + 2? Das habe ich in meiner Jugend (Ende 80er/frühe 90er) so auf dem humanistischen Gymnasium nicht erlebt. Da wurde iirc sicherlich mal in der Unterstufe die Systematik der Notation ganz grob angerissen, das war es dann aber auch. Wenn es später mal Ausflüge in Richtung Musiktheorie gab, dann richteten diese sich ausschließlich an Leute, die die entsprechenden Kenntnisse außerschulisch also im privaten Musikunterricht erworben hatten.
Aber da Schulpolitik ja bekanntlich Ländersache ist, mag das in anderen Bundesländern natürlich anders ausgesehen haben.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Und? Was hat der schulische Musikunterricht gebracht - was ist davon für den Rest des Lebens "kleben geblieben"? Bei den meisten dürfte das inhaltlich gen Null tendieren.
Gut, das ist natürlich grundsätzlich ein Problem was die Relevanz der Inhalte von Lehrplänen/Schulunterricht angeht und dürfte für 85% des in der Schule gelehrten gelten.
Auch Integral- und Vectorrechnung spielen für mein Leben keine allzu große Rolle mehr... :) (obwohl ich in der Schule sehr viel Spaß daran hatte...)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann mich aus meinem (Schul-)Musikunterricht nicht mehr an viel erinnern, ist auch >40 Jahre her. Was ich noch weiß, ist dass der Musiklehrer (der gleichzeitig Leiter der Jugendmusikschule war) damals seinen einen Klavierschüler aus meiner Klasse stark bevorzugte, noch vor denen, die ein (Sinfonie-)orchestertaugliches Instrument spielten oder im Chor sangen. Wir anderen, die entweder ein nicht fürs Schulorchester (heute: Jugend-Sinfonieorchester, überregional bekannt) taugliches oder gar kein Instrument spielten, waren abgemeldet.
Außerdem ist hängengeblieben, dass Schönberg in seiner 12-Ton-Musik gerne B-A-C-H verwendete. Das weiß ich noch, weil wir in einer Klausur eine Notensequenz ergänzen sollten und ich einen Punkt abgezogen bekam, weil ich diese Floskel nicht benutzte. Notenschreiben war also im Musikunterricht damals bei mir dabei :biggrinB:
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
(...) aus meinem (Schul-)Musikunterricht (...)

In "meinem" (Nat-Wiss)Gymnasium:
Lebensläufe von Bach, Mozart, Beethoven, herunterkurbeln und ihrer bedeutendsten Werke (und wichtige Orte/Jahre) aufzählen; damals bekam ich eine Extra-Eins, weil ich als Einziger in der Klasse wußte, daß Beethoven Fidelio komponierte und ich konnte (aus dem Stegreif) auch die Handlung erzählen. Schulorchester = Null, nicht mal eine Kapelle oder so was; praktische musikalische Betätigung beschränkte sich auf Singen von Weihnachtsliedern (einmal im Jahr).
Dafür hatten wir Geographie-Unterricht bis zum Umfallen, und die vielen Länder, die ich damals auswendig lernen und in die "weiße Karte" zeichnen mußte, gibt es heute nicht mehr bzw. haben ganz andere Namen und Grenzen.

Das einzige Fach, wo es Platz für Kultur gab, war Literatur; Bücher lesen und vor der Klasse über den Autoren und den Buchinhalt erzählen. Jede Woche ein Schüler ein Buch - da kam schon etwas zusammen.

Dagegen fand ich den (kostenpflichtigen) Unterricht in den Städtischen Musikschulen (je nach Lehrer) kompetent und musikalisch bildend, und sowohl bei meiner (damals kleinen) Tochter als auch bei mir (erwachsener Schüler) haben sich nach einigen Jahren Unterricht große Fortschritte am Musikinstrument und beim Notenlesen/nach-Noten-spielen gezeigt.

So denke ich, daß wir durchaus kompetente Musiklehrer haben, aber für die "nicht-musikalischen" Gymnasien sind sie wohl zu schade.

Gruß, Bert
 
So denke ich, daß wir durchaus kompetente Musiklehrer haben, aber für die "nicht-musikalischen" Gymnasien sind sie wohl zu schade.
Was heißt "zu schade"? Wenn es im Lehrplan nicht vorgesehen ist, dass den Schülern im Musikunterricht Wissen über Notenlesen und Musiktherorie vermittelt wird, dann hat das nichts mit der Kompetenz der Lehrer zu tun sondern mit Vorgaben aus dem Kultusministerium des entsprechenden Bundeslandes bzw. im Einzelfall den Vorgaben/Interessen der Schulleitung. Eine Freundin meiner Frau ist als studierte Orchestermusikerin in den Schuldienst gegangen. Die könnte ich bei Gelegenheit mal fragen, wie hier in NRW die genauen Vorgaben sind und was eine Schule da noch für Handlungsspielraum hat... aber ich glaube, das hat alles nicht mehr viel mit dem Anliegen des TE zu tun :)...

