Harmonisch Moll
Harmonisch Moll ist der Äolischen Skala sehr ähnlich - bis auf einem Unterschied!
Schauen wir uns noch einmal eine I-IV-V an, aber in Moll. Nicht in Dur. In Dur wollte uns die "V" das Gefühl eines Spannungsmomentes geben, das sich wieder zurück in die Tonika auflösen möchte, ja will. In A-Moll sieht eine I-IV-V so aus (vielleicht hast du schon mal ein Kadenz in Äolisch geschrieben mit Hilfe meines Workshops?):
Am - Dm - Em
Hört sich wesentlich anders an, als in Dur, oder?
Vor allen Dingen die 5. Stufe, unsere Dominante klingt nicht wirklich so, als ob sie nach einer Auflösung in die Tonika verlangt... Wie können wir das aber erreichen? Indem wir
anstatt des E
m Akkords, einen E-
Dur spielen. Hört euch das einmal an:
Am - Dm - E
Es hört sich auf der V. nun wesentlich mehr nach "Verdammt, wo ist die Tonika???" an. Aber woran liegt das?
Ich schrieb bereits bei der I-IV-V Kadenz in Dur, dass das G auf der 5. Stufe einen "Leitton" enthält, der dafür verantwortlich ist, dass wir wieder zur Tonika zurück wollen. Es sind im G Dur Akkord ja folgende Töne enthalten: G
B D
Das "B" liegt bekanntlich einen Halbton unter C und somit dem Grundton unserer Tonika. Dieser eine Ton sorgt dafür...
Dasselbe, oder zumindest im Prinzip, liegt bei unserer Moll-Kadenz vor: Der Grundton unserer Moll Tonika ist "A". Das Em auf der V. Stufe beinhaltet als Terz ein "G". Durch Erhöhung der kleinen Terz auf eine große, haben wir nun ein "G#" und den Akkord somit in einen Dur-Akkord verwandelt. Der Leitton steht nun somit auch parat: G#..., das einen Halbton unter A liegt.
Anmerkung:
Ein Leitton ist immer der Ton, der einen Halbton unter dem Grundton der Tonika liegt, bzw. es ist die große Sept in der jew. Tonleiter.
So, nun haben wir den Effekt des Spannungsbogens auch in unserer Mollkadenz drin, aber hat das nicht Folgen, da wir ja einfach ein G# anstatt des G genommen haben? Klar!
Anstatt der äolischen Töne
A - B - C - D - E - F - G
haben wir nun:
A - B - C - D - E - F - G#
Wir haben lediglich mit Erhöhung des 7. Tones der Äolisch-Skala die Harmonisch Moll Tonleiter erhalten!
Selbstverständlich erhalten wir auch ganz andere diatonische Akkorde; wir haben ja schliesslich an den Tönen der Tonleiter "rumgepfuscht"...! Sie lauten:
Im II° III+ IVm V VI VII°
oder als Vierklänge:
Im maj7 IIm7b5 III+ maj7 IVm7 V7 VI maj7 VII°7
Nun schauen wir mal, was wir haben: Direkt auf der ersten Stufe begegnet uns eine neue Akkordform: Ein Moll Akkord mit großer Septime. Gefolgt auf der dritten Stufe von einem übermäßigen Akkord (mit gr. 7). (Auffällig ist auch hier, dass auf der V. ein Dominant-Sept-Akkord steht. Ein Leitton ist hier schon mal auf der 5. Stufe gegeben!)
Auch auf der letzten Stufe begegnet uns ein neuer Akkord! Ich konnte ihn hier leider nicht richtig schreiben (wenn es irgendwie geht, her mit den Tipps!
), aber stellt euch eine hochgestellte "7" vor. Dieser Akkord heißt nicht, dass wir hier einen verminderten Akkord mit kleiner Septime haben oder, dass nur die Septime vermindert sei, sondern, dass wir einen sog. "vollverminderten" Akkord. Dort ist nämlich nicht nur der Akkord/Dreiklang vermindert, sondern auch die Septime! Und was ist eine verminderte Septim???
Wir erinnern uns: Nichts anderes, als eine große Sext.
Und hier hatten wir es bereits schon: Hier gibt es beim VII Akkord keine große oder kleine Septime... Das wären im Fall von G#°7(vollvermindert) G als große bzw. F# als kleine Septim gewesen. Somit musste man sich der Verminderung des Intervalls bemächtigen. Auch, wenn eine verminderte Septime gleichzeitig eine große Sext ist, haben wir hier keine große Sext, sondern eine verminderte Septim! Wir gehen ja von der Septim aus...
Das Thema ist noch nicht vorbei! Es gibt in Harmonisch Moll noch viel zu entdecken... Darum:
...to be continued!