Das Kreuz mit der eindeutigen Tonbezeichnung

  • Ersteller Dietlaib
  • Erstellt am
Du hast recht, das Problem vermehrt sich gerade!

Es geht mir bei der Sache nicht nur um h vs. b (die wären vielleicht ziemlich problemlos), sondern um noch viel schlimmere Begriffe wie "Thema", "Satz", "Form", "Material" usw. Johannes Kreidler hat in einem Vortrag ganz witzig über ein Dutzend Bedeutungen eines Begriffs gezeigt. Das ist echt extrem. Aneinander vorbeireden ist vorprogrammiert. Schlimm, wenn Leute gerne weitere neue Begriffe einführen.


"Anschauungen und Erkenntnisse wandeln sich und in alten Büchern stehen manchmal überholte Sachen"

Gerade die alte Literatur ist die einzige Quelle die man hat um klassische Musik zeitgemäß zu verstehen. Zusammen mit aktuellen Anschauungen offenbart sie sich so erst richtig, alles ergibt plötzlich noch mehr Sinn. Kann man aber in den Griff bekommen. Du hast finde ich Recht mit #20.


"
Auch diese Art, den hl.Beethoven oder hl.Mozart als Mass aller Dinge einzustufen und alle anderen neueren (nicht-deutschsprachigen) Musiker dagegen abzutun, finde ich bei längerer Betrachtung immer widerlicher. Was ist an Mozart besser und wichtiger als an Miles Davis (und zigtausend anderen)?"

Um das zu verstehen, muss man sich leider richtig einfuchsen. Es ist nun mal so: Beethoven ist eine ganz andere Liga, und ich sage das als jemand, der aus der Rock-/Metal-/Jazzrichtung kommt, eine extrem konservatismuskritische Neue Musik-Phase hinter sich hat und aus Neugierde und als Ergänzung mit Schwerpunkt Klassik studiert. Trotzdem finde ich wie du solche Extrempositionen (die gibt es auf beiden Seiten) auch nicht gut. Was viele falsch einschätzen: Die Tendenz geht in der Masse momentan extrem zu Gunsten von Miles & co, so dass die Klassiker um ihr Überleben kämpfen und deshalb verteidigt werden sollten. Dahin zielt auch die bevorzugte Behandlung im Schulunterricht. Wozu Popularmusik erklären, damit kennt sich jeder Schüler aus.
In der Klassik gibt es so viel schönes, alleine mit einem Stück kann man sich ein Jahr lang beschäftigen und dabei ständig neues lernen und dabei gut unterhalten werden. Das geht bei Popularmusik nicht. Es ist jammerschade, dass die meisten keinen Draht dazu haben. Wie auch, die Voraussetzungen von außen sind leider nicht gerade günstig.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
okay, ich wollte auch gar keinen Stellenwert des Musikers bestimmen, sondern war immer noch bei der Frage nach H oder B^^. Ich bin sicher, Beethovens Musik wird nicht davon angekratzt, ob wir den Ton nun so oder so nennen :)

Ich kann mir übrigens auch vorstellen, die Bezeichnung H gar nicht rigoros auszurotten, sondern Reservate und geschützte Biotope dafür einzurichten.
Sollen sie doch in der alten Fachliteratur gern weiterhin den Begriff verwenden, mal im Ernst, wer so was liest, sich mit Quellen der klassischen Musik beschäftigt, wird doch keine Probleme damit haben, von B/Bb wieder auf H/B umzudenken. Da hätte ich volles Vertrauen, sind doch eh eher Fachleute die sich damit beschäftigen.

Und die alten Satzbezeichnungen von deutschen/österreichischen Komponisten können sie auch so lassen, damit niemand übel wird bei Bes statt B... die Tonart stünde dann im Widerspruch zu neueren Bezeichnungen, aber macht doch nichts. Literatur wird auch in originalgetreuer Orthografie gedruckt (sprich, mit der komischen Rechtschreibung von damals).
Das heißt doch alles nicht, dass man das den Kindern in der Schule so beibringen muss. Oder den Gitarrenanfängern im Forum. Ich seh da einen klaren Unterschied zu diesen traditions-erfüllten Spezialgebieten.
 
