SubbrSchwob
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Aber das nur mal so als kleiner Versuch, die Faktoren beim Equipmentkauf und der Gigsuche aus Sicht der wirtschaftswissenschaftlichen Marktmechanismen zu analysieren. Diese sind natürlich immer Abstraktionen und damit nicht unbedingt 1:1 auf die Realität übertragbar, aber ich fand es dennoch mal ganz interessant, wie sich manche Entwicklungen mit diesen Theorien erklären lassen.
Die Theorie mit der Marktwirtschaft hat leider einen empfindlichen Schwachpunkt: Sie geht davon aus, dass die Handelnden auf dem Markt auch die Wahl haben, etwas nicht zu kaufen. Das trifft aber oft nicht zu. Ich kann nicht aufhören, zu essen. Ich kann nicht aufhören, zu wohnen (es sei denn, Obdachlosigkeit ist für mich eine ernsthafte Option), viele Menschen können nicht aufhören, Transportmittel zu nutzen, vor allem in ländlichen Regionen ist ein Auto zwingend erforderlich. Und erst beim Arbeitsmarkt, das ist ja gar kein Markt in diesem Sinne, denn die Jobs, die keiner machen will, sind am schlechtesten bezahlt – dabei müssten sie mangels Angebot an Arbeitskraft die teuersten sein. (Übrigens ein oft vernachlässigtes Argument für das bedingungslose Grundeinkommen: Der Arbeitsmarkt wäre dann tatsächlich im Sinne der Marktwirtschaft ein Markt, da die Arbeitnehmer [die eigentlich die Arbeit geben!] sich entscheiden könnten, den Deal nicht einzugehen.)
"Kulturelle Dienstleistungen" sind in dem Sinne marktwirtschaftlich, da wir auch auf den Kauf verzichten können. Wobei das natürlich insgesamt nicht ganz zutrifft, da Kultur unsere Gesellschaft formt und sich mit ihr auseinandersetzt und außerdem die Ästhetik in den Alltag bringt. Ohne eine Form von Kultur kann der Mensch nicht leben. Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte ist eine andere Frage: Wie entstehen eigentlich Preise? Und da stellt man fest: Die Preise entstehen eben nicht allein durch Angebot und Nachfrage sondern durch viele Faktoren. Kann der Käufer die Wertigkeit des "Produkts" überhaupt schätzen? Kann der Käufer den Leistungsumfang zu schätzen wissen, und sieht er dessen Notwendigkeit ein?
Mit meiner Coverband spielen wir oft öffentlich, z.B. in Kneipen. Das Publikum sieht: Die Jungs haben Spaß von 21 bis 0 Uhr. Fragt dann hinterher jemand, ob wir bei seinem Geburtstag/Hochzeit/Whatever spielen, dann haben die im Kopf: 3 Stunden Fun. Wir als Band wissen natürlich: 2h Bühnenaufbau, früh da sein weil vor dem Abrocken noch Reden geschwungen werden oder gegessen wird, Anfahrt, Abbau, usw. usf. – diese Posten sind dem Kunden nicht präsent. Dann gibt es natürlich auch Bands, die stellen 2 Amps und ein Drumkit hin und ne miese Gesangsanlage und machen Radau. Und dann heißt es gleich: "Die anderen waren mit dem Soundcheck doch auch in 5 Minuten fertig." Die Qualität "amtlicher Sound" ist also oft gar nicht zu verkaufen, weil es dem Kunden egal ist. Der Umkehrschluss, nämlich nur noch mit Scheiß-Sound zu spielen, befriedigt allerdings in der Band auch niemanden.
Kurzum: Immer, wenn man das musikalische Produkt in der Gesamtqualität nicht den niedrigen Standards der Auftraggeber anpassen kann, weil man sonst unglücklich wird, hat man mit der Preisgestaltung ein Problem.
Das nächste Problem hat man, sobald man von der Massenkompatibilität abweicht. Dann ist man auf Kulturförderung angewiesen. Und muss damit leben, dass die meisten Leute den Kopf schütteln, weil man sich aus öffentlichen Töpfen Geld wünscht für etwas, mit dem sie nichts anfangen können.
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Ein wesentliches Argument hast Du doch ausgelassen. Nämlich das generelle dauerhafte Interesse des Nachwuchses bei dem Thema. Alle ökonomischen Argumente gehen dann nämlich ins leere, wenn es kein dauerhaftes Interesse mehr gibt.
Das hängt vielleicht an einer schnelllebigen Zeit und auch daran, dass zumindest Gymnasiasten dank G8 (in manchen Bundesländern) einfach keine Zeit mehr haben, konsequent einer außerschulischen Beschäftigung nachzugehen. Das längerfristige Dranbleiben an einem Thema ist etwas, das für Jugendliche nicht einfach ist, wie mir auch Freunde aus der Musikpädagogik bestätigen. Dabei könnten Jugendliche genau darüber lernen, das es sich lohnt, etwas nicht gleich an den Nagel zu hängen, nur weil es nicht von vornherein und durchgängig geil ist.