Sterben Keyboarder aus oder verstecken die sich nur?

  • Ersteller basslife
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Aber das nur mal so als kleiner Versuch, die Faktoren beim Equipmentkauf und der Gigsuche aus Sicht der wirtschaftswissenschaftlichen Marktmechanismen zu analysieren. Diese sind natürlich immer Abstraktionen und damit nicht unbedingt 1:1 auf die Realität übertragbar, aber ich fand es dennoch mal ganz interessant, wie sich manche Entwicklungen mit diesen Theorien erklären lassen. :)

Die Theorie mit der Marktwirtschaft hat leider einen empfindlichen Schwachpunkt: Sie geht davon aus, dass die Handelnden auf dem Markt auch die Wahl haben, etwas nicht zu kaufen. Das trifft aber oft nicht zu. Ich kann nicht aufhören, zu essen. Ich kann nicht aufhören, zu wohnen (es sei denn, Obdachlosigkeit ist für mich eine ernsthafte Option), viele Menschen können nicht aufhören, Transportmittel zu nutzen, vor allem in ländlichen Regionen ist ein Auto zwingend erforderlich. Und erst beim Arbeitsmarkt, das ist ja gar kein Markt in diesem Sinne, denn die Jobs, die keiner machen will, sind am schlechtesten bezahlt – dabei müssten sie mangels Angebot an Arbeitskraft die teuersten sein. (Übrigens ein oft vernachlässigtes Argument für das bedingungslose Grundeinkommen: Der Arbeitsmarkt wäre dann tatsächlich im Sinne der Marktwirtschaft ein Markt, da die Arbeitnehmer [die eigentlich die Arbeit geben!] sich entscheiden könnten, den Deal nicht einzugehen.)

"Kulturelle Dienstleistungen" sind in dem Sinne marktwirtschaftlich, da wir auch auf den Kauf verzichten können. Wobei das natürlich insgesamt nicht ganz zutrifft, da Kultur unsere Gesellschaft formt und sich mit ihr auseinandersetzt und außerdem die Ästhetik in den Alltag bringt. Ohne eine Form von Kultur kann der Mensch nicht leben. Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte ist eine andere Frage: Wie entstehen eigentlich Preise? Und da stellt man fest: Die Preise entstehen eben nicht allein durch Angebot und Nachfrage sondern durch viele Faktoren. Kann der Käufer die Wertigkeit des "Produkts" überhaupt schätzen? Kann der Käufer den Leistungsumfang zu schätzen wissen, und sieht er dessen Notwendigkeit ein?

Mit meiner Coverband spielen wir oft öffentlich, z.B. in Kneipen. Das Publikum sieht: Die Jungs haben Spaß von 21 bis 0 Uhr. Fragt dann hinterher jemand, ob wir bei seinem Geburtstag/Hochzeit/Whatever spielen, dann haben die im Kopf: 3 Stunden Fun. Wir als Band wissen natürlich: 2h Bühnenaufbau, früh da sein weil vor dem Abrocken noch Reden geschwungen werden oder gegessen wird, Anfahrt, Abbau, usw. usf. – diese Posten sind dem Kunden nicht präsent. Dann gibt es natürlich auch Bands, die stellen 2 Amps und ein Drumkit hin und ne miese Gesangsanlage und machen Radau. Und dann heißt es gleich: "Die anderen waren mit dem Soundcheck doch auch in 5 Minuten fertig." Die Qualität "amtlicher Sound" ist also oft gar nicht zu verkaufen, weil es dem Kunden egal ist. Der Umkehrschluss, nämlich nur noch mit Scheiß-Sound zu spielen, befriedigt allerdings in der Band auch niemanden.

Kurzum: Immer, wenn man das musikalische Produkt in der Gesamtqualität nicht den niedrigen Standards der Auftraggeber anpassen kann, weil man sonst unglücklich wird, hat man mit der Preisgestaltung ein Problem.

