Und ich bleibe bei meiner Meinung, der untere Bauch und damit meine ich die Region eine gute Handbreite unter dem Bauchnabel macht je nachdem sehr viel!
Das stimmt! Es wird nur sehr sehr selten erwähnt, weil es so viele Leute intuitiv machen, wenn man kontrolliert und gestützt ausatmet. Es gibt ein paar wenige GLs, z.B. Marnell Sample und Jamie Vendera, die erwähnen, dass es sehr wichtig ist, dass sozusagen das unterste Muskelpaar des "Six-Pack" beim Singen angespannt ist. Nur dann kann auch der untere Rücken seine Stützarbeit korrekt verrichten. Die untersten Bauchmuskeln bilden eine Art Antagonist zu den unteren Rückenmuskeln, der verhindert, dass der Bauch zu schnell reingeht beim Ausatmen. Ich hatte in dem anderen Thread ja geschrieben, dass für mich Stützen vom Gefühl her ein Stöhnen ist, dass im Bereich zwischen Bauchnabel und Steißbein stattfindet. Das triggert genau diese beiden Muskelgruppen.
Ich habe jetzt zahlreiche Beschreibungen gehört, was Stütze NICHT ist. Schon klar, dass es letztendlich immer um eine Balance geht, aber wenn ich die einzelnen Teile nicht üben kann ohne dass die anderen funktionieren kann ich das ja nicht Stück für Stück aufbauen, sondern immer nur herumprobieren, bis die Kombination stimmt von Luftdruck, Resonanz etc.
Man kann die einzelnen Teile ja üben. Der Punkt ist nur: Die einzelnen Teile sind sehr einfach, wie hier schon x-mal erwähnt wurde. So einfach, dass viele GLs darauf verzichten (so wie deine), diese auch einzeln zu üben. Die Schwierigkeit ist die Koordination der Einzelteile.
Hier nochmal ein einfaches Experiment zum Spüren der Stütze. Es geht bei den Einzelübungen wirklich nur darum, das
Körpergefühl für den Stützmechanismus zu sensibilisieren. Das muss nichtmal etwas mit Emotion zu tun haben. Du sollst nur merken wie sich "gestützt" anfühlt im Vergleich zu "ungestützt", idealerweise auch noch, wie sich "stark gestützt" von "schwach gestützt" unterscheidet.
Für die Übungen in dem Experiment benutzt du das stimmlose S (wie in Pa
ss). Wie gesagt es geht um das Entwickeln von Körpergefühl!
Übung 1:
- Einatmen (= Einatemmuskulatur spannt an)
- kurz halten (= Einatemmuskulatur wird auf Spannung gehalten)
- Ausatmen durch völlige Entspannung, dabei mit der Zunge an den Zähnen das stimmlose S machen (= Einatemmuskulatur wird langsam abgespannt)
Was du merken solltest:
- Beim Einatmen weitet sich der Bereich um den Solar Plexus und die Flanken,
passiv auch der um den Bauchnabel
- Beim Ausatmen fallen Solar Plexus und Bauchnabel relativ schnell nach innen
- Beim Ausatmen auf dem S ist der Atemdruck schwach (= das Zischeln ist leise) und die Geschwindigkeit relativ schnell (= die Eingeatmete Luft ist in wenigen Sekunden komplett entwichen)
Übung 2:
- Einatmen (= Einatemmuskulatur spannt an)
- kurz halten (= Einatemmuskulatur wird auf Spannung gehalten)
-
richtig feste Ausatmen (= Einatemmuskulatur spannt ruckartig ab, Ausatemmuskulatur spannt ruckartig an)
Was du merken solltest:
- Beim Ausatmen ziehen sich Solar Plexus und
passiv der Bauchbereich ruckartig nach innen, wie ein Puls, diesen Puls kannst du mehrmals üben, denn er schärft das Körpergefühl dafür, dass weder Solar Plexus noch Bauchnabelbereich beim Singen unter starker Spannung stehen sollten
- Beim Ausatmen auf dem S ist der Atemdruck hoch (= lautes Zischeln) und die Geschwindigkeit sehr schnell (= die Luft ist in weniger als einer Sekunde wieder draußen)
Übung 3:
- Einatmen (= Einatemmuskulatur spannt an)
- kurz halten (= Einatemmuskulatur wird auf Spannung gehalten)
- die Luft
möglichst langsam entweichen lassen, der Fokus liegt dabei auf der
Geschwindigkeit des Luftstroms (= Einatemmuskulatur bleibt angespannt, Ausatemmuskulatur drückt die Luft langsam raus)
Was du merken solltest:
- Beim Ausatmen geht der Bauchnabelbereich
langsam nach innen, der Solar Plexus bleibt aber stabil und steht unter
leichter Spannung
- Beim Ausatmen ist der Atemdruck mittelhoch (= mittellautes Zischeln) und die
Geschwindigkeit langsam.
