Shure hatte das Musikerboard zu einem Besuch in Eppingen eingeladen, mit dem Schwerpunkt Funkmikrofontechnik. Da mich dieses Thema einerseits von meinem Studium, andererseits auch vom veranstaltungstechnischen Aspekt sehr interessiert, konnte ich mir diese Gelegenheit natürlich nicht entgehen lassen.
Im Folgenden könnt ihr meinen Bericht zu dem Besuch lesen. Ich werde dabei versuche chronologisch vorzugehen, wobei ich auf einzelne Punkte, die mir besonders im Gedächnis geblieben sind, stärker eingehen werde.
Wir waren schlussendlich nur 5 User (livebox, Martin Hofmann, really no one, sing-it.de und meine Wenigkeit), die sich am Freitag bei Shure in Eppingen getroffen haben. Die Shure-Academy liegt ziemlich einsam außerhalb von Eppingen inmitten von Feldern, dadurch war sie aber auch einfach zu finden, weil von weitem zu sehen.
Begrüßt wurden wir mit Getränken und Essen, nachdem alle da waren, ging es in einen Schulungsraum. Nach einer kleinen Vorstellungsrunde gab es ein paar grundlegende Informationen von Jürgen Schwörer. So werden neben den Produkten von Shure unter anderem auch die von QSC und Countryman vertrieben. Nach einem kurzen Werbefilm zu Shure ging es dann zum eigentlichen Hauptthema des Besuchs, der Funktechnologie für Mikrofone und InEar.
Der Vortrag ging dabei wirklich in die Tiefe und über technische Details. Man merkte, dass Jürgen Vorträge dieser Art oft vor Auszubildenden der Veranstaltungstechnik und professionellen Anwendern der Funktechnik hält. Für mich als E-Techniker, der sich im Studium auf die Hochfrequenztechnik spezialisiert hat, war es sehr schön zu hören, wie sich vieles, was man aus dem Studium nur theoretisch kennt, direkt in die Praxis übertragen lässt. Gleichzeitig hat er die durchaus nicht einfachen Zusammenhänge aus meiner Sicht sehr anschaulich und verständlich erklärt und demonstriert. Ich hoffe, für die anderen ging es nicht zu sehr ins Detail, die ein oder andere Nachfrage konnte ich mir nicht verkneifen. Für mich war es wirklich sehr lehrreich, denn auch wenn mir die Theorie bekannt war, war die Anwendung im konkreten Praxisfall eine Wissenslücke, die ich zu schließen hatte.
Grundlagen der Funktechnik
Den kompletten Inhalt des Vortrags kann ich hier nicht wiedergeben, dazu war es zu viel. Grundsätzlich ging es um die Frage, wann meine Funkübertragung gut funktioniert, in welchen Konstellationen ich Probleme bekommen kann und welche Fehler auf jeden Fall zu vermeiden sind.
Ein Hauptproblem beim Einsatz von mehr als 2 Funkstrecken sind die sogenannten Intermodulationen 3. Ordnung (IM3). Klingt kompliziert, ist aber recht einfach anschaulich zu erklären. 2 Mikrofone senden auf 2 unterschiedlichen Frequenzen f1 und f2. Der Empfänger erzeugt auf Grund von technischen Gegebenheiten zusätzliche Frequenzen. Im Fall der IM3 sind das 2xf1-f2 und 2xf2-f1. Demonstriert wurde das Beispiel von einem Mikrofon bei 800 MHz und einem zweiten bei 801 MHz. Die zusätzlichen Frequenzen tauchen dann bei 799 MHz und 802 MHz auf. Das konnten wir direkt über die Anzeige am Spektralanalysator nachvollziehen. Betreibt man jetzt ein 3. Mikrofon bei 802 MHz, wird das von den IM3 bei dieser Frequenz gestört.
Bei hochwertigen Funkstrecken sind die IM3 im Pegel sehr gering, bei Produkten mit niedriger Qualität tauchen dagegen auch mal Intermodulationsprodukte höherer Ordnung auf. Da diese logischerweise weitere Störungen verursachen bzw. Frequenzen blockieren, wird klar, welchen Vorteil eine hohe Qualität hier hat.