Das nächste Problem hat man, sobald man von der Massenkompatibilität abweicht. Dann ist man auf Kulturförderung angewiesen. Und muss damit leben, dass die meisten Leute den Kopf schütteln, weil man sich aus öffentlichen Töpfen Geld wünscht für etwas, mit dem sie nichts anfangen können.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Ein wesentliches Argument hast Du doch ausgelassen. Nämlich das generelle dauerhafte Interesse des Nachwuchses bei dem Thema. Alle ökonomischen Argumente gehen dann nämlich ins leere, wenn es kein dauerhaftes Interesse mehr gibt.

Das hängt vielleicht an einer schnelllebigen Zeit und auch daran, dass zumindest Gymnasiasten dank G8 (in manchen Bundesländern) einfach keine Zeit mehr haben, konsequent einer außerschulischen Beschäftigung nachzugehen. Das längerfristige Dranbleiben an einem Thema ist etwas, das für Jugendliche nicht einfach ist, wie mir auch Freunde aus der Musikpädagogik bestätigen. Dabei könnten Jugendliche genau darüber lernen, das es sich lohnt, etwas nicht gleich an den Nagel zu hängen, nur weil es nicht von vornherein und durchgängig geil ist.
 
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Und nein , der Keyboarder ist nicht der , der die meißte Kohle raus haut .
Das kann ich so nicht stehen lassen. Ich kann zumindest als Band-Keyboarder nicht ohne ein Mindestmaß an Equipment an den Start gehen. Das ganze ist natürlich um ein Vielfaches günstiger geworden als vor 30 Jahren, wo ich sowieso mindestens vier Keyboards am Start haben musste, von denen jedes alleine schon so viel gekostet hat, wie eine Workstation heute. Aber mit einem 500EUR Keyboard, das zwar alle möglichen Sounds so leidlich liefert, komme ich trotzdem nicht wirklich weit, es sei denn man hat nicht die höchsten Ansprüche. Zum Einstieg in eine Schülerband mag es reichen, aber wenn ich mit einigermaßen professionellem Anspruch auf die Bühne will, komme ich unter 3.000EUR Investition nicht aus.

Es muß jeder selber wissen , wie teuer sein " Spass " einem Wert ist .
Das kann ich unterschreiben, denn man kann auch eine Gitarre, Bass oder Amp für 3.500EUR und mehr kaufen, auch für ein tolles Drumset kann ich mehrere Tausender hinlegen. Nur muss man es nicht zwingend, daher der 'Spaß'-Faktor dabei. Damit die Orgel nicht nach Bontempi oder die Bläser nicht nach Plastik klingen, muss ich halt zwangsweise tiefer in's Portmonaise greifen. Ich kann zwar auch vieles günstiger mit VSTi abdecken, aber dafür lege ich dann mindestens 2.000EUR für das passende Laptop plus Audiointerface hin.

Es geht hier doch darum, ob Keyboarder aussterben oder nicht. Ohne ein Mindestmaß an Equipment würde ich nicht einmal auf die Idee kommen, irgendwo vorzuspielen, das kostet halt, und das mag durchaus ein Faktor sein, warum es weniger Keyboarder auf dem Markt gibt als andere Musiker.
Die meisten Keyboarder, die ich kenne - mich sicherlich eingeschlossen - sind Idealisten, die es sich leisten können, entsprechendes Equipment anzuschaffen, auch ohne den zwingenden Druck, das über Gagen wieder hereinzubekommen.
 
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Keine Ahnung ob Keyboarder aussterben ! Hab mich auch in der 80ern, in der ich bandmäßig am aktivsten war mit diversen Synties
umgeben ( müssen ! ) obwohl ich von den Teilen wirklich wenig Ahnung hatte ( na ja , den Moog aufheulen lassen konnte ich schon und
Läufe kamen doppelt zu schnell wie am Klavier ) . Hab mich immer nur als Klavierspieler gesehen und nicht als Keyboarder ,auch wenn
ich Synties gespielt habe . Wenn du jemand für den Keyboardsound der 80er suchst ist das sehr doch sehr speziell. Ich selber konnte mit dem Shyntiegeschwurbel a la Duran Duran eh nix anfangen und hab irgendwann nur noch Klavier und Orgel gespielt !
Equipmentmäßig hatten wir schon immer die Arschkarte ! Als ich mich fürs Musik machen anfing zu interessieren , war das billigste
was man bekam, die einmanualige EKO Tiger und die kostete 1000 DM und klang bescheiden
 
Och ihr armen. Soll ich mit dem Sammelkässchen rumgehen?

