Hier ist ja schon einiges geschrieben worden, ich will es aber mal aus der Sicht eines kleinen Händlers formulieren, ohne dabei zu polemisieren, oder Sachen zu schreiben, die mir nur in den Kopf kommen, weil ich keine Gibson-Produkte (dazu gehören übrigens auch Epiphone und andere von Gibson aufgekaufte Gitarrenmarken) verkaufen darf!
- Gibson und Epiphone wurden früher von Musik &Technik, einer Tochterfirma von Musik Meyer vertrieben. Zu dieser Zeit gab es die Produkte in jedem Laden, der sich bereit erklärte, immer einige Gitarren und andere Produkte dieser Marken in der Ausstellung zu haben. Das war nicht in Riesenstückzahlen, sondern in einer Größe angesetzt, die man sich leisten können musste, wenn man seinen Laden ernsthaft betrieb, aber auch gern machte.
- Zu dieser Zeit haben wir als Gibson-Händler bereits feststellen müssen, dass Gibson Gitarren, ganz anders als Gitarren anderer Hersteller in der selben Klasse, sehr häufig schlecht lackiert waren. Es gab bei fast jeder Gitarre irgendwelche Lacknasen am Halsansatz und auf der Gitarre verteilt Sprühnebel-Ecken, die offensichtlich, bei der Endpolitur, vergessen wurden. Die Epiphones aus China waren definitiv besser lackiert und poliert.
- Vor einigen Jahren entschloss sich Gibson dann, eine europäische Niederlassung zu Gründen und die Produkte, ohne einen Vertrieb dazwischen, direkt an die europäischen Händler zu verkaufen.
Damit verbunden war der ganz klar ausgesprochene Anspruch, in Deutschland maximal 20 Händler haben zu wollen. Das wurde später zwar auf den Wunsch geändert, in allen größeren Städten vertreten zu sein, die Anforderungen an die Händler wurden aber nicht verändert:
- Startauftrag: 75TSD € (für die großen in der Branche kein Problem, für die kleineren schon, aber nicht das alleinige Hinderniss)
- jedes Jahr ist ein neuer Einstiegsauftrag nötig (nur halb so hoch, wie der Startauftrag)
- 40% aller Gitarrenplätze im Laden sollten mit Gibson Produkten besetzt werden (für einen Laden mit großer Markenvielfalt eigentlich nicht zu realisieren, aber klar warum Gibson das so wollte: weniger Auswahl in den Läden führt zu einer Fokussierung auf die"wichtigsten"Produkte!
- Anfangs konnte sich der neu einsteigende Händler nicht frei entscheiden, welche Produkte er im Startauftrag einkauft, die Ware musste direkt lieferbar sein und einige Händler hatten bei ihrem Einstieg das Problem, dass es zu der Zeit halt nur gelbe Les Paul Studio gab und sonst nix. Dann bekam man halt ganz schön viele dieses super verkäuflichen Artikels ;-)
- mittlerweile kann der Händler frei aussuchen, welche Produkte er einkaufen möchte (mit ein paar Einschränkungen), das Problem das jetzt da ist, ist dass der Händler für einen langen Zeitraum im Voraus bestellt und dann auch nur die bestellten Artikel bekommt. Was er nicht zum Saisonstart bestellt hat, bekommt er auch nicht.
- dass Thomann letztes Jahr nicht zu den Gibson Händlern gehörte, lag wie ich gehört habe an den merkwürdigen 2015er Modellen, die jeder Händler einkaufen musste. Das wollte Thomann nicht.
- Außerdem gab es in den vergangen Jahren auch etliche Berichte über nachlassende Qualität. Wir konnten das in unserer Werkstatt teilweise nachvollziehen, wenn nagelneue Gibson Gitarren zum Einstellen zu uns kamen, die echt mies eingestellt waren, deren Bünde (trotz Plek ?!?!?) sehr rau und nicht poliert waren. Oder andere Gibson Gitarren, die einfach falsch verdrahtet waren.
- Andere waren wiederum echt gut, das heißt ganz klar: Anspielen, bevor man eine Gitarre kauft, ist unerlässlich, auch (oder vielleicht gerade) bei Gibson, also in den nächsten Laden und testen!