... Was ich aber will ist in erster Linie den Strat-Sound und kein authentisches Replika der Oldtimer... Für mich ist jedoch die Frage offen, welche für die Bespielbarkeit/Optik nötige Verbesserung unter Umständen gravierende Auswirkungen auf den Klang hat.
Was ich gerne ändern würde:
- Kopfplatte mit 4+2 Anordnung der Mechaniken
- "Neck thru" bis zum Tremolofach, Tremoloschrauben im Neckansatz
- Kein Pickguard, Elektronikfach hinten
- Gefräste Reiter mit "Führungsrille"
- TUSQ Sattel
- Maple drop top (ca. 5mm)
- Edelstahlbünde
- 12" zu 16" Griffbrettradius
- leicht unsymmetrisches Neckshape, oben (Daumen) eher fett, unten abfallend
PS: ich spiele clean bis crunsh, kein high gain
Interessante Fragestellung, die aber auch die Frage aufwirft, was genau "der Strat-Sound" ist. Die Dinger klingen halt nunmal sehr verschieden, oft auch innerhalb der gleichen Serie. Wenn ich das mal ausklammere, bist Du eigentlich schon bei der Grundsatzfrage "Modern Strat" oder "Vintage".
Wenn Du das letztere als Dein Klangideal begreifst, wird fast jede der genannten Veränderungen ein Schritt weg von diesem sein. Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Die Strat wird klanglich auch danach wohl immer als solche erkennbar bleiben, aber in der Summe ist eine solche Gitarre halt doch was anderes. Das liegt schon mal daran, dass der Sound der Strat auch aus Elementen besteht, die erstmal weniger "perfekt" erscheinen, aber den Charakter prägen. Was die ergonomischen Änderungen betriftt,
spiele zumindest ich auch anders, wenn sich die Gitarre anders anfühlt. Im Einzelnen meine subjektive einschätzung bzw. Selbsterfahrung:
- Schon die Form der Kopfplatte ändert immer ein wenig die Art, wie der Hals schwingt. Es gibt Gitarristen, die ziehen aus dem Grund die große Kopfplatte der 70er vor, zB Robin Trower. Der Unterschied wird aber eher subtil sein. Sicher ist, dass sich das Ziehen der Saiten ein wenig anders anfühlt, erfahrungsgemäß wirken h- und e-Saite etwas härter.
- Was Du nicht genannt hast, in meinen Augen aber durchaus wichtig ist: Vintage-Tuner! Tja, und das verträgt sich leider nicht mit einer 4+2-Kopfplatte, außer Du kaufst zwei Sätze Mechaniken... Ich kann jedenfalls sagen, dass ich den Ton sowohl bei Strats als auch bei Les Pauls auf der jeweils gleichen Gitarre als wesentlich anders wahrgenommen habe. Die Blechdinger haben zwei interessante Eigenschaften: zunächst mal wiegen sie viel weniger, und dann sind sie wesentlich weniger steif. Moderne Mechaniken stabilisieren die Kopfplatte, ja nehmen sie wie ein Schraubstock in die Zange zwischen dem sehr steifen Gehäuse und der Sechskantmutter. Vintage-Tuner sind dünn im Material, schwingen mit dem Holz mit und haben nur am Rand der Grundplatte und an der Vorderkante der Einsteckhülse, wo die Beinwelle der Mechanik unter Saitenzug aufliegt, Kontakt zum Holz. Und das hört man, der Ton klingt auch über den Amp "akustischer", eben holziger.
- Meinst Du mit "Neck thru" eine Leimung oder eine Bauweise wie bei Siggi Brauns CNS-System? Eingeleimt wird der Strat-Sound deutlich weg sein. Das ist einer der Punkte, den ich mit "nicht perfekt" meinte - der knackige, anschlagsbetonte Sound hat bei der Strat ja auch eine gewisse hohle und ja, "ungleichmäßige" Komponente. Glättet man die zu sehr, fehlt das rauhbeinige, unbarmherzige, was sie halt auch in sich trägt. Schon das tiefere Einsetzen des Halses á la CNS wird da einige Ecken und Kanten abschleifen, hin zum gleichmäßigeren, sustainbetonteren Sound.