Schaut mal nach, was ein Saxophon eines namhaften Herstellers kostet ...
 
Das kann ich unterschreiben, denn man kann auch eine Gitarre, Bass oder Amp für 3.500EUR und mehr kaufen, auch für ein tolles Drumset kann ich mehrere Tausender hinlegen. Nur muss man es nicht zwingend, daher der 'Spaß'-Faktor dabei. Damit die Orgel nicht nach Bontempi oder die Bläser nicht nach Plastik klingen, muss ich halt zwangsweise tiefer in's Portmonaise greifen.

Och ihr armen. Soll ich mit dem Sammelkässchen rumgehen?

Schaut mal nach, was ein Saxophon eines namhaften Herstellers kostet ...

Ich -als Keyboarder- sehe das auch ein wenig anders. Wenn ich mir anschaue, was so eine Gitarre oder ein Bass der Oberklasse samt Amp/Modeller/Funke und allem weiteren Zubehör, oder ein richtig gutes Drum-Set kosten können, finde ich überhaupt nicht, dass wir Tastenleute uns da beschweren können. ;) Und wenn ich mit einem MOXF6 für 1000,-€ weniger Spaß habe als mit einem Motif XF6 für weit mehr als das Doppelte, kann man das ganz genauso auch auf andere Instrumente (Oberklasse vs. Mittelklasse) übertragen...das ist also kein besonders gutes Argument dafür, dass das gerade bei Keyboards irgendwie anders sein soll. Nach "Bontempi" klingt es heutzutage allenfalls ich der 500,-€-abwärts-Klasse... :cool:

Viele Grüße, :)

Jo
 
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Och ihr armen. Soll ich mit dem Sammelkässchen rumgehen?

Schaut mal nach, was ein Saxophon eines namhaften Herstellers kostet ...
Heute ist das in der Tat nicht mehr so tragisch. Allerdings war es in den 80ern von den Verhältnissen her schon noch etwas anders.

Und - wie ich schon sagte - sind die Einstiegsinvestitionen etwas andere, die ja vielfach die Eltern erstmal zu tätigen haben. Zum Saxophon kommt man ja in der Regel über andere Blasinstrumente, die nicht ganz so teuer sind (bis man weiß "ist das überhaupt etwas für mich"). Eine Einsteigergitarre oder eine Blockflöte ist schon "immer" erstmal günstiger gewesen als ein Einsteiger-Drumkit - oder gar ein Klavier. Dass man später für jedes Instrument beliebig viel Geld ausgeben kann, ist klar. Aber der Geldbeutel der Eltern dürfte vielfach einfach eine Wandergitarre eher hergegeben haben als ein gebrauchtes Klavier, wenn man zudem noch nicht weiß, ob der Sproß dabei bleibt.

Ganz nebenbei: Bläser, die bandfähig sind (sprich: auch bereit, sich in einer Band zu engagieren und nicht bloß zum Auftritt zu erscheinen und 200€ pro Nase abzukassieren, egal was die Band als Gage bekommt) sind ja sogar noch viel seltener als Keyboarder ;) Vielleicht sind die teuren Instrumente da eine Gemeinsamkeit...
 
PS: ich glaube sowieso, dass die ganzen finzanziellen Argumente eh nur ein untergeordnetes Problem sind. Um ein guter Keyboarder zu werden, müssen halt mehrere Interessen/Talente zusammenkommen: musikalisches Können, eine gewisse Technikaffinität und zudem Spaß daran, sich in Eigenheiten der Synthesearten und/oder zumindest der Programmierung von "Computern" im weitesten Sinne einzuarbeiten. Diese Schnittmenge ist halt dann doch vielleicht etwas kleiner.
Technikkenntnisse (rund um das Instrument) haben zwar auch viele andere Instrumentalisten, bei den Tasten geht es nur halt so gut wie gar nicht ohne - es sei denn, als reiner "Pianist". Rhodes und Orgel müssen nicht groß programmiert werden, die Dinger brauchen aber regelmäßig Wartung und Pflege - und das heißt dann Schraubenzieher, Ölkännchen und Lötkolben, so wie bei alten Autos.
Modernere Instrumente brauchen das nicht, dafür gibt es dann dort hunderte Seiten dicke Handbücher - will auch nicht jeder lesen.
 