Stimmt. Ich frage mal in der Hochschule herum, was die Theoretiker vom H halten. Ich bin gespannt!
 
Ich verstehe - ehrlich gesagt -die ganze Aufregung nicht. Warum muß jetzt eine Reform her? Bei mir und bei meinen Schülern ist das H ein H und das B ein B. Und nein: das ist kein Fehler, sondern eine gute (!) deutsche und in weiten Teilen europäische Tradition. Trotzdem wissen meine Schüler, daß die Engländer und viele Andere unser H B nennen und unser B Bb. Und sie wissen, daß die romanischen Länder (u.a. ganz Südamerika) es Si nennen, die Inder Shrutis und die Balinesen und Chinesen noch wieder etwas ganz anderes haben. Die Bulgaren und Türken haben - sogar in Europa - Vierteltöne. Meine Schüler können im Netz die richtigen Saiten bestellen, egal ob die Saiten aus USA, Deutschland oder Frankreich geliefert werden.

Ich habe schon mit Musikern aus aller Herren Länder zusammen gespielt, und an diesem Punkt gab es noch nie Probleme. Meistens (außer bei den Indern etc.) wußte ich, wie sie das nennen, ebenso wußten sie auch, wie wir es nennen. In den deutschen Jazzschulen gibt es AFAIK die sehr praktikable Regel: Rede deutsch und schreibe englisch. While playing with english musicians, speak and write in english. Die Franzosen, Italiener und Spanier verstehen die englischen Bezeichnungen oft gar nicht, dann verwendet man Do Re Mi bzw. Ut Re Mi. Manche können fast überhaupt keine Tonnamen, wie einige der Sintis hier vor Ort. Gute Musik haben wir dabei immer gemacht. So what?

Probleme gibt es immer nur dann, wenn mir jemand vorschreiben will, wie ich die Töne zu nennen habe, bzw. daß ich das ab sofort anders zu machen habe. Das geht mal gar nicht. Ansonsten ist es mir völlig schnuppe, ob einer Biflät, B, Bes oder Si bemolle sagt. Spätestens beim Hören oder im Kontext wissen wir immer alle, was gemeint ist. Verständigungsprobleme gab es da noch nie, oder, noch besser gesagt: Sich auf die regionalen Gebräuche des Andern einzulassen, ist Verständigung.

Warum muß denn diese Diversität per Reform abgeschafft werden? Na gut, wenn sich der Sprachgebrauch von alleine dahin entwickelt, daß die ganze Welt B stat H sagt, hat ja niemand etwas dagegen. Aber per Reform? Müssen wir Deutsche auch in der Musik immer gleich alles in Regeln, Gesetzen, Reformen und Ordnungen festschreiben? (Die Rechtschreibreform war schon katastrophal genug. Man könnte es ja den Autoren, den Künstlern überlassen, wie sich die Sprache entwickelt, und nicht den Wissenschaftern und Bürokraten.)

Ich bin für die Diversität, die regionalen Eigenheiten. Mit Abgrenzung hat das mMn wenig zu tun. Es verlangt ja auch niemand, daß wir auf der ganzen Welt alle ab sofort Esperanto reden, oder daß die Engländer den Rechtsverkehr einführen. Leben und leben lassen!

Nur meine 2 Pfennig. ;)

Viele Grüße,
McCoy
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 20 Benutzer
schön geschrieben :)
ich find ja auch, dass die überflüssige Regel und Vorschrift abgeschafft werden soll. Genau das ist der Unfug mit dem H nämlich. Ich nenne dessen Abschaffung auch nicht Reform, hab den Begriff nicht aufgebracht und nur in Anführungszeichen verwendet - ich nenne es längst fällige Korrektur eines Fehlers.