Bei mehr als 2 Funkstrecken muss man also genau planen, welche Frequenzen verwendet werden. Um das zu tun, muss man aber wissen, in welchem Frequenzbereich man überhaupt senden kann und darf. Das ist alles gesetzlich genau geregelt. Die Details kann man bei Shure als Überblick oder auch im Detail nachlesen:
http://www.shuredistribution.de/support_download/funk-frequenzen
http://www.shure.de/supportdownload/frequenzen
Grundsätzlich finden sich sehr viele Informationen auf der Homepage von Shure, es lohnt sich wirklich, hier mal querzulesen, wenn man Hilfestellung zum Thema Funk sucht. Für die Leute, denen viel Text ein Graus ist, hat Shure sogar Videos!
Shure bietet auch eine kostenlose Software zur Frequenzplanung an. Diese enthält auch sehr viele Fremdprodukte, sodass man sie als universelles Planungstool verwenden kann. Auch Störsignale wie DVBT-Kanäle werden berücksichtig.
http://www.shure.de/supportdownload/downloads/software-drivers/wwb6
Da sich die Frequenzzuteilung wahrscheinlich in Zukunft ändern wird, arbeiten Shure und auch die anderen Firmen der Branche bereits jetzt an neuen Konzepten, um weiter Funktechnologie für Musiker und Veranstaltungstechniker bereit zu stellen. Allerdings muss man im Moment damit rechnen, dass Produkte nur einen begrenzten Einsatzzeitraum haben, auf Grund der sich ändernden gesetzlichen Vorgaben. Als Faustregel wurden uns 10 Jahre genannt, danach sollte sich einen Investition in Funktechnik für den Käufer rentiert haben.
Generell wird die Funkübertragung von allen Störsignalen beeinträchtigt, die in den Empfänger einstreuen. So ist es kein gute Idee, ins Rack mit dem Funkempfänger andere Geräte mit digitaler Signalverarbeitung zu schrauben. Diese haben alle Bauteile, die Frequenzen (Takt) erzeugen, oft in einem ähnlichen Frequenzbereich wie der Funk selber. Die richtige Ausrichtung der Antennen kann ebenfalls die Empfangsqualität verbessern. Es gab noch eine weitere Fülle an hilfreichen Tips, die ich hier nicht alle wiedergeben kann.
Mittagspause
Den Zeitplan hatten wir durch die ausführliche Behandlung dieser Themen schon deutlich verlassen, bevor wir dann zum Thema digital vs. analog kamen, gab es erst mal Mittagessen: Burger zum selber belegen! Und das bei herrlichem wetter draußen, nur gut, dass uns der Wind nur fast den Sonnenschirm auf den Tisch geschmissen hat.
Danach gab es einen kleinen Rundgang durch Lager und Service. Dazu sagen Bilder mehr, da schreiben die anderen sicher noch was zu.
Digital/Analog-Funk
Der letzte Theorieblock drehte sich um das Thema digital vs. analog. Jürgen hat das eigentlich sehr umfangreiche Thema ganz kurz zusammengefasst und ist dabei sogar auf Details wie die Art der Modulation eingegangen. Für mich wars wieder toll, aber ich kann mit Dingen wie AM, FM, ASK, FSK, (Q)PSK etc. auch was anfangen. Ich glaube, für die meisten sind die Vor- und Nachteile von Analog und Digital das Relevanteste. An diesem Punkt sieht man aber wieder, dass wir weit mehr bekommen haben, als eine Produktpräsentation. Uns wurde nicht nur erklärt, welches System welche Vor- und Nachteile hat, sondern warum.