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Modernere Instrumente brauchen das nicht, dafür gibt es dann dort hunderte Seiten dicke Handbücher - will auch nicht jeder lesen.

... dafür fehlt es ihnen oft an Charakter, wodurch es mitunter schwierig wird, sie im Bandkontext als unverzichtbares Instrument zu identifizieren, das nicht nur zum Füllen des Arrangements taugt.
 
Ich hoffe du meinst die Instrumente... ;)

Das mit dem fehlenden Charakter hat nichts mit "modern" zu tun - das ist rein eine Frage der Soundprogrammierung. Die Werkspresets taugen da oft nicht - stimmt. Aber auch wer aus einem Motif, Fantom, PCxxx einfach nur "Klassiker" wie Rhodes oder ein simples Klavier rausholen möchte, kommt um das Studium dicker Handbücher nicht mehr herum und muss programmieren. Die Alternative ist, sich mit den Originalen einzudecken, die dann aber auch erstmal gefunden und bezahlt - und getragen! - werden wollen...
 
... das wird aber doch in Hobby Bands nicht unbedingt erforderlich sein , oder ?

Profi , klar ... da will man ja 100 % .
 
... das wird aber doch in Hobby Bands nicht unbedingt erforderlich sein , oder ?
Sich mit dem Instrument zu beschäftigen? Aber ja. Wie nah man einem bestimmten Original kommt, hängt von Zeitaufwand, eigenem Anspruch und zum Teil auch dem Geldbeutel ab - und bei allen diesen Dingen ist in einer "Hobbyband" vielleicht nicht 100% gefragt.
Was ich nur sagen wollte: Eine Gitarre hat 6 Saiten, ein, zwei Switches und ein paar Potis. Eine neue, andere Gitarre ebenfalls. Ist so ein wenig wie beim Auto: Gas, Bremse, Kupplung, los geht's.
Auch Amps sind in der Regel von der Bedienung her nicht wesentlich komplizierter (das sieht aber z.B. bei einem Kemper schon anders aus).
Wenn ein Keyboarder das Instrument wechselt, ist erstmal oft nichts mehr da, wo es vorher war, und egal, was ich mit dem Teil anstellen möchte: Ich muss mich in zumindest einen Teil der Menüs und Modi einarbeiten. Dort, wo bei Synthesizern noch "one knob, one function" gilt, habe ich es mindestens mit 1-2 Oszillatoren zu tun (Wellenform, Pitch, Detune), dann einer Hüllkurve mit mindestens 4 Parametern, Filtern...

Klar, man kann auch einfach Presets durchschalten - aber ein durchschnittlicher Keyboarder wird sich eben auch mit den Bedienelementen beschäftigen, die er da vor sich hat, und das verlangt einen bestimmten "Typ" Musiker. Wer da keine Lust zu hat, wird in der Regel "Pianist" bleiben (oder ganz das Instrument wechseln) und steht somit dem "Markt" nicht zur Verfügung: Es gibt dann einfach zu wenige.
 
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Moin zusammen - mal aus einer anderen Perspektive betrachtet : seit mehr als 10 Jahren bin ich nun (Hobby-) Keyboarder, spiele in einer Deutschrockband nur eigene Songs, spiele in einer Krautrockband - auch nur eigene Songs ,macht echt Spass.Hab mir mittlerweile auch - für meinen Bedarf - gutes Equipment zugelegt.
Nun geht die Krautrockzeit unaufhaltsam dem Ende entgegen (das Publikum dafür scheint auszusterben...) und ich mache mich auf die Suche nach einer neuen Band.Was finde ich ? Nur Coverbands die Keyboarder suchen - und Cover will ich nicht !!! Wo sind die Rock/Hardrockbands die einen Keyboarder gebrauchen könnten ??? Beschränkt sich der "Markt" wirklich nur noch auf Coverzeugs ?
Gebe die Hoffnung natürlich nicht auf...
L G Rex
 
.. das wird aber doch in Hobby Bands nicht unbedingt erforderlich sein , oder ?

Achim, das hast du doch schon bei mir mir gesehen und ich zähle zu Anfänger. Wie häufig habe ich das Handbuch gewälzt? Kaum hatte ich mich siegreich bis auf Seite 180 vorgekämpft, musste ich feststellen, das ich den Abschnitt bei Seite 23 und 58 und... noch mal lesen musste. Und ich bin noch nicht so weit, das ich da schon groß an den Sounds rumschrauben kann.
Das braucht halt alles seine Zeit und das lerne ich halt Stück für Stück.

Nachdem ich vom Klavier zum Keyboard gewechselt bin, war mein am häufigsten genannter Satz: Mein Klavier hat aber nicht so viele Knöpfe. ;)

Meine jetzige Band hat das übrigens ganz geschickt gemacht: Die wollten unbedingt einen Keyboarder/in haben und die fanden ich würde ganz gut zu ihnen passen. Nun war ich aber dabei Klavier zu lernen. Klassik. Also haben sie mich einfach überredet, mir die Proben mal an zu schauen, und ich könnte doch... nebenbei... muss ja mit Klassik nicht aufhören... nur mal probieren...
Im Endeffekt, hat mir das Musik machen mit anderen dann so viel Spaß gemacht, das ich richtig in der Band gelandet bin und seit letzten Sommer auf Keyboard (allerdings mit Hammermechanik) umgesattelt habe.
Das erste halbe Jahr war für die Band, mit mir, sicherlich hart. Aber die haben gesehen, ich entwickel mich, es geht voran. Jetzt bin ich seit 2 Jahren dabei und sie sind froh mich zu haben. ;)

Es gibt also durchaus auch die Möglichkeit sich eine/n noch nicht fertigen Pianisten/Keyboarder zu suchen, wenn dieser Lust hat sich auf etwas neues ein zu lassen. Das dauert dann natürlich länger bis man jemanden mit den Fähigkeiten hat, welche man möchte.

Aber es ist halt auch ein wenig wie im Berufsleben: 20jähige welche nichts kosten, aber 40 Jahre Berufserfahrung haben, bekommt man nun mal nicht. ;)

Lg, TaTu
 
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Gab mal in Braunschweig ne lustige Band (Deutsch-Rock), die sagte zu ihrem Kumpel: "Du kannst doch dann da auch Keyboards spielen". Der "Kumpel" Zitat: "Konnte ich ja gar nicht" (Hatte bei mir dann Unterricht, hat das Stück für Stück gelernt und sich da reingefuchst, dann passte alles" Die brauchten Flächen, hier und da kurze kleine Synth-Riffs, hier und da mal Piano, sollte alles schön minimalistisch bleiben.
 
...was man übrigens bei der Thematik "Hilfe, ich finde keinen Keyboarder!" auch nicht ausblenden darf, sind die letzten zwei Jahrzehnte. Sagen wir mal, so ungefähr meine Generation, Ende 30, groß geworden in den 80ern mit Synthesizer-Mucke - aber damals noch kein Geld für Hardware, jetzt aber mit vernünftigem Einkommen, wo auch was für's Hobby übrigbleibt.
Diese meine Generation hat sich vielleicht so im Teenie-Alter das erste Mal für Musik in der Band interessiert - also Anfang der 90er. Was gab es da im Radio, den Konzerthallen und Clubs? Richtig: Einerseits Metal, Metal, Metal - und Grunge sowie etwas Punk und Hiphop. Und andererseits Eurodance und Techno. Als jemand, der sich für eine Band interessiert hat, durfte man vieles sein - nur kein Keyboarder. Dance und Techno war "bäh" (von der Warte der Bandmusiker aus gesehen - und das unterschreibe ich sogar). In den anderen Musikrichtungen war man als Taster überflüssig bis unerwünscht ("nö, wenn dann DJ").

Wer also zu den "cool Kids" gehören wollte und in einer Band spielen wollte, hatte als Keyboarder fast keine Chance zu der Zeit. Eine dritte Gitarre? Kein Problem... Wer Musik machen wollte, hatte also nur die Wahl zwischen umsatteln (anderes Instrument lernen / singen...) - oder sich ins stille Kämmerlein zurückziehen und als Home-Producer irgendwas in Richtung Techno/Dance/... (später dann eben Ambient/EDM/etc.) machen, oder irgendein Hiphop-Projekt mit Samples beliefern. In dieser Producer-Schiene sind dann sicher etliche geblieben, andere haben vielleicht (zumindest einige Jahre lang) die Tasten gegen einen Bass oder eine Klampfe getauscht - oder gleich ganz wieder aufgehört.

In den "00"er Jahren war das nicht viel besser - Keyboard-"Heroes" gab es nur sehr vereinzelt mal. Hardpop a la Nickelback und Co, H-Blocks, solche Sachen wurden von jungen Bands stilistisch kopiert. Erst seit Leute wie Coldplay oder Alicia Keys auf die Bildfläche getreten sind, ist das Keyboard wieder salonfähig und nicht "uncool" (von Mucker-Bands wie Dream Theater mal abgesehen). Wo sollen denn jetzt plötzlich all die Leute wieder herkommen, die man in den 90ern förmlich aus den Proberäumen rausgejagt hat? Da sind eben nur eine Handvoll Idealisten übriggeblieben (und haben in ihren Nischen ihre Fähigkeiten verfeinert), die dann jetzt eben auch etwas "picky" sind... ;)
 
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hut ab jens
alles andere was hier so geschrieben wurde war sicherlich auch hier und da irgendwie relevant
viele der argumente waren mir aber beim mitlesen zu konstruiert
andere sehr weit her geholt
- jedes instrument kostet geld
- jedes instrument muss man lernen
- bei jedem instrument spielen technische aspekte eine rolle (spätestens wenn man verstärkt spielt)

aber das was jens sagt stimmt tatsächlich.
als schüler wurde mir mitte 90er gesagt: nee wir wollen kein keyboard
als junger erwachsener : ja wir hätten gerne aber unser schlagzeuger hasst keyboard (querbeet coverband)

zur selben zeit waren in meinem damaligen proberaumkomplex 8 bands und es gab einen einzigen keyboarder...mich

ich habe also früh gelernt, dass ich die bands, die keys haben wollen selbst gründen muss. und habe das auch getan

mit etwa 23/24 stieg ich bei einer soulband ein...orgel , klavier, d6, rhodes..
bläsersatz etc pp also wunderbares keyboarding.
die leute waren aber im schnitt 20 jahre älter (wenns reicht)
erst ab 2005 kam die zeit bei mir in der ich die bands nicht mehr selbst gründen musste, sondern mir aussuchen konnte wo ich spielen will.
 
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Halt...... ,
das ist mir jetzt zu sehr von der Coverband Ecke gedacht (Equipment Talk).
Wenn ich in ner Band bin ,die eigene Songs schreibt und am Anfang evtl. mal zur Übung in der gewünschten Stilrichtung covert,
bestimme ich als Keyboarder doch selber welche Sounds da am besten passen.:gruebel:
Man hat ja auch von der Musikrichtung her schon ne Ahnung was da funktioniert/funktionieren könnte.