- Es macht mMn schon einen großen Unterschied, ob die Federn am Korpusholz oder am Hals befestigt sind. Erst unlängst habe ich festgestellt, wie sehr sich die Substanz im Sound andickt, nachdem ich zwei harte Federn gegen einen vollen Satz aus 5 - dafür besonders weichen - Federn getauscht habe. An dieser Stelle passiert also doch einiges in Sachen Klangübertragung, wobei der Unterschied bei schwebendem Tremolo wesentlich deuitlicher ausfällt als bei aufliegend eingestelltem. Logisch, denn hier geschieht die Ankopplung schon zu einem großen Teil an anderer Stelle, weiter oben quasi.
- Ja, die gleichen PUs werden etwas anders klingen, wenn sie nicht im Pickguard hängen. Der Effekt von Metallen ist schon erklärt worden, aber auch den grundsätzlichen Unterschied, wenn ein PU in einem Schlagbrett hängt, möchte ich unterstreichen. Das ist auch wieder so ein Stück "Chaos-Theorie" bei der Strat. Ich schreibe es auch weniger dem Hohlraum als solchem zu, sondern der Beweglichkeit der Aufhängung. So ein Ding spielt man ja nun LAUT. Die Luft im Hohlraum darunter wird gerade bei RnR-üblichen Pegeln durchaus in Bewegung versetzt, gerade im Bassbereich wirkt das Pickguard wie eine Membrane. Das überlagert die Saitenschwingung quasi, und Strat-PUs sind sehr abstandssensibel. Ist der PU dagegen auf dem Body festgeschraubt, ist der Abstand konstanter, denn die Amplitude des Holzes ist wesentlich geringer und kontrollierter. Meine subjetive Erfahrung: fest montiert klingen gerade SCs stabiler und kontrollierter, aber auch ein wenig "langweiliger". Ein Ansatz wäre vielleicht, die SCs zumindest in einzelnen PU-Ringen aufzuhängen, statt sie mit Holzschrauben in die Fräsung zu schrauben.
- Gefräste Reiter klingen
deutlich anders. Soll es twangen und schrängen, brauchst Du Blechreiter. Gussreiter sind mMn gar nix und töten den Sound, gesintert wie bei früheren Fender AmStd geht so, gefräste Reiter (in aller Regel Messing) sind fetter und ausgeglichener im Ton. Etwas vom typischen "Biss" der Strat tauscht man aber zwangsläufig dagegen ein. Es erscheint ja auch nicht ganz unlogisch, dass der Punkt, auf dem die Saite direkt aufliegt, ein bestimmendes Merkmal darstellt.
- TUSQ-Sattel: Steh ich drauf und dahinter. Zum Knochen nehme ich keinen Unterschied wahr, der es für mich lohnenswert machen würde, auf die Bequemlichkeit beim Einbau und die guten Gleiteigenschaften zu verzichten.
- Ein echtes Drop Top dieser Stärke wird nicht ohne Einfluss bleiben. Die Laminierung macht den Sound wieder ein Stück glatter, ausgeglichener, gefälliger. Das Ahorn wird voraussichtlich auch etwas mehr Hochmitten einbringen. Den urigsten, typischsten Sound haben mMn die Strats, die aus nur zwei Stücken Holz bestehen, mit einteiligem Hals und womöglich auch Body. Ich halte es nicht für einen Zufall, dass ich bei solchen Gitarren bisher auch am ehesten Deadspots festgestellt habe - mehr Teile bedeutet logischerweise, dass sich die unterschiedlichen Buckel und Täler im Ton gegenseitig eher ausgleichen können. Meiner persönlichen Geschmack treffen dabei allerdings auch eher mehrteilige Bodies und ein Hals mit aufgeleimtem Griffbrett. Selbst ein aufgeleimtes Maple-Griffbrett verhält sich schon anders als ein echter Einteiler.