BTW halte ich FÜR DEN SCHULUNTERRICHT AUSSERHALB VON SCHWERPUNKTSCHULEN rein theoretisches Pauken von Notation und Musiktheorie ohne praktische Anwendung (also Komposition oder Spielen eines Instruments) für nicht wirklich sinnvoll. Bei uns in NRW gibt es dafür die JEKITS-Initiative, da gehen außerschulische Kooperationspartner (Musik-/Tanzschulen) in die Grundschulen und holen da die Kinder (interessierter Eltern) ab.
 
An meinem math-nat. Gymnasium gibt es seit Jahrzehnten u.a. eine Big Band als schulisch unterstützes und betreutes Neigungsangebot in der unterrichtsfreien Zeit.
Zu meiner Schulzeit mit Abi Mitte der 70er ging das nicht, dafür waren die Umstände an der Schule zu chaotisch.

Gruß Claus
 
BTW halte ich FÜR DEN SCHULUNTERRICHT AUSSERHALB VON SCHWERPUNKTSCHULEN rein theoretisches Pauken von Notation und Musiktheorie ohne praktische Anwendung (also Komposition oder Spielen eines Instruments) für nicht wirklich sinnvoll. Bei uns in NRW gibt es dafür die JEKITS-Initiative, da gehen außerschulische Kooperationspartner (Musik-/Tanzschulen) in die Grundschulen und holen da die Kinder (interessierter Eltern) ab.
Im Prinzip sind aber Schulen der einzige Ort wo Kinder aller familiären und finanziellen Bedingungen die Chance bekommen würden sich für ein Instrument zu begeistern. Im Alltag ist es bedauerlicherweise so das privilegierte Kinder ein Instrument lernen müssen obwohl sie es nicht interessiert und ein Kind das sich dafür interessiert aber die Eltern kein Geld haben auf der Strecke bleibt.
 
Im Alltag ist es bedauerlicherweise so das privilegierte Kinder ein Instrument lernen müssen obwohl sie es nicht interessiert und ein Kind das sich dafür interessiert aber die Eltern kein Geld haben auf der Strecke bleibt.
Das ist natürlich nicht von der Hand zu weisen :)... war bei uns früher auch selbstverständlich, dass die Mitschüler aus gutbürgerlichen Haushalten (fast) alle leidenschaftslos zum Klavierunterricht gingen - gehörte ja schließlich zum Bildungsideal und so ein Klavier macht sich gut im Wohnzimmer.

Den Umkehrschluss kann ich jedoch nicht bestätigen. Kenne von früher noch einige Kinder aus ärmeren Familien, die trotz wenig Geld von ihren Eltern gefördert wurden und teilweise sogar professionelle Karrieren eingeschlagen haben. Waren interessanterweise alles Kinder aus Gastarbeiterfamilien mit italienischen bzw. jugoslawischem Migrationshintergrund... da gibt es offenbar teilweise eine andere kulturelle Wertschätzung...
Wird aber sicherlich auch viele gegeben haben, bei denen das Desinteresse der Eltern und/oder Geldmangel einer entsprechenden Ausbildung im Wege standen, keine Frage.

Beim Jekits-Programm ist das jedenfalls so, dass die Teilnahme im ersten Jahr kostenlos ist, die beiden folgenden Jahre nicht mehr - inwieweit das Land die Teilnahmekosten subventioniert, weiß ich aber nicht.
 
Beim Jekits-Programm ist das jedenfalls so, dass die Teilnahme im ersten Jahr kostenlos ist, die beiden folgenden Jahre nicht mehr - inwieweit das Land die Teilnahmekosten subventioniert, weiß ich aber nicht.
Ich könnte mir vorstellen das über "Bildung und Teilhabe" da etwas möglich wäre.
 
Was heißt "zu schade"? Wenn es im Lehrplan nicht vorgesehen ist, dass den Schülern im Musikunterricht Wissen über Notenlesen und Musiktherorie vermittelt wird, dann hat das nichts mit der Kompetenz der Lehrer zu tun sondern mit Vorgaben aus dem Kultusministerium des entsprechenden Bundeslandes (...)

Es hat damit zu tun, welchen Stellenwert der Musikunterricht (Musiktheorie, -geschichte und praktisches Instrumentspielen) in unserem Bildungssystem hat. Wir sprechen hier von unsrer Kultur! Das sind über Jahrhunderte wachsende, bleibende Werte, die unseren Kindern (in den Staatlichen Schulen) vorenthalten sind.
Es sind unsere Kinder, und die Schulen werden von unseren Steuern finanziert. Da ist es doch nicht viel verlangt, daß die Schule auch Musikinstrumente-Gruppenunterricht (vielleicht fünf geeignete Instrumente zur Wahl stellen) und die zugehörige Theorie integrieren sollte.

Aber Du hast recht. Es ist, wie es ist, und es hat mit dem Thema der Themenstarterin gar nichts zu tun.
Die Eltern werden einen Privatunterricht für ihre Kinder organisieren und aus der eigenen Tasche bezahlen, wie es schon seit Generationen gemacht wurde. Geht doch auch.

Gruß, Bert
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben