Aging a Les Paul
Nachdem ich einige Rückmeldungen aus dem Kreis der Musiker Board User bekommen habe betreffend meiner Aging Versuchen welche wünschen, dass ich einen eigenen Tread darüber verfasse, wie ich vorgehe, habe ich mich nun dazu entschlossen dies auch zu tun.
Dieser Tread dient dem Erfahrungsaustausch mit Aging Versuchen. Ich möchte darin keine Grundsatzdiskussion, Aging ja oder nein. Dazu sollen Interessierte bitte einen eigenen Tread eröffnen. Ich übernehme auch keine Verantwortung, wenn jemand an seiner Gitarre nach meinen Beschreibungen vorgeht und zu einem ungenügenden oder schlechten Resultat kommt. Willkommen sind Beiträge von euch, welche meine Ausführungen ergänzen. Wir sollen voneinander profitieren können. Es werden darin keine Veränderungen betreffend Hardware, Elektronik usw. beschrieben dazu benützt bitte den Thread:
https://www.musiker-board.de/modifikation-technik-gitarrenbau-e-git/460405-upgrading-les-paul.html
Im weiteren bitte ich euch alle, wenn mit Chemikalien oder scharfen Gegenständen gearbeitet wird, die nötigen Schutzvorkehrungen vorzunehmen und betreffend Chemikalien einen sorgsamen Umgang und für eine umweltgerechte Entsorgung zu sorgen.
Meine Motivation eine geagde Gitarre zu haben ist gekoppelt mit dem Wunsch, eine 1959er Les Paul zu besitzen. Dies ist mein Geburtsjahr. Die Les Paul begleitet mich schon seit 1970. Damals als 11-jähriger war John Mayall mein absoluter Liebling. Ich kannte nur ihn und seine Gitarristen, diese aber noch nicht namentlich. Von John hatte ich ein riesen Poster aus dem "BRAVO". Da sah er aus wie ein Indianer, lange Haare und ein Stirnband wie Winnetou. Die Gitarre seiner Gitarristen, Eric und Peter die kannte ich aber sehr gut. 1971 dann hatte ich als 12-jähriger mein erstes echtes Gibson Produkt, ein Katalog. Dieser aus dem Jahr 1968 war dann mit der Zeit so abgegriffen, dass er sich in seine Bestandteile auflöste:
Die erste echte Les Paul kaufte ich Occasion 1977, eine "Twentieth Anniversary" aus dem Jahr 1974. Diese Gitarre verkaufte ich 1982. Hatte dann bis 1991 keine E-Gitarre mehr. In diesem Jahr kaufte ich meine Les Paul Custom. Da begannen dann die Aging Versuche. Die Gitarre hatte nicht den gleichen gelblichen schönen Lack am Anfang, wie die 1974er. Deshalb begann ich sie regelmässig an die Sonne zu legen. Etwa nach 3 Jahren und ca. 300 Sonnenstunden verfärbte sich der Lack und wurde erstens härter und zweitens gelblicher. Eine Vintage Sunburst Gitarre bleicht nicht im gleichen Masse aus, wie eine Sunburst Gitarre. Dies ist so, weil Rottöne verblassen und zuerst ins bräunliche, danach ins gelbliche kippen.
Gibson Les Paul Custom 1974:
Hier meine Les Paul Custom von 1991:
Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme war sie genau 20 Jahre alt.
Die Grundlage meiner Versuche sind die gesammelten Artikel in den verschiedenen Gitarrenzeitschriften seit ca. 1985. Dann habe ich auch eine grosse Sammlung von Büchern über Gibson. Im Weiteren trug ich auch viele Kataloge zusammen. Die meisten Artikel und Kataloge habe ich in der Zwischenzeit auch eingescannt. Dann besitze ich ja noch eine alte ES-335 mit einer Nitrolackierung. Das ist ein sehr gutes Anschaungsobjekt:
Begonnen mit den Versuchen habe ich eigentlich dann richtig, mit dem Bau meiner "Rory" Strat. Damals kam das erste Mal Kaliumpermanganat zum Einsatz. Das Pickgard und die Kunststoffparts waren dermassen weiss, dass ich es einfärben wollte. Aber womit? Ein Tipp bekam ich dann von jemanden es mal mit Kaliumpermanganat zu versuchen. Beim Räumen des Ateliers meines Vaters fand ich dann eine Dose mit diesem Pulver. Somit standen den ersten Versuchen nichts mehr im Weg. Die ersten Resultate aber waren ernüchternd. Es gab gelbliche, unregelmässige Verfärbungen. Es gefiel mir nicht. Ich begann dann die Teile zuerst mit ganz feinem Schleifpapier aufzurauen. So gefiel mir das Ganze viel besser. Dann kamen die Potiknöpfe der Strat an die Reihe. Nun, zum Glück legte ich über Nacht nur ein Exemplar ins Kaliumpermanganat. Er kam nämlich raus, wie ein Palisanderknob.
Zu langes Einlegen in Kaliumpermanganat:
Meine allerersten Versuche machte ich noch mit Kaffee und Schwarztee. Es gab keine befriedigenden Resultate. Das Holz wurde lackiert, abgeschliffen, wieder lackiert mit schwarzer dünnflüssiger Farbe eingerieben, die Prozedur so lange gemacht, bis das Resultat einigermassen befriedigte. Der Hals wurde zuerst mit Nitrolack eingerieben, danach wieder abgeschliffen und mit schwarzer dünnflüssiger Farbe die Abnutzung dargestellt.
"Rory" Strat:
Aber weshalb muss oder besser soll eine Gitarre geagd werden? Nun eben, es ist gekoppelt mit Träumen, das alleinige spielen des Instrumentes aus unserer Zeit bringt nicht die gleiche Resultate, wie ein Instrument welches bis ca. 1965 hergestellt wurde. Im Produktionsprozess wurde vieles geändert. Der Knochenleim, welcher ja sehr gute Übertragungseigenschaften des Tones zwischen den einzelnen Bauteilen einer Gitarre hat, wurde nicht mehr eingesetzt. Es ist für eine rationelle Fertigung ungeeignetes Basismaterial. Dann wurden die Lacke verändert. Ein Nitrolack einer Historic Collection Les Paul hat einen Nitroanteil von ca. 1%. Der Rest ist Kunstharz. Dies muss auch im rationellen Fertigungsprozess eingesetzt werden, da Nitrolacke erstens schwieriger zum verarbeiten ist und zweitens auch gesundheitliche Schädigungen während des Lackiervorganges und des Trocknungsprozesses für uns Menschen hat. Aber eben, Nitrolacke werden hauchdünn aufgetragen. Dies wiederum hat Auswirkungen auf Klang und Optik. Der Lack springt auch. Es gibt die uns bekannten und von uns so geliebten Haarrisse auf dem Korpus dem Hals und vor allem auf der Kopfplatte. Die neuen Lacke härten nicht mehr ganz aus und bleiben eher weicher. Ich habe festgestellt, dass die Gibson Lacke so ab 10 Jahren härter werden. Sie sind auch ziemlich lichjtecht. Was die alten lacke ja überhaupt nicht waren. Eine neue Cherry Sunburst Les Paul bekommt nie in ihrem Leben ein Lemonburst, nur von normalen Gebrauch. Auch das Abreiben des Lackes auf der Decke vom Auflegen des Unterarmes der Schlaghand, passiert bei den neuen Lacken nicht. Auch da muss mechanisch nachgeholfen werden, falls erwünscht. Ich lasse meine Lacke von der Sonne agen. Wenn Temperaturen unter 30° sind, dann stelle ich sie an die Sonne. Nicht die Wärme bleicht aus, sondern das UV-Licht. Warum ich die Gitarren über 30° nicht rausstelle, hat mit mir zu tun. Ich habe Bedenken, dass dan dem Holz etwas passiert, oder sich in den Verbindungen etwas lösen könnte. Da ich viel im Oberengadin bin, kann ich die Les Paul viel an die intensive Sonne stellen.
An Materialien brauche ich einen ganz spitzer Cutter, verschiedene Schnitzwerkzeuge aus dem Fundus meines verstorbenen Vaters, Schlüsselfeilen, eben ganz feines Schmirgeltuch, Kaliumpermanganat, Salzsäure, Farbe, Oel aber auch normale Produkte aus dem Haushalt. Da ist eben auch Ideenreichtum gefragt. Ich brauche viele Deckel von Rasierschaumdosen, Deodorants, leere Glacéverpackungen, Dosen von Handcreme usw. So kann ich diese Sachen dann nach gebrauch entsorgen. Für die Arbeit mit Salzsäure, brauche ich vor allem diverse Tupperware Kuststoffdosen und Deckel. Denkt daran, diese danach nicht wieder für Lebensmittel zu verwenden.
An der Les Paul färbte ich dann zuerst die Tuner Buttons ein. Auch sie wurden angeschliffen, etwa 3-5 Minuten im Kaliumpermanganat getaucht, zwischendurch immer wieder getrocknet, denn nur dann entsteht die schöne bräunliche Farbe, wieder und wieder eingetaucht, getrocknet, Unregelmässigkeiten mit dem Pinsel ausgeglichen, so lange, bis mir das Resultat gefiel. Beachtet bitte: Handschuhe tragen, wenn ihr damit arbeitet. Es gibt sonst braune Verfärbungen auf der Hand, welche zwar nicht giftig sind, aber unschön anzusehen. Das Kaliumpermanganat, welches ich in einer 1 Liter Flasche angerührt habe, verwende ich immer wieder. Sollte es entsorgt werden müssen, bitte in ein Fachgeschäft zurückbringen. Es gehört weder in den Abfall noch in die Kanalisation. Vor allem schaut, dass ihr, falls mal was abgespült werden muss, dies nicht im Lavabo des Bades zu tun. Kaliumpermanganat verfärbt auch andere weisse Materialien.
Hier sehr ihr die ersten Resultate des agen der Tunerbuttons:
Rechts die Kopfplatte meiner Les Paul Class 5, links jene der Les Paul R9
Da die Kopfplatte der ES-335:
Hier das Trussrod Cover:
Rechts das bearbeitete Teil und links ein neues der R8
Das Trussrodcover muss nicht nur farblich behandelt werden, sondern auch mit Kratzspuren vom Reinigen, vom Saitenwechsel usw. versehen werden. Dabei ist zu beachten, individuelle Kratzer anzubringen. Dies braucht viel Zeit. Es soll ja danach gut aussehen und nicht künstlich.
So, das wäre nun der Einstieg. Es geht weiter. Ich werde mich im nächsten Teil zuerst nochmals dem Trussrod Cover und den Tuner Buttons widmen und danach der Kopfplatte. Nun freue ich mich auf Rückmeldungen von Euch.
Grüsse von Peter