Ich habe nicht alle Beiträge zu dieser Diskussion gelesen, und bei vielen körperbezogenen Themen würde ich sagen: Das muss jeder so machen, wie es für ihn passt. Aber zum Thema "Tasten nicht ganz durchdrücken" fällt mir als Amateur-Organist was ein:
Viele Kirchenmusiker haben das Problem, dass sie Orgelmusik hauptsächlich zu Hause auf dem Klavier üben (ein Orgelpositiv hat ja kaum noch jemand) und dann mit ihrem Klavier-Anschlag (der auf den unteren Endpunkt des Tastenwegs hinarbeitet) an die Orgel gehen. Das Resultat: Es klingt total uninspiriert, weil die gesamte Klavier-Anschlagstechnik auf der Orgel verpufft. Wenn der Finger bei einem Drittel des Tastenwegs angelangt ist, ist schon alles vorbei. Bei der Orgel geht es nur darum, ein Ventil zu öffnen, und das geschieht gleich am Anfang des Tastenwegs, nach 1-2 mm Spiel.
Deshalb muss man Orgel anders spielen als Klavier: Die Finger schweben über den Tasten, stoßen kurz zu, um den Druckpunkt des Ventils zu überwinden und schnellen sofort wieder hoch, vor allem bei schnellen Passagen. Die Hand ist insgesamt etwas losgelöster von der Klaviatur und dadurch beweglicher. (Wenn man wiederum mit diesem Anschlag ans Klavier geht, klingt es grauenhaft unsicher.)
Ich könnte mir vorstellen, dass Deschamps etwas Ähnliches meinte, vielleicht auch bezogen auf Akkordeonisten, die vom Klavier kommen und den Klavier-Anschlag gewohnt sind.
Wenn ich versuche, diese Orgel-Technik aufs Akkordeon zu übertragen, stoße ich allerdings auf zwei Probleme:
- Der Tastenhub ist beim Akkordeon viel geringer. Das ist nicht wirklich ein Problem, es bedeutet nur, dass ich es selbst bei leichtestem Spiel kaum vermeiden kann, den unteren Totpunkt der Taste zu erreichen. Ich glaube aber, gemeint war, dass man nicht auf diesen Totpunkt hinarbeiten oder gar besondere Kraft in den Anschlag legen soll.
- Man spürt kaum einen Druckpunkt. Bei der Orgel muss ein relativ großflächiges Ventil gegen den Winddruck geöffnet werden. (Der Winddruck ist nicht größer als beim Akkordeon, er liegt meist zwischen 40 und 80 mm WS, die Ventile = Klappen sind aber viel größer.) Dazu muss man eine deutlich spürbare Kraft aufwenden. Sobald das Ventil offen ist, geht alles ganz leicht. Das macht es einfach, sich wie oben beschrieben etwas von der Klaviatur zu lösen. Diese haptische Rückmeldung fehlt mir beim Akkordeon.
Aber vielleicht geht es wirklich um die Idee: drücke ich mit Kraft, weil ich wie am Klavier etwas anschlagen will (böse Überraschung: da ist nichts), oder bin ich mir bewusst, dass das Entscheidende gleich beim Antippen der Taste passiert und ich danach wieder loslassen kann?