Ein zwingend zu Missverständnissen führendes Überbleibsel vergangener Jahrhunderte würde ich nicht "Diversität" und "gute (!) deutsche und in weiten Teilen europäische Tradition" nennen. Das sorgt in den besagten weiten Teilen Europas höchstens für Kopfschütteln...
Diversität macht sich hoffentlich nicht daran fest, dass man möglichst unsinnige Buchstaben verwendet. Da gäbs glaub ich sinnvollere Ecken für Kreativität.

Natürlich hat man sich mit dem Unsinn arrangiert; ist es deswegen gut?
 
Für die Klassik B und H ..und für die Moderne Musik B und Bb das ist Z.B Jazz , Rock Blues usw..

das Thema kommt so mindestens einmal die Woche auf den Tisch und hat schon einen langen Bart.
 
...das Thema kommt so mindestens einmal die Woche auf den Tisch und hat schon einen langen Bart.
Wir hatten das Thema auch schon, mit einer Umfrage: Nutzt ihr Deutsche oder Internationale Notennamen, die halbe-halbe ausging.

Vorweg: Ich kenne mich mit diesem Thema nicht gut aus. Meine Frage: Ist das Bb wirklich so international, oder ist es nur Englisch?
Es ist nicht wirklich international sondern englisch. Die internationale Verwendung hatte ich hier zusammengestellt und halte es mit McCoy: Diversität, Leben und leben lassen!

Wir Deutsche sind so sehr ins Englische verliebt, daß wir sogar soweit gehen und Ausdrücke schaffen, die im Mutterland kaum verstanden werden: Smoking, Dressman, Oldtimer, Showmaster, Beamer und natürlich das Handy.

Lebendige Sprachen durch Anordnungen zu reglementieren klingt wiederum eher deutsch.
"Zerknalltreibling" (Motor), Gesichtserker (Nase) sollten wohl nicht ernsthaft eingeführt werden. Der Berufsschriftsteller Philipp von Zesen wollte hingegen "Meuchelpuffer" für "Pistole" verwendet wissen.
Die Deutsche Bahn rudert mittlerweile wieder zurück und spricht nicht mehr German sondern Deutsch.

Viele Grüße
Klaus
 
Wär schon schön wenn wir die englischen Bezeichnungen hätten, klar sind die eindeutiger. Am besten aber mit "B" und "Bes", da die deutschen Bezeichnungen wie "Fis" oder "Des" nunmal halb so lang sind "F sharp" und "D flat". Nun ist das nicht die gängige Sprachregelung, ja das andauernde überlegen und umdenken ist nervig. Aber spätestens wenn man das erste Mal die falsche Regelung gespielt hat weiß man in welchem System man sich bewegt. Bei Leadsheets usw. ist es ja meist doch recht wahrscheinlich dass man sich im englischen System bewegt.

Edit: Habe gerade etwas interessantes gefunden: http://de.wikipedia.org/wiki/Anderssprachige_Tonbezeichnungen. Wenn man dem glaubt sind nicht etwa wir diejenigen die sich eine exotische Sonderbezeichnung erlauben sondern die Engländer/Amerikaner, deren System sonst nur (noch) von den Chinesen verwendet wird. Gut, logischer ist die englische Variante trotzdem noch.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Ich verstehe - ehrlich gesagt -die ganze Aufregung nicht. Warum muß jetzt eine Reform her?"

-> #21: "
Es geht mir bei der Sache nicht nur um h vs. b (die wären vielleicht ziemlich problemlos), sondern um noch viel schlimmere Begriffe wie "Thema", "Satz", "Form", "Material" usw."
 
Ganz einfach: weil es typisch deutsch ist, eine in Deutschland bestehende Tradition als schlecht und abschaffenswert darzustellen. Gilt auch für das deutsche Klarinettensystem etc.


www.haebbmaster.de
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 4 Benutzer
Jo, das Thema war hier eigentlich viel enger ;)
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Totschlagargument
Totschlagargumente sind inhaltlich nahezu leere Argumente, also Scheinargumente, bloße Behauptungen oder Vorurteile...