Digital gibt uns den weiteren Frequenzgang. Jürgen hat angekündigt, dazu hier auch noch mal einen ausführlicheren Beitrag zu verfassen, da uns die Zeit dafür nicht reichte. Ich freu mich drauf. Des Weiteren bietet Digital einen größeren Dynamikumfang durch ein niedrigeres Rauschen und damit auch eine sicherere Übertragung. Auf der anderen Seite geht einen digitale Signalverarbeitung immer mit einer Latenz einher. Das Topmodell von Shure erzeugt eine Latenz unter 3 ms, das entspricht einer Entfernung von 1 m zu einem Lautsprecher. Dennoch kann diese Latenz bei InEar-Monitoring Probleme für Sänger verursachen, weshalb InEar-Systeme weiterhin analog sind. Außerdem müssen die digitalen Daten für die Übertragung reduziert werden, es findet also eine Kompression der Datenmenge statt. Ab einem gewissen Grad ist das verlustbehaftet. Aber bevor jetzt deswegen jemand digital verteufelt: Verlustbehaftet heißt noch lange nicht, dass diese Verluste auch hörbar sind. Aktuelle Algorithmen zur Datenreduktion leisten da wirklich erstaunliches, was oft genug in Blindtests nachgewiesen wurde.
Atmosphea
Nach so viel Theorie brannten wir darauf, auch noch ein paar Praxiserfahrungen mit den Produkten sammeln zu können. Nach einer kleinen Stärkung mit Kaffee und Kuchen (die gesamte Verpflegung war wirklich super) ging es in den großen Saal zur Demonstration des Atmosphea-Systems:
http://www.atmosphea.de/
Hier haben das Fraunhofer Institut und QSC zusammen ein System für 3D-Sound auf Basis der Wellenfeldsynthese geschaffen. Klingt kompliziert, ist es auch und das Ergebnis muss man eigentlich gehört haben, um es wirklich zu erfassen. Die Homepage verschafft einen ersten Eindruck, weshalb ich mich auf unser Erlebnis beschränken werde.
Zunächst wirkt es wie ein erweitertes Surround-System. Dadurch, dass Schallquellen wirklich frei im Raum positionierbar sind, hat man noch ganz andere Möglichkeiten. Wir bekamen Queen's Bohemian Rhapsody in quasi "dekonstruierter" Form zu hören. Die Einzelspuren waren im gesamten Raum verteilt, der Effekt war beeindruckend.
Natürlich stellt sich die Frage, wo die Anwendungen liegen. Das System existiert bereits in einem Planetarium. In Kombination mit einem Kuppelbildschirm muss man ein wirkliches 3D-Erlebnis haben.
Durch Mikrofone in der Decke kann das System aber noch mehr: Es kann Raumklang erzeugen. Der Demoraum ist mit nicht-parallelen Wänden und Schallabsorbern sehr trocken gestaltet. Über das System kann Hall in beliebiger Weise hinzugefügt werden. Somit hat man plötzlich den Eindruck, man stehe in einen kahlen Industriehalle oder einer großen Kirche. Vor allem für Architekten von Veranstaltungshallen muss dies eine unglaubliche Möglichkeit bieten. Man kann die Halle sehr trocken vom Klang her bauen, was optimal für alle Anwendungen mit Beschallung ist. Hat man dann aber einen Chor oder ein klassisches Orchester, braucht man den Raumhall für ein optimales Klangbild. Musste man diesen bisher durch bauliche Veränderungen erzeugen, so könnte man jetzt dieses System dafür verwenden. Das wäre natürlich viel flexibler und einfacher.
QSC-Demo
Die anderen zog es danach ins Studio, um Mikros zu vergleichen. Ich ließ mir dagegen die Gelegenheit nicht entgehen, im Demosaal mir die aufgebaute Palette von QSC-Lautsprechern anzuhören. Die K-Serie hatte ich schon ein paar Mal gehört. Die Boxen können alle erstaunlich gut Fullrange spielen, selbst die 8"-Box. Dabei klingen sie sehr angenehm, mit einer leichten Tendenz zum "HiFi-Schönklang". Dies habe ich besonders beim Umschalten auf die KW153 gemerkt. Die Stimme war plötzlich viel weiter vorne im Mix, es waren mehr Details zu hören, einfach ein ganz anderes Erlebnis. Das ist natürlich eine große, recht schwere Box, aber der Klang überzeugt auf jeden Fall. In dem großen Raum war mir ein KW181 pro Seite eher etwas wenig, so mit 2 bis 3 hätte ich aber sicher viel Spaß. Die KW153 spielt von sich aus auch schon sehr tief runter, könnte man absolut Fullrange einsetzen.