Übung 4:
- Einatmen (= Einatemmuskulatur spannt an)
- kurz halten (= Einatemmuskulatur wird auf Spannung gehalten)
- die Luft
möglichst langsam entweichen lassen, aber
gleichzeitig das Zischeln möglichst laut werden lassen (= Einatemmuskulatur bleibt angespannt, Ausatemmuskulatur drückt die Luft stärker raus, Einatemmuskulatur reagiert ebenfalls mit stärkerer Spannung)
Was du merken solltest:
- Beim Ausatmen geht der Bauchnabelbereich
langsam nach innen, der Solar Plexus bleibt aber stabil und steht unter
mittelstarker Spannung
- Beim Ausatmen ist der
Atemdruck hoch (= lautes Zischen, etwa zu laut wie bei Übung 2) und die
Geschwindigkeit langsam
Übung 5:
- Wechsel fließend zwischen Übung 4 und Übung 5. Dadurch bekommst du ein Gefühl für deinen "Lautstärkeregler". Versuche verschiedene Lautstärkeniveaus zu bedienen. Versuche mal eine Phrase auf S zu Zischeln und dabei einige S durch höhere Lautstärke zu betonen, auf die gleiche Weise erzeugt man beim Singen
Emotionalität.
Was du merken solltest:
- Je nach Betonung der Phrasen ändern sich Atemdruck (Lautstärke) und Körperspannung. Was aber nahezu konstant bleibt ist die
langsame Geschwindigkeit des Atemstroms. Auch auf den emotional "betonten" Zischlern kannst du den Atemstrom noch sehr lange aufrecht erhalten.
Übung 6:
- Starte mit Übung 3
- Wechsel während des Ausatmens fließend vom stimmlosen S auf ein stimmhaftes S (wie in
Suppe)
Was du merken solltest:
- Für den Wechsel auf das stimmhafte S musst du
stärker stützen, etwa so viel wie in Übung 4. Gestützter Gesang hat
auch in der tiefen Lage schon einen erhöhten Atemdruck!
Übung 7:
- Versuche auf dem stimmhaften S jetzt deinen "Lautstärkerregler" zu verwenden.
- Probiere dabei unterschiedliche Tonhöhen
- Wichtig: Beim Erhöhen der Lautstärke
nicht die Tonhöhe verändern
Was du merken solltest:
- Der Lautstärkenspielraum, den du alleine durch den Stützmechanismus besitzt, ist gar nicht mal so groß. Beim Singen entsteht ein Großteil der Dynamik durch die Wahl des Vokals! (bzw. in der CVT-Welt durch die Wahl des Modes).
Übung 8:
- Mach auf dem stimmhaften S Glissandi von unten nach oben und umgekehrt
Was du merken solltest:
- Für höhere Töne brauchst du eine stärkere Atemspannung, ähnlich wie bei der Lautstärkeregelung
- Auf höheren Tönen oberhalb des Passaggio kannst du
nicht mehr zum stimmlosen S zurückwechseln. Die Atemspannung, die zum Singen in der Höhe gebraucht wird, kann man auf stimmlosen Lauten
nicht üben
Übung 9:
- Öffne aus dem stimmhaften S in verschiedene Vokale (SA, SO, SI usw.)
- Probiere dabei verschiedene Tonhöhen aus
Was du merken solltest:
- Für einige Vokale geht das recht leicht und fließend, z.B. für I und U
- Bei anderen Vokalen musst du die Stütze verändern!
- Bei einem offenen O (wie in R
olle) verändert sich die Balance mehr zur Ausatmung/Pushen (= Belt-Gefühl)
- Bei einem offenen A (wie in L
aster) verändert sich die Balance mehr zur Einatmung/Stöhnen (= Mixed-Voice-Gefühl)
- Bei einem offenen Ä (wie in Bl
ätter) verändert sich die Balance kaum aber der Vokaltrakt verändert sich stark und die subjektive Lautstärke steigt (= Twang-Gefühl)
Fazit
Wie schon gesagt geht es um das Entwickeln von Körpergefühl. Du brauchst ein Gefühl dafür wie sich die Stütze in der Höhe verändert und vor allem auch, wie sich sich auf Vokalen verändert. Entscheidend bei der Stütze ist nicht primär das Reduzieren des Drucks, sondern das Reduzieren der Geschwindigkeit.
All die Zusammenhänge von Lautstärke, Vokal usw. musst du in den Muskelgedächtnis eintrainieren, vor allem durch Übungen wie 8 und 9 (danach auch Glissandi auf Vokalen). Dabei hilft nur viel viel viel Übung.
Es gibt keine "einheitliche Regel" wie die Stütze sein muss. Die Stütze muss flexibel sein und sich auf verschiedene Lautstärken und Vokale anpassen.
Die verschiedenen Vokalräume entsprechen den Modes bei CVT, die in anderen Stütztkonfigurationen leben. Aber anders als bei Kopfstimme/Bruststimme gibt es für die Modes keinen Tonhöhenbereich, weshalb sie fließend und ständig innerhalb eines Songs gewechselt werden. Das bedeutet auch, dass sich die Stützt ständig verändert, auch schon in der tiefen Lage und zusätzlich zur generellen Regel, dass höhere Töne mehr gestützt werden müssen.