Solche Phrasen sollen Widerspruch verhindern ("totschlagen"). Sie können auch der Ablehnung oder der Herabsetzung der Gesprächspartner dienen.
...

  • Beharrungs-Killerphrasen sollen Veränderungen verhindern. (Beispiel: "Das haben wir schon immer so gemacht.")
  • Besserwisser-Killerphrasen werden von Leuten benutzt, die sich für intelligenter halten und anderen ihre Ansichten aufdrängen wollen. (Beispiel: "Ich weiß schon, wie das endet." "Das brauchst Du mir nicht zu sagen")
  • Angriffs-Killerphrasen sind offene, persönliche Angriffe. (Beispiel: "Typisch Meier!" oder "Typisch deutsch")
...
Es wird überspielt, dass sowohl die Behauptung als auch ihr Gegenteil weder be- noch widerlegbar sind und sich einer sachlichen Auseinandersetzung entziehen. Damit ist eine solche Behauptung zumindest im Kontext der Situation wertlos. Meist handelt es sich um subjektive Bewertungen des Gegenstands einer Diskussion, vor allem des Vorredners mit massiver impliziter Wertung ohne einhergehende Begründung.

Totschlagargumente können für gewöhnlich von den Beteiligten nicht hinterfragt werden, da sie nur auf der so genannten Meta-Ebene der Kommunikation behandelt werden, was eine gewisse rhetorische Kompetenz erfordert. Sie beeinträchtigen kreative Prozesse, wie zum Beispiel beim Brainstorming, stören die Beziehungsebene der Beteiligten und sind damit eine Form der so genannten "gewaltsamen Kommunikation" (siehe hierzu: Gewaltfreie Kommunikation). Sie widersprechen somit den Prinzipien der Teamfähigkeit.
in welchem Jahr wurde das denn im Musikstudium umgestellt?
...
das althergebrachte, traditionelle, deutsche Benennungssystem
...
Nuja, ich hatte Dir mehr zugetraut, aber wie auch immer.

Ich verstehe - ehrlich gesagt -die ganze Aufregung nicht.
...
Ich habe schon mit Musikern aus aller Herren Länder zusammen gespielt, und an diesem Punkt gab es noch nie Probleme.
...
Müssen wir Deutsche auch in der Musik immer gleich alles in Regeln, Gesetzen, Reformen und Ordnungen festschreiben?

das Thema kommt so mindestens einmal die Woche auf den Tisch und hat schon einen langen Bart.

Wir Deutsche sind so sehr ins Englische verliebt, daß wir sogar soweit gehen und Ausdrücke schaffen, die im Mutterland kaum verstanden werden
...
Lebendige Sprachen durch Anordnungen zu reglementieren klingt wiederum eher deutsch.
Ganz einfach: weil es typisch deutsch ist, eine in Deutschland bestehende Tradition als schlecht und abschaffenswert darzustellen.


http://de.wikipedia.org/wiki/Strohmann-Argument
Es gibt verschiedene Methoden der Strohmann-Argumentation:

  • Die These des Gegners verzerrt, übertrieben oder falsch darstellen, dann die entstellte These widerlegen und behaupten, dass nun die ursprüngliche These widerlegt sei.
  • Jemanden beschreiben, der die gegnerische These mit wackeligen Argumenten verteidigt, diese Argumente widerlegen und dann behaupten, dass dadurch jeder Vertreter dieser These und somit auch die These selbst widerlegt sei.
  • Eine fiktive Person mit fragwürdigen Anschauungen oder Handlungen beschreiben und behaupten, dass diese fiktive Person die Gruppe vertrete, die der Sprecher kritisieren will.
  • Zu einer These analoge Beispiele erfinden (die vordergründig der These analog erscheinen, bei denen sich aber bei genauerem Hinschauen zeigt, dass die Analogie gar nicht passt), diese Analogien widerlegen und damit die These als widerlegt behaupten. So kann man sich Analogien zurechtlegen, die wesentlich einfacher zu widerlegen sind als die eigentlich zu widerlegende These.
Und wie nennst Du ein c#? Ich hoffe doch ßiesharp, oder?
Jo, ist bestimmt putzig, wenn Du bei 'ner Open-Stage-Session aufschlägst und als Einstieg erstmal einen Vortrag über nationale und internationale Tonbenennungssysteme inkl. Begründung der Logik und Unlogik hälst. ;)
Die Rechtschreibreform war schon katastrophal genug.
...
Es verlangt ja auch niemand, daß wir auf der ganzen Welt alle ab sofort Esperanto reden, oder daß die Engländer den Rechtsverkehr einführen.
"Zerknalltreibling"... "Meuchelpuffer"... Deutsche Bahn...
 
