Hi,
die ganzen eher philosophischen Betrachtungen zum Wesen von Gitarristen und Bassisten treffen mMn nicht wirklich den Punkt. Ich selber habe als Bassist angefangen und bis erst später zur Gitarre gewechselt, trotzdem habe ich auf Bässen eine aktive Klangregelung bevorzugt, bei Gitarren mag ich sie nicht.
Was ist der Grund? Für mich ganz einfach die unterschiedlichen Notwendigkeiten in der praktischen Anwendung.
Zunächst mal spielen fast alle den Bass mit einem cleanen Sound. Traditionsbewusste Rocker haben vielleicht noch generell ein bisschen angezerrten Röhrendreck drin (spielen dann aber meistens passive Bässe), und ab und zu wird mal kurz als Effekt die Säge in Form eines Zerr-Pedals ausgepackt. Im Grundsatz haben wir aber eine eher cleane Verstärkung.
Die Gitarre spiele ich dagegen, wie so viele, zum erheblichen Teil mit unterschiedlichen Verzerrungsgraden. An dem Punkt wird eine Klangregelung im Instrument schon mal wesentlich problematischer - ein Höhenboost vor der Zerre erhöht den Rauschpegel, zusätzliche Bässe matschen nur, bringen aber keinen Druck - will man den, muss man die Bässe am Amp nachregeln, und zwar nach der Zerrstufe.
Ich erinnere mich nur an die früheren Boogies der Mark-Serien, bei denen die Klangregler Fender-typisch am Anfang in der Schaltung lagen - da habe ich mich im Laden schwer gewundert, denn ich hab natürlich wie von anderen Amps gewohnt das Basspoti aufgedreht und da kam statt des freudig erwarteten, singenden Boogie-Sounds nur Matsch. Erst später bekam ich mit, dass die Dinger den berühmten Graphic EQ weniger für einen alternativen Zusatzsound haben, sondern weil sie ohne ihn für härtere Sounds quasi unbrauchbar sind. Von daher: aktive Bassregler an der Gitarre bringen kaum praktischen Nutzen, zumal sich in diesem Bereich eh schon Bass, Bassdrum und womöglich ein Keyboarder tummeln. Das Einzige, was wirklich sinnvoll eingesetzt werden kann, ist eigentlich ein aktiver Mid-Boost. In diesem Bereich kann auch vor der Verzerrung gerne mal Gas gegeben werden, was den Sound dann schön fett singen lässt und tatsächlich auch die Durchsetzungsfähigkeit erhöhen kann. Es wundert mich von daher nicht, dass das die Form der aktiven Klangregelung ist, die wohl mit Abstand am häufigsten ab Werk oder als Nachrüstung in einer Gitarre zu finden ist. Eric Clapton dürfte wohl der bekannteste User sein.
Ein weiterer Faktor ist die Rückkehr zu einem vorherigen Sound. Mit Schaltoptionen oder einem einzigen Boostregler geht das noch problemlos, weshalb man besagten Midboost sowie Coil-Splits und Parallelschaltungen ja auch öfter mal findet. Hat man aber eine 3-Band-Regelung mal gründlich verdreht, muss man sich während des Spielens erinnern, wo die Regler denn vor dem Wechsel standen - und die Bandkollegen schauen einen auf einmal verwundert an, weil die zweite Strophe ganz anders klingt als die erste...
Beim Bass liegen die Prioritäten aus meiner Sicht einfach in einem anderen Bereich. Hier muss man, gerade auch in den Tiefen und Mitten, vor allem den exakten Platz im Bandsound suchen, um sich gut hörbar zu machen, ohne alles zuzudröhnen. Problematische akustische Verhältnisse am Auftrittsort gibt es nach meiner Wahrnehmung vor allem im Bass- und tiefen Mittenbereich. Da bringt dann selbst eine Parametrik am Mittenregler einen echten zusätzlichen Nutzwert, wobei man die in der Regel beim Soundcheck einstellen und dann wieder unberührt lassen wird. Die Klangregelung am Amp kann das alleine nicht immer zufriedenstellend leisten - den sucht man sich ja eher nach seinem Grundsound aus, und dann hat der geile Röhren-Bolide vielleicht nur 4 Regler. Oder man hat einen Graphic EQ, der aber sozusagen schon für die geschmackliche Ausrichtung benötigt wird. Es geht mMn weniger um Soundwechsel auf die Schnelle, als um Entzerrung, also den eigenen Grundsound unter wechselnden Umständen einigermaßen konstant bringen zu können. Eine solche Klangregelung darf dann auch mal etwas aufwendiger sein, da man sie meist nur zu Beginn des Gigs einmal einstellen wird.
Gruß, bagotrix