Zum Anfang kann auch erstmal ein Jv 1080+ Master+ Sustain Pedal ausreichen , Pa ist ja meist im Proberaum vorhanden.
Wenn ich in einer Indie/Electro Band mitmachen wollte müsste ich mir da ganz anderes Zeugs kaufen , als zB. für Symphonic Metal ,Jazz.....etc.
Viel schrauben will ich nicht , Sounds anpassen/effektieren natürlich schon. (Anpassen heißt : Filter und ADSR+Fx) Einfache Splits , Layer mache ich auch.
Grade bei diesen Electro/Indierock Bands hat man aber oft spielerisch nicht viel zu tun ausser Akkorde drücken , an den Filtern rumdrehen , am Kaospad rumdrehen , am (natürlich) Microkorg.....:D.
Ja und wie schon gesagt , am Klavier gibt es auch noch ausreichend:D:D zu Üben.
Ne auf akribisches Covern hätte ich in meiner Freizeit :) auch keinen Bock , auf eigene Versionen draus machen , oder auch mal n bischen umschreiben schon eher.
Eine Setlist mit über 80 Titeln ......für mich Stress pur...DA muss das Schmerzensgeld dann schon stimmen.:tongue:

cu Timo
 
Also ich habe 1994 in einer coverband angefangen die auch eigene Songs im rock popbereich geschrieben hat. Das brachte Aufmerksamkeit, es hing aber an unserer Sängerin, bis heute erinnern sich welche, “eure Sängerin, die hatte ne gute Stimme“

Nur weil Medien aufhören, von etwas zu berichten, heißt das nicht, dass es bestimmte Bands oder Stile nicht mehr gibt oder man dafür kein Publikum findet.
 
Die Aufgaben des Keyboards sind sehr komplex. Ich weiß, dass das bei Kollegen, die andere Instrumente spielen, immer sauer aufstößt und mit dem Satz "Mein Instrument ist aber genauso komplex" beantwortet wird. Dabei rede ich gar nicht vom Instrument selbst. Das wurde hier schon oft beschrieben, dass jedes Instrument erlernt werden muss. Manchen fällt es leicht, anderen nicht.

Wir müssen klar differenzieren zwischen Cover und Originals. Betrachten wir die Covermusik in einer Standardbesetzung (Bass, Drums, Keys, Gitarre, Vocals):
Instrumentale Aufgabe des Keyboarders: Alle Sounds abdecken, die die anderen Musiker nicht spielen können. Nehmen wir an, die Coverband spielt am Abend 4 Sets mit je 10-12 Songs -> 40-50 Songs im Durchschnitt. Möchte man auch mal Songs austauschen, ist man schnell bei 80-90 Songs.

Meine Erfahrung ist nun folgende:
Der Gitarrist kommt mit einer Gitarre, seinem Effektboard, Amp und Noten- / iPad. Er spielt alle Songs mit einer Gitarre und variiert den Sound durch Bodeneffekte, wie z.B. Distortion, Delay, etc.
Beim Bassisten sieht es ähnlich aus. Er hat vielleicht noch einen Oktaver. Das wars aber auch.
Der Drummer bringt sein Drumset mit, Noten, Metronom und (wenn man Glück hat, aber eher selten der Fall ist) ein Drumpad wie DTX oder SPDS.

Wie sieht die Vorbereitung der Kollegen aus?
Jeder geht die Songs (wenn überhaupt... alles schon erlebt) zu Hause durch, macht sich ein paar Notizen und geht auf die Bühne.

Der Keyboarder?
Die Vorbereitung sieht so aus, dass der Keyboarder sich die Songs Stück für Stück raushört. Hooklines sind nur in seltenen Fällen auf Sheets notiert und müssen rausgeschrieben werden (trifft auch auf andere Instrumente zu... nur sind die "nicht-Gitarren"-Hooks wohl deutlich mehr). Ist das erledigt, programmiert man den dazugehörigen Sound... der Prozess hängt vom Anspruch des Keyboarders ab. Ich persönlich sitze da je nach Sound-Art (Synth oder Natursound) zwischen 10-40min. Dann wird der Sound auf die Tastatur gelegt...und zwar dahin, wo ich ihn am besten spielen kann.
Dann kommen die Backingsounds, wie Pads, Pianos, Strings, etc. Alle Sounds werden für den einen Song programmiert und auf der Tastatur verteilt (mein Rekord dürfte so bei 10-12 Instrumenten pro Song liegen).

Ach... und die Band spielt natürlich auch mit Backingtracks, die selbstverständlich auch vom Keyboarder geschickt werden.

Diese ganze Prozedur passiert dann 40-90x. Im Anschluss werden die Lautstärken ALLER Sounds zueinander eingestellt. Das kann mitunter ewig dauern! Während ein Gitarrist nur einen Sound zur gleichen Zeit spielt, kann er einfach das Volumenpedal nutzen, um die Lautstärke schnell anzugleichen. Würde das der Keyboarder machen (der meist mehrere Sounds gleichzeitig spielt), so wären einige dieser Sounds einfach zu leise. Also muss noch ein MIDI Controller her, mit dem man spontan die Sounds regeln kann. Und woher weiß man, welche Sounds auf welchem Controller liegen? Jetzt sagt man natürlich "Gaffa drunter und beschriften"... geht aber nicht so leicht, weil ich nicht in jedem Song die gleichen Instrumentengattungen benutze und sich somit auch die Zuweisungen ändern.

Abschließend muss die Organisation noch erledigt werden: Normalerweise schaltet man heutzutage mit dem iPad die Sounds um, da dort auch die Noten eingepflegt sind. Also: Einrichten von ProgramChange Befehlen in der Software, Anlegen der Noten im iPad, Anlegen von ProgramChange Befehlen im iPad, iPad über ein weiteres MIDI Interface an den Rechner....

Betrachtet man diese Faktoren, sollte doch recht schnell klar werden, dass die Vorbereitung immens ist. Deshalb mache ich persönlich auch keine Covermusik mehr. Gerade wenn man nur mal für einen Gig aushelfen soll, macht das gar keinen Sinn. Die Vorbereitung würde dann ca. 3-4 Tage dauern und am Ende hat man 300€ - 400€ raus. Hinzu kommt dann das Gemeckere der Kollegen, dass die Sounds total unterschiedlich laut sind und man das doch bitte mal in den Griff kriegen soll. Denn die Lautstärken, die man zu Hause justiert, haben mit Live wiederum wenig zu tun. Denn sind die Monitore vor Ort z.B. total mumpfig, geht vieles unter. Sind sie höhenlastig, blasen sie den Musikern die Ohren weg.

Auch muss ich zugeben, dass ich noch keinen Covergig hatte, in dem der Gitarrist z.B. eine Akustikgitarre mitgebracht hatte, die, wie wir alle wissen, doch in vielen Songs drin ist. Das wird dann einfach mit der EGitarre gespielt. Ähnlich verhält es sich mit dem Bass.

Wie würden die Kollegen wohl gucken, wenn man nur mit einem Rhodes und ein paar Effekten auftauchen würde? Vielleicht wäre das gerade interessant?!? Freiwillige vor! :)


Wie verhält es sich bei Originals?

Ähnlich! Das ist zumindest meine Erfahrung. Gerade in der modernen Popmusik wird vor allem die Rolle des Keyboarders sehr viel mehr respektiert, da ohne ihn heutige Musik kaum noch funktionieren würde. Überproduzierte Nummern strotzen nur von Geigen, komprimierten Pianos und SynthPads.
Allerdings: Bei einem Popact spielt man vielleicht 20 Songs... und die dann auch relativ regelmäßig, sodass der Aufwand erstens übersichtlicher bleibt und man sich zweitens auch sehr viel mehr Zeit für jede einzelne Nummer nehmen kann.

Fazit: Schwieriges Thema. Zumal ich immer von meinem Anspruch aus argumentiere! Es gibt Kollegen, die sich mit einem Triton auf die Bühne stellen und ebenso das ganze Zeug runterreißen. Natürlich funktioniert das! Aber mein Sound-Anspruch ist ein anderer. Ich muss aus diesem Grund auch meinen Kollegen weiter oben widersprechen, dass man bei Workstations nicht mit "Werkpresets" spielen kann. Doch... kann man! Wenn man sich darüber einfach keine Platte macht und einfach spielt. Ich würds nicht machen, aber es geht. Ich würde sogar behaupten, dass man sehr viel freier spielen und mehr Freude beim Spielen empfinden kann, wenn man sich dieses ganze Gehussle nicht gibt. Und darin liegt der große Knackpunkt!
 
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