Ist die Diskussion nicht eigentlich müßig? Klar ist H/B unlogisch, aber irgendwie lernbar ist es schon. Und leider haben praktisch alle in Deutschland aktiven klassischen Musiker dieses System bei ihren Instrumentallehrern und in der Schule gelernt und arbeiten damit. 7/8 davon werden nie mit dem amerikanischen System konfrontiert, da sie weder mit Amerikanern musizieren noch amerikanische Literatur lesen, und die Notenschrift als solche ist international. All diese Hobbymusiker, die in den Blas-, Akkordeon- und Sinfonieorchestern oder den verschiedenen Chören musizieren (das dürften einige hunderttausend sein), werden nicht bereit sein, umzulernen. Dass der autodidaktisch lernende E-Gitarrist oder der kleine Drittklässler ohne Instrumentalkenntnisse davon verwirrt ist, ist denen mit ziemlicher Sicherheit total egal. Solange Lobby- und Nachwuchsarbeit im Laienmusikbereich von deren Verbänden und nicht von der Vereinigung deutscher Hobbybands und Lagerfeuergitarristen gemacht wird, wird sich daran nichts ändern, vermute ich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde eine erzwungene Anpassung eines historisch durchaus begründbaren deutschen Benennungssystems an ein fremdsprachliches System ablehnen. Für jemanden, der mit Noten und nicht ausschließlich mit Buchstabentabulaturen arbeitet, existiert das beschriebene Verständigungsproblem nicht. Denn Noten sind diesbezüglich unabhängig von sprachlich abweichenden Bezeichnungen immer eindeutig. Wenn ich einen deutschen Fachartikel lese, dann erwarte ich konsequenterweise deutsche Tonbezeichnungen und keine englischen. Wenn jemand dann doch in einer deutschen Abhandlung konsequent englische Tonbezeichnungen verwendet, wird man das aus dem Zusammenhang heraus erkennen, sofern der Autor sich wirklich konsequent an ein Bezeichnungssystem hält.

Wenn sich meine Schüler mit Sonor-Stabspielen oder meinen Akkordzithern beschäftigen, werden sie "automatisch" mit verschiedensprachigen Tonstufenbezeichnungen konfrontiert. Denn die Instrumente sind mehrfach beschriftet. Auf den Klangplatten meiner Glockenspiele, Metallophone und Xylophone liest man z.B. H = B und B = Bb
Das ist mir immer ein willkommener Anlass, auf die verschiedenen Benennungssysteme hinzuweisen. Geübt werden gemäß deutschem Sprachgebrauch beim Notenlesen die deutschen Tonstufenbezeichnungen und wenn irgendwann notwendig, auch andere. Ich finde es wichtig, den Schülern beizubringen, welche Begriffe zu welcher Sprache gehören und nicht irgendein Durcheinander zu veranstalten. Dann gibt es auch keine Missverständnisse/Verständigungsprobleme.

Gruß
Lisa
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 4 Benutzer
Ist die Diskussion nicht eigentlich müßig?
Allerdings - und wenn man es auf den Punkt bringen will: Musiker die überwiegen nichts Eigenes spielen sondern nur nachspielen (Klassiker) benutzen gerne die H -> B Schreibweise.
Alle anderen, also die aus dem Jazz- und Popularmusikbereich, die fleißig improvisieren, benutzen natürlich die B -> Bb Schreibweise. Warum? Weil die kulturelle Entwicklung des Jazz- und der Popularmusik der letzten 80 Jahre sich natürlich hauptsächlich im englischen Sprachraum abspielte.






Zur Herkunftsgeschichte des Dilemas fällt mir folgende Geschichte ein (Keine Gewähr!!!):


Musik war in früheren Zeiten immer sehr mit Mystik und Religion behaftet. Das göttliche Moment suchte man vor allem auch in der Symmetrie. Und genau wegen dieser Symmetrie war Dorisch irgendwann einmal im Mittelalter die zentrale Tonleiter.
Erklärung dazu:
Wir nehmen D als zentralen Ton und schichten 3 Quinten sowohl darüber als auch darunter.

F___C___G___|D|___A___E___B

Unterhalb von D liegen nun 3 Dur Dreiklänge (F Dur, C Dur und G Dur) und oberhalb Molldreikläng (B=H und bildet einen verminderten Dreiklang der aber im Wesentlichen einen Mollcharakter hat.)
Legen wir diese 7 Töne jetzt auf engsten Raum zusammen und behalten D als zentralen Ton bei, erhalten wir folgendes Resultat:

A___B___C___|D|___E___F___G

Die Intervalle auf D bezogen bleiben symmetrisch.

D->C = Ganzton und D->E = Ganzton,
D->B = kleine Terz und D->F = kleine Terz
D->A = reine Quarte und D->G = reine Quarte

Beim Spielen behielt man D als tonales Zentrum bei und der benutzte Tonraum erstreckte sich also eine Quarte unterhalb und eine Quarte oberhalb dieses D’s. Man nannte diese Tonleiter Hypodorisch (nicht Aeolisch!). Um dann die einzelnen Töne dieser Tonleiter zu bezeichnen nahm man einfach die Lettern des Alphabetes zu Hilfe et voilà, unsere Tonnamen waren geboren.
Ob diese Geschichte 100 prozentig nachweisbar ist entzieht sich meiner Kenntnis. Interessant ist der Denkansatz allemal!

Zum Tonnamen H wäre folgende Geschichte zu erzählen:
Man spielte damals natürlich nicht nur Hypodorisch sondern auch alle anderen Kirchentonleitern (außer Lokrisch, das kam erst viel später dazu).
Im Lydischen hatte man diese übermäßige Quarte, die für das damalige Empfinden sehr „hart“ klang. Um Lydisch dem Ionischen und Mixolydischen anzugleichen, teilte man den Ton B (wir sprechen hier natürlich von F Lydisch) in zwei Tonstufen auf. Zum einen in die ursprüngliche übermäßige Quarte und zum anderen in die um einen Halbton niedriger gelegene reine Quarte. Man hatte also zwei Töne für die IV Stufe zur Auswahl. Die reine Quarte wurde bevorzugt und bekam nun den Namen B zugeordnet. Die Bezeichnung der ursprünglichen übermäßigen Quarte, um diese von der reinen Quarte zu unterscheiden, erhielt nun zum Tonnamen B den Zusatz durum (=hart). Das Zusatzzeichen für durum sah dem heutigen Auflösungszeichen sehr ähnlich. Beim Notendruck war diese Letter anscheinend nicht vorhanden und man benutzte dafür die Letter H was dem Auflösungszeichen im weitesten Sinne ähnlich sah. …
 
Und wenn sich Musikpädagogen fleißig Bernsteins Vorträge über klassische Musik in der Originalsprache anhören, dann sind sie ebenfalls mit dem englischen Bezeichnungssystem vertraut. Aber eben englisch/amerikanisch ausgesprochen und nicht deutsch.
 