Zum Schluss gab es noch das KLA mit einem Sub und 3 Tops pro Seite zu hören. Das klang einfach gut. Sauber, klar, nichts stört, nichts fehlt. Es waren mir nur zu wenige Subs, aber das ist ja kein Problem des Systems an sich.
Ich muss aber dazu sagen, dass das kein ausführlicher Test war und wir nur einen Laptop mit interner Soundkarte zur Verfügung hatten. Seht das eher als spontane Eindrücke. Aber die waren gut!
Mikrovergleiche
Als ich dann ins Studio kam, waren bereits 4 Gesangsmikros zum Vergleichstest aufgebaut. Wenn ich mich richtig erinnere waren das SM7, KSM44, SM81 und KSM353. Man möge mich bei Bedarf korrigieren. Mit Kai (sing-it) hatten wir ein echt geiles Quellsignal. Mir persönlich haben SM7 und KSM44 sehr gut gefallen, wobei beide recht unterschiedlich klingen. Das SM81 hat mich auch positiv überrascht, wenngleich wir ohne Popschutz einige Pops auf der Aufnahme hatten. Da werden die anderen aber sicher noch mehr zu schreiben.
Danach haben wir ein KSM137 mit dem gerade sehr beliebten CM3 an der Akustikgitarre verglichen. Die Gitarre klang von sich aus eher dunkel, die Saiten waren auch nicht die neuesten. Martin beschwerte sich auch sogleich, dass sich die Gitarre nicht vernünftig stimme ließe
. Das KSM ließ sie dann schön brillant klingen, das CM3 war dagegen schon fast muffig. Aber das war wohl auch der Gitarre zuzuschreiben, auf jeden Fall ein interessanter Vergleich.
Zum Abschluss ging es noch an den Vergleich von E-Gitarren-Mikros. Dafür habe ich in die Saiten gegriffen, zum Glück gings nur um den Klang der Mikros und nicht um meine (recht eingerosteten) Fähigkeiten an der E-Gitarre. Kandidaten waren SM57, Beta57, EV ND 468 und Audix i5. Mein Favorit war in dem Fall (Fender-Combo, leicht angezerrt, Strat mit Hals-Humbucker, eher dunkler Sound) das Beta57. Gegenüber dem SM57 hat es einfach den Schuss mehr Brillanz und Klarheit. Das Ev war tendenziell etwas dunkel und mumpfig, das Audix klang ordentlich, aber auch nicht um Welten anderes. Ein weiterer Test ergab, dass zwischen dem Beta57 und dem Beta56 keinen nenneswerte klanglichen Unterschiede bestehen.
Wir hätten wahrscheinlich noch ewig in dem Studio Mikrofone testen und vergleichen können, aber inzwischen war es nach 17 Uhr und irgendwann muss auch mal Feierabend sein.
Beim Schreiben dieses Texts ist mir wieder aufgefallen, wie umfangreich dieser Besuch bei Shure war. Für mich war es sehr lehrreich und unterhaltsam, vielen Dank an alle Beteiligten dafür, dass das möglich war.
Und natürlich war es auch schön, ein paar bekannte und neue User persönlich zu treffen. Es ist immer wieder lustig, wenn ein Haufen Menschen mit sehr unterschiedlichem Hintergrund, aber doch sehr ähnlichen Interessen aufeinander treffen.
Ich hoffe, ich konnte mit dem Bericht einen Eindruck davon ermitteln, was wir an dem Tag alles bei Shure gesehen, gehört und gelernt haben. Ist doch recht viel Text geworden und dabei habe ich den Inhalt eigentlich nur angekratzt. Die anderen werden das sicher noch ergänzen, Fotos wurden auch gemacht.