- Edelstahlbünde habe ich noch nicht an einer eigenen Gitarre probiert, aber ich bin etwas skeptisch. Der Ton könnte schon ein wenig spitzer werden, immerhin gilt hier das gleiche wie bei den Saitenreitern - es ist der direkte Kontakt, halt am anderen Ende der Saite. Bei meiner Gibson habe ich schon beim Wechsel von der Werksbünden zu dickeren Jumbos einen deutlich fetteren, sustainstärkeren Ton erlebt. Fand ich toll, bei einer Strat kann es natürlich auch wieder etwas kontraproduktiv sein. Es gibt inzwischen aber sehr haltbare, hochwertige Neusilber-Bünde, denn auch da ist ja jede Legierung etwas anders. Nicht zuletzt sind Edelstahlbünde recht erbarmungslos zu den Saiten, und die meisten Gitarrenbauer hassen sie, weil sie die Abrichtwerkzeuge runieren.
- Der Griffbrettradius hat vielleicht nicht viel Einfluss auf den Sound, aber doch sehr großen auf das Spielgefühl. Das ist jetzt sehr individuell, aber jenseits von 9,5" (heutiges Fender-Standard-Maß) spiele ich persönlich deutlich anders, sozusagen "un-stratiger". Vor allem: mit den Saitenlagen, die man mit flachen Radien erreicht (deshalb macht man das ja überhaupt), klingt eine Strat auch anders. Ich würde mir gerade das sehr gut überlegen - versuchs mal mit aktuellen Fender Strats, da kommt man schon recht weit runter mit den Saiten. Ich würde allenfalls auf 9,5" zu 12" gehen, wenn Du schon einen Compound Radius haben willst.
- Das Halsprofil wiederum sehe ich jetzt nicht als entscheidend an, das ist wirklich eine Frage der eigenen Anatomie und Gewohnheit. Ja, ein fetterer Hals trägt wohl zu einem fetteren Ton bei, aber ich würde das deutlich unter der Wirkung einer zu flachen Saitenlage ansiedeln.
Alles in allem bist Du auf einer Suche, die ich auch mal begonnen habe. Es soll schon klingen wie ein Strat, aber bequem (bzw. wie von anderen, "modernen" Gitarren gewohnt) zu spielen sein, ausgeglichen und stabil im Ton, mit viel Sustain.
Was soll ich sagen? Am nächsten kam ich diesem Ideal mit meiner Rockinger, nach zwei Hälsen (Ahorn, dann RW), zwei verschiedenen Erlenbodies, drei Sätteln, verschiedenen Tremoloblöcken und Saitenreitern usw., sie hat ein Vintage-Tremolo mit Rillenschrauben á la PRS, eine abgefahrene Schaltung mit brummfreien Dimarzios (mein Kompromiss, denn die liegen natürlich nicht bei 100 % Vintage). Bei diversen anderen Gitarren mit anderen Hölzern und Bauweisen, habe ichs versucht, meist über die PUs, aber das war alles nix. Stattdessen habe ich bei meiner Warmoth die Saitenreiter des 2-Punkt-Trems gegen Blech ausgetauscht, weil sie damit einfach viel besser klingt. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass ein Stahlblock und gebogene Stahlsaitenreiter die wichtigsten Komponenten sind, damits wirklich nach Strat klingt. 2-Punkt Tremolo geht noch, aber die beiden punkte halte ich für essentiell.
Mein Fazit: So, wie Du das vorhast, wird das nix. Tausche einzelne Komponenten, um die für Dich besonders wichtigen Eigenschaften einzubringen, aber wenn Du den kompletten Plan durchziehst, wird es nicht nach einer Strat klingen. Bestimmt richtig gut, aber nicht nach einer Strat, wie man sie sich eben vorstellt. Die Gitarre wird moderner und "produzierter" klingen, perfekter vielleicht, aber auch immer ein bisschen brav.
Gruß, bagotrix