Ein Amerikaber würde sicherlich viele Gründe anführen können, warum der Rest der Welt zu "Meilen" und "Gallonen" zurückkehren sollte, anstatt im metrischen System zu messen. Oder für das Kegeln mit 10 Pinnnen, statt 9 ....
Wenn man der Notation überhaupt eine verständliche Logik zuerkennt, dann überzeugt das deutsche System mehr als das "Diieeh Flättt" - mit Ausnahme vielleicht vom "H". Aber in England fahren sie ja auch auf der falschen Straßenseite, :rolleyes: ...
 
Da ein nicht unerheblicher Teil der klassischen Musik in Deutschland oder allgemein in Mitteleuropa entstanden ist, und sämtliche Werke den Halbton unter dem c als h schreiben, ist das h nicht mehr wegzubekommen. Zumal jeder klassische Pianist , egal ob er aus D, GB oder den USA kommt, selbstverständlich mit der Bezeichnung "h" etwas anfangen kann.

Außerdem kommt die Diskussion gefühlt mindestens ca. 40 Jahre zu spät. Denn inzwischen ist zwar ein riesiger Fundus an Pop/Rock/(Jazz)Elektr. Musik neu hinzugekommen - doch diese Musik wird größtenteils nicht notiert. Diese geradezu inflationäre Ausweitung hebt aber den Aufmerksamkeitswert der nicht vermehrbaren klass. Musik an. Mit Youtube und IMSLP ist der Zugang zur klassischen Musik , gemessen an früheren Zeiten, extrem einfach geworden. Vor 30 Jahren gab es die div. Charts auf den Radiosendern; man brauchte nur den passenden Sender einzuschalten und irgendwann kam der gewünschte Titel, sofern er einigermaßen aktuell war. Klassik-Kanäle waren viel seltener; es war nicht sinnvoll, mit dem Wunsch nach einem bestimmten Titel die Kanäle abzuklappern und auf Probe reinzuhören. Heute: das gewünschte Stück bei Youtube eintippen - et voilà.

Das einzige echte Problem ist, dass das b im Englischen nicht für den gleichen Ton steht wie im Deutschen. Da man die alten Meister nicht umdefinieren kann, im Deutschen somit das h auf jeden Fall beibehalten werden muss - andernfalls würde man die Lage noch komplizierter machen -bliebe nur, auf den Gebrauch des B in heutiger Zeit zu verzichten und "hes" dafür zu nehmen. Dann wüsste jeder Angelsachse, dass bie-flat gemeint ist.
 
... B -> Bb Schreibweise. Warum? Weil die kulturelle Entwicklung des Jazz- und der Popularmusik der letzten 80 Jahre sich natürlich hauptsächlich im englischen Sprachraum abspielte.

Da sind wir am Kern der Sache. Wir haben - nicht nur auf diesem Gebiet - etwas, das man fast als angloamerikanische Hegemonie bezeichnen könnte. Summa sumarum ist dieser Kulturkreis momentan die überlegene Kultur, wobei man die Wissenschaften und weiteres einbeziehen sollte. Auf musikalischem Gebiet war und ist diese Kultur in der Lage in Rock, Pop, Filmmusik einen recht breiten Konsens zu erzeugen. Womöglich stellte die schwarze Musik im ethnisch sehr diversivizierten New Orleans einen Prototyp für später stattfindende Globalisierung dar.
Jedenfalls rührt aus der angloamerikanischen Kultur der Druck, auch unser traditionelles Notensystem dieser Kultur anzupassen. Mit Logik und Einfachheit dürfte das wenig zu tun haben. (Wenn es darum ginge, sollten wir bei den Sumerern anfangen. Diese führten das sexagesimale System ein und wir stellen damit die Zeit und die Winkel dar - nicht etwa im einfacheren 10er System.)

Allgemein werden gerne die Werte der überlegenen Kultur angenommen:

Die Germanen übernahmen die Werte der Römer, ja begriffen sich im "Heiligen Römischen Reich deutscher Nation" weit über Tausend Jahre als deren Nachfolger. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden auch z.B. die Vorlesungen an den Universitäten in ganz Europa auf Latein gehalten.

Von den Zeiten Ludwigs des XIV. bis zur franz. Revolution galt die französische Kultur als vorbildlich. Adelige und Intellektuelle bis nach Osteuropa hinein sprachen französisch.

Soll man die starke und in Jahrhunderten gewachsene kontinentaleuropäische und deutsche Tradition in Bezug auf die Notenbezeichnungen aufgeben, weil in den letzten Jahrzehnten die angloamerikanische Kultur in Populärmusik und Jazz dominierte?

Ich möchte selbstverständlich den Einfluss der letzteren nicht missen, denn die Deutschen haben viel von Ihrem kulturellen Kapital in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts vernichtet und viele Träger schließlich ebenfalls oder zumindest verjagt. Wenn wir jetzt an den Schulen jedoch allein die englischen Tonbezeichnungen lehren würden, würde ich das als unnötiges Aufgeben der eigenen Tradition begreifen, ja als Unterordnung unter die jüngste angloamerikanische empfinden.
Dann lernen wir doch lieber mehrere Sprachen, inklusive der Solmisationssilben, die in einigen unserer Nachbarländer üblich sind. Ist doch nicht wirklich ein Problem, sonder eher eine Bereicherung.

Noch etwas zur Geschichte der Tonbezeichnunge mit Buchstaben. Sie ist weit komplizierter verlaufen als man nach Cudos Geschichte vermuten könnte und kann hier nur extrem vereinfacht angedeutet werden.

ABCDEFG waren die Tonbezeichnungen unserer sieben Töne der diatonischen Skala. Allerdings handelte es sich dabei um die Töne, die wir heute als cdefgah kennen. Die Mönche suchten Verbindungen zur griechischen Tradition und so kam es zu Veränderungen (ausführlicher Artikel).

Nun zum ersten "schwarzen" Ton, dem b (dt.):
Die gregorianischen Choräle waren zunächst einstimmig. Man strebte nach einem volleren Klang und begann im 9. Jahrhundert zweistimmig zu singen - in Quinten- und Quarten-Parallelen (Quintorganum und Quartorganum).

Dabei wurde für die Melodie ein Tonraum von sechs Tönen (Hexachord) verwendet. Also ein Tonraum, der auch von "Alle meine Entchen" benutzt wird. Singt die zweite Stimme zur Melodie eine Quinte tiefer die Parallelen, so stellt man fest, daß der bisherige Tonvorrat nicht ausreicht, wenn man reine Quinten singen möchte:

Geht die Melodie hoch zum f, kann die untere kein h singen, denn das wäre keine reine Quinte und würde völlig aus dem Rahmen fallen (Tritonus - diabolus in musica). Also braucht man das b (dt.).

Das h hieß natürlich ürsprünglich b, denn es gab ja nur ABCDEFG. Man benötigte also zwei Arten von b: das bisherige, harte, höhere, nämlich unser h und das neue, weichere, tiefere, unser b (dt.). Diese beiden Töne notierte man als b quadratum bzw. als b rotundum. Sie wurden nur alternativ verwendet, es ging ja um reine Quinten (und Quarten).

Sang die zweite Stimme eine Quarte tiefer, so kam b quadratum zum Einsatz (unser h).

Im Bild sieht man ganz rechts die Melodie, ganz links eine Begleitung in Quintparallelen (mit b rotundum = b molle) und in der Mitte eine Begleitung in Quartparallelen (mit b quadratum = b durum).

Quint_und_Quartparallelen.jpg
(Auszug aus http://de.wikipedia.org/wiki/Hexachord)

Für die Mönche war damit das Problem gelöst.

Der Gedanke, daß später noch weitere "schwarze" Töne hinzukommen würden, lag zunächst fern. Natürlich war auch nicht zu ahnen, daß man sich einmal darum streiten würde. ob man die zwei Bees als h und b unterscheiden sollte oder als b und bb.

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben